Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 54. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages. Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Herr Colditz, Herr Eggert, Frau Dr. Schwarz, Herr Zastrow und Frau Dombois.
Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium festgelegt: für die Tagesordnungspunkte 3 bis 9 CDU 106 Minuten, Linksfraktion.PDS 82 Minuten, SPD 54 Minuten, NPD, FDP und GRÜNE je 40 Minuten, fraktionslose MdL je 7 Minuten und die Staatsregierung 82 Minuten. Die Redezeiten können wie immer auf die Tagesordnungspunkte entsprechend dem Redebedarf der Fraktionen verteilt werden.
Meine Damen und Herren! Ich bitte, folgende Änderungen zur Kenntnis zu nehmen. Die Tagesordnungspunkte 3 und 4, 3. Lesungen, sind zu streichen, da wir bereits gestern die Gesetze beschlossen haben.
Meine Damen und Herren, mir liegen zwei Dringliche Anträge vor, der erste Dringliche Antrag von der Fraktion der NPD, Drucksache 4/5598, Aufhebung des Flaggenverbotes für die Polizei des Freistaates Sachsen. Ich bitte um Einbringung und Begründung der Dringlichkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Dringlichkeit ergibt sich aus den Zeitabläufen der Fußballweltmeisterschaft. Wenn wir das im Juli behandeln würden, wäre es einfach zu spät. Einen zweiten Punkt hat eigentlich die Kollegin Bonk mit ihren unsäglichen Äußerungen nachgeschoben.
Allerdings gibt es eine Sache, die man sieht. Herr Staatsminister Dr. Buttolo hatte laut Zeitung für Leipzig bereits eine Ausnahmeregelung erlassen, zumindest ist es dort so umgesetzt worden. Wenn man darüber im Sinne einer Bitte nicht nur meiner Fraktion, sondern sicherlich vieler Fußballfans noch einmal nachdenkt, ob man das Ganze für den Zeitraum der Weltmeisterschaft auf Sachsen ausdehnen könnte, wäre dem Genüge getan, ohne dass wir den Antrag behandeln müssten. Deswegen würden wir den Antrag zurückziehen.
Bestes Beispiel, wie man das Wir-Gefühl unterstreichen kann, ist heute der Chef der Staatskanzlei. Vielleicht kann man es in Form einer Bitte an Herrn Innenminister Dr. Buttolo weitergeben mit dem Ziel, dass es im Rahmen der Weltmeisterschaft den Polizisten möglich ist, Flagge zu zeigen.
Insofern besteht meines Erachtens gar kein Bedarf, aber immerhin, wenn Sie über den Antrag abgestimmt haben möchten, dann können wir das tun.
Meine Damen und Herren, mir liegt weiterhin ein als dringlich bezeichneter Antrag der Linksfraktion.PDS in der Drucksache 4/5599 vor. Er behandelt die Ablehnung der Gesetze zur Umsetzung der so genannten Reform bundesstaatlicher Ordnung im Bundesrat. Ich bitte um Einbringung und Dringlichkeitsdarstellung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Dringlicher Antrag richtet sich nicht nach irgendwelchen Terminen von Fußballweltmeisterschaften – das ist auch nicht Sache des Parlaments –, sondern er richtet sich eindeutig an den Terminen des Bundesrates aus. Wir sollen zum jetzigen Zeitpunkt nur zur Dringlichkeit sprechen. Der Antrag kann im normalen Geschäftsgang nicht behandelt werden, weil am 29. oder 30. Juni im Bundestag – Ausweichtermin ist der 7. Juli 2006 – über die Föderalismusreform abgestimmt und sie auch im Bundesrat entsprechend behandelt wird, das heißt, zur nächsten Plenarsitzung sind die Entscheidungen bereits gefallen. Deshalb ist der Antrag nach Geschäftsordnung dringlich und wir bitten, ihn auf die Tagesordnung für heute zu setzen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Föderalismusreform ist ein politisches Großprojekt, das die Debatte der letzten Monate bestimmt hat. Ausdruck dessen sind die zahlreichen Anträge, die wir im Hohen Hause erörtert haben.
Herr des Verfahrens ist der Deutsche Bundestag. Er hat gemeinsam mit dem Bundesrat niemals einen Zweifel aufkommen lassen, dass das Gesetzespaket noch vor der parlamentarischen Sommerpause zur Abstimmung kommen soll. Die Linksfraktion.PDS hat immer – und das schreibt sie auch in ihrem Antrag – auf das Scheitern dieser zugegeben schwierigen Verhandlungen gehofft und hat nun ein Problem. Damit aber die Dringlichkeit Ihres Antrages zu begründen, Herr Dr. Hahn, ist schlicht abwegig. Sie sind frustriert, dass Sie mit Ihren Anträgen nicht durchgekommen sind, und wollen heute zum letzten Gefecht ausholen. Dieses Verfahren ist aber durch die Geschäftsordnung § 54 Abs. 3 nicht gedeckt. Sie hätten durchaus zum normalen Zeitpunkt Ihren Antrag einrei
chen können. Es handelt sich wieder um eine so genannte konstruierte Dringlichkeit. Wir werden dieser Dringlichkeit in keinem Falle folgen.
Herr Präsident, ich denke, das kann man so nicht stehen lassen. Die CDUFraktion hat bereits mehrfach offenkundig Dringliche Anträge zurückgewiesen. Völlig klar ist, dass dieser Vorgang sicherlich die Verfassungsrichter beschäftigen wird. Ich sage ganz deutlich, dass das nichts mit konstruierter Dringlichkeit zu tun hat.
Nein, Herr Kollege Lehmann, ich will es Ihnen gerade erklären. Es gab Beratungen zwischen den Koalitionsfraktionen in Berlin. Es gab etliche Äußerungen von Ministern und von Fraktionsvorsitzenden der Koalition, die erklärt haben, es sei nicht sicher, ob es noch vor der Sommerpause oder erst im Herbst oder wann auch immer diskutiert wird. Wir können erst dann beispielsweise eine Abstimmung der Staatsregierung im Bundesrat diskutieren, wenn wir das Paket kennen. Die letzten Monate ist verhandelt worden. Es ging um Bildungsfragen, um Umwelt, um Justizvollzug, und das Ergebnis stand überhaupt nicht fest. Jetzt ist klar, dass das Paket bei der Wissenschaft noch einmal geändert worden ist, in anderen Punkten nicht. Erst jetzt, nachdem dieses Paket feststeht,
können wir das Stimmverhalten der Staatsregierung im Landtag beraten. Das ist Gegenstand des Antrages. Das war erst möglich, nachdem die Vereinbarung auf der Bundesebene ausgehandelt worden ist. Von daher ist es keine konstruierte Dringlichkeit. Wir haben den Antrag eingereicht, nachdem der Termin der Bundesratsbehandlung festgelegt worden ist. Damit ist der Antrag nach Geschäftsordnung dringlich.
Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich den als dringlich bezeichneten Antrag der Linksfraktion.PDS, Drucksache 4/5599, Ablehnung der Gesetze zur Umsetzung der so genannten Reform bundesstaatlicher Ordnung im Bundesrat, zur Abstimmung. Wer der Dringlichkeit des Antrages zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und einer großen Anzahl von Stimmen dagegen ist die Dringlichkeit des Antrages abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich frage, ob es weitere Anträge zu der Ihnen vorliegenden Tagesordnung gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir die vorliegende Tagesordnung mit den entsprechenden Korrekturen, Wegfall der 3. Lesungen, abarbeiten.
1. Aktuelle Debatte: Fehlender Mut der Staatsregierung beim Abbau von Bürokratie – Reformflop Paragrafenpranger
Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 36 Minuten, Linksfraktion.PDS 26 Minuten, SPD 12 Minuten, NPD
Es spricht zuerst die Fraktion der FDP, danach CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte die Fraktion der FDP, das Wort zu nehmen. Herr Herbst, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Paragrafenpranger ist eine schwierige Geburt. Drei Jahre hat er gedauert, zwei Justizminister erlebt und zumindest vom Aufwand her ist es eines der größten Reformprojekte in Sachsen.
Was ist herausgekommen? Was Herr Justizminister Mackenroth am Dienstag als Ergebnis vorgestellt hat, ist aus unserer Sicht eine Bankrotterklärung der Staatsregierung.
Die Regierung hat sich damit selbst mit ihrer Mutlosigkeit beim Abbau von Bürokratie an den Pranger gestellt. Ursprünglich hatten sie 1 800 Vorschläge, die von Bürgern, Vereinen und Unternehmen eingereicht wurden. 400 dieser Vorschläge wurden von der Kommission zum Vorschriftabbau befürwortet. Doch nur armselige 10 % blieben am Ende in Ihrem Vorschlag übrig. Mit dieser mageren Ausbeute, Herr Staatsminister, hätte ich mich nicht in die Öffentlichkeit getraut.
Wie diese 40 Vorschläge im Detail aussehen, wissen wir noch gar nicht. Sie haben ja nur einige Rosinen bei Ihrer Pressekonferenz präsentiert. Bruchstücke können wir den Pressemitteilungen und Medien entnehmen. Das legt die Vermutung nahe, dass die Regierung gute Gründe hat, uns die komplette Liste bisher zu verheimlichen.
Wenn wir von diesen 40 Punkten sprechen, die einmal in den Landtag hineinkommen, wissen wir noch gar nicht, ob diese am Ende beschlossen werden. Das heißt, von ursprünglich 1 800 Vorschlägen, die auf 40 Vorschläge jetzt von Ihnen zusammengedampft wurden, kommt am Ende eine armselige Anzahl von tatsächlichen Maßnahmen zum Bürokratieabbau heraus. Das ist eindeutig zu wenig für ein Projekt, das immerhin drei Jahre dauert.