Protocol of the Session on October 12, 2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 62. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages.

Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Herr Gerlach, Frau Weihnert und Frau Strempel.

Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 4 bis 9 folgende Redezeiten festgelegt: CDU-Fraktion 111 Minuten, Linksfraktion.PDS 87 Minuten, SPD-Fraktion 57 Minuten, NPD-Fraktion 45 Minuten, desgleichen die FDP- und die GRÜNE-Fraktion, fraktionslose MdL je 7 Minuten, Staatsregierung 87 Minuten. Die Redezeiten können wie immer entsprechend dem Redebedarf auf die Tagesordnungspunkte verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Ich bitte, dass Sie in der Ihnen vorliegenden Tagesordnung den Punkt 13, Kleine Anfragen, streichen.

Meine Damen und Herren! Mir ist kurzfristig ein als dringlich bezeichneter Antrag der Linksfraktion.PDS zugegangen. Er liegt Ihnen in der Drucksache 4/6674 vor und trägt den Titel: „Aufforderung an den Ministerpräsidenten zur Abgabe einer öffentlichen Erklärung zu den tatsächlichen Umständen der Abberufung der Vorstände der Sachsen LB im Februar 2005“. Der Antrag ist gestern schon einmal eingereicht worden und wird für die heutige Sitzung erneut eingereicht. Sie wissen, dass von der Einreichungsfrist von drei Tagen vor der Plenarsitzung nur abgewichen werden kann, wenn nach § 111 unserer Geschäftsordnung durch das Plenum eine Fristverkürzung für den Dringlichen Antrag bestätigt wird. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

Ich bitte um Einbringung und Begründung des Antrages auf Abweichung von der Geschäftsordnung. Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben bereits am gestrigen Tag den Dringlichen Antrag gestellt und Fristverkürzung beantragt. Dazu ist uns mitgeteilt worden, dass der Ministerpräsident den russischen Präsidenten begleitet und dem Parlament daher nicht Rede und Antwort stehen kann. Die Erklärung, die der Justizminister gestern abgegeben hat, war völlig unzureichend. Deshalb steht nach wie vor der dringende Verdacht im Raum, dass der Ministerpräsident das Parlament belogen hat.

Wir haben gestern erklärt, dass wir den Dringlichen Antrag am Freitag behandeln wollen. Nun ist uns signalisiert worden, dass der Ministerpräsident am Freitag in der Bundesratssitzung sein wird oder sein will; das ist im Interesse des Landes sicherlich vernünftig. Aus diesem Grund wollen wir ihm heute Gelegenheit geben, sich

gegenüber dem Parlament zu erklären. Deshalb stellen wir den Antrag auf Fristverkürzung. Wir meinen nach wie vor, dass das Parlament nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann, wenn ein solcher Verdacht im Raum steht. Deshalb bitten wir Sie um Zustimmung und um Einordnung des Dringlichen Antrags in die heutige Tagesordnung.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird zu dem Antrag das Wort gewünscht? – Herr Lehmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Strategie der PDSFraktion ist nicht neu. Sie setzt auf die Prinzipien der Beliebigkeit und der Destruktion. Zuerst wird ein Vorgang skandalisiert. Dann wird eine Person kriminalisiert. Wenn die Staatsregierung reagiert, wird sie mit Lügenvorwürfen überzogen. Es ist aus unserer Sicht unerhört, dass Sie in diesem Zusammenhang dem Ministerpräsidenten vorwerfen, er habe im Plenum des Landtages die Unwahrheit gesagt. Wir weisen das auf das Entschiedenste zurück.

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie sind wohl im Besitz der Wahrheit? Haben Sie sich die gekauft?)

Zur Geschäftsordnung! Wir haben uns in der 4. Legislaturperiode mit Mehrheit eine Geschäftsordnung gegeben, die es ermöglicht, auch komplexe und kontroverse Themen möglichst zielführend, weil strukturiert, zu diskutieren. Sie ist quasi unser Instrumentenkasten. Die PDS hat das Instrument des Untersuchungsausschusses gefordert und auch bekommen. Dieser arbeitet nun und wird nach Abschluss seiner Untersuchungen dem Hohen Hause einen Beschlussentwurf vorlegen, über den wir dann sicherlich sine ira et studio diskutieren werden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Was heißt das, Herr Lehmann?)

Weder die Geschäftsordnung noch das Untersuchungsausschussgesetz sieht vor, dass Teilaspekte des Untersuchungsgegenstandes nach Maßgabe der PDS ad hoc hier im Plenum diskutiert werden, schon gar nicht unter Benutzung des § 111 der Geschäftsordnung.

Die Staatsregierung hat natürlich ständig die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. Sie hat es gestern getan. Ich denke, damit ist das gesagt, was gesagt werden musste.

Wir betrachten den als dringlich bezeichneten Antrag der PDS-Fraktion nach § 54 der Geschäftsordnung nicht als dringlich und werden auch einer Anwendung des § 111 nicht stattgeben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich feststellen, dass nicht wir irgendetwas erfunden haben, sondern dass es eine Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss gab, die in deutlichem Widerspruch zu dem steht, was der Ministerpräsident gesagt hat.

Zweitens handelt es sich bei den Äußerungen des Ministerpräsidenten um eine Aussage hier im Landtag. Die Parlamentssitzung ist unterbrochen worden. Der Ministerpräsident wollte den Abgeordneten eine wichtige Mitteilung machen. Er hat das getan. Wie wir heute wissen, zumindest nach dem jetzigen Kenntnisstand – deshalb wollen wir, dass er sich dazu äußert –, war diese Mitteilung unrichtig. Sie war falsch. Also ist das Parlament nicht sachgerecht informiert worden. Das gehört hier in den Landtag, nicht in den Untersuchungsausschuss.

Ich möchte noch etwas anderes sagen. Es gibt eine öffentliche Aussage von Herrn Hähle – Herr Weiss hat es wohl auch gesagt –, dass der Ministerpräsident ja irgendwann in den Untersuchungsausschuss kommen könne, und er

komme dann, wenn er wolle. Wir sind der Auffassung, dass der Ministerpräsident sich nicht erklären kann, wenn er will, sondern wenn das Parlament ihn dazu auffordert. Deshalb unser Antrag, die Sache klarzustellen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich den Dringlichen Antrag der Linksfraktion.PDS, nach § 111 unserer Geschäftsordnung den Antrag schon heute behandeln zu dürfen, zur Abstimmung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dieser Antrag nach § 111 der Geschäftsordnung mehrheitlich abgelehnt. Wir brauchen den Antrag heute nicht weiter zu behandeln.

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Anträge zu der Ihnen vorliegenden Tagesordnung? – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die Ihnen vorliegende Tagesordnung für den Ablauf unserer heutigen Beratung als bestätigt.

Wir kommen damit zur Tagesordnung selbst. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes

Drucksache 4/6599, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums für eine allgemeine Aussprache vor. Daher spricht nur die Einreicherin, die Staatsregierung. Ich bitte, das Wort zu nehmen. Herr Minister Winkler, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist ein weiterer Baustein bei der Reform des Medienrechts. Er wurde auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 22. Juni dieses Jahres verabschiedet.

Ich will etwas zum zentralen Regelungsgegenstand des Vertrages sagen. Tele- und Mediendienste werden nun unter dem einheitlichen Begriff „Telemedien“ zusammengefasst. Bislang waren die Länder für die Mediendienste, der Bund hingegen für die Teledienste zuständig. Da die Abgrenzung schwierig war und die Vorschriften sich zudem kaum unterschieden haben, werden sie jetzt, auch in Umsetzung entsprechender Bund-LänderVereinbarungen, in einem neuen Telemediengesetz des Bundes und in einem Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien der Länder zusammengeführt.

Ziel ist ein abgestimmtes Inkrafttreten zum 1. März 2007. Im Bereich des Jugendschutzes ist die Vereinheitlichung dieser Regelungen im Übrigen bereits seit 2003 geltendes Recht.

Künftig werden die allgemeinen wirtschaftsbezogenen Anforderungen an Telemedien vom Bund geregelt. In die Zuständigkeit der Länder fallen die inhaltlich ausgerichteten Regelungen. Das sind vor allem sämtliche journalistischen, redaktionellen Bestimmungen.

Neben diesem Schwerpunkt des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages sollen weitere Änderungen vorgenommen werden. Das betrifft die Auswahl eines Bewerbers für die Sendezeit für unabhängige Dritte in den privaten Hauptprogrammen. Hier wird den Landesmedienanstalten zugunsten der Vielfaltsicherung eine stärkere Stellung eingeräumt. Die Lizenzdauer wird verlängert, um Rechts- und Planungssicherheit in diesem Bereich zu gewährleisten. Die kürzlich gegründete Gremienvorsitzendenkonferenz, die die Gremienkontrolle der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten regelt, wird im ARD-Staatsvertrag erstmals überhaupt verankert.

Weiterhin soll im Rundfunkgebührenstaatsvertrag eine Regelungslücke geschlossen werden, die die nicht bei den Eltern lebenden Empfänger von Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Sozialgesetzbuch sowie diejenigen Kinder und Jugendlichen, die in bestimmten stationären Einrichtungen nach dem SGB leben, betrifft. Auch diese sind künftig von den Rundfunkgebühren befreit. Es handelt sich hier lediglich um die Korrektur einer Gesetzeslücke. Von dem Grundsatz, dass die Befreiungstatbestände nicht erweitert werden sollen, wird aber auch in diesem Ent

wurf nicht abgewichen. Bislang fehlte eine Regelung, aufgrund welcher die Revision zum Bundesverwaltungsgericht bei Verletzungen des Gebührenstaatsvertrages zulässig ist, was zu unterschiedlicher Rechtsprechung in einzelnen Bundesländern führte. Eine solche Revisionsklausel wurde in der nunmehr vorliegenden Fassung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages aufgenommen.

Schließlich wird – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Fusion der Landesmedienanstalten von SchleswigHolstein und Hamburg – der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag insoweit geändert, als der sogenannte Sockelbetrag in Höhe von rund 500 000 Euro nach einer Fusion nicht mehr wie bislang drei Jahre doppelt zuerkannt wird. Es wird jetzt so sein, dass beide Sockelbeträge auch ein viertes Jahr bestehen bleiben und dann langsam um jeweils 25 % abgeschmolzen werden. Diese Regelung ist aber begrenzt für Fusionen, die bis zum Februar 2012 vorgenommen werden. Wir in Sachsen werden aufgrund unserer Regelung im Koalitionsvertrag davon nicht betroffen sein.

Schließlich wird auch ein allgemeines Informationsrecht des Rundfunks gegenüber den Behörden auch im Rundfunkstaatsvertrag eingeführt. Das Zustimmungsgesetz beschränkt sich auf die erforderlich gewordenen Anpassungen im Landesrecht bezüglich redaktioneller Folgeänderungen sowie Ausführungsbestimmungen und schreibt die damit lange bestehende Rechtslage fort.

Abschließend möchte ich, gerade da hier viele fehlerhafte Informationen in Umlauf gebracht worden sind, noch darauf hinweisen, dass dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht die Rundfunkgebührenpflicht für neuartige

Rundfunkempfangsgeräte zum Gegenstand hat. Wir hatten das ja auch schon vor einigen Wochen hier im Plenum besprochen. Ich hoffe, dass dies nun auch in der Öffentlichkeit so dargestellt wird, dass es die wenigsten, die sich hier beschweren, überhaupt betrifft. So tritt zum Beispiel im privaten Bereich überhaupt keine Änderung ein, und auch die allermeisten derjenigen, die aus den Bereichen Selbstständigkeit, Wirtschaft, Handwerk, Gewerbe kommen, sind überhaupt nicht betroffen, wenn sie bereits ein Rundfunkgerät, also ein Radio, im Büro oder im dienstlich genutzten Kfz angemeldet haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zur Überweisung für die Beratung in den Ausschüssen, damit der Vertrag planmäßig zum 1. März 2007 in Kraft treten kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien – federführend – und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen. Der Tagesordnungspunkt 1 ist beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 2

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zum Schutz des UNESCO-Welterbes in Sachsen

Drucksache 4/6607, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN