Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Schön, Herr Dr. Metz, Herr Apfel, Herr Baier, Frau Nicolaus.
Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 2 bis 7 folgende Redezeiten festgelegt: CDU 101 Minuten, Linksfraktion 77 Minuten, SPD 47 Minuten, NPD, FDP, GRÜNE je 35 Minuten, fraktionslose MdL je 6 Minuten, Staatsregierung 77 Minuten.
Außerdem frage ich jetzt an, ob es Ihrerseits noch Veränderungswünsche zur Tagesordnung gibt. – Herr Dr. Müller, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion möchte Tagesordnungspunkt 2, Große Anfrage, absetzen. Unser Fraktionschef, der bei uns damit beschäftigt ist, ist erkrankt. Deshalb bitten wir das zu einem späteren Zeitpunkt zu behandeln. – Danke.
Danke. – Dann bitte ich das zur Kenntnis zu nehmen und diesen Punkt zu streichen. Die Gesamtredezeiten werden sich entsprechend verändern. Das werden wir noch einmal mit den Parlamentarischen Geschäftsführern absprechen.
Gibt es weitere Änderungs- oder Ergänzungswünsche zur Tagesordnung? – Wenn das nicht der Fall ist, dann gilt die Tagesordnung als bestätigt.
1. Aktuelle Debatte: Aus der Geschichte lernen – Bessere Aufklärung über die DDR an Sachsens Schulen
Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen und der Staatsregierung hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 36 Minuten, Linksfraktion 31 Minuten, SPD,
Zunächst spricht die FDP-Fraktion als Antragstellerin, danach CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie aktuell wir mit unserer Debatte sind, konnte man gestern in der „Welt“ – heute in der „Sächsischen Zeitung“ – lesen. Das ist ein Thema, das uns bewegt und auch bewegen sollte.
Eine Studie der Freien Universität Berlin über das DDRGeschichtsbild von Schülern hat erschreckende Ergebnisse geliefert, und zwar in Ost wie in West. Nicht einmal jeder zweite Schüler in den neuen Ländern bezeichnet die DDR als Diktatur. Nur jeder zweite Schüler sagt: Das heutige politische System ist dem der DDR überlegen. – 15 % der ostdeutschen Schüler sind sogar der Auffassung, die Alliierten hätten die Mauer gebaut. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Ergebnisse sind schockierend.
Gerade einmal 18 Jahre nach der Wende verblassen offenbar Leid und Schrecken des DDR-Regimes. Das sollte uns aufrütteln.
Aus der Geschichte lernen setzt eines voraus: Man muss sie kennen. Bei vielen Schülern gibt es insoweit offenbar erschreckende Defizite. Das ist bei den Befragten in Brandenburg und Berlin vermutlich nicht anders als in Sachsen.
Um eines vorab klarzustellen: Es geht uns nicht darum, private Lebensentwürfe in der DDR zu kritisieren – die meisten von uns haben hier einen großen Teil ihres Lebens verbracht; es geht uns aber darum, ein Staatswesen und ein politisches System als das darzustellen, was es war, nämlich eine Diktatur.
Auch wenn es manche in diesem Plenum vielleicht bis heute anders sehen: Die DDR war kein gutgemeinter politischer Feldversuch mit 17 Millionen Probanden, der nur an schlechter Umsetzung scheiterte. Die DDR war ein Unrechtssystem, das nur überlebte, weil es bürgerliche Freiheiten brutal unterdrückte.
Die DDR war eine Diktatur, die auf ihre Bürger schießen ließ, weil diese das Land verlassen wollten; die Menschen in Gefängnisse sperrte, weil sie eine andere Meinung hatten; die Jugendlichen ihre Lebensperspektive zerstörte, weil sie nicht dem Ideal des sozialistischen Staatsbürgers entsprachen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist gerade einmal 18 Jahre her, und doch wird so schnell so viel verklärt. Wenn wir ins Fernsehen schauen, sehen wir so manche Ostalgie-Show. Dort wird die DDR als eine schräge Kuscheldiktatur zwischen Vita-Cola, Knusperflocken und Trabant dargestellt. Mancher Stasispitzel rühmt sich heute wieder ganz selbstbewusst seiner Taten. Es gibt Landtagsabgeordnete wie Volker Külow, die in Leipzig völlig ohne Skrupel Stasi-Veteranenveranstaltungen besuchen.
Meine Damen und Herren! Eine Verharmlosung der DDR auf dem Rücken der Opfer des Regimes dürfen wir nicht akzeptieren!
Aus der Geschichte zu lernen ist ein Auftrag – ein Auftrag, die Erinnerung wachzuhalten, aber auch, eigene Erfahrungen an nachfolgende Generationen weiterzugeben. Es ist auch ein Auftrag, jeder Tendenz zur Beschönigung von DDR-Unrecht konsequent entgegenzutreten.
Der Vorsitzende der Linksfraktion, André Hahn, sagte hier im Plenum am 14. Dezember 2007 über das Leben in der DDR: „Die allermeisten Bürger haben bei allen Be
schwerlichkeiten und Einschränkungen einfach versucht, ihr Leben zu meistern und sich mit dem Staat möglichst wenig anzulegen. Das ist im Übrigen heute nicht sehr viel anders.“
Nicht sehr viel anders? Gibt es wirklich keinen Unterschied zwischen dem Rat des Bezirkes und dem Sächsischen Landtag? Gibt es keinen Unterschied zwischen freien Wahlen und einer Farce? Meine Damen und Herren, ich glaube, diese Worte dürfen nicht unwidersprochen hier im Plenum stehen bleiben.
Es war genau dieser Unterschied, für den im Herbst 1989 Hunderttausende Bürger auf die Straße gegangen sind. Denen verdanken wir es, dass es Sachsen heute gibt und dass wir heute hier im Sächsischen Landtag sitzen können.
Ich finde es in diesem Zusammenhang äußerst erschreckend, dass es eine Partei hier im Sächsischen Landtag gibt, die die Erinnerung an die DDR auf sehr eigentümliche Weise bis heute wach hält, und zwar indem sie Andersdenkende kaltstellt und auf das politische Abstellgleis schiebt; indem beispielsweise ein Vorstand entscheidet, dass Landtagsabgeordnete zukünftig kein Mandat mehr bekommen dürfen. „Mich erinnert das stark an die Parteiverfahren in der DDR“, sagte dazu Ronald Weckesser. Ich glaube, auf diese Art der Erinnerung können und wollen wir hier gern verzichten.
Eine starke Demokratie braucht das Wissen um die Schrecken der DDR-Vergangenheit. Darüber wollen wir aufklären, in der Öffentlichkeit und an unseren Schulen.