Protocol of the Session on May 19, 2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie ganz herzlich begrüßen. Ich begrüße auch unsere Kandidaten für das Verfassungsgericht, die heute auf der Tribüne Platz genommen haben. Ich mache das sonst nicht,

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

aber da es sich um unsere Dritte Gewalt handelt, meine ich, ist es gerechtfertigt. Da wir heute diese Herren in das hohe Amt wählen werden, ist es legitim, unsere Richterinnen und Richter im Plenarsaal gesondert begrüßen zu dürfen.

Meine Damen und Herren, folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Herr Baier und Frau Nicolaus.

(Klaus Baier, NPD: Herr Baier ist hier!)

Aha, dann ist die Information nicht bis zu uns gedrungen. Ich streiche Ihren Namen.

Meine Damen und Herren, die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 2 bis 6 festgelegt: CDU 85 Minuten, PDS 65 Minuten, SPD 40 Minuten, NPD 40 Minuten, FDP 30 Minuten, GRÜNE 30 Minuten und die Staatsregierung 65 Minuten. – Der Tagesordnungspunkt 12 ist zu streichen.

Weiterhin liegt mir ein als dringlich bezeichneter Antrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 4/1637, Erhalt von Schulstandorten, vor. Ich bitte die PDS-Fraktion um Einbringung und Begründung der Dringlichkeit. Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag zum Erhalt von Schulstandorten ist nicht nur als dringlich bezeichnet, sondern er ist in der Tat dringlich, politisch wie nach Geschäftsordnung. Wir haben in der Geschäftsordnung die Regelung, dass Anträge, die auf normalem Wege nicht mehr regulär behandelt werden können, dringlich sind. In diesem Fall haben wir den Umstand, dass der Kultusminister bis zum 27. Mai Bescheide an die Schulträger schicken wird, welchen Schulen, welchen Klassen die Mitwirkung entzogen wird. Damit ist im Monat Juni, wenn der Landtag das nächste Mal tagt, eine reguläre Beratung nicht mehr möglich, weil die Frist dann überschritten wäre. Deshalb beantragen wir, unseren Antrag in die heutige Tagesordnung aufzunehmen. Wir würden im Interesse der Effektivität darum bitten, dass er im Punkt 5 mit eingeordnet wird, wo ein Antrag der FDP-Fraktion zu kommunaler Selbstverwaltung bei wohnortnahen Schulen bereits auf der Tagesordnung ist, so dass kein zusätzlicher Tagesordnungspunkt entsteht.

Wird dazu das Wort gewünscht? – Bitte schön, Herr Dulig.

Zur Frage der Dringlichkeit. Paragraf 54 unserer Geschäftsordnung sieht vor, dass die Voraussetzung für die Dringlichkeit eines Antrages gegeben ist, wenn im üblichen Verfahren nach § 53 eine rechtzeitige Entscheidung des Landtags über einen solchen Antrag nicht erreichbar ist. Zum Antragsschluss am Montag, 12:00 Uhr, hätte man einen Antrag stellen können. Das Problem war bekannt. In der letzten Plenardebatte hatte zum Beispiel Frau Bonk auf den Zeitplan hingewiesen. Das heißt, es war zum Antragsschluss auch Ihnen bekannt, wie die Abläufe sind. Von daher ist das eine selbst konstruierte Dringlichkeit. Wir lehnen die Dringlichkeit ab.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Wir haben heute die Verfassungsrichter hier. Wir wollen doch dem Gericht keine zusätzliche Arbeit verschaffen.

(Oh-Rufe von der CDU)

Ich will Ihnen noch einmal ganz klar sagen, wie sich der Sachverhalt darstellt. Wir haben in der Geschäftsordnung zwei Möglichkeiten, Anträge auf die Tagesordnung zu setzen: einmal, dass jede Fraktion das Recht hat, drei Anträge zu stellen. Davon haben wir Gebrauch gemacht. Es gibt einen weiteren gesonderten Paragrafen, der die Einreichung dringlicher Anträge als zusätzliches Recht regelt. Hier liegt ein Termin vor, und zwar der 27. Mai. Wir haben von unserem zusätzlichen Recht Gebrauch gemacht, diesen Dringlichen Antrag einzubringen, und wir haben durch die Fristsetzung keine Möglichkeit mehr, in der nächsten regulären Landtagssitzung darüber zu verhandeln.

Von daher ist der Antrag dringlich. Wenn Sie auf den Fristablauf am Montag abheben: Es gab bis in die letzten Stunden Verhandlungen im Kultusministerium, auch zwischen den Koalitionspartnern, welche Ausnahmegenehmigungen noch erfolgen können. Bis heute gibt es keine Einigung! Unser Antrag enthält die Forderung nach einer ganz bestimmten Ausnahmeregelung, nämlich für einzügige Mittelschulen. Das konnte erst auf dem Weg des Dringlichen Antrages eingebracht werden. Er ist nach Geschäftsordnung dringlich und die Koalition hat die Pflicht, auch einen ihr unbequemen Antrag zu behandeln, wenn er der Geschäftsordnung entspricht.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Bitte, Frau Hermenau.

Ich habe sehr viel Sympathie für den Inhalt des Antrages, aber der Termin 27. Mai war lange vor Montag bekannt. Es ist also nichts gewesen, was man nicht hätte vorher wissen können. Natürlich haben wir uns auch Gedanken darüber gemacht, was man unternehmen müsste oder könnte. Das haben Sie gestern an unserem Antrag gesehen. Sie haben heute die Möglichkeit, diesen Antrag, den Sie als dringlich einbringen wollen, als Änderungsantrag vorzutragen, wenn

wir über den FDP-Antrag sprechen. Theoretisch gibt es eine Möglichkeit, das zu verhandeln. Eine Dringlichkeit, wie sie die Geschäftsordnung vorsieht, erkenne ich nicht.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Prof. Porsch, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist legitim, wenn wir über die Dringlichkeit eines Antrages debattieren. Dies ist von Terminen abhängig. Nicht legitim ist, über das Tempo unserer Willensbildung zu diskutieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lasse jetzt über die Dringlichkeit des Antrages der PDS-Fraktion in der Drucksache 4/1637, Erhalt von Schulstandorten, abstimmen. Wer der Dringlichkeit des Antrages zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Anzahl von Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist der Dringlichkeit des Antrages mehrheitlich nicht zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren, mir liegt weiterhin ein als dringlich bezeichneter Antrag der Fraktion der NPD in der Drucksache 4/1660 vor: „Abwendung der endgültigen Zerschlagung des Unternehmens NEL GmbH“. Das ist die Neue Erba Lautex in Neugersdorf. Der Landtag hat auch hier die Möglichkeit, über die Bestätigung der Dringlichkeit noch einen Antrag in der heutigen Sitzung zu behandeln. Ich bitte um Einbringung und Begründung der Dringlichkeit. Herr Dr. Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst die kurze Vorgeschichte. Wir hatten im März-Plenum den Antrag eingebracht, die Neue Erba Lautex zu erhalten. Wir hatten zwar keine Mehrheit im Plenum gefunden, aber wir konnten fraktionsübergreifend die Bestätigung erhalten, dass es wichtig ist, das Unternehmen mit 200 Arbeitsplätzen in der Oberlausitz zu erhalten. Die Belegschaft hatte von Herrn Staatsminister Jurk die Zusage, dass er sich mit aller Kraft in dieser Richtung einsetzen möchte.

Am Mittwoch, dem 11. Mai, war eine Bürger- und Belegschaftsversammlung wegen der Neuen Erba Lautex GmbH. Von den Abgeordneten waren der Parlamentarische Geschäftsführer Herr Lehmann von der CDU-Fraktion, Frau Schütz von der FDP-Fraktion und meine Wenigkeit anwesend. Wir wurden am 11.05. abends gegen 20:00 Uhr von Mitgliedern der Belegschaft informiert, dass die Zerschlagung unmittelbar bevorstehe und in den nächsten 14 Tagen der Verkauf der Maschinen vertraglich festgelegt werden sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir davon ausgegangen, dass eine Abwendung der endgültigen Zerschlagung bis zum 30.06. möglich wäre. Der 30.06. ist das Datum, zu dem der Belegschaft vorsorglich gekündigt wurde. Mittwochabend wurde uns mitgeteilt, dass eine endgültige Zerschlagung, die mit dem Verkauf der Maschinen unabwendbar wäre, innerhalb der nächsten 14 Tage zu erwarten sei.

Hier ist eindeutig eine Dringlichkeit gegeben. Der letzte mögliche Einreichungstermin wäre fristgemäß Montag, der 9. Mai, bis 12:00 Uhr, gewesen. Wenn wir also vom Sachstand erst am 11.05.2005, Mittwochabend, erfahren, konnten wir diesen Antrag nicht mehr fristgerecht einreichen. Wir haben eine Daseinsfürsorgepflicht für die Belegschaft. Wir sind die Legislative des Landes und müssen uns mit aller Macht dafür einsetzen, und zwar parteiübergreifend, dass dieses Unternehmen, das eines der wenigen noch funktionierenden in der Oberlausitz ist, erhalten bleibt. Die Auftragsbücher sind voll. Es ist sogar so, dass die jetzige Geschäftsführung vorübergehend mehr Leute einstellen muss, um den Stau abzuarbeiten, der sich noch bis zur endgültigen Betriebsschließung ergibt, …

Herr Dr. Müller, bitte zum Schluss kommen.

(Zurufe von der CDU und der SPD – Uwe Leichsenring, NPD: Was für ein Fläz da drüben!)

Da sieht man, wie wichtig Ihnen diese Arbeitsplätze sind. Es gibt den Zeitpunkt, dass spätestens in 14 Tagen die Maschinen verkauft sind, und wir haben Fürsorgepflicht für die Belegschaft. Das habe ich gesagt. Vielleicht ist das angekommen. Ich bitte um Unterstützung der Dringlichkeit des Antrages. Es geht hier wirklich über Parteigrenzen hinweg, hoffe ich.

(Beifall bei der NPD)

Wird dazu das Wort gewünscht? – Herr Lehmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann das von meinem Vorredner Gesagte insoweit bestätigen, als sich das Plenum bereits im März mit diesem Thema befasst hat. Da hat Herr Staatsminister Jurk zugesagt, alles ihm Mögliche zu tun, um eine Zerschlagung dieser Firma zu vermeiden. Die Bürger und auch die Mitarbeiter haben Interesse daran zu erfahren, wie weit er auf diesem Weg vorangekommen ist. Zu diesem Zweck gab es auch die zitierte Bürgerversammlung, an der ich teilgenommen habe. Ich habe mich als Wahlkreisabgeordneter mit einem Brief an den Staatsminister gewandt, um diese Informationsnotwendigkeit noch einmal zu unterstreichen. Man kann es aber drehen und wenden, wie man will, im Lichte der Geschäftsordnung ist der durch die NPD als dringlich bezeichnete Antrag nicht dringend, weder nach § 53 noch nach § 54. Daher werden wir die Dringlichkeit also ablehnen.

(Uwe Leichsenring, NPD: Begründen Sie das, Herr Lehmann!)

Da der Wirtschaftsminister aber trotz alledem in dieser Angelegenheit aktiv war und ist, werden wir einen Weg finden, dass er das Plenum informieren kann. Wir haben diesen Weg gefunden. Er wird nämlich die morgige Fragestunde nutzen, um das zu sagen, was in dieser Angelegenheit zu sagen ist.

Ich selbst habe für die nächste Wirtschaftsausschusssitzung auch dieses Thema zur Erörterung angemeldet. Dort können sich die Experten noch einmal weiter mit dem Thema befassen. Ich hoffe, dass es in der Summe aller Maßnahmen dennoch möglich ist, dass die Wertschöpfung und auch die Arbeitsplätze in der Oberlausitz bei der Firma NEL weiter erhalten bleiben können.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dr. Hahn.

Herr Präsident! Herr Kollege Lehmann hat eben auf die Fragestunde verwiesen. Was er nicht gesagt hat, ist, dass dort eine vor diesem Antrag der NPD bereits eingereichte mündliche Anfrage der Abg. Simon, Fraktion der PDS, vorliegt, die sich dieses Themas angenommen hat. Wir erwarten selbstverständlich, dass der Minister dort Auskunft gibt und uns am morgigen Tag mitteilt, wie der Sachstand ist und welche Maßnahmen ergriffen worden sind, um das Unternehmen zu retten. Er hat eine Zusage gegeben. Er kann sie morgen letztmalig aus unserer Sicht einlösen. Was die Dringlichkeit nach der Geschäftsordnung angeht, verweise ich darauf, dass im NPD-Antrag in der Begründung der Dringlichkeit ein Termin genannt ist, nämlich der 30.06.2005. Wenn dieser Termin 30.06.2005 in diesem Antrag gilt, dann kann im Juni in der Landtagssitzung die reguläre Behandlung noch erfolgen. Wir sind der Auffassung, morgen kann in der Fragestunde der Minister Rede und Antwort stehen.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dr. Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zunächst auf meinen Vorredner Dr. Hahn erwidern: Es geht nicht mehr um den Termin 30.06.2005. Dieser Termin ist der Zeitpunkt, zu dem der Belegschaft gekündigt ist. Kollege Hahn, es geht jetzt darum, dass innerhalb der nächsten 14 Tage Verträge geschlossen werden sollen, die den Verkauf der Maschinen besiegeln. Sie wissen genauso gut wie ich, denn Sie sind viel länger in der Politik als ich, dass, wenn Maschinen eines Werkes verkauft sind, eine Fortführung nach dem Kündigungstermin nicht mehr mög

lich ist. Da sind die Maschinen weg. Die Verträge sind nicht rückabwickelbar. Das ist ein Beleg dafür, dass dieser Termin dringlich ist. Ich danke auch der PDS-Fraktion, insbesondere Frau Simon, dass sie sich bei Banken dafür eingesetzt hat, dass überhaupt der jetzt aufgezeigte Weg möglich ist. Das, was wir hier im Plenum beschließen, soll bewirken, dass die Staatsregierung einfach aufgefordert wird, und zwar durch das gesamte Plenum, diese Maßnahmen umzusetzen, zumindest alles daranzusetzen, dies umsetzen zu können. Es geht nicht um eine Informationsvorlage, sondern es geht um eine Vorlage, um klare Richtlinien für die Staatsregierung. Das ist unsere Aufgabe als Parlament.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich den Dringlichen Antrag der Fraktion der NPD, Drucksache 4/1660, Abwendung der endgültigen Zerschlagung des Unternehmens NEL GmbH in Neugersdorf, zur Abstimmung. Wer der Dringlichkeit des Antrages zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? –

(Uwe Leichsenring, NPD: Das ist ein Skandal, Herr Lehmann, was Sie als Wahlkreis- abgeordneter hier tun! Schämen Sie sich!)

Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen und Stimmen dafür ist der als dringlich bezeichnete Antrag mehrheitlich abgelehnt.

(Unruhe bei den Fraktionen – Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Meine Damen und Herren! Ich denke, zu dem Antrag ist jetzt alles gesagt. Wir kommen wieder zur Tagesordnung selbst.

Ich muss aber noch fragen: Gibt es weitere Anträge zur Tagesordnung? – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die vorliegende Tagesordnung für unsere Beratung als beschlossen.

(Unruhe bei den Fraktionen)

Ich bitte doch um etwas mehr Aufmerksamkeit.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1