Karl-Heinz Gerstenberg
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Kulturland Sachsen – gern schmückt sich der Freistaat mit diesem selbst gewählten Beinamen. Immer wieder taucht er in den sogenannten Sonntagsreden auf, auch wenn mittlerweile kein Wochentag mehr davor sicher ist; das durchaus zu Recht.
Unser Kulturland besitzt eine herausragende Tradition als Heimat hervorragender Künstlerinnen und Künstler. Es ist eine Hochburg künstlerischer Leistungen in der Gegenwart. Sachsen wäre ohne seine Kultur tatsächlich nur die Hälfte wert.
Reichtum verpflichtet. Wir müssen täglich aufs Neue beweisen, inwieweit wir in der Lage sind, unserem kulturellen Erbe gerecht zu werden. Diesem Erbe gerecht werden heißt, nicht nur die materiellen Hinterlassenschaften aufzupolieren und in immer schöneren Schloss- und Museumshüllen auszustellen. Es heißt auch, seine ideellen
Werte zu vermitteln. Das bedeutet, in Sachsen ein Umfeld zu schaffen, das die Künstlerinnen und Künstler dazu einlädt und es ihnen ermöglicht, sich produktiv und provozierend mit der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Schließlich bedeutet es auch, allen Menschen in unserer Gesellschaft – egal, ob jung oder alt, und gleich, welchen sozialen und materiellen Hintergrund sie haben – die Teilhabe an der Kulturgesellschaft zu ermöglichen.
Es geht nicht nur darum, beispielsweise die Staatlichen Kunstsammlungen oder die Staatskapelle so auszustatten, dass sie als Kulturbotschafter für Sachsen in der ganzen Welt stehen. Es geht auch und vor allem darum, dass sich die in Sachsen lebenden Menschen ihrer Identität bewusst werden können. Es geht darum, sie zu befähigen, aktiv am Kulturleben und an künstlerischen Auseinandersetzungen teilzunehmen – also einen demokratischen Umgang mit einer demokratischen Kultur zu pflegen.
Kunst und Kultur benötigen Freiheit vom Staat und durch den Staat. Ihre Entwicklung muss frei von jeglicher staatlicher Bevormundung und Gängelung sein. Zugleich ist Kultur aber ein öffentliches Gut, dessen Finanzierung der staatlichen Garantie bedarf. Dies zu ermöglichen und damit dem zweifellos großen kulturellen Erbe Sachsens gerecht zu werden ist eine Aufgabe, der wir uns immer wieder stellen müssen. Dies einzulösen ist eine große Chance für den Freistaat in Zeiten des Wandels.
Frau Dr. Stange, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung ausführlich zu den Grundsätzen der Kulturpolitik gesprochen und dafür, wie ich meine, zu Recht Beifall aus allen demokratischen Fraktionen erhalten. Es ist unübersehbar, dass es zwischen uns, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Ihnen, viele Gemeinsamkeiten in den Grundanschauungen und Zielen gibt. Das kann auch nicht anders sein, da es nicht nur um eine Kultur der sozialen Demokratie geht, sondern allgemein um Kultur in einer offenen, freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft.
Wir GRÜNEN verstehen uns als konstruktive Opposition. Deshalb möchte ich an dieser Stelle das tun, was nicht Aufgabe der Opposition und deshalb eher unüblich ist: Ich möchte die Ministerin loben. Lob gebührt zuerst der gelungenen Fortschreibung des Kulturraumgesetzes. Die Entfristung des Gesetzes und die Festschreibung der erhöhten Zuwendungen des Freistaates sind Erfolge, die zu Recht die einmütige Unterstützung des Landtages fanden. Zugleich dürfen sie aber kein Ruhekissen sein.
In der Diskussion zur Novellierung leuchteten sehr unterschiedliche Auffassungen dazu auf, was die Kultur und ein Kulturraumgesetz leisten können. Nach wie vor fehlt die explizite Ausrichtung hin zur zeitgenössischen Kunst und bewussten Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen. Es fehlt auch die Verpflichtung zu Kulturentwicklungsplänen. Es fehlt die überfällige Regelung der Stadt-Umland-Beziehungen und nicht zuletzt die Dynamisierung der Finanzzuwendungen. Solche Fehlstellun
gen sind dringend zu beseitigen, denn das Kulturraumgesetz ist das wichtigste Instrument, um in Zeiten des demografischen Wandels vom Vogtland bis zur Lausitz und nicht nur in den Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz ein reiches Angebot an Theatern und Orchestern, Festivals und Museen zu erhalten.
Zu loben ist auch die offene und transparente Art, wie mit Akteuren und Interessierten die Kulturpolitik in den letzten Jahren gemeinsam entwickelt wurde. Gläserne Werkstatt und Kulturblogs sind Beispiele, die Sie zu Recht genannt haben.
Damit ist im Vergleich zur vergangenen Legislaturperiode ein völlig neuer Stil in das Ministerium eingezogen.
Ein grünes Wahlplakat mit Ministerin Stange als „Totengräberin der Kultur“ wird es also höchstwahrscheinlich nicht geben.
Wir haben heute eine Reihe kulturpolitischer Grundsätze und Ziele in der Fachregierungserklärung gehört, die wir teilen. Aber im Gegensatz zu uns stehen Sie, Frau Dr. Stange, zurzeit in politischer Verantwortung. Da reicht es nicht, auf Konzepte und Studien zu verweisen, sondern es stellt sich die Frage: Wo bleibt die Umsetzung? In welchem Maße haben Sie es geschafft, das Kabinett zu überzeugen? Geben Sie die Entwicklung sächsischer Kulturpolitik vor oder tut das nicht eher Schattenkulturminister Unland, der wichtigen Vorhaben die Finanzierung verweigert?
Frau Dr. Stange, viele Ihrer Vorhaben zielen in die richtige Richtung, aber Sie stehen in Gefahr, zu einer Ankündigungsministerin zu werden, die mit ungedeckten Schecks arbeitet.
Auch mit Ihrem neuen, transparenten Stil haben Sie es nicht geschafft, in Koalition und Regierung die in 14 Jahren absoluter CDU-Mehrheit gewachsene Selbstgefälligkeit zu beseitigen, die Hinweise, Anregungen oder gar Kritik oft gegen eine Wand prallen lässt. Durch diese Selbstgefälligkeit, die teilweise in Arroganz mündet, ist Dresden und damit auch Sachsen gerade dabei, den Welterbetitel für das Dresdner Elbtal zu verspielen.
Daran ändern auch die in den letzten Tagen so kämpferischen Töne der Staatsministerin Stange nichts. Sosehr ich Ihnen als Mensch abnehme, dass Sie entsetzt über den Verlust des Welterbetitels sind, so sehr tragen Sie als Ministerin dieser Regierung die Verantwortung dafür.
Auch die SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag hat ihren Lippenbekenntnissen niemals parlamentarisches Handeln folgen lassen. Weder die zahlreichen Anträge zum Erhalt
des Welterbes noch unser Gesetzentwurf, der für die Welterbestätten zumindest einen Schutzstatus wie in Sachsen-Anhalt erreichen wollte, hatte in diesem Parlament eine Chance.
Meine Damen und Herren von der SPD! Wider besseres Wissen haben Sie den Welterbezerstörern von CDU und FDP stets zu einer parlamentarischen Mehrheit verholfen. Das ist und bleibt die politische Schuld der sächsischen Sozialdemokratie.
Sachsen ist ohne Kultur nur die Hälfte wert, hatte ich gesagt. Deshalb ist es umso bedauerlicher, dass auch in dieser Legislaturperiode Kulturpolitik im Grunde genommen Finanzpolitik war. Gerade wer nicht müde wird, den Weltrang der Ethnographischen Sammlungen und der Staatlichen Kunstsammlungen zu betonen, muss bitte erklären, warum ausgerechnet diese Einrichtungen, die damit betraut sind, die sächsischen Kulturschätze zu bewahren, auszustellen und auch zu vermarkten, im Stellenabbaukonzept der Staatsregierung mit einem weiteren Stellenabbau von 30 % und mehr konfrontiert werden.
Es ist ja nicht so, dass die staatlichen Museen bis dato keine Stellen abgebaut hätten. So bemerkenswert es ist, dass die Restaurierungen von Schloss und Zwinger – also die Investitionen – vorangehen, so unverständlich ist diese kontraproduktive Personalpolitik. Was nützt die schönste Hülle, wenn die Museen in ihr die Arbeit mangels Personal nicht in der notwendigen Qualität leisten können? Sei es die Steigerung der Besucherzahlen durch attraktive Sonderausstellungen, seien es anspruchsvolle museumspädagogische Aufgaben oder gar die Restaurierungsarbeiten.
An der Finanzierung scheitert auch die Arbeit im Sächsischen Industriemuseum. Was nützt ein neuer wissenschaftlicher Beirat, den Sie in Ihrer Rede erwähnt und gelobt haben, ein Beirat, der die Industriekultur auf solide theoretische Füße stellen soll, wenn unter diesen Füßen kein sicherer finanzieller Grund ist?
Die jährliche Abschmelzung der Mittel um 7 % macht den Museumsverbund nach und nach arbeitsunfähig. Sie alle kennen dazu die aktuellen Botschaften. Sie wurden hier auch schon genannt. Ich werde sie nicht wiederholen. Aber ich kann einfach nicht akzeptieren, wenn sich CDU wie SPD mit den Aussagen des Koalitionsvertrages herausreden, der diese Abschmelzung nun einmal unabänderlich festschreibe; als ob dies höhere Gewalt sei.
Halten Sie sich doch einfach an eine andere Passage desselben Koalitionsvertrages, nach der die sorgfältige Pflege der überlieferten und gesicherten Werke in Museen selbstverständlich ist. Bitte, so wie Sie gegenüber dem Industriemuseum handeln, werden Sie Ihrer Verantwortung für das industriekulturelle Erbe nicht gerecht.
Die Museumskonzeption – ein ureigenes kulturpolitisches Instrument – ist nach zweijähriger Verzögerung doch noch auf den Weg gekommen. Aber wen wundert es: Den Status eines Kabinettsbeschlusses hat sie nicht. Das Finanzministerium lässt grüßen. Herr Heitmann hat sie heute im Namen der CDU noch einmal ganz und gar infrage gestellt.
Namentlich dem Japanischen Palais wird es nicht sonderlich helfen, wenn ein neuer Ideenwettbewerb ausgeschrieben wird. Ideen dafür liegen seit Jahren auf dem Tisch. Wenn aus den Ideen Realität werden soll, dann ist zuerst ein wichtiger Schritt notwendig: Das Regierungsdogma, dass die Ausstellungsfläche der staatlichen Museen nicht erweitert werden darf, muss fallen. Sonst würde nach der Entscheidung für ein neues Haus der Archäologie das großartige Japanische Palais zu einer Art Eventtempel verkommen.
Herr Heitmann, in diesem Punkt bin ich vollkommen mit Ihnen einig: Ich sehe es auch als dringlich an, für die Ethnographischen Sammlungen und die Naturkundlichen Sammlungen mit ihren hervorragenden Beständen dort neue Ausstellungsflächen zu schaffen.
Ich hätte auch gern am Ende Ihrer Rede geklatscht, wenn Sie nicht diese eigenartigen Ausführungen zur Demokratie gemacht hätten. Ich kann Ihnen nur sagen, diese von Ihnen gewünschte klare Mehrheit in Sachsen wird es genauso wenig geben wie es Klarheit für Dresden im Sinne der CDU gegeben hat.
Meine Damen und Herren! Die Wahrnehmung, aber auch die Interpretation der eigenen Vergangenheit sind Ausgangspunkt für individuelle und kollektive Identitätsentwürfe, auch dafür, für welche Handlungen wir uns entscheiden. Just in diesem wichtigen, aber sensiblen Bereich der Erinnerungskultur haben Staatsregierung und das fachlich zuständige Ministerium jedoch versagt.
Sie haben nur wenig dazu beigetragen, das Bewusstsein für den kategorialen Unterschied zwischen nationalsozialistischer Diktatur und SED-Unrechtsstaat zu schärfen. Der Frage nach der historisch-politischen Einordnung der nationalsozialistischen und der kommunistischen Diktatur und deren jeweiligen Stellenwert in unserer Erinnerungskultur sind Sie aus dem Weg gegangen.
Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen: Es ist peinlich, es ist unverständlich und für mich tief enttäuschend, dass die Stiftung Sächsische Gedenkstätten auch unter den SPD-Staatsministerinnen Barbara Ludwig und Dr. Eva-Maria Stange Spielball machtpolitischer Auseinandersetzungen geblieben ist und dass sie es nicht geschafft haben, die Blockade der CDU aufzulösen.
Der Konflikt mit den Opferverbänden, der dem Ansehen der Stiftung und ganz Sachsens enorm geschadet hat, wurde einfach weitere fünf Jahre ausgesessen.
Es ist ebenso peinlich, dass es sechs Jahre nach der gesetzlichen Errichtung der Stiftung noch immer keine
inhaltliche und finanzielle Gesamtkonzeption für die Gedenkstättenarbeit in Sachsen gibt.
Die Situation scheint jetzt beinahe noch vertrackter als vorher. Zum Aussetzen der Gespräche mit den ausgetretenen Opferverbänden, der Nichteinbringung der dringend notwendigen Novelle des Sächsischen Gedenkstättengesetzes kommen jetzt noch unglückliche Personalentscheidungen oder besser gesagt Nichtentscheidungen hinzu, die die Arbeitsfähigkeit der Stiftung und damit auch die hier so häufig eingeforderte Bildungsarbeit in Sachsen gefährden. Es stellt sich die Frage, welchen Wert Entscheidungen der Stiftungsgremien haben, wenn sie durch die Staatsregierung durchkreuzt werden. Wir brauchen auch hier, in diesem Bereich der Erinnerungskultur mehr Fachlichkeit, mehr Wissenschaftlichkeit und weniger Staatsnähe und parteipolitische Instrumentalisierung.
Historische Bildung, Geschichts- und Erinnerungspolitik verfolgen hohe Ziele, nämlich das Bewusstsein für die Stärken und die Vorzüge der Demokratie zu wecken und zu vermitteln, dass Freiheit ein besonders hohes Gut ist, und damit gleichzeitig dafür zu sorgen, dass für Unfreiheit und staatliche Repression, für Beschneidung demokratischer Grundrechte und Menschenrechte bei uns kein Platz ist und niemals mehr sein wird.
Angesichts dieser Ziele ist die Stiftung in einem unhaltbaren Zustand. Ich kann nur hoffen, dass sich hier in Kürze grundlegend etwas ändert. Wir werden mit Sicherheit unseren Beitrag dazu leisten, und das nicht nur im 20. Jahr nach der friedlichen Revolution.
Meine Damen und Herren! Kulturelle Bildung ist ein Thema, das höchste Bedeutung verdient. Alle meine Vorredner haben dazu schon gesprochen. Für uns sind in dieser Hinsicht Bibliotheken ein entscheidendes Instrument. Die Schlüsselkompetenz Lesen ist Wegbereiter zu jedem anderen Bildungs- und Kulturgenre. Der Verweis auf die Förderung über das Kulturraumgesetz reicht nicht aus, denn „Bibliothekssterben“ ist nicht nur eine Internetseite, sondern traurige sächsische Realität.
Wir brauchen in Sachsen ein Bibliotheksgesetz, das die Aufgaben der Bibliotheken als Orte von Kultur und Bildung festschreibt.
Ich komme damit zum Schluss.
Meine Damen und Herren! Kunst und Kultur sind das Lebenselixier, das Kreativität, Offenheit und Toleranz, Kommunikation und Intensität fördert. Ohne Kultur wäre Sachsen nur die Hälfte wert. Diese arme Hälfte will ich mir gar nicht vorstellen.
Mit seiner reichen Kultur gewinnt Sachsen Identität und Zukunftsfähigkeit in Zeiten des Wandels. Wir Bündnis
grünen werden unseren Beitrag dazu leisten, dass ein solcher kultureller Mehrwert entsteht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, eigentlich habe ich mich gefreut und zugleich ein wenig geärgert, dass Ihre Fraktion mit einer Großen Anfrage das Thema „Forschung im Freistaat Sachsen – Stand und Perspektiven“ auf die Tagesordnung gebracht hat.
Gefreut habe ich mich deshalb, weil abseits der mitunter heftigen Hochschuldebatten in diesem Hause zumindest in dieser Legislaturperiode kaum ernsthaft über hochschulische und außeruniversitäre Forschung diskutiert wurde, sehen wir einmal von den Debatten um die Exzellenzinitiative und die Stammzellforschung ab.
Die gelegentlichen Erfolgsmeldungen über neue Drittmittelrekorde, Spitzencluster und Innovationsprogramme und erst recht die regelmäßig erscheinenden Reportagen über die neuesten Tüfteleien und Erfindungen in der Forscherwelt vermitteln gemeinhin den Eindruck, dass es „läuft“. Je nachdem, wie weit die Entfernung von Dresden als dem Epizentrum sächsischer Ingenieurskunst ist, wird mehr oder minder stark die Überzeugung geäußert, die sächsische Forschung sei exzellent und habe das spätestens seit Walter Ulbricht berühmt-berüchtigte „Weltniveau“.
Spätestens jetzt könnte jeder ahnen, dass etwas faul ist im Freistaate Sachsen. Ist es wirklich so gut um die sächsischen Forscherinnen und Forscher bestellt? Eine Große Anfrage könnte hier Licht ins Dunkel bringen, könnte Schwächen und Stärken der verschiedenen Wissenschaftsbereiche aufzeigen und zu einer Diskussion darüber führen, welche Forschung zu welchem Zweck wir in Sachsen eigentlich brauchen. Dieses Ansinnen hätte jeder Fraktion dieses Hauses gut zu Gesicht gestanden. Eben deshalb habe ich mich ein wenig geärgert, dass wir GRÜNE eine solche Anfrage nicht initiiert haben.
Bei der näheren Betrachtung verfliegt dieser Ärger ganz rasch; denn das weite Feld der Forschung wird bei der FDP zum eng umzäunten Kleingarten der Technologieförderung. Es fehlen ganze Dimensionen von Forschung
als „Neugier in Verantwortung“, wie wir GRÜNE das sagen. Forschung in den Geistes- und Sozialwissenschaften? Fehlanzeige! Forschungsfolgenabschätzung? Fehlanzeige! Interdisziplinarität und Transdisziplinarität, Themen, die heute in der aktuellen Debatte ganz heiß sind – Fehlanzeige!
Neben allgemeinsten Angaben zu vorhandenen Forschungseinrichtungen und Forschungsausgaben geht es der FDP nahezu ausschließlich um eines: technologiebasierte Forschung und Entwicklung. Gegen dieses Thema ist ja nichts zu sagen. Aber dann nennen Sie dieses Kind „Große Anfrage“ bitte auch beim Namen.
Dessen ungeachtet werfen die Antworten der Staatsregierung aufschlussreiche Blicke auf einige Problemlagen der Forschung und Entwicklung in Sachsen. Einige Schlaglichter will ich zumindest nennen. Zunächst zum Kernanliegen der Anfrage: Forschung und Entwicklung.
Grundproblem der sächsischen Forschung ist die anhaltende Schwäche des privaten Forschungssektors. Deshalb war und ist es prinzipiell richtig, gerade die öffentliche Forschung zu stärken. Niemand kann bestreiten, dass hier, insbesondere im Dresdner Raum, deutschlandweite Stärken bestehen. Die Spitzenplätze bei den Patentanmeldungen pro Kopf, welche sächsische Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Bundesvergleich einnehmen, bestätigen dies.
Freilich darf diese Stärke nicht dazu verleiten, die Förderung privater Forschung oder Kooperationen öffentlichprivater Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen nachlässig zu betreiben. Trotzdem sind hier erklärungsbedürftige Defizite zu beobachten. So wurde 2005 die Hälfte und in den Jahren danach immerhin noch ein Drittel der FuE-Projekte von Forschungseinrichtungen abgelehnt, weil die Finanzierung der Projekte aufgrund mangelnder Finanzkraft der Unternehmen nicht sichergestellt werden konnte. Hier muss sich die Staatsregierung kritisch fragen lassen, ob tatsächlich bereits alle Möglichkeiten zur finanziellen Förderung der Unternehmen ausgenutzt wurden oder ob vielleicht zusätzliche zielgenaue Programme notwendig sind.
In diesem Zusammenhang fallen zwei weitere Problemfelder auf. Der Freistaat fördert, gemessen am Zuschussvolumen, nur zu etwa einem Drittel kleine und mittlere Unternehmen in der einzelbetrieblichen Projektforschung und -entwicklung, zu zwei Dritteln jedoch größere Unternehmen; mehrere Vorredner haben das bereits angemerkt.
Die Evaluation der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Freistaates durch das Institut für Wirtschaftsforschung Halle hat jedoch ergeben, dass der Förderschwerpunkt ganz eindeutig bei den KMUs liegen sollte. Dennoch behauptet das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit ernsthaft, dass sich keine Konsequenzen aus diesem Bericht ergeben sollen – eine klare Fehleinschätzung, die auf Kosten der kleinen und mittleren Unternehmen geht.
Ein weiterer Punkt, der unmittelbar mit der Forschungsschwäche im privaten Sektor zusammenhängt, betrifft die Frage des Wagniskapitals. Jeder, der sich mit der Thematik beschäftigt, weiß, dass die USA ihre weltweit führende Position bei Ausgründungen und dem Wissenstransfer von Forschungsleistungen in Produkte und Verfahren nur aufgrund eines hohen Anteils von Wagniskapital realisieren konnten. Das hat sicherlich mit kulturellen Unterschieden zu tun, und die aktuelle Finanzkrise scheint durchaus zu Vorsicht und Skepsis zu mahnen. Aber Wagniskapital zeigt Alternativen zu dem typisch deutschen Entwicklungspfad auf, der Innovationen, beispielsweise in prosperierenden Regionen wie BadenWürttemberg, vorrangig aus einer hohen Eigenkapitalquote heraus realisiert. Gerade für die ideenreichen, aber kapitalschwachen FuE-Projekte in Sachsen wäre Wagniskapital also eine ernst zu nehmende Option.
Aber wie sieht es in Sachsen aus? Der Freistaat hat zwei Wagniskapitalfonds aufgelegt mit dem sagenhaften Beteiligungskapital von einmal 19,9 Millionen Euro und einmal 3,5 Millionen Euro. Jetzt raten Sie mal, wie viele Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen durch die Sachsenbank und ihre Fonds geprüft und finanziert wurden: eine, eine einzige Ausgründung. Das ist ein Treppenwitz, der keines weiteren Kommentars bedarf.
Abschließend will ich noch auf zwei weitere bekannte Problemlagen hinweisen, welche die Große Anfrage ein weiteres Mal bestätigt hat.
Erster Punkt – Energieforschung. Angesichts des milliardenschweren Energieforschungsprogramms der Bundesregierung nehmen sich die 4,5 Millionen Euro Förderung für Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie die weiteren 4 Millionen Euro für Solarenergie verschwindend gering aus. Die erheblichen Forschungsförderungen für die Bio- und die Nanotechnologie zeigen, dass es auch anders geht. Unverändert aktuell ist deshalb unsere seit Jahren erhobene Forderung nach einem sächsischen Energieforschungsprogramm, das statt bei der Kohleforschung Schwerpunkte bei der Energieeffizienz und den Erneuerbaren setzt sowie die vorhandenen Fördermittel von Bund und EU besser nutzt.
Zweiter Punkt – Promotionen. Unsere Fraktion hat schon 2008 auf ein Problem aufmerksam gemacht, das die Staatsregierung nun selbst eingesteht. Das sächsische Abschneiden bei Promotionen, aber auch bei Habilitationen ist im bundesweiten Vergleich katastrophal; ich kann es nicht anders nennen. Bei den Promotionen steht Sachsen mit einem Anteil von 6,8 % an allen Hochschulabschlüssen auf dem vorletzten Platz – mit weiter sinkender Tendenz. Bei den Habilitationen sieht es kaum besser aus: drittletzter Platz. Ich bin gespannt, ob die Promotionsförderung durch die ESF-Mittel daran etwas ändern wird. Klar ist aber eines: Die Nachwuchsförderung ist der Schlüssel zu einer starken Forschung – nicht nur bei Technologien, sondern auch bei Geistes- und Sozialwis
senschaften –; denn sie zeigt, wie hoch die Wertschätzung für Forschung und ihre Rahmenbedingungen ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Forschung in seiner Gänze verdient mehr Aufmerksamkeit und mit Sicherheit eine noch intensivere Betrachtung, als es die heutige kurze Debatte zu dieser Anfrage erlaubt. Die nächste – und dann vielleicht tatsächlich große, umfassende – Anfrage kommt bestimmt. Aber auch die vorliegende Anfrage hat einige Schwachstellen der sächsischen Forschung und der Forschungspolitik aufgezeigt. An der Leistungsfähigkeit der sächsischen Forscherinnen und Forscher zweifle ich im Ergebnis nicht. Gezeigt hat sich jedoch, dass die regierende Forschungspolitik weder exzellent noch spitze ist. Eines hat sie schon gar nicht – Weltniveau.
Herr Prof. Schmalfuß, ich muss Sie auch enttäuschen. Wir können all Ihren Feststellungen in Punkt I zustimmen, aber bei Weitem nicht den Forderungen in Punkt II, die das von mir Kritisierte noch einmal zuspitzen, demnach wirklich in eine Engführung in Richtung einer Forschung und Entwicklung zielen, die ausschließlich als Vehikel für technologische Innovationen und schließlich auch für wirtschaftliche Aktivitäten betrachtet wird.
Das betrifft insbesondere den Punkt 1. Eine solche Streuung von Förderpolitik kann ich nicht für richtig halten. Wir können lange darüber diskutieren, welche Steuerung überhaupt bei Forschungsförderung möglich ist, aber dass die Gießkanne das richtige Mittel ist, bestreite ich auf jeden Fall. Die Innovationsgutscheine sind für uns wirklich ein offen ungedeckter Scheck. Das ist ein Spekulationsprojekt, das wir in fachlicher Hinsicht nicht für richtig erachten. Vor allem sehen wir es nicht als angemessen an, die Konzentration der derzeitigen Stipendienangebote einem einzigen Landesstipendienprogramm unter maßgeblicher Beteiligung der sächsischen Wirtschaft zuzuordnen. Das zeigt aus meiner Sicht die Einseitigkeit der Neoliberalität der FDP in der Wissenschaftspolitik, die hoffentlich nie reale Forschungspolitik in Sachsen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir haben vorhin im Zuge der Regierungserklärung zur Kulturpolitik des Freistaates viel über kulturelle Bildung und gleichberechtigte Teilhabe an der Kultur gesprochen. Deshalb finde ich, dass dieser Antrag heute sehr gut auf die Tagesordnung passt.
Deshalb möchten auch wir, dass dieser Punkt des Wahlprogramms – nicht nur der CDU – schon vor der Wahl erfüllt wird. Wir wollen damit auch Ihnen entgegenkommen, Herr Prof. Mannsfeld, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Bei der Ungebundenheit der heutigen Wählerinnen und Wähler weiß man ja nie, wie solch eine Wahl ausgeht. Wenn Sie heute sagen, wir lassen uns nicht vorführen, wir springen nicht über dieses Stöckchen, wir wollen nicht darüber springen, dann müssen Sie nach der von Ihnen gewünschten klaren Entscheidung vielleicht zur Kenntnis nehmen, dass Sie dann gar nicht mehr darüber springen können. Also stimmen Sie heute diesem Antrag zu und Sie haben einen Punkt erledigt!
Aber, ich denke, der Inhalt hätte eine sachliche Auseinandersetzung verdient statt eines Beleidigtseins, wie wir es vorhin erlebt haben. Es geht schlicht und einfach darum, so vielen Kindern und Jugendlichen wie möglich den Zugang zu Museen zu gewähren. Wer jetzt denken mag, dieser eine Euro, den der Eintritt in die Staatlichen Kunstsammlungen für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre jetzt kostet, sei doch schon unglaublich wenig für das, was den jungen Leuten dort geboten wird, dem sei gesagt: Bei Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Familien, aber eben nicht nur bei denen, kann jegliche Aussicht auf Kosten eine Barriere vor dem Besuch von Kultureinrichtungen aufbauen. Lassen Sie uns deshalb für Barrierefreiheit in sozialer Hinsicht sorgen, um möglichst viele Kinder an den kulturellen Reichtum unserer Museen und unseres Landes heranzuführen.
Wir wissen, mit dem kostenfreien Eintritt allein ist es nicht getan. Die Sammlungen müssen für die Kinder und
Jugendlichen auch begreifbar gemacht werden. Museumspädagogik gewinnt an Bedeutung. Aber dafür muss zunächst der erste Schritt, nämlich der Weg ins Museum, möglich gemacht werden. Kombiniert mit dem eintrittsfreien Besuchertag haben wir die Chance, noch mehr Familien in die Museen zu bringen. Das sind doch keine besonderen Vorhaben, und Beispiele dafür gibt es bereits in Hülle und Fülle. Da, wo der eintrittsfreie Besuchertag bereits eingesetzt wird – zum Beispiel freitags ab 12 Uhr im Stadtmuseum Dresden –, findet er große Resonanz. – Das Beispiel des Museums für Völkerkunde in Leipzig wurde von Julia Bonk bereits genannt.
In den Staatlichen Museen zu Berlin kommen jeden Donnerstag vier Stunden vor der Schließung der Häuser alle Interessenten in den Genuss eines kostenfreien Besuches, und diese großen Häuser schließen dort nicht etwa 17 oder 18 Uhr, sondern 22 Uhr, sodass tatsächlich die arbeitenden Berliner davon profitieren können. Jugendliche bis 16 Jahren zahlen übrigens auch an allen anderen Tagen keinen Eintritt.
In Rostock läuft gar seit 2006 ein Modellversuch im Kulturhistorischen Museum und in der Kunsthalle. Die Stadtverwaltung hat errechnet, dass auch die Personalkosten für eine Ticketkasse nicht zu unterschätzen sind. Nun ist der Eintritt in die beiden Häuser vollkommen frei – mit dem großartigen Nebeneffekt, dass sowohl die Rostockerinnen und Rostocker als auch ihre Gäste die Häuser viel stärker für sich entdeckt haben.
Wer jetzt auf die Idee kommt, in sächsischer Überheblichkeit an der Qualität dieser Rostocker Museen zu zweifeln, den verweise ich gern auf das europäische und internationale Angebot, zum Beispiel auf das Londoner Victoria and Albert Museum. Auch dort ist der Eintritt für alle frei, und ich kann nur sagen, es ist ein großartiges Haus.
Das alles sind sehr verschiedene, durchweg positive Modelle, die genügend seriösen Stoff bieten, um über eine gänzlich freie Eintrittsgestaltung zumindest nachzudenken und zu diskutieren und daraus vielleicht Konsequenzen zu ziehen. Zumindest ein eintrittsfreier Besuchertag, der ja auch in Sachsen schon in einigen Häusern erprobt ist, sollte nun wirklich kein Problem sein; und er ist eigentlich längst überfällig, gehört er doch mittlerweile geradezu zum guten Ton eines fortschrittlichen, zeitgemäßen Museums. Der kostenfreie Eintritt für Kinder und Jugendliche dürfte erst recht keine Schwierigkeiten bereiten; er findet sich ja nicht nur im Wahlprogramm der CDU, sondern auch dem der SPD.
Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, mit Ihrer Abwehrschlacht heute sollten Sie sich nicht dem Verdacht aussetzen, nur ein billiges Wahlstraßen-Versprechen abzugeben, aber zu kneifen, wenn es zum Schwure kommt. Also, stimmen Sie wie wir dem Antrag der Linken zu!
Natürlich haben Sie recht, Prof. Mannsfeld, dieses Anliegen lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren. Aber ein gemeinsamer Beschluss dieses Landtages, mit
dem wir schon Punkte in mehreren Wahlprogrammen abtragen könnten, wäre doch ein guter Einstieg.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da aus den Koalitionsfraktionen von CDU und SPD immer wieder mal die Enttäuschung geäußert wird, dass die Opposition nicht stärker die Arbeit der Staatsregierung unterstützt, sage ich es heute gleich vorbeugend am Anfang: Streng genommen folgen wir mit dieser Aktuellen Debatte der Aufforderung der Staatsregierung.
Seit März liegt der erste Sächsische Kulturwirtschaftsbericht endlich vor. Der soll nach dem Bekunden der Auftraggeber SMWA und SMWK dazu beitragen, die Kultur- und Kreativwirtschaft stärker ins Blickfeld der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken. Das wollen wir weder den schönen Hoffnungen im Vorwort des Berichtes
überlassen noch den eher dünnen Handlungsempfehlungen an dessen Ende. Da leisten wir gern unseren eigenen Beitrag hier im Parlament.
Wenn wir in den vergangenen Monaten und Jahren im Landtag über Kultur- und Kreativwirtschaft gesprochen haben, dann mussten wir immer wieder feststellen, dass Öffentlichkeitsarbeit auch und gerade in der Politik sehr wichtig ist. Zumindest im Wirtschaftsausschuss zeigt eine Mischung aus Nichtwissen und Ignoranz, wie notwendig Informationen zu dieser Branche sind.
Umsatz erzeugen, Arbeitsplätze schaffen, das tun eben auch Leute, die nicht in ingenieurtechnischen Zusammenhängen arbeiten, die nicht klassischen Handwerksberufen nachgehen, die wenig mit den verbreiteten, noch aus dem Industriezeitalter überkommenen Vorstellungen von Wirtschaft zu tun haben. Es ist nicht das Ende von Kunst und Kultur, wenn man sachlich und unaufgeregt betrach
tet, welche wirtschaftlichen Effekte ganz konkret in der Branche selbst erzielt werden.
Bei aller Kritik, die ich am vorliegenden Bericht habe – sowohl die Ergebnisse, die er liefert, als auch die Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft haben es unbedingt verdient, dass wir Politikerinnen und Politiker uns genauer und intensiver damit befassen.
Sie alle können es im Bericht nachlesen: In Sachsen setzt die Kultur- und Kreativwirtschaft 3 Milliarden Euro um. Ihr werden hohe Wachstumspotenziale bescheinigt. Knapp 40 000 Erwerbstätige sind in dieser Branche tätig. Damit platziert sie sich bei der Beschäftigtenzahl gleich nach dem Maschinenbau und noch vor der mit enormen Fördermitteln subventionierten Automobilindustrie.
Ich bin weit davon entfernt, die Kultur- und Kreativwirtschaft als eine Heilsbringerin zu stilisieren, aber wir können viel von ihr lernen, können von ihr profitieren und sollten sie deshalb endlich auch in Sachsen bewusst fördern.
Wie zu erwarten, sind Dresden und Leipzig, mit einigem Abstand auch Chemnitz, die Zentren. Aber auch in allen ländlichen Kulturräumen gibt es einen teilweise erstaunlich hohen Anteil der Branche. Wir führen hier also keine abgehobene Großstadtdiskussion. Es geht um Entwicklungspotenziale des gesamten Landes.
Typisch für die Kultur- und Kreativbranche sind Erwerbsbiografien, die für immer mehr Menschen Realität werden. Drei Viertel sind Klein- und Kleinstunternehmer. Die Selbstständigenquote ist mit 21 % mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft. Damit ist aber noch nicht die gesamte Branche erfasst, und damit bin ich bei einem Defizit des Berichtes. Indem in die statistische Erfassung des Berichtes nur Unternehmen mit mindestens 17 500 Euro Jahresumsatz und sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen aufgenommen wurden, hat man einen großen Teil der in der Branche Tätigen schlichtweg ausgeblendet. Das mag zwar für die reine Statistik schön sein, bildet aber nicht die Realität der sogenannten kreativen Klasse ab.
Ich weiß, dass solche Grenzen Vergleiche zu anderen Kulturwirtschaftsberichten ermöglichen, aber der sächsische Bericht ist noch in anderen Bereichen durchaus ehrgeizig und um ein rundes Bild bemüht. Er gönnt sich auch einen Exkurs zur öffentlich getragenen und geförderten Kultur im Freistaat, wieso dann nicht auch einen Ausflug in die prekäre Arbeits- und Lebensrealität vieler Kreativer, die sich aus Scheinselbstständigkeit, geförderter Projektarbeit und Transferzahlungen eine Patchworkexistenz zusammenschneidern müssen? Insbesondere, weil dieser Bericht von zwei SPD-Ministern verantwortet wird, finde ich eine solche Fehlstelle enttäuschend und beschämend.
Ich habe in den vergangenen Monaten immer wieder mit Leuten aus der Kultur- und Kreativwirtschaft gesprochen, auch mit einigen, die für diesen Bericht interviewt wurden. Manche äußerten die Hoffnung, dass damit zunächst einmal eine Sprache gefunden sei, die – jetzt zitiere ich – „die Menschen in der Verwaltung und in den Ministerien besser verstehen“. Daran knüpft sich die große Hoffnung, dass nun demnächst das Verweisen auf fehlende Zuständigkeiten, das Hin- und Herschicken zwischen dem Amt für Kultur und dem Amt für Wirtschaftsförderung ein Ende haben könnte. Andere wiederum waren extrem enttäuscht, eben weil sie sich und ihre Vorstellungen in diesen 120 Seiten einfach nicht wiedergefunden haben.
Ich hoffe, Frau Staatsministerin Stange und Herr Staatsminister Jurk, Sie sind sich darüber im Klaren, dass Sie mit der Erstellung dieses Berichtes auch Hoffnungen geweckt haben. Es darf nicht bei einmaligen Kontakten und Gesprächen bleiben. Eine Aufgabe der Untersuchung war es doch auch, dieser Branche bewusst zu machen, dass sie eine Lobby bilden muss, damit sie mit gutem Recht Forderungen an die Politik und die Verwaltung stellen kann.
Zu den Handlungsempfehlungen mehr in meinem zweiten Debattenbeitrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst darüber sprechen, worüber ich mich geärgert habe. Ärgerlich aus meiner Sicht ist, dass die Handlungsempfehlungen am Ende dieses Berichtes in den
meisten Fällen sehr im Vagen und Unkonkreten bleiben. Diesen Ärger scheinen ja mehrere hier im Sächsischen Landtag zu teilen.
Noch schlimmer aber ist, Herr Staatsminister Jurk, nicht nur die Antwort auf eine Kleine Anfrage, sondern auch die Stellungnahme zu unserem Antrag „Stärkung der sächsischen Kulturwirtschaft nicht länger hinauszögern“, die sich in den Ausschüssen befindet. Auf unsere Aufforderung darzulegen, welche Schlussfolgerungen die Staatsregierung aus dem Kulturwirtschaftsbericht zieht, kommentierten Sie wie folgt: „Die betroffenen Staatsministerien werden die einzelnen Handlungsempfehlungen sukzessive im laufenden Arbeitsprozess analysieren und auf ihre Umsetzbarkeit hin prüfen.“
Meine Damen und Herren, das lese ich im Klartext mit meiner politischen Erfahrung als: Tendenziell machen wir eher nichts. Da müssen wir uns wirklich nicht wundern, wenn gerade Leute in den kleinen und Kleinstunternehmen, die oft an der Grenze der Selbstausbeutung oder darüber hinaus arbeiten, sich weitgehend im Stich gelassen fühlen.
Es ist nicht nur dieser Satz. In der gesamten Stellungnahme wimmelt es von zögerlichen „weiterführenden Überlegungen“, „muss zunächst geprüft werden“, „Abwägungen“ und „weiteren Auswertungen“.
So ist das Geschäft, sagen Sie. Aber ich frage mich: Was hat denn das federführende Wirtschaftsministerium gemacht in all der Zeit, bevor der Bericht, nach unserer Meinung nochmals geschärft und geglättet, endlich herauskommen durfte?
Bitte, Kollege Schmalfuß.
Es gibt ja seltene Fälle, da sind wir uns wirklich einmal einig. Ich
stimme dem Ministerium natürlich zu. Was eine öffentliche Debatte für diesen Bereich wichtig macht, habe ich in meinem ersten Debattenbeitrag bereits gesagt. Aber es darf nicht bei der Debatte stehen bleiben. Es muss natürlich aufgrund eines solchen Berichtes, aufgrund der statistischen Erhebungen jetzt das Handeln folgen, und dazu möchte ich noch ein paar Ausführungen machen.
Herr Staatsminister Jurk, es hätte ja in dieser Stellungnahme stehen können: Hier ist Potenzial für sinnvolle Konjunkturmaßnahmen. Hier müssen wir nicht gleich Millionen bemühen, um der Branche bei ihrer Selbstorganisation zu helfen. Hier könnten Mikrokredite hilfreich sein. Hier wäre es ja so etwas von hilfreich, die Verwaltung, speziell die Wirtschaftsförderung, zu schulen wie auch dafür zu sensibilisieren, dass in den Unternehmen dieser Branche in kleineren, in anderen Dimensionen gedacht wird.
Eines wurde noch nicht angesprochen. Die Kreativen leisten auch in der Verbindung von Kultur mit Stadtentwicklung wichtige Beiträge. Aufgrund der niedrigen Mieten und der oft reizvollen, häufig auch denkmalgeschützten Bausubstanz siedeln sie sich in zunächst eher benachteiligten Stadtteilen an. Beispielsweise im Leipziger Westen haben sie erheblich dazu beigetragen, aus Plagwitz wieder einen lebendigen Stadtteil zu machen. Genau diese Mischung aus Ateliers und Galerien, Kreativbüros und Veranstaltungsorten ist notwendig, um Stadtteile gerade für junge Leute attraktiv zu machen. Es sind nicht nur Staatsbetriebe wie die Semperoper, sondern auch der Galerierundgang, die Konzerte an außergewöhnlichen Orten, die eine Stadt interessant und lebendig machen.
Vielleicht trägt der Bericht dazu bei, dass die Kenntnisse über Kultur- und Kreativwirtschaft jetzt größer werden. Mehrmals habe ich schon erwähnt, dass ich die Handlungsempfehlungen eher knapp und enttäuschend finde. Aber es gibt ja auch konkretere Empfehlungen, zum Beispiel im Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ oder im Forschungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Etliche davon haben wir in dem erwähnten Antrag unserer Fraktion zusammengefasst. In Ihrer Stellungnahme dazu, Herr Jurk, zeigen Sie an einigen Stellen, dass Ihnen diese Anliegen nicht ganz fremd sind, dass Sie wissen, was in anderen Bundesländern getan wird, um die Branche zu stärken.
Sie dürften doch eigentlich keinen Zweifel daran haben. Zumindest die von allen Seiten und insbesondere aus der Branche in Gesprächen geforderte Anlauf- und Beratungsstelle für die Kulturwirtschaft sollte es doch umgehend geben, eine Anlauf- und Beratungsstelle, die über Fördermöglichkeiten berät, die die Vernetzung der Branche organisiert und die auch Präsentationen in der Öffentlichkeit unterstützt. Das heißt aus unserer Sicht, nicht die Handlungsempfehlungen „sukzessive analysieren und auf
ihre Umsetzbarkeit prüfen“, sondern Bewährtes übernehmen, Neues kreieren und schnell handeln. Die Entwicklung dieser für unser Kulturland Sachsen so wichtigen Branche wird es Ihnen danken.
Es geht um die nicht fach- und umweltgerechte Müllentsorgung von Italienmüll durch die Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (W.E.V.) in Cröbern (Kreis Leipzig)
Das MDR-Nachrichtenmagazin „exakt“ berichtete in seiner Sendung am 21. April 2009 über Chargen von Italienmüll, die in der Müllbehandlungsanlage Cröbern landeten und mit einer Hausmüllstruktur nichts zu tun hatten. Von den Mitarbeitern der Anlage wurde der Teil des Mülls „Das Schwarze“ genannt. Dieser Teil des Mülls soll nach Angaben des Nachrichtenmagazins wieder aufgeladen und „außer Haus“ entsorgt worden sein. Die Landesdirektion Leipzig wurde durch einen ehemaligen Mitarbeiter der W.E.V. über den Sachverhalt informiert.
Ich frage deshalb die Staatsregierung:
1. Welche Mengen italienischer Haushaltsabfälle verließen aus welchem Grund wann die MBA Cröbern? Ich bitte um Angabe des Tages, der Menge, der genauen Bezeichnung und des Zielortes.
2. Wann hat die Landesdirektion Leipzig von diesen Vorfällen erfahren? Ich bitte um Angabe der Aktivitäten, die seitdem unternommen wurden.
Ja, eine Nachfrage habe ich.
Herr Minister Kupfer, das genannte MDR-Magazin berichtete auch, dass die Kontrollbehörde für Deponien in der Landesdirektion Leipzig personell deutlich unterbesetzt ist. Können Sie das bestätigen, und, wenn ja, was unternehmen Sie dagegen?
Gut. – Ich bitte Sie darum und danke Ihnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützt die Dringlichkeit dieses Antrages ausdrücklich. Es war nicht damit zu rechnen, dass das Innenministerium seine Rechtsauffassung zu diesen Kommunalwahlen ändert, wie jetzt bekannt geworden ist. Der Termin der Kommunalwahlen ist uns allen bekannt.
Ich bin überzeugt, dass wir ein gemeinsames Interesse daran haben müssen, dass Bürgerinnen und Bürger, die zu Ortschaftsräten kandidieren wollen, nicht davon zurückgehalten werden, sondern dass auch Kandidatinnen und Kandidaten kleinerer Parteien, die auf unterer Ebene nicht genügend Mitglieder haben, dort auf eine Liste kommen können, und dass wir deshalb diesen Antrag aufgrund seiner Dringlichkeit heute beraten sollten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin heute hierher zu einer Debatte gekommen, die überschrieben ist mit „Null Toleranz gegenüber Extremismus“. Ich hatte befürchtet, dass Herr Bandmann in seiner berühmten Art gleichermaßen gegen Links und Rechts austeilen wird. Meine Befürchtungen sind bei Weitem übertroffen worden.
In seinem Redebeitrag hat er als Einstieg in diese Debatte ein reines linkes Feindbild gemalt, um dieses anzugreifen. Die Worte „Keine Gewalt!“ aus der friedlichen Revolution kann hier sicher jeder unterstützen. „Keine Gewalt!“ oder „Null Toleranz gegen Gewalttäter!“ über diese Debatte geschrieben – das hätte jeder Demokrat in diesem Saal sofort unterstützt, ohne jeden Zweifel.
Ich sage Ihnen, Kollege Bandmann, ich weiß nicht, wie viele Demonstrationen Sie bereits organisiert haben. Auch Organisatoren von Demonstrationen haben kein Interesse daran, dass am Rande oder nach ihrer Demonstration Gewalttaten ausgeübt werden.
Sie haben deshalb kein Interesse daran, weil selbst ein Bild eines umgestürzten Polizeiautos die Demonstration von Tausenden und Abertausenden Menschen in ihrer Wirkung konterkarieren kann.
Auch friedlicher Widerstand – zum Beispiel Blockaden, ziviler Ungehorsam – ist nur dann erfolgreich, wenn er völlig gewaltfrei ausgeübt wird. „Keine Gewalt!“ ist ein Motto, das wir alle unterstützen.
„Keine Gewalt!“ war auch das Motto der friedlichen Revolution. Die Menschen, die damals Freiheit und Demokratie erkämpft haben, stehen heute in der Verantwortung und haben die Kraft, Freiheit und Demokratie hier in Sachsen zu verteidigen. Aber die Gefährdung dieser Werte und unseres Systems kommt nicht von Linksextremisten.
Ich zitiere sinngemäß den heutigen Polizeipräsidenten Merbitz, damals noch Chef der Soko Rex, der in einem Gespräch damals sehr klar sagte: „Vom Linksextremismus geht in Sachsen keine Gefahr aus.“
Wenn Sie das nicht glauben, dann schauen Sie bitte in die Verfassungsschutzberichte, die seitdem erschienen sind, und analysieren Sie mal die Zahlen, anstatt Ihre ideologisch geprägten Feindbilder zu bedienen!
Die Gefahr, die wir hier in Sachsen haben, kommt von rechtsaußen. Die Gefahr sitzt auch hier im Landtag ganz rechts und trägt teilweise Schlips und Kragen.
Ich denke, es kommt darauf an, dieser Gefahr zu begegnen. Wenn wir das tun wollen, dann müssen wir damit beginnen, diesen formalen Gleichsetzungen von Linksextremisten und Rechtsextremisten zu widersprechen.
Wir sollten hier keine Reden halten, die Quellen sprudeln lassen, deren Wasser Herr Apfel anschließend auf seine rassistischen und ziseliert antisemitischen Mühlen leiten kann. Wichtig ist, klarzumachen, wer die Gefahr für Freiheit und Demokratie in Sachsen ist. Eine Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremisten ist dazu kein Beitrag, sondern wir sollten uns einig sein: Die Gefahr sitzt hier in Sachsen im Sächsischen Landtag,
in vielen Gemeindeparlamenten, und diese Gefahr heißt Rechtsextremismus und ganz besonders NPD.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Zastrow, leider erfrischen Sie und die FDP-Fraktion uns nicht mit Kreativität, sondern langweilen mit einem Antrag, den Sie vor zwei Jahren in ähnlicher Form gestellt haben.
Die Unterschiede: Statt der sachlichen Formulierung „Ministerpensionen erst ab 67“ hat die FDP nun einen Titel gewählt, der etwas flotter klingt. In der Werbesprache von Herrn Zastrow würde man wohl sagen, der „angefeatured“ ist.
„Ministerpension ab 67 zügig einführen – Bevorzugung beenden“. Das Wort „zügig“ soll uns Schnelligkeit suggerieren. Dass es der FDP-Fraktion heute ausnahmsweise um Gleichbehandlung geht, möchten uns die Wörter nach dem Bindestrich mitteilen.
Herr Zastrow, Sie als Werbefachmann hätten doch einen etwas trendigeren Titel auswählen sollen. Ich schlage Ihnen vor: „Ministerpension ab 67 reloaded.“
Inhaltlich kann man zu diesem Antrag nicht viel sagen, ihm nur zustimmen. Daher ist diese Debatte ähnlich langweilig wie beim letzten Mal am 8. Juni 2007. Nach
dem die Altersgrenze des Rentenbeginns auf 67 Jahre angehoben wurde, ist es schlechthin nicht zu erklären und nicht zu akzeptieren, warum denn nicht im Gleichklang die Ruhegehälter der Ministerinnen und Minister folgen.
Wir halten es auch für sinnvoll, dass die Mindestamtszeit von vier auf fünf Jahre verlängert wird.
Beim zweiten Punkt habe ich etwas gestutzt. Was hat die Anpassung der Amtsbezüge von Ministern an das Ergebnis der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst mit der Einführung der Ministerpension ab 67 zu tun?
Dieser Punkt hat sich jedoch nach der gestrigen Debatte um die Beamtenbesoldung erledigt; denn unser Änderungsantrag zum Besoldungsgesetz hatte genau dies vor: hohe Amtsbezüge von der Anpassung an das Ergebnis der Tarifverhandlungen ausnehmen. Wir können natürlich heute gern nochmals darüber abstimmen.
Die zweimalige Einreichung dieses inhaltlich doch so übersichtlichen Antrages zur Ministerpension hat mich dazu verführt, mich mit den Begrifflichkeiten des Populismus und Opportunismus zu beschäftigten. Dazu möchte ich gern unsere Kritik am Vorgehen der FDP kurz benennen.
Ganz tapfer, bitte, Herr Zastrow! – Erstens. Schon in der ersten Debatte sind Sie dafür kritisiert worden, dass Sie keinen Gesetzentwurf vorlegen. Nun hatten Sie zwei weitere Jahre Zeit. Die Kritik besteht weiterhin. Zumindest haben Sie damit gezeigt, was Sie unter „zügig“ verstehen.
Zweitens. Es geht Ihnen nicht um eine sachlich-kritische Auseinandersetzung mit Renten und Altersgrenzen, mit hohen Altersbezügen und Ähnlichem. Ihnen geht es schlicht und einfach um die Nachricht: Wenn schon die Kleinen, dann auch die Großen! Wahrscheinlich haben Sie auch deshalb heute zu diesem Tagesordnungspunkt eine Kamera auf der Tribüne aufgestellt und eine Rede gehalten nach dem Prinzip „It’s showtime“.
Drittens. Es geht Ihnen auch nicht darum, sich um die Renten derjenigen zu kümmern, die von Altersarmut betroffen sind. Es geht Ihnen nur darum, eine einfache, jedem verständliche und gute verkaufbare Forderung kurz vor der Wahl nochmals aufs Tapet zu bringen. Eine Auseinandersetzung im Parlament sollte eigentlich anders aussehen.
Damit komme ich zu der Frage, ob Populismus dafür die treffende Bezeichnung ist. Nachdem Sie von der FDP gestern dagegen protestiert haben, habe ich heute bei meiner Recherche Folgendes gefunden: Als Populismus
werden bestimmte Mobilisierungs- und Konsenssicherungsstrategien politischer Eliten sowie einzelner Führungspersonen bezeichnet. Bei Populismus als Strategie geht es um die Frage, wie Inhalte der Politik weitergegeben und präsentiert werden. Merkmale von Populismus als Strategie sind emotionale Kampagnen, in denen vereinfachende Lösungen auf komplexe Probleme gegeben werden. Oftmals beinhaltet diese Form des Populismus eine opportunistische Politik, deren Hauptziel es ist, hohe Wähleranteile zu erhalten.
Ich denke, dass Sie, liebe FDP-Fraktion, diese politikwissenschaftliche Definition heute hervorragend erfüllen.
Aber eines sollte Ihnen zu denken geben: Am Ende dieses Definitionsversuches stand der für Sie gefährliche Satz: „Dies kann auf Dauer zu einer profillosen Politik führen.“
Aber bitte, Herr Morlok.
Lieber Kollege Morlok, ich sehe es allerdings so, dass der Gesamtzusammenhang der Alterssicherungssysteme in diesem Land und das Verhältnis der Ministerpensionen dazu ein hochkomplexer Zusammenhang ist, den Sie auf die einfache Lösung Ministerpension ab 67 eingeschrumpft haben. Populismus bei der Diätensenkung würde ich Ihnen niemals unterstellen. Ich sage nur, Sie haben in einer sehr guten Form einen Fonds geschaffen, mit dem Sie ständig per Anzeigen und Presseinformationen Schlagzeilen machen. Das ist natürlich das Gegenteil von Populismus, sondern einfach eine wirksame Werbestrategie.
Zum Schluss kann ich Ihnen nur empfehlen, mit Ihrem nächsten Antrag, den wir vielleicht noch in dieser Woche erleben, etwas mehr Profil zu zeigen; denn sonst müssen Sie vielleicht mangels Verhandlungsmasse weiterhin von Koalitionsgesprächen träumen – was allerdings für das
Wohl der Menschen in diesem Land und für die Zukunft unseres Landes nur von Vorteil wäre.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, dass auch Herr Zastrow jetzt wieder zur Ruhe findet. Wir gehen zu einem ernsten Thema über.
Vor zwei Wochen haben die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern ein 18-Milliarden-Paket für Wissenschaft und Hochschule geschnürt. Neben dem Pakt für Forschung und Innovation und der Verlängerung der
Exzellenzinitiative wurde der Hochschulpakt bis zum Jahr 2015 verlängert. Dieses Paket war und ist hochgradig umstritten. Gerade die Vereinbarungen zur Fortsetzung des Hochschulpaktes sind aus unserer Sicht unzureichend und kein gutes Signal für künftige Studienberechtigte.
Die Wissenschaftsministerin und -minister haben sich offenbar vorgenommen, die Mängel des ersten Hochschulpaktes fortzuschreiben, denn der Pakt ist und bleibt unterfinanziert und der Finanzierungsbetrag pro zusätzlichem Studienplatz reicht wieder allenfalls für Billigstudienplätze ohne Qualität.
So unzureichend und wenig ambitioniert die Vereinbarungen sind – selbst sie stehen auf der Kippe. Zwar wurden Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Pakt für Forschung und Innovation bereits auf dem ShowBildungsgipfel der Bundeskanzlerin Merkel als zentrale Projekte auf dem Weg in die Bildungsrepublik Deutschland benannt; doch trotz des damals erklärten Zieles, künftig 10 % des Bruttoinlandsproduktes für Bildung auszugeben, strichen die Finanzministerinnen und -minister das Paket jetzt kurzerhand zusammen. Die Halbwertszeit des Versprechens, endlich Ernst zu machen mit Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung, ist offenbar sehr kurz, und das bei CDU und SPD.
Die Wurzel des Übels, das jetzt zu besichtigen ist, liegt freilich tiefer. Die Mehrheit unseres Landtages wollte keine bloße Fortsetzung dieses von vornherein unzureichenden Paktes. Am 16. November 2006 haben gemeinsam mit unserer Fraktion CDU, SPD und DIE LINKE in einem Landtagsbeschluss die Staatsregierung aufgefordert, ernsthaft einen schrittweisen Einstieg in den Hochschullastenausgleich nach dem Motto „Geld folgt Studierenden!“ vorzubereiten. Die Idee war, es sollte nicht einen sofortigen Umstieg auf die Vollkostenfinanzierung von Studienplätzen durch die Länder geben, sondern diejenigen Länder, die derzeit zu wenig Studienplätze zur Verfügung stellen, sollten durch einen allmählichen Einstieg über die Teilfinanzierung gewonnen werden. Uns allen war klar, dass ein solches Vorhaben ganz nach Max Weber das hartnäckige Bohren dicker Bretter über lange Jahre erfordert.
Es lag auf der Hand, dass potenzielle Zahlerländer wie Niedersachsen oder Baden-Württemberg für eine gewisse Zeit Kompensation brauchen und dass der Hochschullastenausgleich mit dem allgemeinen Länderfinanzausgleich abgestimmt werden muss. Alles das wäre in der verstrichenen Zeit machbar gewesen.
Was ist stattdessen passiert? Frau Stange und Herr Tillich, der nicht anwesend ist – Sie können mich gern korrigieren –, aber ich habe nach dem Beschluss des Landtages im Jahr 2006 nichts von der Staatsregierung gehört, nichts von ernsthaften Bemühungen, diesen Hochschullastenausgleich voranzubringen, das heißt, die CDU-Wissenschaftsminister Schritt für Schritt zu überzeugen. Die SPD-Finanzminister haben den Systemwechsel zwar im Frühjahr dieses Jahres in die Verhandlung eingebracht, aber da stand bereits die heiße Phase der Verhandlung an und niemand konnte ernsthaft erwarten, dass sich die Unionsländer unter Zeitdruck darauf einlassen würden.
Nach unserem Eindruck haben Sie, Frau Ministerin, und das Wissenschaftsministerium bei diesem Thema zweieinhalb Jahre tief und fest geschlafen, statt hartnäckige Überzeugungsarbeit zu leisten. Noch tiefer ist allerdings das Versäumnis der Ministerpräsidenten Milbradt und Tillich gewesen. Sie hätten die besondere Rolle gehabt, ihre unwilligen CDU-Kollegen von der Notwendigkeit und den Chancen eines solchen Systemwechsels zu überzeugen und gemeinsam Lösungen zu finden. Statt
dessen kuscht Ministerpräsident Tillich jetzt vor seinen CDU-Kollegen, verrät den sächsischen Standpunkt und fällt der Wissenschaftsministerin auf dem Höhepunkt der Hochschulpaktverhandlungen in den Rücken. Seitdem wissen die Mitglieder der sächsischen Hochschulen, was sie vom Hochschulpolitiker Tillich zu halten haben. Sie und wir dürfen jetzt nur noch gespannt sein, wie lange sein Versprechen der Studiengebührenfreiheit hält.
Angesichts dieser Entwicklung wäre es allerdings völlig verfehlt, den Systemwechsel hin zu „Geld folgt Studierenden“ aus dem Blick zu verlieren oder ihn gar ganz aufzugeben. Deshalb wollen wir die Staatsregierung nicht aus der Verantwortung entlassen, sondern auffordern, endlich einen ernsthaften und hartnäckigen Anlauf zum Hochschullastenausgleich zu nehmen und sich nicht von ihm zu verabschieden. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass bei der Umsetzung eines solchen gerechten und solidarischen Hochschulfinanzierungssystems Sachsen erheblich gewinnen würde.
Der damalige rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Zöllner, jetzt Berlin, ging in seinen Berechnungen von 90 Millionen Euro jährlich aus, die Sachsen allein jetzt schon bekommen würde, weil es bei uns mehr Studienanfänger als Abiturienten gibt. Sie können sich vorstellen, wie diese Summe aussähe, wenn es den sächsischen Hochschulen gelänge, bis zu 50 % der Studienanfänger aus anderen Bundesländern oder dem Ausland anzuziehen.
Wer einen solchen Systemwechsel wagen will, der muss allerdings auch dafür sorgen, dass die sächsischen Hochschulen attraktiv für auswärtige Studierende werden. Damit sind wir mittendrin in der Umsetzung des derzeitigen Hochschulpaktes in Sachsen und der künftigen Finanzierung der sächsischen Hochschulen.
Ich kann mich noch schmerzhaft daran erinnern, wie der damalige Wissenschaftsminister Rößler in den Jahren 2002 und 2003 den Hochschulen einen Sparkurs und massiven Stellenabbau verordnete. Von 2003 bis heute mussten die Hochschulen 1 200 von 19 500 Stellen abbauen, darunter über 400 von 2 600 Professorenstellen, also ein Sechstel ihrer wissenschaftlichen Ressourcen. Die damalige Begründung für diesen Aderlass an der sächsischen Wissenschaft war, dass rückläufige Studierendenzahlen drohen. Wir alle wissen, dass die Studierendenzahlen nach oben und nicht nach unten gegangen sind. Genützt hat es den Hochschulen nichts. Stattdessen werden sie froh sein, wenn jetzt ein geplanter Stellenabbau um 300 Stellen nicht eintritt, weil sie die wesentlich höheren Studierendenzahlen halten.
Die Diskussion zwischen Finanz- und Wissenschaftsministerium um ebendiese 300 Stellen ist ein Vorgeschmack darauf, welches Streichkonzert den Hochschulen droht, wenn die Studierendenzahlen tatsächlich einmal zurückgehen sollten. Den Prognosen zufolge müssen wir mit einem Einbruch von derzeit 20 000 auf 14 000 Studienanfänger in der Mitte des kommenden Jahrzehnts rechnen, genügend Grund also für Sparkommissare im Finanzmi
nisterium, um vielleicht nicht gleich 40 %, aber doch 30, 20 oder auch nur 10 % der Mittel für Wissenschaft und Hochschule zu kürzen. Das ist keine Schwarzmalerei. Wir kennen die Beispiele aus dem Schulbereich zur Genüge.
Trotz der Brisanz dieser Frage ist weder aus der Staatskanzlei noch aus dem Wissenschaftsministerium auch nur die klitzekleinste Verlautbarung zu hören, wie es nach 2010 weitergehen soll. Offenbar wollen weder CDU noch SPD für sie zur Unzeit, das heißt vor den Wahlen, eine öffentliche Diskussion über Stellenabbau an den Hochschulen. Aber wir werden Ihnen diesen Gefallen nicht tun. Die Hochschulen und erst recht die Wähler – da meine ich eben nicht nur die Studierenden und die Hochschullehrer – haben ein Recht darauf zu erfahren, wie es nach 2010 weitergehen soll. Sie wollen zu Recht wissen, ob möglicherweise sinkende Studierendenzahlen auch zu weniger Stellen an den Hochschulen führen. Sie wollen wissen, ob die simple alte CDU-Logik nach dem Motto „Weniger Menschen, weniger Geld“, die bei den Schulen zu solch tiefen Einschnitten geführt hat, auch für die Hochschulen gilt.
Wir ermöglichen dem Landtag mit unserem Antrag eine klare Antwort. Der Gesamtumfang der Finanzierung und die Stellenausstattungen der Hochschulen sollen auch nach 2010 mindestens im jetzigen Umfang erhalten werden. Nach dem Haushaltssoll von 2010 sind das 868 Millionen Euro nur für Universitäten, Fachhochschulen und Kunsthochschulen ohne die Ausgaben für Klinika, Bibliotheken, Ausbildungsförderung und außeruniversitäre Forschung, die ohnehin kaum kürzungsfähig sind. Es geht um über 18 000 Stellen und um 2 200 Professoren, deren Umfang mindestens erhalten bleiben muss.
Dieses Versprechen ist weder billiger Populismus noch ein leichtsinniger Wechsel auf die zukünftigen Staatsfinanzen, sondern eine klare Prioritätensetzung für Lehre und Forschung – für den Bereich, der die Grundlagen für die weitere gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung Sachsens legt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Finanzierung ist die Schlüsselfrage, wenn es um die Zukunft der sächsischen Universitäten, Fachhochschulen und Kunsthochschulen geht. Wer diesem Antrag seine Zustimmung verweigert, der sät Zweifel an den Perspektiven der sächsischen Hochschulen. Wir werden es Ihnen in den kommenden Wochen und Monaten nicht durchgehen lassen, wenn Sie hier und heute nicht klar Stellung beziehen.
Ministerpräsident Tillich hat dieser Tage völlig zu Recht darauf verwiesen, dass gerade in der Krise Investitionen in Hochschule und Wissenschaft notwendiger denn je sind. Wir wollen jetzt wissen, ob das nur Wortgeklingel war oder ob er es ernst gemeint hat. Dieser Antrag ist der Lackmustest dafür.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich für die Redezeit entschieden, da diese ein wenig länger ist.
Herr Dr. Schmalfuß, Sie haben uns mangelnde Aktivität im Ausschuss vorgeworfen. Auf dieses Niveau werde ich mich nicht begeben. Für Sie spricht immerhin, dass Sie dabei rot geworden sind. Ich möchte mich bei Ihnen auch ausdrücklich dafür entschuldigen, dass auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Hochschulausschusses wiederum nur etwa fünf Anträge der GRÜNEN stehen werden. Wir werden in Zukunft deutlich fleißiger werden. Das kann ich Ihnen versprechen.
Frau Staatsministerin, auch ich hätte über diesen Antrag gern im Ausschuss debattiert, aber ich glaube, der 5. Sächsische Landtag wird zu einer Regelung finden müssen, nach der es möglich sein wird, Anträge im Ausschuss zu debattieren und zu behandeln und danach auch noch abschließend im Plenum zu behandeln. Das ist eine in deutschen Parlamenten übliche Form. Dieses Entweder-Oder, also im Ausschuss darüber sprechen und in der Sammeldrucksache versenken oder im Schnellver
fahren hier im Plenum behandeln, ist für die Diskussion äußerst unproduktiv.
Ich danke Ihnen ansonsten für Ihre Ausführungen, die auch einiges richtiggestellt haben, insbesondere Fehldarstellungen, die Herr Mannsfeld vorgenommen hat.
Gewundert habe ich mich aber über Frau Raatz. Wir kommen ja ganz leicht zusammen, wir haben nur einen Unterschied: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Oppositionsfraktion sind nicht dazu da, die Staatsregierung zu loben, sondern dazu, den Finger in die Wunden zu legen und das aufzuzeigen, was noch fehlt und was nicht stimmt. Aber wir kommen offensichtlich zusammen. Auch wir haben den Hochschullastenausgleich im Bundestagswahlprogramm. Ich kann nachvollziehen, dass es eine starke Diskussion gibt, weil auch die GRÜNEN in potenziellen Geberländern wie Baden-Württemberg nicht von vornherein begeistert waren.
Ich freue mich also, insbesondere auch von der Frau Ministerin gehört zu haben, dass dieses Prinzip nicht vom Tisch ist; denn, Herr Prof. Mannsfeld, der derzeit ausgehandelte Pakt ersetzt nicht ein solches Ausgleichssystem. Da sind die GRÜNEN nicht der Erfinder, und da war auch Herr Zöllner nicht der Erfinder. Die Erfinder waren wie so oft die Schweizer. Die machen nicht nur gute Uhren, sondern aufgrund ihres kleinteiligen föderalistischen Systems auch sehr gute Ausgleichssysteme zum Beispiel bei der Finanzierung der Hochschulen. Dort funktioniert es seit Jahren. Darauf beruht meine Hoffnung: dass das Bohren dicker Bretter vielleicht hier noch etwas dauert, aber dann auch erfolgreich sein wird.
Ich habe von Ihnen, Frau Raatz, gehört, dass es mit der SPD keinen Stellenabbau geben wird. Den Lastenausgleich haben Sie im Bundestagswahlprogramm. Es wird auch keine Studiengebühren geben. Ich habe also kein Wort gehört, das Sie hindert, diesem Antrag zuzustimmen.
Auf diese Zustimmung freue ich mich jetzt sehr.
Etwas anders sah das bei Herrn Mannsfeld aus. Sie müssen mir schon verzeihen, aber ich bin misstrauisch, wenn die CDU in Sachsen in Sachen Studiengebühren plötzlich eine Wendung macht. Ich würde mich ja freuen, wenn Ministerpräsident Tillich das ehrlich meint und, in welcher Koalition auch immer, auch nach der nächsten Wahl dieses Prinzip durchsetzt. Aber ich weiß, dass er damit auf eine tief verhärtete ideologische Gegenposition in der CDU-Fraktion stößt. Das, was Sie gesagt haben – Studiengebühren wären der effektivste Weg, den Grundsatz „Geld folgt Studierenden“ durchzusetzen –, ist ein weiterer Beweis dafür, wie tief dieses Denken verwurzelt ist.
Ich glaube, das Interessanteste ist, dass wir von Ihnen keinerlei Aussagen zu dem zweiten Teil unseres Antrages
gehört haben. Sie haben weder bestätigt, dass Sie bereit sind, den Umfang der Gesamtaufwendungen für die Hochschulen zu sichern, noch dass Sie bereit sind, die Personalkapazitäten beizubehalten. Und das ist die entscheidende Frage. Das ist das, was jetzt in den sächsischen Hochschulen diskutiert wird, und das müssten Sie eigentlich genauso gut wissen wie ich.
Die Hochschulen brauchen dieses Geld, sie brauchen auch diese Sicherheit, und sie brauchen sie vor allem für eine bessere Lehre. Es ist der völlig falsche Ansatz, zu sagen: Für das Ziel, mehr Studierende anzuziehen, haben wir doch unsere Werbekampagne „Pack dein Studium!“. Anziehend ist eine gute Lehre, und derzeit stöhnen die Hochschulen unter einer Überlast, die sie kaum kompensieren können. Ob mit oder ohne Imagekampagne – wirklich attraktiv können die sächsischen Hochschulen nicht werden, weil ihnen einfach die Luft unter dieser Überlast fehlt, um innovative Lehre zu konzipieren und umzusetzen.
Sie, Prof. Mannsfeld, wollen das nicht hören, aber die einschlägigen Rankings, bei denen die sächsischen Hochschulen nur Durchschnitt sind, sprechen für sich.
Es ist aus unserer Sicht wichtig, eine gesicherte Finanzierung auch bei zurückgehenden Studierendenzahlen zu sichern, nicht nur um diese Atempause für die Hochschu
len zu schaffen, sondern auch, um bessere Betreuungsrelationen einzuführen. So könnten auch die Freiräume für die dringend notwendige Reform bei Bachelor- und Masterstudiengängen geschaffen werden.
Erst wenn die Hochschulen wirklich die Luft für bessere Studienqualität haben, können sie mehr Studierende anziehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Fraktion teilt ausdrücklich die Absicht der Linksfraktion, den erneuerbaren Energien insbesondere auch im Bereich der Wärmeversorgung zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist angesichts der Klimakrise und der Ressourcenverteuerung dringend nötig.
Unsere Fraktion hatte bereits 2005 einen ähnlichen Gesetzentwurf eingebracht; Kollege Fröhlich hat schon darauf hingewiesen. In beiden Fällen geht es um die Einfügung einer Ermächtigung an die Gemeinden,
die Ausrüstung von Gebäuden und den Einsatz erneuerbarer Energien bauordnungsrechtlich festzusetzen. Diese Rechtslage besteht seit Jahrzehnten in Hessen, in Hamburg und im Saarland.
Allerdings haben wir eine neue Situation. Seit dem 1. Januar 2009 gibt es das Bundesgesetz zum Einsatz erneuerbarer Energien bei Neubauten im Wärmebereich. Die Länder haben darin ausdrücklich die Kompetenz zugesprochen bekommen, entsprechende Regelungen für Altbauten einzuführen. Hier liegt der Teufel im juristischen Detail. Diese Ermächtigung des Bundes schließt aus unserer Sicht bauordnungsrechtliche Regelungen, wie sie hier vorgeschlagen werden, nunmehr aus. Der moderne und juristisch richtige Weg wäre aus unserer Sicht ein Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz für Altbauten in Sachsen.
Wir teilen also die Zielstellung dieses Gesetzentwurfes. Die Änderung der Bauordnung ist aber zumindest mittlerweile der juristisch falsche Weg. Deshalb werden wir uns enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf ist ein typisches Beispiel für die Politik, die die FDP-Fraktion in diesem Landtag betreibt.
Dieser Gesetzentwurf ist eine Mischung aus Populismus und Lobbyismus. Er greift lobbyistisch die Forderung privater Rundfunkveranstalter auf und malt populistisch das Bild wertlos werdender UKW-Rundfunkempfänger an die Wand,
jedoch ohne sich mit den Folgen, mit den Konsequenzen oder mit anderen möglichen Lösungsansätzen auseinanderzusetzen.
Die FDP fordert, die Stichtagsregelung für den Umstieg von analoger zu digitaler Übertragungstechnik, die im Sächsischen Privatrundfunkgesetz auf den 31.12.2014 festgelegt ist, zu streichen. Ins Feld führt sie dabei, dass dies weder Veranstaltern noch Radiobesitzern zuzumuten sei. Die FDP-Fraktion führt aber nicht aus, wie sonst ein Übergang zur digitalen Technik ermöglicht werden könnte.
Herr Herbst, Sie haben in Ihrer Rede kein einziges Wort darüber verloren.
Auch die FDP-Fraktion, die sich gern als fortschrittlich und technikbegeistert gibt, wird möglicherweise wissen, dass die digitale Übertragungstechnik viele Chancen bietet und dass dem digitalen Rundfunk die Zukunft gehört.
Für den Hörfunk gilt das ganz besonders. Hörfunkangebote als mobiles und problemlos zu empfangendes Informationsmedium stehen in Konkurrenz zum Internet. Neue digitale Technologien können dazu dienen, sich stärker zu
positionieren. So ist es möglich, im Rahmen der Digitalisierung einen Dienstleistungsmehrwert zu erzeugen und über den reinen Audiotransfer noch weitere Informationskanäle zu nutzen. Rundfunk ist von herausragender Bedeutung in der Wissens- und Informationsgesellschaft. Die Programmvielfalt ist dabei unerlässlich. Gerade hierbei kann die Digitalisierung von Nutzen sein, weil sie es erlaubt, auf dem zur Verfügung stehenden Frequenzspektrum mehr Dienstleistung und eine größere Anzahl von Programmen anzubieten.