Protocol of the Session on December 9, 2004

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 4. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages.

Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Frau Kagelmann.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 11 bis 13 folgende Redezeiten festgelegt: CDU-Fraktion 53 Minuten, PDS-Fraktion 41 Minuten, SPD-Fraktion 26 Minuten, desgleichen die NPD-Fraktion, FDP-Fraktion 20 Minuten, desgleichen die GRÜNEN; Staatsregierung 41 Minuten. Die Redezeiten können wie immer von den Fraktionen auf die einzelnen Tagesordnungspunkte entsprechend ihren Wünschen und Gegebenheiten verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Entsprechend Artikel 54 der Verfassung des Freistaates Sachsen in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Sächsischen Landtages liegt ein Antrag der Abgeordneten der NPD-Fraktion, Drucksache 4/0302, vor. Gemäß Artikel 54 Abs. 2 Buchstabe c der Geschäftsordnung ist der Antrag dringlich und wird nach § 54 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt; das ist heute.

Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Untersuchungsausschussgesetz wird der Antrag vor anderen Beratungsgegenständen auf die Tagesordnung der Sitzung gesetzt, so dass wir diesen Antrag als Tagesordnungspunkt 1 der heutigen Sitzung zu behandeln haben.

Folgende Redezeiten sind dafür vorgesehen: CDU-Fraktion 16 Minuten, PDS-Fraktion 12 Minuten, SPD-Fraktion 7 Minuten, NPD-Fraktion 7 Minuten, FDP-Fraktion 7 Minuten, GRÜNE 5 Minuten, Staatsregierung 12 Minuten.

Ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass Tagesordnungspunkt 18, Kleine Anfragen, zu streichen ist, da keine Kleinen Anfragen vorliegen.

Meine Damen und Herren! Mir liegt weiterhin ein als dringlich bezeichneter Antrag der Fraktion der NPD in der Drucksache 4/0274, Linksextremistische Krawalle in den Innenstädten von Dresden und Leipzig im Anschluss an eine von PDS-Abgeordneten angemeldete Demonstration in Pirna am 27.11.2004, vor.

Der Landtag hat die Möglichkeit, gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit festzustellen. Dann müsste der Antrag noch in der heutigen Sitzung abschließend behandelt werden.

Voraussetzung für eine Dringlichkeitserklärung ist, dass im üblichen Verfahren eine rechtzeitige Entscheidung im Landtag über den Antrag nicht mehr erreichbar ist.

Ich bitte die NPD-Fraktion, die Dringlichkeit des Antrags zu begründen.

Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 27.11. kam es sowohl

in Pirna als auch in Dresden und Leipzig zu den wahrscheinlich schwersten politischen Krawallen der letzten Jahre.

(Lachen bei der PDS – Dr. Cornelia Ernst, PDS: So ein Blödsinn!)

Etwa nicht? Wenn das keine Krawalle waren, meine Damen und Herren von der PDS, dann weiß ich nicht, was noch passieren soll. Muss es erst Tote geben?

„Der Bahnhof in Pirna wurde zerstört. Schwangere wurden zusammengeschlagen. Die Dresdner Innenstadt wurde in Schutt und Asche gelegt.“

(Lachen bei der PDS)

Das ist ein Zitat aus der Tagespresse!

Dasselbe in Leipzig.

Wir haben daraufhin diesen Dringlichen Antrag im Landtagspräsidium vorgelegt. Dort ist die Dringlichkeit mehrheitlich abgelehnt worden.

Einen Tag später, am Freitag, kam es zu Bedrohungen an Leib und Leben von Mitgliedern und Mitarbeitern meiner Fraktion durch den antifaschistischen Pöbel in der Dresdner Neustadt. Deswegen bin ich sehr wohl der Meinung: Wenn es jetzt schon so weit geht, dass Leib und Leben unserer Abgeordneten in diesem Hohen Hause bedroht werden, dann ist dieser Antrag sehr wohl dringlich.

(Beifall bei der NPD)

Wird dazu das Wort gewünscht? – Herr Lehmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das alleinige Kriterium für die Begründung der Dringlichkeit eines Antrags in diesem Hohen Hause ist § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung. Das ist formal mit dem Antrag der NPD nicht gegeben; denn es steht kein Termin zu beachten, der eine Behandlung des Antrags in der Januar-Plenarsitzung nicht möglich machen würde. Deswegen lehnen wir diesen Antrag aus formalen Gründen ab.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich die Dringlichkeit des Antrags der NPD-Fraktion, Drucksache 4/0274, zur Abstimmung. Wer der Dringlichkeit des Antrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür ist die Dringlichkeit dieses Antrags mehrheitlich abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Anträge zu der Ihnen vorliegenden Tagesordnung? – Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir ziehen den Antrag zur Aktuellen Debatte zurück. Grund ist die Verhandlungsrunde am 3.12. mit dem Ergebnis – ich zitiere die „DNN“ –: „Schlappe für Metz – Kürzungen bei den

Kommunen geplatzt“. Zumindest das Zweite hatten wir so erhofft. – Danke schön.

Danke. – Ich bitte in der Ihnen vorliegenden Tagesordnung eine entsprechende Korrektur vorzunehmen.

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Anträge zur Tagesordnung? – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die vorliegende Tagesordnung als beschlossen.

Wir kommen damit zur Abarbeitung der Tagesordnung. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach § 22 GO „Zu den linksextremistischen Krawallen in den Innenstädten von Dresden und Leipzig im Anschluss an eine von PDS-Landtagsabgeordneten angemeldete Demonstration in Pirna am 27.11.2004“

Drucksache 4/0302, Antrag der Fraktion der NPD

Mir liegt entsprechend Artikel 54 der Verfassung des Freistaates Sachsen in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Sächsischen Landtages ein Antrag der Abgeordneten der Fraktion der NPD in der Drucksache 4/0302 vor.

Ich gehe davon aus, dass die Antragsteller ihr Begehren begründen wollen. – Das Wort wird gewünscht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie ich bereits in meinen kurzen Einführungsworten sagte, hat Sachsen am letzten Novemberwochenende dieses Jahres die schlimmste Eskalation politischer Gewalt seit langer Zeit erlebt. Das wäre an sich schon schlimm genug; wirklich gefährlich wird es aber durch den Umstand, dass die linksextremistische Gewaltorgie zum einen im öffentlich-politischen Bewusstsein in den Medien kaum wahrgenommen wurde und zum Zweiten dadurch, dass der Gewaltexzess durch mindestens zwei Landtagsabgeordnete der PDS angemeldet wurde, ohne dass diese bisher mit Konsequenzen oder auch nur mit Tadel rechnen mussten. Vor der Bewertung der Ereignisse eine Zusammenfassung der Vorgänge am 27.11.:

Eine Demonstration unter dem Motto „Schöner leben – ohne Nazis leben!“ fand statt. Es kam, wie gesagt, zu Ausschreitungen in Pirna, Leipzig und Dresden. In der Dresdner Innenstadt wurden am frühen Abend des 27.11. gegen 17:30 Uhr nach Presseberichten bei mindestens sieben Geschäften an der Prager Straße Schaufensterscheiben eingeschlagen und die betroffenen Geschäfte teilweise geplündert. Ebenso wurden die Baustellen an der Prager Straße Gegenstand des linksextremen Vandalismus. Am gleichen Ort wurden nach Presseberichten mindestens vier Baumaschinen völlig demoliert. Anschließend zog eine Horde linksextremer Gewalttäter in die Altmarkt-Galerie, um auch dort Fensterscheiben einzuschlagen.

Die Überschriften der Dresdner Zeitungen am Montag darauf klangen so, als sei die Stadt Opfer einer Naturkatastrophe oder einer Kriegshandlung geworden. „Bild Dresden“ titelte: „Steinewerfer verwüsteten Dresdner City“. Die „Dresdner Morgenpost“ machte mit der Überschrift „300 Chaoten plünderten Prager Straße“ auf. Die

„Morgenpost“ schilderte in ihrer Montagsausgabe vom 29.11. Vorgänge, wie man sie in der sächsischen Landeshauptstadt bisher nicht für möglich gehalten hatte. Ich zitiere: „Glühwein, Striezel und Randale – nach der Demo ‚Schöner leben – ohne Nazis leben‘ in Pirna fielen 300 linke Krawallos in Dresden ein. Die Chaoten wüteten im Zentrum. Sie raubten, schockten Striezelmarktbesucher, zerschlugen Fensterscheiben, plünderten die Auslagen und legten Brände.“

Auch in der Leipziger Innenstadt spielten sich am selben Abend ähnliche Szenen ab. Hier zogen zwischen 20:15 Uhr und 21:15 Uhr nach Presseberichten etwa 170 gewaltbereite Linksextremisten vom Hauptbahnhof über den Weihnachtsmarkt zum Rossplatz und hinterließen eine Spur der Verwüstung.

Vor dem Leipziger Hauptbahnhof schlugen die Randalierer wahllos unbeteiligte Bürger nieder, demolierten nach Presseberichten mindestens vier Taxis; mindestens vier Personen, die auf eine Straßenbahn gewartet hatten, wurden grundlos zusammengeschlagen und mussten verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Auch zwei Polizeibeamte wurden im Zuge dieser Randale verletzt.

Die geschilderten Vorkommnisse sind der mit Abstand schwerste Fall exzessiver politischer Gewalt im Freistaat seit mehreren Jahren. Die linksextreme Gewaltorgie ist auch unter der Perspektive singulär, dass die vorangegangene Demonstration von zwei Landtagsabgeordneten der PDS-Fraktion, nämlich Frau Kerstin Köditz und Frau Freya Klinger, angemeldet wurde.

Jeder Nationaldemokrat, der eine derartige Gewaltorgie als Anmelder zu verantworten hätte, würde sofort hochkant aus meiner Partei fliegen,

(Vereinzelt Heiterkeit bei der PDS)

und zwar nicht aus Kalkül – ja, da können Sie ruhig lachen –, sondern weil wir Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von politischen Zielen ablehnen. Das können Sie schriftlich von mir haben. Da brauchen Sie gar nicht zu lachen. Über Demokratie brauchen Sie uns nicht zu belehren. Lernen Sie erst einmal, eine ordentliche Landesliste aufzustellen.

(Beifall bei der NPD)

In der PDS wird leider politische Gewalt knapp unterhalb der Schwelle zum politischen Terrorismus nur verniedlicht und nicht wirksam sanktioniert. In der „Bild“ Dresden wurde die Anmelderin Kerstin Köditz nach den Ursachen der Gewalt befragt und gab allen Ernstes zur Antwort: „Antifaschisten wurden im Zug von Beamten als ‚Zecken‘ bezeichnet. Das kann der Auslöser gewesen sein.“

(Vereinzelt Heiterkeit bei der NPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Wenn jeder Nationaldemokrat auf die beschriebene Art und Weise reagieren würde, wenn er wieder einmal ungerechtfertigt als Nazi bezeichnet wird, dann wäre in Sachsen kein Stein mehr auf dem anderen. Aber wir wissen uns zu benehmen.