Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Herr Flath, Herr Heidan, Herr Baier, Frau Dr. Schwarz, Herr Nolle, Frau Nicolaus, Herr Dr. Friedrich und Herr Mirko Schmidt.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 3 bis 9 folgende Redezeiten festgelegt: CDU-Fraktion 117 Minuten, PDS-Fraktion 89 Minuten, SPD-Fraktion 54 Minuten, NPD-Fraktion 54 Minuten, FDP-Fraktion 40 Minuten, GRÜNE-Fraktion 40 Minuten, Staatsregierung 59 Minuten. Die Redezeiten können von den Fraktionen und der Staatsregierung wie immer auf die Tagesordnungspunkte entsprechend den Redebedürfnissen verteilt werden.
Meine Damen und Herren! Mir liegt in der Drucksache 4/2547 ein als dringlich bezeichneter Antrag der Fraktion der PDS, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Er trägt den Titel: „Sofortiger Abschiebestopp für afghanische Flüchtlinge und Angehörige ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo“. Der Landtag hat die Möglichkeit, gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit festzustellen. Dann müsste der Antrag noch in dieser Sitzung abschließend behandelt werden. Voraussetzung für die Dringlichkeitserklärung ist, dass im üblichen Verfahren eine rechtzeitige Entscheidung im Landtag über den Antrag nicht mehr erreichbar ist.
Ich bitte um Einbringung des Antrags und um die Begründung der Dringlichkeit. Wer spricht für die Fraktionen? – Herr Dr. Martens, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Dringlichkeit des Antrags in der Drucksache 4/2547 nach Geschäftsordnung kurz begründen. In dem Antrag geht es nur um die Aussetzung der Abschiebung, das heißt des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen für bestimmte Angehörige ethnischer Minderheiten, insbesondere für solche aus dem Kosovo und für die hier noch aufenthaltigen Flüchtlinge aus Afghanistan. Noch am 19.11.2004 geht eine Protokollnotiz zur Innenministerkonferenz davon aus, dass die Rückführung von Minderheitenangehörigen in das Kosovo erst nach Rückführung anderer Flüchtlinge aus dem Kosovo erfolgen soll.
Was Afghanistan angeht, so gibt es noch aus dem I. Quartal Berichte, in denen es heißt, die Rückführung von Flüchtlingen aus Afghanistan sei aus humanitären Gründen derzeit nicht möglich. Verwiesen wird auf die allgemeine Versorgungssituation und die Situation der Infrastruktur – auch der verwaltungsmäßigen Infrastruktur – in Afghanistan. Die dortige Sicherheitslage wurde
Die Innenministerkonferenz hat am 24.06.2005 gleichwohl festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Rückführung der Afghanistanflüchtlinge vorlägen, und entsprechende Grundsätze erarbeitet. Damit steht aus unserer Sicht die Vollziehung solcher aufenthaltsbeendender Maßnahmen, sprich: die Abschiebung, unmittelbar bevor. Die vorläufige Aussetzung der Vollziehung zu erreichen ist im normalen Geschäftsgang nicht mehr möglich. Daraus ergibt sich die Dringlichkeit unseres Antrages, die wir hier festzustellen bitten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antragsteller begründen die Dringlichkeit mit dem Umstand, dass der Sächsische Flüchtlingsrat e. V. erst am 4. Juli auf die Situation im Kosovo wie auch in Afghanistan hingewiesen hat. Das ist aus unserer Sicht nur die halbe Wahrheit. Die Sicherheitslage war den handelnden Gremien bereits vorher bekannt. Der IMK-Beschluss liegt drei Wochen zurück. Es gab über diese Zusammenhänge auch mehrere, mir vorliegende Pressemitteilungen; bei Bedarf kann ich sie vorzeigen. Die Einreicher hätten diesen Antrag heute also durchaus im normalen Verfahren zur Behandlung bringen können. Es handelt sich aus unserer Sicht wieder einmal um eine so genannte konstruierte Dringlichkeit, der wir nicht zustimmen können. Erläuternd möchte ich hinzufügen, dass es sich bei den abzuschiebenden Personen um unverheiratete männliche Straftäter handelt.
Dass eine Abschiebung nach Afghanistan gegenwärtig auch technisch nicht möglich ist, unterstreicht unsere Ablehnung der Dringlichkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lehmann, Sie sollten sich zunächst kundig machen, bevor Sie solche Behauptungen in die Welt setzen. Auch Ihre Erwiderung war nicht zutreffend. Sie haben zu Recht auf den Beschluss der Innenministerkonferenz hingewiesen, wissen aber genauso gut wie wir, dass diese keine bindenden Beschlüsse für die Länder fasst und dass die Länder für sich selbst bestimmte Auslegungen vornehmen und Entscheidungen treffen können. Genau auf diesen Punkt hat der Flüchtlingsrat hingewiesen, und zwar nach Ablauf der Frist für die Einreichung von
Anträgen. Aus diesem Grund ist der Dringliche Antrag gestellt worden. Er ist aus unserer Sicht dringlich.
Herr Kollege Lehmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Wenn sich drei Fraktionen dieses Landtages, die politisch sehr unterschiedliche Ziele verfolgen, hier für ein derartiges Anliegen einsetzen, dann sollte auch die CDU über ihren Schatten springen und die Dringlichkeit des Antrags zulassen.
Zum einen möchte auch ich noch einmal die Dringlichkeit begründen. Der Beschlussfassung zu Afghanistan ist zu entnehmen, dass es eine Dreimonatsfrist gibt, innerhalb derer Regelungen zum Bleiben oder zum Abschieben faktisch zu treffen sind. Die festgeschriebene Dreimonatsfrist endet zu einem Zeitpunkt in der Sommerpause, so dass es dringlich ist, genau jetzt zu handeln. Zum anderen möchte ich Herrn Lehmann korrigieren. Es geht, was Afghanistan angeht, nicht nur um allein stehende männliche Straftäter, sondern um Staatsbürger, wenn ich Sie daran erinnern darf. Vielleicht lesen auch Sie einmal die IMK-Beschlüsse!
Mit Abschiebungen wird begonnen bzw. sie sind im Gange, vor allen Dingen bei ethnischen Minderheiten wie den Roma. Das fällt in eine Zeit, in der wir als Parlament nicht handlungsfähig sind. Ich denke, es ist das Mindeste, sich dazu zu verständigen. Der Antrag ist insofern mehr als dringlich.
Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt abstimmen über die Dringlichkeit des Antrages der Fraktionen PDS, FDP und GRÜNE: „Sofortiger Abschiebestopp für afghanische Flüchtlinge und Angehörige ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo“. Wer der Dringlichkeit des Antrages zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Anzahl von Stimmen dafür ist die Dringlichkeit mehrheitlich abgelehnt.
Ich bitte jetzt, dass der für dringlich erklärte Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 4/2549, „Ansiedlung des Forschungszentrums Bioenergie in Leipzig“, eingebracht wird.
Ich muss mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich sage ganz ehrlich, ich bin fassungslos, dass bei einem so wirklich dringlichen Antrag nicht reagiert wird. Ich bin auch von der SPD-Fraktion enttäuscht, die im letzten Jahr gemeinsam mit Herrn Sandig und auch anderen solchen Fragen mit uns gestimmt hatte. Es ist so enttäuschend, wenn man erlebt, wie Koalitionen die Auffassung verbiegen.
Wenn es um das Abstimmungsverhalten geht, muss ich Ihnen sagen, Frau Dr. Ernst, mir ist das durchgerutscht. Ich hatte Ihnen das Wort erteilt.
Aber vielleicht noch einmal allgemein zur Kenntnisnahme: Die Erklärung zum Abstimmungsverhalten geht nur, wenn es um das eigene Abstimmen geht.
Ich bitte jetzt, die Dringlichkeit des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 4/2549, einzubringen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war aus Effizienzgründen schon nach vorn gelaufen. Am Wochenende verdichteten sich die Informationen, dass das geplante Bioforschungszentrum in Gefahr steht, die Entscheidung, die im März gefallen ist, nach Leipzig und damit nach Sachsen zu kommen, noch einmal überdacht wird. Es gibt starke Konkurrenz. Aus diesem Grund hat meine Fraktion hier im Landtag und auch im Stadtrat in Leipzig einen entsprechenden Antrag gestellt, um diese Ansiedlung politisch positiv zu begleiten.
Inzwischen haben gestern Gespräche stattgefunden und wir konnten uns davon überzeugen, dass die Ansiedlung auf einem guten Weg ist. Aus diesem Grund ziehen wir den Antrag zurück.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalition hat das zwar eben nach der Ablehnung des Dringlichen Antrages nicht verdient.
Wir hätten auch bei Aufnahme des vorherigen Antrages keine weitere Zeit gebraucht. Wir nehmen den Tagesordnungspunkt 9 von der Tagesordnung, nachdem – das wusste die Koalition auch vorher, auch das sind fadenscheinige Argumente – die CDU ebenfalls ihren Antrag zurückzieht. Das Thema sollte aus unserer Sicht im Ausschuss behandelt werden. Wir bitten um die Überweisung dorthin. Der Tagesordnungspunkt 9 könnte damit entfallen.
Wir kommen dem Ansinnen von Herrn Dr. Hahn entgegen, heute den Punkt 9 abzusetzen und dafür die Anträge in den Ausschüssen zu behandeln und bitten, das so zu tun.
Dann bitte ich, das zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend auf der Ihnen vorliegenden Tagesordnung die Streichung vorzunehmen.