Protocol of the Session on April 18, 2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 106. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Winkler, Frau Schöne-Firmenich, Frau Schmidt, Frau Dr. Runge, Herr Hermsdorfer, Herr Prof. Porsch, Frau Bonk und Herr Dr. Metz.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 3 bis 11 folgende Redezeiten festgelegt: CDU 80 Minuten, Linksfraktion 60 Minuten, SPD 35 Minuten, NPD, FDP, GRÜNE je 25 Minuten, fraktionslose MdL je 4 Minuten und die Staatsregierung 60 Minuten.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, in der Ihnen vorliegenden Tagesordnung die Punkte 3 bis 6, 3. Lesungen, zu streichen, da wir sie bereits gestern erledigt haben.

Meine Damen und Herren! Mir liegt ein als dringlich bezeichneter Antrag der Linksfraktion in der Drucksache 4/11927 vor. Der Titel lautet: „Bestandsgarantie für die Mittelschule Königswartha – keine Sanktionen gegenüber den zurückgetretenen Gemeinderäten“.

Der Landtag hat die Möglichkeit, gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit festzustellen. Dann würde dieser Antrag noch auf der heutigen Sitzung behandelt werden. Ich darf die Linksfraktion bitten, den Antrag einzubringen und die Dringlichkeit zu begründen. Bitte schön.

In der Gemeinde Königswartha ist der Gemeinderat zurückgetreten. Warum? Die ehrenamtlichen Gemeindevertreter verstehen die sächsische Politik, insbesondere die Politik des sächsischen Kultusministeriums, nicht mehr. Sie sollen die Klage auf Erhalt ihrer Mittelschule zurücknehmen; nur dann gäbe es Fördermittel für die Mittelschule Lohsa.

Der Staatsminister Herr Flath hat hier in diesem Hohen Hause erklärt, dass es keine Mitwirkungsentzüge mehr geben werde. Es hieß: Keine Schulschließungen aus dem Kultusministerium mehr! – Die Schulschließungen bzw. das Schulsterben gehen aber weiter, und zwar vom Kultusministerium aus, nun aber über Druck und Erpressung.

Am 11. April hat meine Fraktion aus der Presse Kenntnis von diesem Vorfall erhalten. Dieser einmalige Hilferuf der Königswarthaer Gemeindevertretung gibt uns Anlass, hier im Landtag mit den politisch Verantwortlichen zu diskutieren. Der Landtag muss nach unserer Auffassung sofort über diese Situation und diesen Vorfall sprechen; daher unser Antrag.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Wird dazu das Wort gewünscht?

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns bereits vor mehreren Jahren dazu entschlossen, den Herausforderungen der Demografie offensiv zu begegnen. Die Anpassung der Schulstrukturen an die zurückgehenden Schülerzahlen war eine Facette dieser Strategie.

Das Regelwerk des Umstrukturierungsprozesses ist den Schulträgern und Kommunalpolitikern seit mehreren Jahren bekannt. Unser Kultusminister Steffen Flath hat zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der Bestandskraft dieser Vorgaben aufkommen lassen.

Der weit überwiegende Teil der Bürgermeister und Gemeinderäte hat diese Veränderungszwänge, wenn auch oft schweren Herzens, akzeptiert. Dort, wo dieser Prozess abgeschlossen ist, haben Schüler, Lehrer, Eltern, Gemeinden und Landkreise bereits die notwendige Planungssicherheit.

Bedauerlicherweise ist das im Norden des Landkreises Bautzen noch nicht so. Diesen Einzelfall zum Anlass zu nehmen, um vom Gesetzgeber eine Änderung der landesweit praktizierten Regeln zu verlangen, Frau Falken, ist weder sachgerecht noch ehrlich. Insbesondere ist mit dem anhaltenden und im vorliegenden Fall auch schmerzlichen Meinungsbildungsprozess zwischen drei Schulträgergemeinden nicht die Dringlichkeit des Antrages nach § 54 der Geschäftsordnung zu begründen.

Die Schwierigkeiten bei der Schaffung zukunftsfähiger Schulstrukturen in der von Ihnen angesprochenen Region sind seit längerer Zeit bekannt. Das zur Lösung des Problems erforderliche Instrumentarium ist vorhanden. Akuter gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht nicht.

Im Übrigen entbehrt es jeder Grundlage, von „Androhung oder Anwendung kommunalrechtlicher Sanktionen“ gegenüber den geschlossen zurückgetretenen Gemeinderäten der Gemeinde Königswartha zu sprechen. Erst wenn der Sachverhalt durch die Vorlage des Beschlusses oder eines Protokolls der Gemeinderatsitzung von Königswartha vorliegt – das wissen Sie ganz genau –, kann dieser Sachverhalt durch die Kommunalaufsicht rechtlich bewertet werden. Das ist bisher nicht geschehen. Insofern ist auch in diesem Punkt Ihr Antrag nach Geschäftsordnung nicht dringlich.

Ich bin mir sicher, dass der alte oder der neue Landkreis eine befriedigende und sinnvolle Lösung finden wird. Genau dort ist nämlich die richtige Stelle dafür. Darum werden wir die nachträgliche Aufnahme des Antrags auf die heutige Tagesordnung mit Verweis auf § 54 der Geschäftsordnung ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Frau Günther-Schmidt, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Begründung der Dringlichkeit des Antrags mag man unter Umständen streiten können. Andererseits ist meine Fraktion fest davon überzeugt, dass jede Schulschließung dringlich zu behandeln ist. Darüber hinaus ist das Problem allerdings schon eine ganze Weile bekannt. Ich habe bereits am 4. März zwei Kleine Anfragen zum Thema gestellt, deren Fälligkeit am Mittwoch erfüllt war. Die Antwort auf eine von beiden Anfragen ist fristgerecht eingetroffen; die zweite, in der es nämlich um die Finanzierungsangelegenheiten der beiden Schulstandorte geht, ist seltsamerweise noch nicht ausgeliefert, jedenfalls nicht bis heute Morgen. Dabei ging es insbesondere um folgenden Sachverhalt: Die Mittelschule Königswartha ist saniert – der Schulträger hat sich eindeutig positioniert –, während der Mittelschulstandort Lohsa höchsten Sanierungsbedarf hat. Allein unter diesem Aspekt – die Frist zur Beantwortung der Kleinen Anfrage wurde nicht eingehalten – halte ich das Problem nach wie vor für dringlich; denn hier scheint tatsächlich der Hase im Pfeffer zu liegen. Ich habe es mir abgewöhnt, in solchen Zusammenhängen an Zufälle zu glauben.

Unter dem genannten Aspekt und weil die angedrohten Konsequenzen für die Gemeinderäte tatsächlich erst nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Anträgen im Landtag angekündigt wurden, wird meine Fraktion der Dringlichkeit zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Für die FDP-Fraktion Herr Herbst, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eine gewisse inhaltliche Sympathie für den Antrag; das ist völlig klar. Aber es gibt eine Geschäftsordnung des Landtages. Im Gegensatz zur Kollegin von den GRÜNEN bin ich nicht der Meinung, dass man sie so lange zurechtbiegen sollte, bis sie passt. Sie gilt für alle Abgeordneten und Fraktionen. Deswegen können wir aus formalen Gründen der Dringlichkeit des Antrags nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Es wird weiterhin das Wort gewünscht. Bitte, Frau Lay.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war sicherlich interessant, die inhaltliche Einschätzung von Herrn Lehmann zum Thema zu hören. Diese könnten Sie dann in der Debatte auch zum Ausdruck bringen.

Wir haben jetzt aber über die Dringlichkeit des Antrags zu entscheiden. Aus diesem Grunde möchte ich noch einmal zwei Argumente ins Feld führen. Zum einen sind auch wir als Linke selbstverständlich der Ansicht, dass das Thema „Schulschließungen“ immer ein dringliches Thema ist. Zweitens sind wir der Ansicht: Wenn ein Gemeinderat aufgrund eines solchen Vorgangs zurücktritt, hat der Sächsische Landtag durchaus Grund, sich mit diesem Thema dringlich zu beschäftigen.

Ich möchte noch einmal auf die Begründung unseres Antrags hinweisen. Darin ist dargelegt worden, dass wir uns auf Berichte in der Presse beziehen, die erst am 11. April in der Folge des Rücktritts des Gemeinderates erschienen sind. Daher war es vorher nicht möglich, im regulären Verfahren einen Antrag einzubringen. Deswegen ist es auch geschäftsordnungsfest, wenn wir dies in Form eines Dringlichen Antrags tun. Ich bitte Sie daher, auch im Interesse der hier betroffenen Gemeinde und der Schülerinnen und Schüler, um Zustimmung zur Dringlichkeit, sodass wir heute im Laufe des Tages über dieses wichtige Thema debattieren können.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse über die Dringlichkeit des Antrags der Linksfraktion „Bestandsgarantie für die Mittelschule Königswartha, keine Sanktionen gegenüber den zurückgetretenen Gemeinderäten“ abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Stimmenthaltung und einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist die Dringlichkeit dennoch mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Ich frage, ob es weitere Anträge zur Tagesordnung gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die Tagesordnung von Ihnen als bestätigt. Wir kommen deshalb zur Tagesordnung selbst.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Sachsen als Vorbild für eine familienfreundliche Politik

Antrag der Fraktion der FDP

2. Aktuelle Debatte: 100 Tage Vorratsdatenspeicherung – Generalverdacht gegen Bürgerinnen und Bürger einstellen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Gesamtverteilung der Redezeit hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 36 Minuten, Linksfraktion 26 Minuten, SPD und NPD je 12 Minuten, FDP

17 Minuten, GRÜNE 17 Minuten und die Staatsregierung 20 Minuten.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Sachsen als Vorbild für eine familienfreundliche Politik

Antrag der Fraktion der FDP

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion der FDP das Wort; danach CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass die Fraktion der FDP das Wort nimmt. Frau Schütz, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Der gewählte Titel der Debatte ist keine Feststellung, sondern ein Anspruch, den Frau Staatsministerin Orosz in der Fachregierungserklärung am 6. April 2006 mit den Worten formulierte: „Der Freistaat Sachsen will das familienfreundlichste Land in Deutschland werden. Dazu können und müssen alle beitragen.“

Seitdem ist viel Bewegung in Deutschlands Familienpolitik gekommen und sie nimmt weiterhin Fahrt auf. Allerdings sehe ich uns in Sachsen dieser Dynamik offenbar nicht mehr gewachsen.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Fast genau zwei Jahre nach ihrer fulminanten Rede, Frau Orosz, halten wir es für legitim, aktuell nachzufragen, was aus dem Anspruch geworden ist.