Protocol of the Session on September 15, 2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 60. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages.

Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Herr Dr. Metz, Herr Schön, Herr Herbst, Herr Neubert – Herrn Neubert habe ich gerade gesehen; er ist das –, Herr Hamburger, Herr Hilker und die Mitglieder der NPDFraktion.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 2 bis 6 folgende Redezeiten

festgelegt: CDU-Fraktion 69 Minuten, Linksfraktion.PDS 53 Minuten, SPD-Fraktion 33 Minuten, FDP-Fraktion 25 Minuten, GRÜNE-Fraktion 25 Minuten, fraktionslose MdL je 4 Minuten, Staatsregierung 53 Minuten.

Ich bitte den Tagesordnungspunkt 2, 3. Lesung, zu streichen, da wir ihn bereits gestern behandelt haben.

Ich frage, ob es zu der Ihnen vorliegenden Tagesordnung Änderungsanträge gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die Ihnen vorliegende Tagesordnung mit der genannten Streichung als von Ihnen bestätigt.

Wir kommen damit gleich zur Tagesordnung selbst. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: 50 Jahre Landschaftsschutz Sächsische Schweiz – Bilanz und Ausblick

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

2. Aktuelle Debatte: Kürzungspläne der Staatsregierung gefährden Jugendhilfearbeit

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Verteilung der Gesamtredezeit hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU-Fraktion 36 Minuten, Linksfraktion.PDS 26 Minuten, SPD-Fraktion 12 Minuten,

FDP-Fraktion 17 Minuten, GRÜNE-Fraktion 17 Minuten, Staatsregierung 20 Minuten.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

50 Jahre Landschaftsschutz Sächsische Schweiz – Bilanz und Ausblick

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Als Antragstellerinnen haben zunächst die Fraktionen der CDU und der SPD das Wort. Danach sprechen die Linksfraktion.PDS, die FDP-Fraktion, die GRÜNE-Fraktion und die Staatsregierung.

Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte die Fraktion der CDU, als Erste das Wort zu ergreifen. Herr Prof. Mannsfeld, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jubiläen sind stets ein willkommener Anlass, auf das Erreichte Rückschau zu halten und Ziele für die Zukunft festzulegen. In unserem konkreten Fall des 50. Jahrestages der Festsetzung eines Landschaftsschutzgebietes für die Sächsische Schweiz ist in der Tat eine kurze Rückschau eine wichtige Erkenntnisquelle, zumal sich die Rechtslage für das Gebiet vor 16 Jahren grundlegend geändert hat.

Einleitend bleibt zunächst die erfreuliche Feststellung, dass zahlreiche staatliche und private Initiativen mitgeholfen haben, diesen einmaligen Naturraum, wie er in unserer heutigen Kulturlandschaft noch immer unverwechselbar erhalten ist, zu schützen und zu bewahren; denn bereits 1873 lehnte das sächsische Innenministerium den Bau von Bergbahnen auf die Bastei oder den Winterberg ab und beschied auch 1895 und 1910 ähnliche Anträge für andere Erhebungen dieser Art abschlägig. Zugleich aber verfügte der Staat 1899 die Schließung der Steinbrüche im Elbtal – eine ganz wichtige Maßnahme, um das Landschaftsbild zu erhalten.

In den nachfolgenden Jahrzehnten wurden, wenn auch zögerlich, durch sektorale Gesetz- und Verordnungsgebung weitere Erhaltungsgrundsätze geschaffen. Besonders herausragend war das Jahr 1938, als die Bastei – als Naturschutzgebiet ausgewiesen – im Reichsnaturschutz

buch für das Land Sachsen mit der Nummer 1 eingetragen wurde.

Am 1. September 1956 erfolgte die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet. Die Hoffnung vieler Naturfreunde auf eine qualifiziertere Schutzkategorie wurde nicht erfüllt, weil eine solche in dem 1954er Naturschutzgesetz der DDR nicht enthalten war und man ohnehin Probleme mit dem Begriff „national“ hatte. Aber auf dieser Basis wurden weitere sensible Räume als Naturschutzgebiete innerhalb des LSG ausgewiesen.

Weitere wesentliche markante Punkte der Entwicklung waren: 1981 der Landschaftspflegeplan für das Gebiet, inhaltlich durchaus anspruchsvoll, aber mit großen Problemen bei der Durchsetzung; 1983 eine Verhaltensordnung für Bewohner und Gäste des Landschaftsschutzgebietes; 1987 eine Landschaftsschutzgebietsinspektion, angebunden an den Forstwirtschaftsbetrieb Königstein als Vorläufer einer Gebietsverwaltung; 1990 bekanntlich der Nationalpark.

Wie angedeutet, hat zur Erhaltung der Sächsischen Schweiz als besonderer Naturraum insbesondere das ehrenamtliche Element, haben die freiwilligen ehrenamtlichen Naturschützer, die Kreisnaturschutzbeauftragten oder solche Gremien wie der Arbeitskreis zur Erforschung der Sächsischen Schweiz in der Geografischen Gesellschaft wertvolle Beiträge geleistet. Es verdient genannt zu werden, dass sich Akteure wie Diedrich Graf aus Rathewalde, Wolfgang Juppe aus Sebnitz und Hans Prescher als Geologe hier besondere Verdienste erworben haben.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Danke schön.

Aber damit muss der kurze Rückblick schon beendet werden; denn mit Verabschiedung des Naturschutzgesetzes besteht nun der Auftrag in der integrativen Entwicklung des rechtselbischen Teils mit dem überwiegenden linkselbisch verbliebenen Landschaftsschutzgebiet im Rahmen einer Nationalparkregion. Ich sehe vier Punkte für die Zukunft.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass der Forderung nach Umsetzung des Gesetzesauftrags in staatliches Handeln mit der aktualisierten Nationalparkverordnung vom Oktober 2003 weitgehend entsprochen worden ist. Die zuständigen Behörden betreiben auch weiterhin mit dem ehrenamtlichen Naturschutz die Erforschung und Dokumentation des gesamten Raumes nach einheitlicher Methodik bei gleichzeitig verstärkter Kooperation mit den tschechischen Behörden, zumal im dortigen angrenzenden Bereich seit 2000 auch ein Nationalpark ausgewiesen ist.

Aber, meine Damen und Herren, wir benötigen noch wirkungsvollere Kooperationen mit den Kommunen, mit dem Gewerbe, mit den Urlaubern und Gästen zur Vereinbarkeit von Natur- und Landschaftsschutz mit den gesellschaftlichen Zielstellungen. Wir benötigen noch breitere Angebote zur Umweltbildung, zur Besucherlenkung sowie zur Öffentlichkeits- und Medienarbeit. Eine solche

Forderung kann nicht erhoben werden, ohne gleichzeitig die Arbeit der Nationalparkverwaltung sowie des in Regie der Landesstiftung Natur und Umwelt betriebenen Nationalparkhauses ausdrücklich zu würdigen und ihnen an dieser Stelle für das bisher Geleistete herzlich zu danken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für alle zukünftigen Entwicklungen gilt als Schlüsselaufgabe, die Schutz- und Erhaltungsstrategie mit den kulturellen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Vorstellungen der im Gebiet Lebenden und Wohnenden in Übereinstimmung zu bringen. Ich denke, man kann auch die Gesamtaufgabe mit einem Satz zusammenfassen: Es geht darum, dass es mit dem Schutzgebietsstatus gelingt, nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen einzubinden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Fraktion der SPD hat das Wort. Frau Dr. Deicke, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dieser heutigen Aktuellen Debatte wollen wir das 50-jährige Jubiläum des Landschaftsschutzgebietes „Sächsische Schweiz“ würdigen und damit auch denen Dank und Anerkennung zollen, die dieser Sache zum Teil lebenslang ihre Kraft gewidmet haben.

Lassen Sie mich zunächst etwas weiter in die Geschichte der Sächsischen Schweiz zurückblicken. Bereits im Jahr 1848 erschien ein Reiseführer, der die Sächsische Schweiz als wildromantisches Gebirgsland in der Nähe von Dresden beschrieb. Auch Caspar David Friedrich fand hier seine Naturmotive. Damit war diese faszinierende Gegend schon damals ein Anziehungspunkt für Reisende. Aus diesen bescheidenen touristischen Anfängen heraus hat sich heute ein für die gesamte Region bedeutsamer Wirtschaftszweig entwickelt, der sich mittlerweile um jährlich 2,5 Millionen Besucher kümmert. Diese erleben eine atemberaubende Landschaft, die auf den ersten Blick den Eindruck von unberührter Natur vermittelt; auf den zweiten Blick jedoch wird deutlich, dass große Teile der Sächsischen Schweiz von Menschen besiedelt worden sind, was natürlich auch seine deutlichen Spuren hinterlassen hat. Auch heute leben im Kulturraum Elbsandsteingebirge circa 35 000 Menschen.

Meine Damen und Herren! Mit der Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes auf 400 Quadratkilometer im Jahr 1956 wurde erstmals für einen Großteil der Sächsischen Schweiz ein rechtlicher Schutzstatus zum Erhalt der Kulturlandschaft etabliert. In den letzten 50 Jahren gab es gute und schlechte Zeiten. Ich erinnere hier nur an den Fakt, dass die Ausweisung als Nationalpark in der DDR politisch nicht gewollt war. Dieser kam erst nach der Wende zustande. 1990 wurde auf fast 94 Quadratkilometer der Nationalpark „Sächsische Schweiz“ errichtet.

Dank des Freistaates Sachsen haben seitdem der Naturschutz und die Landschaftspflege einen hohen Stellen

wert. Eine ständige Herausforderung besteht darin, die auftretenden Nutzungskonflikte zu bewältigen, damit einerseits die einmalige Landschaft möglichst vielen Menschen zur Erholung zugänglich gemacht werden kann und andererseits die vorhandene Kulturlandschaft mit ihrer Vielfalt von Flora und Fauna geschützt und bewahrt wird. Dies alles geht nicht ohne die Unterstützung des Freistaates Sachsen und auch nicht ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer.

Als SPD-Fraktion werden wir dafür Sorge tragen, dass die Rahmenbedingungen für Naturschutz und Landschaftspflege auch zukünftig stimmen. Die Unterstützung des Ehrenamtes ist uns dabei ein besonders wichtiges Anliegen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Redebeitrag mit einem Zitat von Albert Schweitzer beenden: „Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.“

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn die heutige Debatte wohl vor allem der zunehmenden Handlungsunfähigkeit der Koalition geschuldet ist, die sich, wenn überhaupt, nur noch auf unverfängliche parlamentarische Initiativen verständigen kann,

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

so freut es mich natürlich als Abgeordneten aus dem Landkreis Sächsische Schweiz, dass ich zu diesem Thema hier sprechen kann. Außerdem ist es ja auch relativ selten, dass CDU und SPD hier in diesem Hause Errungenschaften aus DDR-Zeiten würdigen, und dem werden wir uns natürlich nicht verschließen.