Protocol of the Session on July 11, 2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 115. Sitzung des 4. Sächsischen Landtags.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Prof. Dr. Milbradt, Herr Jurk, Frau Orosz, Herr Pecher, Herr Prof. Schneider, Herr Bartl, Herr Kupfer, Herr Dr. Pellmann, Herr Baier, Herr Hamburger, Frau Nicolaus und Herr Schön.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung für die heutige Sitzung liegt Ihnen vor. Ich bitte Sie, folgende Streichungen vorzunehmen: Die Tagesordnungspunkte 3 bis 8, 3. Lesungen, haben wir bereits behandelt und deswegen können sie von der heutigen Tagesordnung gestrichen werden.

Meine Damen und Herren! Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die verbleibenden Tagesordnungspunkte 3 bis 6 festgelegt: CDU 64 Minuten, Linksfraktion 48 Minuten, SPD 28 Minuten, NPD, FDP und GRÜNE je 20 Minuten, fraktionslose je 3 Minuten und die Staatsregierung 48 Minuten.

Meine Damen und Herren! Mir liegt ein als dringlich bezeichneter Antrag der Fraktion GRÜNE in der Drucksache 4/12824 „Welterbe Dresdner Elbtal – letzte Chance zum Erhalt nutzen“ vor. Der Landtag hat die Möglichkeit, gemäß § 54 Abs. 3 der GO die Dringlichkeit festzustellen. Dann muss der Antrag heute noch behandelt werden. Ich bitte um die Begründung der Dringlichkeit.

(Unruhe im Saal)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag verfolgen wir das Ziel, dass der Sächsische Landtag die Entscheidung des UNESCOWelterbekomitees begrüßt, das Dresdner Elbtal zunächst nicht von der Liste der Welterbestätten zu streichen. Wir wollen die Staatsregierung auffordern, gemeinsam mit der Landeshauptstadt und der Bundesrepublik Finanzierung und Realisierung eines Elbtunnels zu sichern, darauf hinzuwirken, dass ein Bürgerentscheid zugunsten eines Elbtunnels ermöglicht wird und sich für einen Stopp der Bauarbeiten einzusetzen.

Das UNESCO-Welterbekomitee hat auf seiner Tagung am 3. Juli in Quebec entschieden, auf die Streichung des Dresdner Elbtals aus der Liste der Welterbestätten vorläufig zu verzichten, und eine letzte Frist für den Erhalt des Welterbes gesetzt. Zugleich wurde unmissverständlich formuliert: „Wenn die Konstruktion der Brücke nicht gestoppt und der Schaden gutgemacht wird, wird das Dresdner Elbtal 2009 von der Liste des Welterbes gestrichen.“

(René Despang, NPD: Dann soll es gestrichen werden!)

Damit räumt das Welterbekomitee der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Sachsen und der Landeshauptstadt Dresden eine letzte Chance auf den Erhalt des Welterbetitels ein. Diese kann und muss genutzt werden, um alternative Verkehrslösungen zu finden. Das Welterbekomitee hat als solche Lösung ausdrücklich den Tunnel benannt. Um eine irreversible Beeinträchtigung der Welterbestätte Dresdner Elbtal zu verhindern, ist nach dieser Entscheidung ein sofortiger Baustopp notwendig. Dadurch würden sich sogleich die für den Erhalt des Welterbes notwendigen Rückbaumaßnahmen begrenzen und erhebliche Kosten eingespart werden.

(Unruhe im Saal)

Der Dresdner amtierende Oberbürgermeister Lutz Vogel hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine solche Baustoppentscheidung nur dann erfolgreich sein kann, wenn sich die bisherige Haltung der Staatsregierung zu dieser Frage ändert. Deshalb ist eine Befassung des Sächsischen Landtages dringend erforderlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Die Entscheidung des Welterbekomitees ist erst in der Nacht vom 3. zum 4. Juli bekannt geworden. Deshalb konnten wir den vorliegenden Antrag nicht regulär auf der heutigen Tagesordnung platzieren. Eine Entscheidung des Landtages ist andererseits vor der parlamentarischen Sommerpause erforderlich, da der Bau der Waldschlößchenbrücke täglich fortschreitet und eine Entscheidung im September-Plenum angesichts vollendeter Tatsachen kaum noch möglich ist und mit deutlich höheren Folgekosten versehen wäre.

Welche Baufortschritte Tag für Tag vonstatten gehen, zeigt ein Blick in den Bericht der Stadtverwaltung von letzter Woche: Arbeiten zur Erstellung der Schalung und Bewehrung, Betonierung, Einbau von Fundamenten für die Lärmschutzwand, Straßenbau am Käthe-KollwitzUfer, Vorbereitung für die Betonierung des zweiten Tunnelsegments, Verlegung von Leitungen für Versorgungsunternehmen, Asphaltierung, Fortsetzung des Aushubs der Baugrube für den östlichen Tunnel usw. usf.

(Demonstrativer Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der NPD)

Das ist der Baufortschritt von sieben Tagen.

Meine Damen und Herren! Bis zur Septembersitzung des Sächsischen Landtages würden weitere neun Wochen vergehen. Wenn wir das Wort von Bundeskanzlerin Angela Merkel ernst nehmen, dass eine Pause zum Denken angesagt ist, dann muss das auch eine Pause vom Bauen bedeuten.

Ich bitte Sie deshalb, der Dringlichkeit dieses Antrages zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Wird zu der Dringlichkeit des Antrages das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Herr Lehmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Gerstenberg, die wortreiche Begründung der Dringlichkeit Ihres Antrages ändert nichts an der Tatsache, dass es eine klare Rechtslage gibt, an die sich die Verwaltungsinstanzen wie auch die Gerichte halten werden. Ihr Antrag zeigt, dass Sie nicht bereit sind, die inzwischen eingetretenen Realitäten anzuerkennen.

Realität ist, dass eine wachsende Mehrheit der Dresdner Bürger die Debatte satt hat

(Beifall bei der CDU, der NPD und der FDP)

und hofft, dass die Brücke zügig gebaut wird. Alle von Ihnen vorgetragenen Gesichtspunkte sind seit Langem bekannt und daher nicht geeignet, die Begründung der Dringlichkeit nach Geschäftsordnung in Verbindung mit dem Gutachten des Juristischen Dienstes zu unterstützen. Auch die Fristsetzung des Welterbekomitees bringt keine Dringlichkeit nach § 54 der Geschäftsordnung. Wir werden daher, Herr Dr. Gerstenberg, Ihren Antrag ablehnen. Ihr „Tunnelgaul“ ist tot und sie werden ihn auch nicht mit Geschäftsordnungstricks wiederbeleben können.

(Beifall bei der CDU, der NPD und der FDP)

Wird weiterhin das Wort gewünscht? – Bitte, Frau Lay.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! DIE LINKE ist selbstverständlich für den Erhalt des Welterbes im Dresdner Elbtal, und wir meinen auch, dass der Landtag jeden Schritt unternehmen sollte, dieses zu erhalten. Deshalb sind wir dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger erneut die Chance erhalten sollten zu entscheiden. Deswegen unterstützen wir die Forderung, dass bis dahin ein Baustopp ausgesprochen wird.

Daraus ergibt sich aus unserer Sicht auch zwingend die Dringlichkeit, die hier außer Frage steht. Diese Forderung sollte jeder unterstützen, dem der Ruf Dresdens, dem der Ruf Sachsens am Herzen liegt. Deswegen bitte ich Sie noch einmal eindringlich um Unterstützung dieses Antrages.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dulig, bitte.

Für uns alle gilt eine Geschäftsordnung. Wir entscheiden jetzt über die Dringlichkeit dieses Antrages. Bei der Diskussion um die Dringlichkeit wird schon inhaltlich argumentiert. Deshalb habe ich mich auch noch einmal ans Mikrofon gestellt. Ich mache mir

nicht die inhaltlichen Argumente meines Koalitionspartners zu eigen, sondern nur die rein technischen, die zur Geschäftsordnung gehören.

Wir sehen aufgrund des juristischen Gutachtens die Dringlichkeit nicht als gegeben. Das hat nichts mit unserer Haltung zu tun, die sich nicht verändert hat. Ich bedauere im Gegensatz dazu, dass die GRÜNEN eher versuchen, den Eindruck zu erwecken, als würden wir im Landtag die Entscheidung darüber treffen. Genau das ist nicht der Fall, so sehr ich bedauere, dass wir hier nicht weiterkommen, und ich auch für einen sofortigen Baustopp und weiterhin für eine Lösung plädiere. Aber Sie haben bereits eine Anzeige geschaltet. Das heißt, Ihnen ging es nicht um die Diskussion hier, sondern nur darum,

(Antje Hermenau, GRÜNE: Aber natürlich!)

dass Sie den Alleinvertretungsanspruch für die Tunnelbefürworter haben. Das gelingt Ihnen nicht, auch nicht mit einem Geschäftsordnungstrick.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Widerspruch der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Herbst, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine gewisse Dringlichkeit können wir ja erkennen, aber nur, was den zügigen Weiterbau der Waldschlößchenbrücke betrifft;

(Heiterkeit bei der FDP und der CDU)

denn die Bürger dieser Stadt haben entschieden und die Umfragen zeigen bis heute, dass eine breite Mehrheit für den Bau ist; auch die Gerichte haben entschieden.

Was ist das für ein Demokratieverständnis, dass eine Fraktion im Landtag der Meinung ist, weil sie in einer demokratischen Abstimmung unterlegen war, durch die Hintertür zu versuchen, dieses Thema immer wieder zu bemühen und am Ende Gerichtsentscheidungen und Bürgerentscheide auszuhebeln? Das ist nicht unser Verständnis. Das hat auch gar nichts mit der Dringlichkeit nach Geschäftsordnung zu tun. Wir wissen seit über einem Jahr, dass die UNESCO droht, den Welterbetitel zu entziehen. Sie hat nicht den Mut gehabt, es zu machen. Sie hat wieder keine Entscheidung getroffen. Unabhängig davon ist das kein Antrag, der nach unserer Geschäftsordnung dringlich ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU – vereinzelt Beifall bei der NPD)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Dann bringe ich die Dringlichkeit des Antrages der Fraktion GRÜNE, Drucksache 4/12824, Welterbe Dresdner Elbtal – letzte Chance zum Erhalt nutzen, zur Abstimmung. Wer der Dringlichkeit des Antrages zustimmen möchte, den bitte ich um das

Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Anzahl von Stimmen dafür ist die Dringlichkeit des Antrages mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Weitere Anträge zur Tagesordnung liegen mir zurzeit nicht vor. Damit ist die vorlie

gende Tagesordnung mit den von mir genannten Streichungen für unsere heutige Beratung von Ihnen bestätigt.

Wir kommen damit zur Tagesordnung selbst. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde