Holger Zastrow

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Fünf Jahre Erfolg für Sachsen“ – dass Sie sich diesen Debattentitel überhaupt trauen, wundert mich schon ein wenig. Wenn Sie gesagt hätten: „Fünf Jahre – wir waren dabei“, dann hätte ich das unter Umständen noch verstanden;
aber fünf Jahre Erfolg, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen? Kann es sein, dass Sie inzwischen unter Wahrnehmungsproblemen leiden? Es würde auf jeden Fall zumindest zu den Dingen passen, die ich in letzter Zeit öfter bei der Union feststelle: leichte Realitätsverluste. Irgendwie fühle ich mich daran erinnert, was vor der Kommunalwahl in Dresden passiert ist: Noch 14 Tage vor der Kommunalwahl hat die Union in Dresden ganz laut gesagt: Wir schaffen die absolute Mehrheit! Die Zeit bis zur Wahl hat man dann dazu genutzt, um auf potenzielle Partner richtig schön draufzudreschen, und am Ende ist man bei 31 % gelandet. Ich habe in etwa eine Ahnung davon, dass das für Sie in der Union ein Déjà-vu sein könnte und dass es Ihnen nach den Landtagswahlen am 30.08. noch einmal ganz genauso gehen kann. Ein wenig mehr Bodenhaftung, meine Damen und Herren, würde Ihnen, glaube ich, allen guttun. Ich verstehe zwar, dass der Ministerpräsident die Arbeit seines Teams verteidigen muss, das ist sicher logisch. Trotz alledem denke ich, dass er wahrlich keinen Grund hat, zu Superlativen zu greifen.
Die letzten fünf Jahre unter Schwarz-Rot waren für Sachsen in politischer Hinsicht fünf verlorene Jahre. Nichts war mehr vom Schwung, vom Esprit, von der Dynamik und der Kreativität der Ära Biedenkopf zu spüren. Im Gegenteil: Die Landespolitik war geprägt von oftmals unüberbrückbaren programmatischen und atmosphärischen Gegensätzen innerhalb der Regierung – und leider auch viel zu oft von einem sehr rüden und respektlosen Umgang miteinander, von gegenseitigem Blockieren und Stillstand.
Vorwärtsgegangen, meine Damen und Herren, ist in Sachsen aus unserer Sicht nicht viel. Stattdessen fiel die Regierung unseres Freistaates in den letzten Jahren dadurch auf, dass sie oftmals irritierende und schlechte Nachrichten in die Bundesrepublik geschickt hat – ob es nun beispielsweise den Niedergang der Sachsen LB, die
von der Staatsregierung selbst heraufbeschworenen sizilianischen Verhältnisse oder auch das ständige Gewürge in dieser Koalition betrifft. All das waren Themen, mit denen wir uns bundespolitisch „profiliert“ haben.
Der bislang tadellose Ruf des Freistaates Sachsen in der Bundesrepublik hat in den letzten fünf Jahren viel zu oft Schaden genommen, und das, meine Damen und Herren, ist es, was ich dieser Regierung am meisten übel nehme.
Aber lassen Sie uns ruhig zum Abschluss dieser Legislaturperiode etwas ins Detail gehen und es vielleicht ein wenig konkreter sagen, als es der Ministerpräsident vorhin in seiner Rede getan hat; denn das Gute an dieser Überschrift „Fünf Jahre Erfolg für Sachsen“ ist ja, dass Erfolg messbar ist. Erfolg ist nichts Abstraktes, Erfolg ist etwas, was sichtbar ist, es ist fühlbar, und Erfolg ist – das ist der Vorteil – eben keine Floskel, sondern Erfolg kann man greifen.
Auf der Haben-Seite dieser Regierung steht mit Sicherheit die grundsätzliche Bereitschaft, kommende Generationen von den durch uns verursachten Lasten zu entlasten. Wir als FDP unterstützen deshalb auch die Schuldenminimierungspolitik sowie die Vorsorgepolitik, die von dieser Staatsregierung in den letzten fünf Jahren fortgesetzt und zum Teil – Stichwort Generationenfonds – zu einer neuen Qualität gebracht worden ist, ausdrücklich;
wenngleich ich feststelle, dass sich die Koalitionspartner in der Wichtigkeit, dort eine klare Kante zu zeigen, nicht immer ganz einig sind. Ich will für die FDP ausdrücklich erklären, dass die Krise, die wir im Moment haben, für uns kein Grund ist, von einer verantwortungsbewussten Finanzpolitik in Sachsen abzuweichen.
Auf die Haben-Seite werden Sie von der Regierung sicher auch die Bildungspolitik setzen.
Sie feiern sich ja in diesem Parlament regelmäßig für die – zugegebenermaßen sehr guten – Ergebnisse, die wir in den PISA-Tests erreicht haben. Ich frage Sie trotzdem: Wo ist eigentlich Ihr Biss geblieben? Wo ist Ihr Ehrgeiz? Geben Sie sich tatsächlich inzwischen in Sachsen damit zufrieden, dass Sie irgendwo im Verfolgerfeld gelandet sind?
Mein Anspruch an Sachsen ist anders, er ist größer. Wir wollen uns international mit der absoluten Spitze messen, und ich glaube, aus Verantwortung für die Zukunftschancen unserer eigenen Kinder muss es Aufgabe der Bildungspolitik in Sachsen sein, die absolute Spitze in Europa darzustellen, meine Damen und Herren.
Dazu passt eines in Ihrer aktuellen Bildungspolitik natürlich überhaupt nicht: die unsägliche Schulschließungspolitik, die Sie von CDU und SPD – auch in den letzten fünf Jahren – durchgeführt haben.
Man kann sich über viele Dinge streiten. Wir sind in unseren bildungspolitischen Fragen auch nicht immer mit der Regierung in Übereinstimmung. Wir als FDP sind ganz klar für längeres gemeinsames Lernen an sächsischen Schulen;
aber, Herr Kollege Kupfer, wir sind eben auch für eine viel stärkere Leistungsorientierung, auch was den Zugang zum Gymnasium betrifft. Wir finden, dass die Gemeinschaftsschule das sächsische Schulsystem vernünftig ergänzen kann, dass sie ein weiteres Angebot sein kann und dass wir in Sachsen den Mut haben sollten, mehr solcher Modelle zu entwickeln. Wir sind aber genauso der Meinung, dass es faire Chancen für die vielen privaten Schulangebote in Sachsen geben muss.
Der Knackpunkt, den wir sehen, ist die Schulschließungspolitik, die leider noch nicht beendet ist, wenn ich mir die Fördermittelpraxis der letzten Monate ansehe; und wenn ich allein sehe, dass Sie gemeinsam als CDU und SPD in dieser zu Ende gehenden Legislaturperiode wiederum 173 Schulen geschlossen haben, dann weiß ich nicht, was das mit besseren Bildungschancen und mehr Familienfreundlichkeit in diesem Land zu tun haben soll.
Mir konnte bis heute noch niemand erklären, dass Schulwege von über einer halben Stunde, wie wir sie beispielsweise in Nordsachsen und in vielen anderen Regionen haben, die Bildungschancen eines Kindes verbessern, und mir konnte auch noch niemand erklären – dies sage ich explizit an die Adresse der CDU gerichtet –, dass das dem Bild von Familie, das wir eigentlich haben, entspricht. Wir denken schon, dass die Familie einen wesentlichen Teil zur Erziehung ihrer Kinder beitragen muss. Das kann sie aber nur, wenn die Kinder auch ab und zu einmal zu Hause sind und nicht die ganze Zeit in irgendwelchen Schulzentren oder im Bus verbringen.
Ihre Bildungspolitik ist aus unserer Sicht höchstens ein Teilerfolg. Es ist vieles in die richtige Richtung gegangen, was auch fortgesetzt werden sollte. Aber sie bleibt trotz alledem eine der größten Baustellen für die künftigen Legislaturperioden, und das – das ist besonders interessant – trotz SPD-Regierungsbeteiligung. Wer hätte das gedacht?!
Wo sonst noch könnten wir Erfolge unserer Staatsregierung sehen? Vielleicht im Gesundheitsbereich, einem sehr wichtigen Bereich. Sie verdienen meinen Respekt, dass Sie dem Gesundheitsfonds im Bundesrat nicht zugestimmt haben. Das habe ich schon an vielen Stellen gesagt. Sie haben ihn aber auch nicht verhindert. Jetzt besteht in Sachsen die Situation, dass die Krankenkassenbeiträge auf Rekordniveau sind, ohne dass die Versicherten mehr Leistungen bekommen. Wir haben auf beiden Seiten eine große Unzufriedenheit – bei den Ärzten wie bei den Patienten. Wir beklagen uns über einen wachsenden Ärztemangel in Sachsen, vor allem im ländlichen Bereich. Die Sicherung einer flächendeckenden und anspruchsvollen medizinischen Versorgung wird eine sehr schwierige, aber zugleich sehr wichtige Aufgabe für die kommenden Regierungen sein.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Sachsen im bundesweiten Vergleich der Ärztedichte inzwischen nur noch auf Platz 14 von 16 Bundesländern liegt. Daran ist zu erkennen, welche Probleme auf uns zukommen.
Ich kann nur hoffen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, dass es durch einen Wechsel der Regierung in Berlin ab September die Chance zu einer Reform der Reform gibt, weil ich mir sicher bin, dass wir das, was mit der jetzigen Gesundheitsreform gemacht worden ist, auf Dauer nicht verkraften werden.
Meine Damen und Herren! Schauen wir uns unsere Hochschulen an. Meinen Sie, dass das kürzlich verabschiedete Hochschulgesetz der geeignete Rahmen für die Zukunftsfähigkeit der sächsischen Hochschulen ist? Die Gesetzgebung ist leider das, was es fast immer ist, wenn CDU und SPD in Dresden oder in Berlin zusammenarbeiten: ein fauler Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner, der auf Kosten der Zukunft unseres Landes geht. Vier Jahre hat die Erarbeitung dieses Kompromisses bei der Staatsregierung gedauert. Und wenn Ministerpräsident Tillich auf dem „Zukunftskongress Sachsen 2020“ nur vier Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes ein modernes Hochschulrecht für Sachsen fordert, dann hat er nicht nur recht, sondern sagt sehr deutlich, was er selbst von dem neuen Hochschulgesetz in Sachsen hält – offensichtlich nicht viel, meine Damen und Herren.
Zur Wirtschaftspolitik will ich heute nicht so sehr viel sagen, weil es immer etwas schwierig ist, wenn frischer Unternehmergeist auf planwirtschaftliche Träumereien und gewerkschaftlichen Dogmatismus trifft. Zur Frage der Kompetenz – der Wirtschaftsminister hat es vorhin selbst angesprochen –, wie unser Wirtschaftsressort derzeit geführt wird, hat der Landesvorsitzende der CDU auf dem Landesparteitag am 16. Mai 2009 klare Worte gefunden, denen aus der Sicht der FDP-Fraktion nichts hinzuzufügen ist.
Vielleicht nur so viel: Das jüngste Mittelstandsbarometer zeigt im Bundesvergleich die Entwicklung Sachsens unter Führung der sächsischen Sozialdemokratie ziemlich plastisch auf. Dabei ist Sachsen in den wichtigsten Mittelstandsindikatoren abgestürzt. Nur in drei Bundesländern sind die Unternehmen noch unzufriedener mit der Mittelstandspolitik ihres Landes als in Sachsen. Mit einem Wirtschaftswachstum von 0,9 % im Jahre 2008 lag Sachsen deutschlandweit in einem Aufschwungjahr, in dem wir Rekordsteuereinnahmen hatten, nur auf dem vorletzten Platz.
Meine Damen und Herren! Erfolg ist messbar. Die Wirtschaftspolitik in diesem Land ist seit fünf Jahren leider keine Erfolgsgeschichte mehr. Es wird Zeit, dass wir das korrigieren.
Hören Sie mir einfach zu, anstatt sich mit dem Finanzminister zu unterhalten. Genauso sieht es in der Verkehrspolitik aus, Herr Kollege Jurk, und ganz besonders, wenn wir uns die vom Ministerpräsidenten angesprochenen katastrophalen Zustände beim Schienenverkehr ansehen. Ich persönlich finde es sehr schade, dass der kurze Draht, den Sie als SPD-Landesminister zum SPD-Bundesverkehrsminister haben müssten, offensichtlich überhaupt nichts gebracht hat.
Es ist eben so: Früher hat die gesamte Republik hingehört, wenn der sächsische Löwe gebrüllt hat, heute interessiert es in Berlin niemanden mehr, wenn das sächsische Kätzchen schnurrt.
Besonders enttäuschend sind, meine Damen und Herren, die Reformunfähigkeit und die offensichtliche Reformunlust dieser Staatsregierung. Das Scheitern des Paragrafenprangers ist oft genug auch von der FDP-Fraktion angesprochen worden. Vorhin hat der Ministerpräsident – das fand ich doch sehr bemerkenswert – die Verwaltungsreform als eine Reform bezeichnet, die ihresgleichen sucht. Ich weiß nicht, ob das ein Spaß war, eine witzige Bemerkung oder ob er das ernst gemeint hat. Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Ich verspreche Ihnen, dass das Substantiv „Reform“ aus dem Duden springen wird, wenn wir diese Verwaltungsreform weiterhin als Reform bezeichnen. Eine Reform, die nicht in der Lage ist, wenigstens auf ein Regierungspräsidium zu verzichten, ist keine Reform.
Wenn ich sehe, dass wir Ende dieses Jahres schon wieder höhere Personal- und Verwaltungskosten im sächsischen Landeshaushalt haben als vor der Reform, dann, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, ist diese Reform keine große und völlig ungenügend gewesen. Der Ministerpräsident hat zwar in seiner Regierungserklärung gesagt, dass Sachsen jeden fünften Euro investiert – was ein Klassewert ist; gar keine Frage –, aber er hat vergessen zu erwähnen, dass wir jeden vierten Euro in den eigenen Verwaltungsapparat stecken. Das gehört auch zur Wahr
heit dazu, meine Damen und Herren. Dieser Wert ist viel zu hoch.
Sachsen hat die vergangenen fünf Jahre politisch weitestgehend vergeudet und durch das Sachsen-LB-Desaster leider eine millionenschwere Mitgift bekommen, an der wir alle noch lange zu kauen haben werden. Herr Jurk – ich weiß gar nicht, wo er ist – –
Sie sitzen die ganze Zeit immer zwischen verschiedenen Stühlen.
Fällt Ihnen das auf?
Weil Sie sich in der letzten Zeit immer so gern an der FDP reiben: Ich verstehe, dass Sie angesichts der Kommunalwahlergebnisse in Sachsen und auch der Europawahlergebnisse in Sachsen und bundesweit sowie angesichts Ihrer düsteren Wahlaussichten für den 30. August unter Verlustängsten leiden. Deshalb habe ich gewisses Verständnis für Ihre Bissigkeit, die Sie an den Tag legen. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass Sie eine einstige Volkspartei ruiniert haben.
Die SPD ist inzwischen eine Splitterpartei. Ich verstehe auch, dass es Ihnen schwerfällt, das zu verdauen. Anstatt das zu machen, was man von der SPD normal erwarten würde, nämlich sich mit der CDU zu messen, müssen Sie sich inzwischen mit der FDP messen. Das ist sicherlich für einen SPD-Politiker etwas, was er kaum begreift. Aber so sind die Realitäten. Ich garantiere Ihnen, es wird für Sie noch schmerzhafter werden.
In 77 Kommunen – nehmen wir doch die Realität zur Kenntnis, lieber Martin – sind wir bei der letzten Kommunalwahl schon stärker als die SPD gewesen. Gerade einmal 0,13 % trennen uns von der SPD in einer Großstadt, meiner Heimatstadt Dresden. Diesbezüglich können Sie sich auf etwas gefasst machen.
Sie können gern auch weiterhin solche niedlichen Haie kleben. Die sind wirklich sympathisch. Ich bin mir sicher, dass uns diese eher helfen werden.
Wir werden Sie im Wahlkampf an Ihre Verantwortung für die Politik in diesem Jahr, an Ihre Verantwortung für die Politik inzwischen seit elf Jahren im Bund und auch an Ihre Verantwortung für die Krise erinnern. Wir müssen
doch sehen, wann dieser Finanzmarkt dereguliert worden ist,
von wem er dereguliert worden ist und seit wann es diese schöne Variante mit diesen Hedgefonds gibt. Das ist, wenn ich mich recht erinnere, unter Rot-Grün passiert. Damit hat die FDP überhaupt nichts zu tun.
Daran werden wir Sie auf jeden Fall im Wahlkampf erinnern.
Wir werden Sie im Wahlkampf auch an die vielen nicht gehaltenen Versprechen, die Sie in den letzten Jahren gemacht haben, erinnern.
Aber eine Sache ist mir in Ihrem Beitrag aufgefallen, weil ich das sehr drollig fand. Diesbezüglich muss ich fragen, ob es ernst gemeint war oder Spaß gewesen ist. Sie haben nämlich gesagt, dass die SPD der Innovationsmotor dieser Regierung gewesen ist.
Herr Flath, stimmt das?
Er schüttelt mit dem Kopf. Aber, Herr Jurk, das kann so nicht sein! Sachsen ist doch kein Paddelboot!
Sachsen reicht kein Hilfsmotor, der irgendwie auf dem Wasser ein wenig schwankt und ansonsten kaum die Kraft hat, irgendeine Form von Wasserverdrängung hinzubekommen. Was Sachsen braucht, wenn es nach vorn kommen will, ist etwas, das richtig Kraft hat. Diese Kraft hat mit Sicherheit nicht die SPD, meine Damen und Herren.
Ich komme zum Schluss – jetzt werde ich sicherlich von vielen Seiten Beifall bekommen –:
Sachsen hat es besser verdient. Sachsen braucht mit Sicherheit eine bessere Regierung. Sachsen wird am 30.08. eine bessere Regierung bekommen; da bin ich ganz zuversichtlich.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Steuerausfälle sind natürlich äußerst unangenehm. Darin sind wir uns sicher einig. Aber trotzdem möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass uns keine finanzpolitische Steinzeit droht. Denn selbst für das voraussichtlich schlimmste Jahr, das Jahr 2010, wird prognostiziert, dass bundesweit immer noch 58 Milliarden Euro mehr Steuern eingenommen werden, als es zum Antritt der schwarz-roten Koalition im Jahr 2005 der Fall gewesen ist. Das heißt, wir dürfen nicht vergessen, auf welchem Niveau wir uns im Moment befinden.
Ganz klar ist – trotzdem stimme ich in die Panikmache, die Sie, Herr Scheel, gepredigt haben, nicht ein –, dass uns beispielsweise die eine Milliarde, die in unserem Landeshaushalt wegen der Sachsen LB nun mal gebunden ist, momentan besonders schmerzt, weil wir sie nicht einfach so verwenden können. Man merkt auch, was man hätte tun müssen: in guten Zeiten für schlechte Zeiten entsprechend vorzusorgen.
Der Freistaat Sachsen hatte – Kollege Flath, freuen Sie sich nicht zu früh – einiges getan. Das respektieren und unterstützen wir auch. Der Generationenfonds ist aus unserer Sicht der richtige Weg, an dem man ohne Abänderung festhalten sollte.
Wir finden auch, dass es richtig ist, dass der Freistaat Sachsen in Sachen Schuldenabbau Wege gegangen ist, die vorbildlich für die Bundesrepublik Deutschland sind und wovon andere eine Menge lernen können. Auch das sollte weiter so gemacht werden.
Trotz alledem war die Reformkraft, die man in guten Zeiten hätte hinlegen können, aber leider auch in Sachsen zu gering. Ich erinnere nur daran, dass wir die große Chance hatten, mit einer gut gemachten Verwaltungsreform von den sehr hohen Verwaltungs- und Personalkosten in Sachsen mal richtig herunterzukommen. Man hätte mit entschiedenen Entbürokratisierungsmaßnahmen und mit der Bereitschaft zu mehr Aufgabenverzicht
Strukturen ändern müssen. Das haben Sie nicht geschafft, und das führt eben dazu, dass dieser Staat inzwischen zu teuer geworden ist und wir auf allen Ebenen über unsere Verhältnisse leben, meine Damen und Herren.
Das gilt übrigens ganz unabhängig von der jetzigen Steuersituation. Das gilt in guten wie in schlechten Zeiten. Das wird eine Debatte der Zukunft sein; denn wir müssen die Frage beantworten, welche Leistungen unser Staat überhaupt noch erbringen kann und muss.
Dazu will ich eines ganz klar sagen: Unser Staat muss sich künftig stärker mäßigen, aber auch die Ansprüche vieler Menschen an den Staat müssen sich mäßigen. Dazu zähle ich ausdrücklich die vielen zu stark fördermittelorientierten Unternehmen mit ihren Ansprüchen. Auch diese müssen sich mäßigen, wenn wir in Deutschland von der gerade wieder von der OECD bestätigten enormen Steuer- und Abgabenlast herunterkommen wollen.
All das ist die Voraussetzung dafür, dass wir in Deutschland endlich das machen können, was aus unserer Sicht so dringend notwendig ist, nämlich sehr konsequent die Steuern zu senken. Steuersenkung ist das entscheidende
Instrument, um beispielsweise die Binnenkonjunktur anspringen zu lassen. Es ist das entscheidende Instrument, um ein Signal an die berufstätige Bevölkerung unseres Landes zu geben und ihr endlich wieder mehr Netto vom Brutto zu lassen. Denn eines sollte Konsens auch in diesem Haus sein: Arbeit muss sich in Deutschland wieder lohnen.
Lieber Kollege Scheel, Sie sagen, dass es keine Spielräume für Steuersenkungen gibt. Das höre ich jetzt von allen Seiten. Ein paar Wege, wie wir das Ziel der Steuersenkung umsetzen können, habe ich Ihnen genannt. Dazu gehört die Mäßigung, auch die Ansprüche an den Staat betreffend. Es gibt zwei Seiten der Medaille. Zudem erkenne ich, dass es trotz Krisenzeiten den einen oder anderen zusätzlichen Spielraum gibt.
Sie haben vorhin die Besoldungserhöhung angesprochen. 142 Millionen Euro gingen trotz dieser Krise. Eine deutschlandweite Abwrackprämie, die uns immerhin 5 Milliarden Euro kostet, ging genauso. Wenn das geht, meine Damen und Herren, dann kann man, wenn man will, in Deutschland auch Steuern senken.
Das ist das Konzept der FDP. Dafür werden wir auch nach den Wahlen in Berlin und Dresden weiter kämpfen. Davon bringen Sie uns nicht ab.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestern ermahnte uns der Abg. Dr. Fritz Hähle zu Seriosität. Das habe ich mir zu Herzen genommen und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es wahrscheinlich das Seriöseste wäre, wenn in der Politik Wort und Tat möglichst dicht beieinander liegen würden. Wenn das allerdings so ist, dann steht es um die Seriosität unserer Landesregierung nicht allzu gut, meine Damen und Herren; denn mindestens in der Frage der Regelungen zu den Ministerpensionen in Sachsen liegen Wort und Tat sehr weit auseinander.
Bereits am 8. Juli 2007 haben wir hier auf Antrag der FDP zum ersten Mal über das Thema Ministerpensionen gesprochen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich meine Rede von damals heute eigentlich noch einmal ganz genauso halten könnte. Es ist seither in dieser Frage nichts passiert, obwohl sich der damalige Finanzminister Dr. Horst Metz in warmen Worten bei der Debatte zu unserem Antrag übte, in der Diskussion zu der Vorlage – ich zitiere – „ein sachgerechtes Gesamtkonzept“ ankündigte und sich am Ende damit aus der Affäre zog, dass der gesamte Regelungskomplex versorgungsrechtlicher Bestimmungen noch geprüft werden müsse.
In zehn Sekunden wäre er zu Ende gewesen. Aber jetzt haben Sie mich sowieso aus dem Konzept gebracht. Vielleicht schafft es Herr Dr. Hahn, mich wieder hineinzubringen. – Bitte schön.
Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich regiere ja erst ab September hier in Sachsen mit.
Wer hat die Frage gestellt? – Kollege Piwarz, die Frage ist nur: Mit wem?
Herr Hahn, ich sehe das Glänzen in Ihren Augen. Wenn Sie schön lieb sind – –
Wir haben eine Kamera, da oben steht sie. Es ist aber unsere eigene.
Aber wenn Sie unseren Pressesprecher fragen, gibt er Ihnen vielleicht die Bilder.
Nein, Spaß beiseite. Herr Hahn, ich kann Ihnen schlichtweg nicht sagen, wie es die anderen Bundesländer bisher geregelt haben. Ich würde erwarten, dass es auch die anderen Länder mit FDP-Regierungsbeteiligung selbstverständlich so einführen. Ich verweise nur darauf, dass es der Bund getan hat. Das halten wir für richtig, und es sollte auch Vorbild dafür sein, was wir uns in Sachsen vorgenommen haben, meine Damen und Herren.
Aber vielleicht der Reihe nach. Den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes wurde ja in den letzten Jahren einiges zugemutet. Sie erinnern sich: Die Mehrwertsteuer kletterte auf 19 %. Zumindest die SPD-Wähler wird das etwas überrascht haben.
Die Krankenkassenbeiträge sind in Deutschland und gerade in Sachsen auf Rekordniveau gestiegen, und soeben hat die OECD wieder einmal festgestellt, dass besonders Berufstätige mit mittlerem und niedrigem Einkommen in Deutschland wie kaum sonst irgendwo auf der Welt vom Staat zur Kasse gebeten werden. Nicht zuletzt beschloss die CDU/CSU/SPD-Regierung im März 2007 die Erhöhung des Renteneintrittsalters in Deutschland von 65 auf 67 Jahre.
Wir teilen im Übrigen die Auffassung, dass angesichts der demografischen Entwicklung tatsächlich über das Renteneintrittsalter nachgedacht werden muss, und wir wissen auch, dass viele jenseits der 65 noch lange nicht zum alten Eisen gehören und mit ihrer Kraft und ihren Ideen keinesfalls auf die Ruhebank gehören, meine Damen und Herren. Deshalb tragen wir das, was die Bundesregierung beschlossen hat, grundsätzlich mit, auch wenn wir als FDP uns anstatt dieser starren 67 ein Modell gewünscht hätten, welches sich an den persönlichen Umständen jedes einzelnen Menschen und vor allem an der Lebensarbeitszeit insgesamt orientiert und somit jedem einen flexiblen Renteneintritt innerhalb eines bestimmten Korridors ermöglicht.
Aber wie auch immer: Die Rente mit 67 ist für viele Menschen natürlich ein Einschnitt. Das gilt vor allem für die junge Generation, für die es eine zusätzliche Belastung ist; denn alle, die etwas jünger sind, müssen auf jeden Fall länger arbeiten. Das Verständnis für dieses höhere Renteneintrittsalter in der Bevölkerung hält sich sicherlich in Grenzen; aber irgendwie trägt es doch jeder mit – und trägt es auch mit Fassung, weil jeder wahrscheinlich denkt, dass es ja für alle gleichermaßen gilt.
Genau das ist der Punkt: Es gibt leider in dieser Frage „Gleichere unter Gleichen“; denn nicht alle, von denen man es erwarten würde, und nicht alle, die es auch verkraften könnten, müssen in unserem Land erst mit 67 in Rente gehen. Für einige Berufsgruppen gilt nach wie vor das Renteneintrittsalter mit 65. Da wären zum Beispiel unsere Beamten – übrigens im Gegensatz zu den Angestellten im öffentlichen Dienst –, das ist, nur zur Erinnerung, die Berufsgruppe, die sich trotz Krise, trotz Einbruchs der Steuereinnahmen, trotz Massenentlassungen und Kurzarbeit in der Privatwirtschaft seit der gestrigen Entscheidung hier im Landtag über zusammengerechnet 142 Millionen Euro zusätzlich auf den Lohnzetteln freuen darf.
Wer gehört noch dazu? Natürlich unsere sächsischen Staatsminister; denn auch für diese gilt mehr als zwei Jahre nach der Rentenreform noch nicht einmal, meine Damen und Herren, die 65 als das Maß aller Dinge; denn bis zum heutigen Tag haben Staatsminister in Sachsen bereits nach knapp vier Jahren Mindestamtszeit einen Anspruch auf eine lebenslange Rente, die man schon mit 55 – also 12 Jahre, bevor ein „Normalsterblicher“ das Renteneintrittsalter erreicht – als Pension geltend machen kann. Das ist eine Ungleichbehandlung, meine Damen und Herren, die wir als FDP nicht akzeptieren können.
Ich möchte es noch etwas stärker untermauern. Ist beispielsweise ein sächsischer Staatsminister mehr als acht Jahre im Amt, so kann er in Rente gehen, wann immer er will, auch wenn er deutlich jünger ist, und zwar mit mehr als 5 000 Euro monatlich. Die Summe ist mir gar nicht so wichtig, aber ich möchte trotzdem erwähnen, dass diese 5 000 Euro nach acht Jahren Berufstätigkeit als Minister erworben sind. Dafür müsste ein normaler Arbeitnehmer, wenn er überhaupt solch ein hohes Einkommen hat, ungefähr 103 Jahre arbeiten. Auch hieran sehen Sie die aus unserer Sicht völlig ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Ich will, davon abgesehen, unseren Ministern überhaupt nichts wegnehmen. Aber müssten es nicht in einer Gesellschaft, die den Bürgern in Krisenzeiten sehr viel abverlangt, gerade Politiker, Minister, Beamte und Staatsbedienstete sein, die mit gutem Beispiel vorangehen und den Gürtel zunächst bei sich selbst ein klein wenig enger schnallen? Ich denke, das sollte so sein. Wenn die Politik von den Bürgern fordert, dass sie kürzer treten sollen,
dann ist es nur recht und billig, dass Politiker und Minister zuerst bei sich selbst beginnen; und wenn die Politik konkret beschließt, dass die Menschen künftig bis 67 arbeiten müssen, dann ist es eben auch recht und billig, dass diese Altersgrenze für Politiker und Minister und eben auch in Sachsen gilt.
Uns selbst in diesem Raum möchte ich übrigens in Schutz nehmen, denn für Abgeordnete in Sachsen ist das längst umgesetzt. Wir haben die Reform – auch was die Altersgrenze betrifft – längst umgesetzt, aber sie wurde eben nicht für unsere Staatsminister umgesetzt. Die Frage, die ich heute stellen möchte, ist, warum sie zwei Jahre nach der Rentenreform in Sachsen immer noch nicht umgesetzt worden ist. Wir bekommen in Sachsen regelmäßig viele, viele Gesetzesinitiativen, viele, viele Änderungsvorschläge aus den Staatsministerien in den Landtag gereicht. Allein im letzten Jahr war es, glaube ich, so, dass alle drei Tage eine neue Verordnung aus einem Staatsministerium herausgekommen ist, und ich frage Sie, wieso unter diesen ganzen Vorschlägen, unter dieser ganzen Bürokratie nicht einmal ein Vorschlag zur Neuordnung der Ministerpensionen hier in Sachsen dabei gewesen ist. Fehlte tatsächlich die Kraft, oder war es am Ende doch der Wille, der zu einer Reform der Ministerpensionen in Sachsen fehlte?
So schwer kann es beim besten Willen nicht sein. Ich habe es vorhin bereits erwähnt, der Bund ist vorgeprescht. Er hat eine aus unserer Sicht recht praktikable Lösung gefunden. Seit Oktober 2008 ist dort die Reform umgesetzt, und dann gilt auch dort schrittweise 67 für Minister als Renteneintrittsalter. Wir sehen überhaupt keinen Grund, warum das, was in Berlin klappt, nicht auch hier in Dresden klappen sollte.
Deshalb bitte ich Sie recht herzlich, diesen Schritt heute hier und jetzt zu tun. Sollten Sie das nicht wollen und diese Ungleichbehandlung zwischen Bürger und Staatsapparat weiter zementieren, darf ich Ihnen schon jetzt ankündigen, wenn wir ab September – Herr Dr. Hahn, hören Sie gut zu! – hier auf der Regierungsbank Platz nehmen werden – anstelle meiner Kollegen von der SPD natürlich –,
dass wir genau dieses Thema angehen werden, und zwar ganz schnell und umgehend. Irgendwelche Rentensonderprivilegien für Minister wird es mit einer FDP ganz gewiss nicht mehr geben. – So viel übrigens zum Thema politische Moral, Glaubwürdigkeit und Worthalten.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Dr. Gerstenberg, es tut mir leid, dass ich Sie langweile. Wissen Sie was? Das, was wir hier machen, nennt sich Opposition!
Genau das ist die Aufgabe von Oppositionsarbeit. Wenn hier der Minister Horst Metz dasteht, eine Regelung ankündigt und über zwei Jahre nichts macht, dann ist es die Aufgabe der Opposition – dass Sie das nicht begriffen haben, Herr Dr. Gerstenberg, habe ich in den letzten viereinhalb Jahren natürlich feststellen dürfen –,
nachzuhaken. Genau dieses Nachhaken haben wir gemacht. Eines will ich zum Thema Populismus ganz klar sagen, verehrter Kollege Gerstenberg.
Was, wie bitte? Prof. Unland hat die Fußstapfen seines Vorgängers gefüllt und der Kollege Dr. Metz sitzt ja auch hier im Raum.
Und er weiß ganz genau, was er damals gesagt hat. Es ist unsere Aufgabe, dass wir nachhaken.
Herr Dr. Gerstenberg, das lassen wir uns auch von den GRÜNEN nicht verbieten. Das werden wir selbstverständlich weiterhin so machen, zumindest bis zur parlamentarischen Sommerpause. Danach ändert sich sowieso alles.
Ich muss leider auch feststellen – darin haben Sie sicher recht –, dass, wenn man sich auf die Landesregierung verlässt, man zuweilen tatsächlich verlassen ist. Vielleicht wäre es ganz gut gewesen, wenn wir zu dieser sehr komplexen Thematik einen eigenen Gesetzentwurf gemacht hätten. Wir haben darauf vertraut, dass das Wort von Herrn Dr. Metz Gewicht hat und dass die Staatsregierung diese – aus unserer Sicht – Kleinigkeit, zumal die Bundesregierung schon einen Vorschlag gemacht hat, relativ leicht in sächsisches Recht überführt. Das ist leider nicht passiert. Beim nächsten Mal werden wir das entsprechend beachten.
Was das Thema Glaubwürdigkeit betrifft, Herr Dr. Gerstenberg, fassen Sie sich bitte selbst an die Nase! Wir stehen hier als eine Partei, die eine Regierungsverantwortung nicht wie die PDS grundsätzlich ablehnt. Uns gefällt die Oppositionsrolle auf Dauer nicht. Wir wollen dieses Land mitgestalten und nicht nur jammern und meckern, so wie Sie es immer machen, Herr Kollege Hahn.
Wenn wir hier stehen und eine solche Regelung fordern, dann sehen Sie, dass wir die Messlatte für uns selbst sehr, sehr hoch legen. Ich weiß genau, was passiert, wenn wir auf der Regierungsbank sitzen und wir im Herbst oder im Winter keine Änderung geschafft haben.
Das, liebe Kollegen, ist konsequente Politik, und das meine ich mit Worthalten, meine Damen und Herren.
Es ist eben ein Unterschied, wenn man aus moralischen und grundsätzlichen Überlegungen draußen laut „Diäten runter!“ fordert und es dann nicht umsetzt. Wir haben das gemacht. Wir haben die beiden letzten Diätenerhöhungen abgelehnt und jeden Cent davon für soziale und karitative Zwecke eingesetzt. Das können Sie bis auf den letzten Cent überprüfen. Das ist ein deutschlandweit einmaliges Modell! Alle sieben Abgeordneten der FDP-Fraktion machen dabei mit und haben sich einem strengen Reglement unterworfen. Auch die künftig 14 oder 15 Abgeordneten, die wir nach den Wahlen haben werden, werden dieses Modell fortführen.
Das ist FDP und das ist der Unterschied zu allen anderen Parteien hier!
Vielen Dank.
Ich hätte trotzdem auch mal eine Frage.
Und zwar geht die Frage an die Regierungskoalition. Sie haben ja diesmal nicht gesprochen. Die Regierungskoalition hat aber auch das letzte Mal, wenn ich mich recht erinnere, nicht gesprochen, sondern nur der Minister. Warum sagen Sie uns eigentlich nicht, was Sie von dem Thema halten, wie Sie dazu stehen und bis wann wir damit rechnen können, dass das Renteneintrittsalter von 67 Jahren für Minister kommt? Das würde mich mal interessieren. Zweimal haben Sie dazu geschwiegen. Das finde ich schade. Ich denke, die Bürgerinnen und Bürger draußen würden auch gern wissen, wie Sie dazu stehen.
Auch ich würde gern wissen, wie Sie sich ab September verhalten werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten einmal versuchen, den Wahlkampf ein bisschen aus der Debatte herauszulassen.
Beifall nach der ersten Wortgruppe – so kann es weitergehen und die Debatte ein Stück weit vom Kopf auf die Füße stellen. Für mich ist es ganz wichtig, dass wir vielleicht in der gesamten Debatte um den Wirtschaftsstandort Sachsen eine Frage beantworten, nämlich die, wer eigentlich der Träger der wirtschaftlichen Entwicklung des Freistaates Sachsen ist,
wo der wirtschaftliche Kern unseres Landes liegt und wo die Wurzeln des Erfolges der letzten Jahre liegen. Ich frage Sie, ob es tatsächlich die Großkonzerne sind und wirklich die Großkonzerne, die sich in den letzten Jahren vor allem darin einen Namen gemacht haben, dass sie undurchsichtige Umstrukturierungsmaßnahmen vorgenommen oder ihren Firmennamen binnen kürzester Zeit mehrfach geändert haben. Sind es tatsächlich die Großbetriebe, die vor allem deshalb zu uns gekommen sind, weil sie hier gigantische Subventionen und besondere Sonderrechte abgreifen konnten?
Oder, meine Damen und Herren, wird unser Land und wird das, was Sachsen auszeichnet, nicht in besonderer Weise eher vom Mittelstand geprägt? Ich bin mir sicher, dass der einzigartige Aufschwung, den Sachsen seit der Wende erlebt hat, ganz wesentlich von kleinen und mittleren Unternehmen bewältigt worden ist und dass es
diese Unternehmen sind, die unseren wirtschaftlichen Aufschwung tragen.
Im Jahr 2007 arbeiteten 86 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im sächsischen Mittelstand. Bezogen auf den Jahresumsatz gehören 99,9 % aller sächsischen Unternehmen zu mittelständischen oder zu Kleinunternehmen. Es sind vor allem diese Unternehmen, die dafür sorgen, dass wir in Sachsen genügend Ausbildungsplätze haben, die sich vor Ort gesellschaftlich engagieren und Sportvereine, Schulen sowie Kultureinrichtungen unterstützen und die vor allem – das ist mir ganz wichtig – erstens Steuern zahlen und zweitens diese Steuern hier in Sachsen zahlen, meine Damen und Herren.
Es sind diese kleinen und mittleren Unternehmen, die persönlich mit ihrem Gesicht, mit ihrem Namen für das haften, was sie tun, die nicht bei jeder Krise davonlaufen, weil sie es gar nicht können, und die nicht permanent auf der Suche sind, ob man nicht vielleicht in Asien noch ein paar Cent besser und vor allem billiger produzieren kann oder ob es vielleicht irgendwo in Asien noch mehr Staatssubventionen abzufassen gilt.
Der Mittelstandsbericht 2008 zeigt es sehr deutlich: Sachsen ist im Bundesvergleich durchschnittlich viel mehr mittelständisch geprägt als andere Bundesländer. Der Mittelstand ist die Säule unserer Wirtschaft. Der Mittelstand in Sachsen ist systemrelevant. Das sollten wir in dieser Debatte auf keinen Fall vergessen.
Natürlich, das ist auch mir klar, lieber Kollege Scheel, kommt es auch in Sachsen auf die Mischung an. Wir brauchen in Sachsen große und kleine Unternehmen, sollten aber auch bereit sein, Unterschiede zu machen. Es gibt eine Menge Konzerne, die auch in Sachsen aktiv sind, wenn ich zum Beispiel an Volkswagen Sachsen denke, an Porsche oder auch an AMD, die Großartiges für den Freistaat Sachsen leisten und auch in der Krise zu ihrer Verantwortung stehen. Aber es gibt eben auch Subventionsnomaden, die überall auf der Welt nur nach kurzfristig erzielbaren Rekordrenditen schielen, morgen weiterziehen und denen der Standort und denen die Mitarbeiter an diesem Standort völlig egal sind, meine Damen und Herren.
Herr Müntefering nannte diese Subventionsnomaden einmal Heuschrecken. Eines sollte uns allen klar sein: Mit solchen Heuschrecken kann der Staat mit dem Geld der Steuerzahler nicht zusammenarbeiten.
Es mag sein, dass der Staat in Ausnahmen helfen kann, wenn ein insgesamt solides Unternehmen mit einem klaren Zukunftskonzept und mit einem langfristigen Bekenntnis zum Standort und zu den Mitarbeitern durch eine Krise in Schwierigkeiten gekommen ist. Leider
haben wir es aber eben bei Qimonda nicht mit solch einer Situation zu tun.
Die Probleme bei Qimonda haben mit der Finanzkrise, wie wir alle wissen, nur ganz, ganz wenig und auch mit der Wirtschaftskrise nur ganz bedingt etwas zu tun. Sie haben ihre Ursache in der Branche – Martin Dulig hat es vorhin ausgeführt –, ganz gewiss auch in schweren Managementfehlern und auch in der Tatsache, dass in guten Zeiten keine Vorsorge für kommende schlechte Zeiten getroffen wurde.
Was mich auch sehr stört, ist das nach wie vor fehlende Bekenntnis der Mutter in München zu ihrer Tochter hier in Dresden.
Wir reden heute über die Folgen eines wichtigen Unternehmens und einer Insolvenz. Nur stimmen dabei offenbar die Unternehmensgröße, die Zahl und die Lautstärke der Stimmen. Wenn – darauf möchte ich hinweisen – kleine und mittelständische Unternehmen pleite gehen, geschieht das meistens ganz im Stillen. Ohne viel Aufsehen wird bei denen – so hat es gerade die IHK in Dresden formuliert – einfach die Tür zugemacht. Lassen Sie es mich vielleicht so sagen: Wenn es um 3 000 Arbeitsplätze geht, die gefährdet sind, kommt vielleicht noch der Wirtschaftsminister. Geht es um 300, kommt vielleicht der Bürgermeister und der Landrat. Geht es um 30, kommt am Ende nur noch der Gerichtsvollzieher vorbei. Das ist nicht die Auffassung von Politik, die wir sehen. Es kann nicht sein, dass man in Deutschland nur groß genug sein muss, damit die Politik vorbeikommt und mit Geldscheinen wedelt. Wir haben diesbezüglich eine andere Auffassung von vernünftiger Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich eines ganz klar feststellen: Eine Staatsbeteiligung ist für die FDP keine Lösung – weder eine Mehrheitsbeteiligung noch eine Minderheitsbeteiligung und auch nicht vorübergehend. Es gibt nach den uns vorliegenden Informationen im Moment kein Indiz dafür, dass solch eine Staatsbeteiligung kein Fass ohne Boden ist.
Es gibt auch kein Indiz dafür, dass sich Qimonda durch eine Staatsbeteiligung kurzfristig erholt, um dann langfristig erfolgreich wirtschaften zu können. Das Angebot der Chinesen ist – bei allem Respekt –, so wie ich es lese, ein ganz starker Grund, jetzt noch viel skeptischer als zuvor zu sein, meine Damen und Herren.
Dass die neue Technologie tatsächlich ein Erfolgsmodell ist und dass sich die neuen Chips am Markt für einen ordentlichen Zeitraum zu guten Preisen verkaufen lassen, weiß niemand, und es ist sicher auch ein Stück Hoffnung, die mitschwingt. Wenn der Insolvenzverwalter von Qimonda trotz intensivster Bemühungen auch in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium – die Bemü
hungen unseres Wirtschaftsministers können sich wirklich sehen lassen – und der Bürgschaftszusagen des Freistaates Sachsen im Rücken keinen geeigneten privaten Investor finden konnte, so könnte dies auch als Warnung vor und nicht als Aufforderung für ein direktes staatliches Engagement verstanden werden.
Für private Investoren ist das Geschäftsmodell von Qimonda offensichtlich zu riskant. Wenn es aber kein starkes und deutliches Beteiligungssignal aus der Privatwirtschaft gibt, dann sollte auch der Staat die Finger davon lassen, meine Damen und Herren.
Der Freistaat hat keinen Businessplan für Qimonda und er hat gleich gar keinen Businessplan für das, was auf den internationalen Chipmärkten passiert. Er hat „nur“ die Steuermillionen der Bürger, und wir sind dazu verpflichtet, diese sparsam, sinnvoll und nachhaltig zu verwenden.
Ich befürchte, dass mit einer Staatsbeteiligung an Qimonda Dämme brechen – auch Dämme hier in Sachsen –, und es muss sich schon jeder die Frage gefallen lassen, an welchem Unternehmen, das unter Umständen in diesem Jahr oder im Laufe der nächsten zwei Jahre auch noch in die Krise folgt, sich Sachsen dann wieder beteiligen soll. Sachsen droht in eine Art „Subventionshamsterrad“ zu geraten, welches mit staatlichen Millionenspritzen immer wieder neu in Schwung gebracht werden muss. Es wird sich mit einer irren Geschwindigkeit drehen, aber trotzdem werden wir keinen Millimeter vorwärts kommen. Eine solche Politik, meine Damen und Herren, kann Sachsen nie und nimmer durchhalten; es wäre eine falsche Politik.
Wenn eine Staatshilfe – in welcher Form auch immer – überhaupt infrage kommt, dann kommt für uns als FDP nur eine europäische Lösung infrage. Der Speichermarkt ist, wie er ist. Ich glaube, uns ist allen klar, dass wir von Lissabon und von Dresden aus die Spielregeln, die in Asien und in Amerika gelten, nicht ändern können. Deshalb muss Europa entscheiden, ob man die Herstellung von Massenchips und deren Verkauf für Preise, die oft unter den Herstellungskosten liegen, langfristig auf unserem Kontinent sichern will.
Ich selbst kann es nicht so richtig einschätzen, ob die Produkte von Qimonda tatsächlich von fundamentaler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Europa sind; und ich vermag es auch nicht einzuschätzen, ob diese Speicherchips aus geostrategischen Gründen unbedingt in Europa und unbedingt von einem europäischen Unternehmen entwickelt und produziert werden müssen. Dazu fehlt mir schlichtweg der Einblick. Das ist eine Frage, die Europa insgesamt mit allen nationalen Regierungen und vor allem auch der Europäischen Kommission beantworten muss. Meine Skepsis zur Beantwortung dieser Frage ist da; ich weiß aber auch, dass es in anderen Bereichen durchaus so gewesen ist, dass man die Frage mit Ja beantwortet hat. Für mich wäre das der einzige Weg, bei
dem wir eine Form der Staatsbeteiligung überhaupt rechtfertigen könnten.
Ich möchte noch an eine andere Sache erinnern. Der Fall Qimonda ist nicht neu in Sachsen. Nach der Wende gab es Qimonda tausendfach in Ostdeutschland. Damals – übrigens wirklich über Nacht und nicht mit einer relativ langen Ansage, die wir in der gesamten Speicherchipindustrie haben – brachen Märkte weg, waren Produkte nicht mehr marktfähig und es fanden sich in vielen Fällen eben leider keine Investoren, die ehemalige Staatsbetriebe der DDR übernehmen wollten. Was das für die Mehrheit der Sachsen und für ihre Biografien, für ihre Hoffnungen, für ihre Zukunftsperspektiven bedeutet hat, wissen wir alle noch viel zu gut. Die Politik hat sich damals bewusst für einen sehr unbequemen Weg entschieden. Die Politik hat damals sowohl in Berlin als auch hier in Dresden, im Sächsischen Landtag, nicht Milliarden in überkommene Wirtschaftsstrukturen gesteckt, um die von der Staatspartei SED zu verantwortende Misswirtschaft irgendwie noch zu retten.
Das war ein sehr schmerzlicher Weg, aber es war am Ende auch die Grundlage für eine insgesamt sehr positive neue wirtschaftliche Entwicklung, die wir in Sachsen erlebt haben. Das, meine Damen und Herren, sollten wir nie vergessen.
Deswegen sagen wir als FDP ganz klar: Helfen wir den Mitarbeitern von Qimonda zügig, neue und ordentlich dotierte Jobs im wachsenden Technologiestandort hier in Dresden zu finden. Ich weiß auch von unserem Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert, dass der Fachkräftebedarf in unserer Region enorm ist und dass viele Unternehmen Angebote für die Qimonda-Mitarbeiter vorlegen werden. Unterstützen wir mit dem breiten Förderinstrumentarium, das der Freistaat hat, beispielsweise Ausgründungen aus Qimonda oder eben auch den Fall, dass Unternehmen Teile des Betriebes und der Mitarbeiter vielleicht in einer neuen Form fortführen möchten; und helfen wir den vielen Hundert kleinen und mittelständischen Unternehmen hier am Standort im Technologiebereich, die keine Subventionsnomaden sind, sondern die fest vor Ort verankert sind und denen man mit der einen oder anderen kleinen Hilfe ganz gewiss dazu verhelfen kann, dass sie viel schneller wachsen als bisher und dass sie größer werden können als bisher.
Als Letztes: Vergessen wir nicht, was die Erfolgsgrundlagen unseres Landes sind, und machen wir nicht wirtschaftspolitisch die gleichen Fehler, die eine andere Gesellschaftsordnung auf deutschem Boden schon einmal gründlich ruiniert hat.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich komme in dieser Debatte natürlich nicht umhin, zunächst einmal festzustellen, dass Sie von der NPD und Ihre Gesinnungsgenossen in der Vergangenheit und in der Gegenwart der Grund allen Übels sind. Es waren Nationalisten und Revanchisten wie Sie, die für die erste Katastrophe der deutschen Geschichte, die für Tod, Leid und Vertreibung nach dem Ersten Weltkrieg verantwortlich waren, und es waren Ihre geistigen Vorfahren, an deren Bildern Sie sich wahrscheinlich heute noch in Ihren Schlafzimmern und Toiletten kräftig ergötzen,
die für die größten Verbrechen auf unserem Kontinent im vergangenen Jahrhundert sorgten und mit dem Zweiten Weltkrieg, dem Holocaust, dem Naziterror und Massenmord dafür verantwortlich waren, dass Hitlers Krieg und Hitlers Verbrechen sich am Ende gegen Deutschland selbst richteten.
Niemand anderes als die Nazis sind schuld an Flucht, Vertreibung und dem Leid, das mehr als zehn Millionen Deutsche nach dem Krieg durch den Verlust ihrer Heimat getroffen hat, und niemand anderes als die Nazis sind schuld daran, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg großartige Kulturlandschaften und Städte, einen maßgeblichen Teil seines Territoriums, gewaltige Werte und Ansehen verloren hat. Deshalb spreche ich Ihnen von der NPD das moralische Recht ab, hier und heute über das Thema Flucht und Vertreibung zu sprechen und zu urteilen. Alle können das, aber niemals Sie!
Ich weiß, dass die allermeisten Menschen in unserem Land es ekelhaft finden, dass Sie das Leid von Millionen Vertriebenen politisch umdeuten wollen und dass Sie dieses Leid für Ihre niederen politischen Zwecke ausnutzen möchten.
Wir als FDP, ich, der ich selbst aus einer Familie stamme, die 1945 aus Hinterpommern vertrieben worden ist, ich glaube die Vertriebenen insgesamt und ich denke auch Erika Steinbach werden dieses rechte Parasitentum, das Sie hier präsentieren, nicht dulden.
Die Vertreibung von Millionen Deutschen aus Pommern, aus West- und Ostpreußen, aus Schlesien, Böhmen und anderswo schmerzt natürlich immer noch sehr viele in unserem Land, und die Gründe dafür liegen auch in einem doch insgesamt recht verkrampften und oftmals auch ideologisch verbrämten Umgang mit diesem traurigen Kapitel europäischer Geschichte in Deutschland selbst, aber ganz gewiss auch in den Staaten Osteuropas.
Ich erinnere nur daran, dass es zum Beispiel in der DDRZeit kaum Schlesier oder Ostpreußen gegeben hat, sondern dass die Vertriebenen abfällig und auch technokratisch hier oft als „Neubürger“ oder „Umsiedler“ bezeichnet wurden. Deshalb – das ist ganz klar – haben wir etwas nachzuholen, übrigens auch in Sachsen. Ich erinnere gern daran, dass Sachsen selbst nach 1945 Heimat für rund eine Million Flüchtlinge geworden ist, ein Fakt, den die wenigsten Sachsen heute noch kennen.
Wir müssen Flucht und Vertreibung als Teil unserer Geschichte akzeptieren. Beiseiteschieben ist ganz gewiss der falsche Weg. Ich glaube zudem, dass wir keine Angst davor zu haben brauchen, dass uns der eine oder andere – es ist nur eine kleine Minderheit, wie zum Beispiel die Zwillinge Kaczynski – dafür kritisiert. Wir wissen doch nur zu genau, dass auch sie nur ihre egoistischen politischen Geschäftchen damit machen wollen.
Deswegen freue ich mich persönlich sehr, dass es dieses Versöhnungszentrum – so möchte ich es nennen – demnächst in Berlin geben wird. Ich bin mir sicher, dass auch Sachsen Wege finden wird, an diesen Teil der Geschichte in würdiger Weise zu erinnern.
Überall stelle ich fest, dass junge Leute aus Deutschland auf Spurensuche gehen und schauen, wie ihre Verwandten, ihre Eltern und Großeltern, wie beispielsweise auch mein Vater und meine Großeltern, gelebt haben. Sie gehen auf Spurensuche in Polen und in Tschechien. Sie werden dort zunehmend von jungen Leuten empfangen, die ganz entspannt mit der deutschen Zeit ihrer Heimat umgehen und die deutschen Traditionen und auch die deutsche Kultur immer öfter hervorholen, sie betonen und pflegen. Das ist es, was der Heimat von Immanuel Kant und der
Heimat von Gerhart Hauptmann oder auch der Heimat meiner eigenen Vorfahren gerecht wird, und nicht der Revanchismus, den Sie als NPD in diesem Parlament heute predigen.
Mein Europa ist offen, sehr geehrte Damen und Herren, mein Europa ist tolerant, mein Europa ist gastfreundlich,
und es ist am Nachbarn interessiert. Mein Europa kennt auch schon seit einer ganzen Weile keine Grenzen mehr. Meine Heimat ist Sachsen, aber zu Hause fühle ich mich inzwischen ganz genauso
im heute polnischen Teil von Pommern, den ich sehr gern und häufig besuche. Das ist natürlich nicht – das verstehe ich, da können Sie auch weiter dämlich grinsen – das Europa, in dem Sie leben.
Das ist für Sie eine fremde Welt, aber ich will ganz klar sagen: Die Welt der NPD ist vor 64 Jahren untergegangen, und sie wird nie wieder auferstehen, weil alle demokratischen Fraktionen in diesem Parlament genau darauf aufpassen werden, meine Damen und Herren.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Überall in unserem Land nimmt die Kritik am neuen Gesundheitsfonds zu. Neben der Kritik an den vor allem in Sachsen massiv gestiegenen Krankenkassenbeiträgen steht die sogenannte Honorarreform für niedergelassene Ärzte im Mittelpunkt der Diskussion. Erst in dieser Woche machten sich Tausende Ärzte Luft und protestierten gegen sinkende Honorare und dramatische Einkommensverluste.
Die Reaktion der Politik fiel erwartungsgemäß aus, denn in der für sie so typischen Mischung aus Arroganz und Ignoranz warnte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die deutsche Ärzteschaft im ZDF davor, ihre Proteste doch bitte nicht auf dem Rücken der Patienten auszutragen und die Ärzte anderenfalls mit einem Verlust ihrer Zulassung rechnen müssten. Nach Meinung der SPD-Politikerin handele es sich bei dem Konflikt um ein rein innerärztliches Verteilungsproblem.
Ich frage Sie aber, ob das tatsächlich so ist, ob es sich tatsächlich nur um ein innerärztliches Problem handelt oder ob es vielleicht auch sein kann, dass die sinkenden Honorare für Hautärzte, Orthopäden, Augenärzte, Unfallchirurgen, Kinderärzte, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und viele andere trotz Krankenkassenbeiträgen auf Rekordniveau ihre Ursache vielleicht in einem gewissen Konstruktionsfehler innerhalb dieser Gesundheitsreform ihre Ursache haben.
Ich denke, meine Damen und Herren, dieser Gesundheitsfonds funktioniert eben nicht so gut, wie es uns das Bundesgesundheitsministerium immer weismachen will. Dieser Gesundheitsfonds ist nun einmal in sich schon ein einziger Konstruktionsfehler.
Ich lasse mich längst nicht mehr, auch wenn ich das bestimmt gleich hören werde, von Sprüchen beschwichtigen wie: Na ja, das sind ja nur Anlaufschwierigkeiten, das kommt schon noch in Ordnung, und man müsse erst einmal abwarten. Nein, ich bin der festen Überzeugung, meine Damen und Herren, dass die Probleme, die die niedergelassenen Ärzte jetzt haben, schlichtweg gewollt sind. Es ist politische Absicht, dass niedergelassene Ärzte durch zu geringe Honorare wirtschaftliche Schwierigkeiten bekommen, und es ist politisches Kalkül, dass nieder
gelassene Ärzte um die Zukunft und den Wert ihrer Arztpraxen fürchten müssen.
Ich denke auch, dass es gewollt ist, dass niedergelassene Ärzte die Freude an ihrer Arbeit verlieren und junge Ärzte die Selbstständigkeit zunehmend scheuen. Dazu kommt, dass der Konflikt, der innerhalb der Ärzteschaft und innerhalb verschiedener Ärztegruppen um die Mittelverteilung entstanden ist, der Bundesgesundheitsministerin hervorragend in den Kram passt. Ulla Schmidt hat Streit gesät und eine gespaltene und damit längst nicht mehr so wehrhafte Ärzteschaft geerntet. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
All das bringt Frau Schmidt und ihren unsäglichen Weggefährten, Herrn Lauterbach, ihrem Ziel näher, nämlich ein Land zu schaffen, in dem es am Ende nur ein Gesundheitssystem mit einer einzigen Einheitskrankenkasse gibt, und ein Land zu schaffen, in dem es perspektivisch nur noch ganz wenige selbstständige Ärzte gibt. Es geht hier um ein Land, in dem es keinen Wettbewerb mehr um eine bessere Patientenversorgung und medizinische Erfolge gibt, aber dafür möglichst viele Ärzte, die bei Kliniken und medizinischen Versorgungszentren angestellt sind. Das passt ja irgendwie auch ganz gut in die Biografie von Ulla Schmidt. Ich möchte nur daran erinnern, dass sie 1976 in Aachen einmal für den maoistischen Kommunistischen Bund Westdeutschlands kandidiert hat. Das sagt, glaube ich, schon alles.
Frau Ulla Schmidt ist ja so, Herr Gerstenberg.
Um Frau Schmidt und auch Ihnen auf die Sprünge zu helfen – das Modell, das Frau Schmidt erreichen will, hatten wir schon einmal. Dieses Modell nannte sich DDR. Dieses Modell ist gescheitert. Ein Zurück in die DDR ist ganz gewiss der falsche Weg, meine Damen und Herren.
Ich verstehe allerdings nicht, dass die CDU den einziehenden Sozialismus im Gesundheitssystem so widerspruchslos mitmacht. Ich glaube schon, dass sich viele von ihnen die Frage gestatten müssen – –
Sehr gern. Frau Dr. Runge wieder einmal. Ich habe über unsere Dialoge schon ein ganzes Buch voll.
Das ist mir bekannt, und ich bedaure Horst Seehofer als Mann sehr stark, wenn das wirklich seine tollste Nacht gewesen ist, wenn ich mir Ulla Schmidt so vorstelle.
Entschuldigung, Entschuldigung!
Ich entschuldige mich. Aber davon abgesehen, habe ich ja vorhin – Frau Runge, wenn Sie mich ausreden lassen wollen – erstens gesagt, dass ich mich ein bisschen wundere, dass die CDU das alles so mitmacht, weil ich die CDU ja immer als eine Partei gesehen habe, die sich gegen jede Form von Sozialismus in der Gesellschaft wehrt. Das sehe ich im Gesundheitssystem nicht mehr ganz so. Und dann muss ich natürlich eines dazusagen: Die Lernfähigkeit von Herrn Seehofer beeindruckt mich schon. Inzwischen – das muss ich ganz klar feststellen – hat er seine Meinung radikal geändert, weil er gesehen oder er in seiner Rolle als Landespolitiker, als Ministerpräsident jetzt erkannt hat, dass das nicht der Weisheit letzter Schluss gewesen ist. Ich finde es interessant, dass Bayern jetzt ein Vorkämpfer für eine Reform des Gesundheitsfonds ist. Deshalb fühle ich mich im Moment relativ nah bei Horst Seehofer.
Die CDU muss die Frage gestatten, wie sie es mit dem freien Beruf des Arztes hält, wie sie es damit hält, die Selbstständigkeit von Ärzten zu fördern, und wie sie dazu steht, dass Ärzte eben auch von ihrer eigenen Hände Arbeit leben können müssen und ein Honorar bekommen, was zu der enormen Verantwortung passt, die Ärzte nun einmal in unserer Gesellschaft haben.
Die niedergelassenen Ärzte sind eine entscheidende Säule unseres Gesundheitssystems. Sie sind ein wertvoller Teil unseres Sozialsystems und garantieren uns eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung. Sie stehen für die hohe Qualität, die wir im deutschen Gesundheitssystem erreicht haben. Wir sollten dringend aufpassen, – –
– dass mit der schleichenden Vernichtung des niedergelassenen Ärzteberufes nicht eine tragende Säule unseres Systems abgerissen wird, meine Damen und Herren.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Buttolo, Sie haben vorhin in Ihrer Erklärung von Mut gesprochen; Sie haben von dem Mut gesprochen, den man als Regierung braucht, um in Krisenzeiten Entscheidungen zu treffen. Sie haben von Mut gesprochen, den man braucht, um das vorliegende Konjunkturpaket auf den Weg zu bringen.
Ich frage Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren: Ist es wirklich mutig, wenn der Staat eine lange Zeit über seine Verhältnisse lebt, und ist es wirklich mutig, wenn der Staat mehr ausgibt, als er eigentlich hat?
Ist es, meine Damen und Herren, wirklich mutig, sich einen bunten Blumenstrauß an politischen Maßnahmen zu pflücken und alle Maßnahmen komplett bis auf den letzten Cent einzig und allein über das Machen neuer Schulden zu finanzieren? Ist das Schuldenmachen politischer Mut für etwas, dessen sich diese Regierung rühmen muss?
Meine Damen und Herren! Es mag vielleicht so sein, dass Schuldenmachen für den Privatmann, der persönlich haftet, den einen oder anderen Unternehmer, tatsächlich Mut bedeutet, aber doch niemals für den Staat, der keinesfalls die Risiken eines Privaten tragen muss und der sich wie kein anderer in dieser Gesellschaft zu jeder Zeit und in jedem Umfang, wie er will, aus der Kasse des Steuerzahlers bedienen kann. Meine Definition von Mut, sehr geehrter Herr Minister, sieht anders aus. Das, was die Regierung in Berlin – leider mit Unterstützung und sanktioniert durch die sächsische Landesregierung – mit ihrer Schuldenpolitik treibt, ist in höchstem Maße unanständig und unverantwortlich, besonders gegenüber unseren Kindern und Enkeln.
Man kann über die Umsetzung des Konjunkturpaketes hier in Sachsen nicht sprechen, ohne das Konjunkturpaket, das in Berlin beschlossen worden ist, wenigstens noch einmal grob zu analysieren.
Auch wenn ich CDU und SPD den guten Willen nicht absprechen möchte, etwas gegen diese Krise zu tun, glaube ich, dass die Wirkung des Konjunkturpaketes bereits jetzt für alle sichtbar wird: Wir werden diese Weltwirtschaftskrise mit diesem Konjunkturprogramm nicht aufhalten; wir werden dafür aber die sowieso schon bestehende Schuldenkrise der öffentlichen Haushalte überall in Deutschland um ein Vielfaches verstärken.
Auf die rund 1,5 Billionen Euro Staatsschulden, die wir im Moment haben, packen wir jetzt noch einmal eine ordentliche Schippe drauf. Vieles davon passiert eben, lieber Kollege Rößler, ohne jegliche Nachhaltigkeit, wie man es sehr schön beispielsweise an der Abwrackprämie sehen kann. Im Endeffekt, meine Damen und Herren, sind es wahrscheinlich die Schülerinnen und Schüler von heute, die manch Älterem oder manch Altem in unserer Gesellschaft den Traum von einem neuen Auto ermöglichen; denn diese Generation wird es sein, die die Schulden, die CDU und SPD für dieses Kriseninstrument, nämlich die Schaffung der Abwrackprämie, aufnehmen müssen, die diese Schulden eines Tages abbezahlen müssen.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen, das sind Schulden, die eben nicht in eine neue Struktur fließen, die überhaupt nicht dafür da sind, über mehrere Jahrzehnte eine neue Entwicklung in diesem Land zu bekommen. Nein, man ist inzwischen so weit, dass man sich ganz frech und frei einfach nur dafür verschuldet, dass sich irgendjemand, der sich vielleicht im Moment noch keinen Neuwagen leisten
kann oder es bisher vielleicht überhaupt nicht für nötig hielt, unbedingt das allerneueste Modell zu fahren, jetzt ein neues Auto kaufen kann. Ich hoffe nur, dass sich viele betroffene Eltern und Großeltern jetzt mal ordentlich bei ihren Kindern bedanken, meine Damen und Herren.
Aus Sicht der FDP kann und darf man Politik in diesem Land so nicht machen. Dieser Staat verfrühstückt zunehmend die Zukunft seiner Kinder und wir werden das als Liberale natürlich so nicht mitmachen.
Wahrscheinlich werden die Kollegen von CDU und SPD jetzt mit dem neuen Zauberwort kommen, was da „Schuldenbremse“ heißt, da man sich auf Bundesebene auch mit den Ländern darauf geeinigt hat, dass man die Schuldenaufnahme der öffentlichen Haushalte begrenzen will. Ich wäre fast geneigt, dazu Beifall zu klatschen, wenn nicht auch diese Schuldenbremse wieder so schlecht und so halbherzig gemacht worden wäre.
Selbstverständlich.
Frau Dr. Runge, da habe ich vielerlei zu bieten, wie Sie sicherlich auch erwartet haben. Rein von der Redestruktur her würde ich vorschlagen, ich sage etwas an der Stelle, an der ich sowieso etwas dazu sagen wollte. Das wird am Ende meiner Rede sein. Ich bleibe in diesem Moment erst einmal bei meiner Analyse. Ich könnte mir zwar jetzt Redezeit nehmen, wenn ich es gleich beantworten würde, aber ich denke, zum allgemeinen Verständnis werde ich besser später darauf zurückkommen. Darauf können Sie sich verlassen.
Deswegen werde ich ganz kurz etwas zur Schuldenbremse sagen und zu dem, was da an Revolutionärem passiert ist. Das Interessante ist, dass sich die jetzt Regierenden darauf verständigt haben, dass die künftig Regierenden gefälligst keine Schulden mehr machen sollen. Dabei halten es die jetzt Regierenden überhaupt nicht für notwendig, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen.
Ich finde das sehr interessant, weil sich damit auch das Fantastische an dieser Leistung sehr stark relativiert. Denn was machen Sie? Sie, die sie jetzt regieren – in
Klammer: CDU und SPD –, drehen ganz kräftig weiter am Schuldenrad und engen damit die Gestaltungsspielräume für die, die es künftig machen sollen, erheblich ein. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, diese Forderung ist zu einfach: Irgendwann am Sankt Nimmerleinstag, der um 2020 liegen soll, zu fordern, dass man dann keine Schulden mehr machen darf, ist keine Leistung, für die Sie sich loben können!
Wir hätten es so machen sollen, wie wir es als sächsische FDP hier im Sächsischen Landtag vorgeschlagen haben. Wir hatten erst letztes Jahr dafür geworben, ein resolutes und in der Sächsischen Verfassung verankertes Neuverschuldungsverbot für uns in Sachsen festzulegen. Damit wären wir Vorreiter in der Debatte in ganz Deutschland gewesen. Das wäre ein richtiger Weg gewesen: Jetzt Schulden begrenzen und nicht erst irgendwann einmal – wenn Sie alle hier beim besten Willen sowieso keiner Regierung mehr angehören. Anders ist es unfair und falsch, meine Damen und Herren.
Sie machen das so ähnlich wie ein Drogenabhängiger, der sich vornimmt, irgendwann einmal von der Sucht wegzukommen. Aber bis dahin ist es noch lange hin und deshalb setzt er sich noch einmal einen ordentlichen Schuss. Jeder Therapeut wird Ihnen sagen, dass genau das nicht funktioniert. Wenn man von einer Sucht wegkommen will, muss man sofort anfangen und radikal den Einstieg in den Ausstieg schaffen. Leider muss ich sagen, dass ich inzwischen ein wenig meinen Glauben an die Therapiefähigkeit dieses Systems verloren habe.
Ich befürchte, meine Damen und Herren, dass dieser Staat von seiner Verschuldungssucht nicht mehr loskommen wird.
Dass Sie von den Linken noch mehr Schulden machen wollen, haben Sie mit Ihrem Antrag bewiesen. Was Sie wollen, ist, in Sachsen noch 250 Millionen Euro extra obendrauf zu packen. Das ist an Verantwortungslosigkeit überhaupt nicht mehr zu überbieten. Sie überbieten das, was die Staatsregierung macht, noch um Längen.
Die Regierenden haben das Konjunkturpaket auf den Weg gebracht. Wir freuen uns alle wie wild, dass Sachsen mehr Geld bekommt und dass unsere Kommunen, auch meine Heimatstadt Dresden, ebenfalls mehr Geld bekommen. Da es sich um schuldenfinanzierte Investitionen handelt, ist es natürlich für uns alle sehr wichtig, ganz genau hinzuschauen, dass möglichst vernünftige Sachen gemacht werden.
Ich will auch eines nicht verhehlen: Mein Eindruck ist, dass sich der Freistaat diesbezüglich bemüht, die richtigen
Rahmenbedingungen zu setzen bis auf zwei Dinge vielleicht, nämlich zum einen die Aufforderung an die Kommunen, sie mögen ihren Eigenanteil doch bitte über Schulden und Kredite finanzieren. Das halten wir für nicht richtig. Wir finden zudem, dass die Abwicklung über die Sächsische Aufbaubank nicht der richtige Weg ist. Aber insgesamt, meine Damen und Herren, begrüßen wir es ausdrücklich, dass besonders das Finanzministerium bei der Vergabe der Mittel und der haushaltsrechtlichen Umsetzung des Konjunkturpaketes einen recht pragmatischen und handwerklich sauberen Weg eingeschlagen hat und hier einen verhältnismäßig unbürokratischen Weg gehen wird. Dafür danke ich dem Freistaat, vor allem auch dem Finanzminister, im Übrigen auch für die insgesamt doch recht transparente Informationspolitik.
Es ist sicher unstrittig – das will ich gar nicht in Abrede stellen –, dass viele der Maßnahmen, die in den Kommunen am Ende umgesetzt werden, durchaus sinnvoll sind. Ich glaube, dass wir die Sanierung unserer Schulen mit viel mehr Schwung in Angriff nehmen, als das in den letzten Jahren passiert ist. Das Gleiche gilt für den Neubau von Kindertagesstätten und deren Sanierung sowie für die Krankenhäuser oder die Sanierung von Nebenstraßennetzen.
Der Investitionsstau, den wir in diesem Bereich im Freistaat Sachsen haben, ist enorm und nicht selten aber leider eben auch das Ergebnis schwerwiegender politischer Versäumnisse und schlichtweg auch falscher Prioritätensetzung bei der Mittelvergabe in den vergangenen Jahren gewesen. Ob all die neuen Projekte aber tatsächlich notwendig und sinnvoll sind und ob sie vor allem auch zusätzlich zu dem ohnehin Geplanten sind, muss man sehen, wenn die Kommunen ihre Vorhaben eingereicht haben. Für uns bleibt dennoch die konjunkturpolitische Wirkung insgesamt eher zweifelhaft.
Frau Dr. Runge, ich bin tatsächlich überzeugt, dass es Alternativen zu diesem Konjunkturpaket gegeben hätte. Ich glaube schon, dass es besser als dieser schuldenfinanzierte Krisenaktionismus gewesen wäre, einen Staat zu haben, der sich mäßigt, der mit weniger auskommt und der eben nicht auf Dauer über seine Verhältnisse lebt. Dazu hätten die Großen Koalitionen in Dresden, aber natürlich auch in Berlin, mit ihren satten Mehrheiten auf allen Ebenen die Möglichkeiten gehabt, die entscheidenden Weichen mit den entsprechenden Reformen zu stellen. Ich erinnere hier zum Beispiel an das, was wir selbst in Sachsen hätten machen können.
Sehr geehrter Herr Minister Buttolo, wie wäre es denn mit einer echten Verwaltungsreform gewesen, die uns nachhaltig und sehr lange den Verwaltungskostenaufwand in diesem Freistaat reduziert hätte? Das wäre ein richtiger Weg gewesen. Oder wie wäre es mit einer richtigen Entbürokratisierung dieses Landes gewesen? Ich glaube, wir brauchen uns alle nicht noch einmal über das schlimme Scheitern des Paragrafenprangers unterhalten.
Wenn Sie Investitionen von Kommunen wollen, dann ist auch jener kommunale Vorsorgefonds, aber auch die sogenannte Reichensteuer für abundante Gemeinden genau das Falsche, weil man gerade diesen Gemeinden die Investitionskraft wegnimmt. Da hätten Sie auch selbst hier in Sachsen persönlich korrigierend eingreifen können. Auch das hätte ich von der Staatsregierung erwartet. Das wären richtige Maßnahmen gegen die Krise gewesen.
Ebenfalls besser als dieser Krisenaktionismus, meine Damen und Herren, wäre es gewesen, wenn ein Staat das tut, was jeder in seiner Familie und jeder verantwortungsbewusste Unternehmer in diesem Land tut, nämlich in guten Zeiten Vorsorge für die sicher kommenden schlechten Zeiten zu treffen. Da hätte man jetzt nicht über das Mittel einer neuen Staatsverschuldung gehen müssen, sondern vielleicht Reserven oder Rücklagen gehabt. Das wäre eine richtige Politik gewesen, Frau Dr. Runge.
Lassen Sie mich zum Abschluss sagen, dass es auch besser wäre, wenn sich der Staat endlich wieder klar und unmissverständlich zu den Grundsätzen einer sozialen und fairen Marktwirtschaft bekennt und dieser Staat seinen Bürgern mehr Vertrauen entgegenbringt, meine Damen und Herren. Es ist nicht der Staat, der der Motor der nächsten Konjunktur sein wird. Es werden die Bürger sein, es wird vor allem die berufstätige Mitte unserer Gesellschaft sein, die den Karren wieder aus dem Dreck ziehen wird, meine Damen und Herren. Ich möchte auch daran erinnern, dass der nächste Aufschwung nicht durch diesen Staat gemacht wird. Es werden die vielen unzähligen kleinen und mittelständischen, die persönlich haftenden und in der Region verankerten Unternehmen sein, die den nächsten Aufschwung tragen werden.
Lassen wir gemeinsam den Bürgern in diesem Land mehr Netto vom Brutto und lassen wir den Leistungsträgern in diesem Land mehr Freiheit und mehr Gestaltungsfreiräume. Das wäre aus meiner Sicht und aus Sicht der FDP das richtige Konjunkturprogramm für Deutschland und Sachsen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Scheel, für Ihren Krisenfetischismus, den Sie hier zelebriert haben, habe ich – ehrlich gesagt – wenig Verständnis.