Protocol of the Session on April 19, 2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 14. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages. Ich darf zunächst Herrn Lämmel ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren, ihm alles Gute, Gottes Segen und weiterhin gute Zusammenarbeit wünschen.

(Beifall)

Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Frau Roth, Frau Mattern und Frau Kagelmann. Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor.

(Unruhe)

Ich habe das Gefühl, dass manche nicht mitbekommen haben, dass die Sitzung schon eröffnet ist. Strengen Sie sich einmal ein bisschen an, meine Damen und Herren! Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 1 und 2 folgende Redezeiten festgelegt: CDU-Fraktion 219 Minuten, PDS-Fraktion 168 Minuten, SPD-Fraktion 108 Minuten, NPD-Fraktion 108 Minuten, FDP-Fraktion 85 Minuten, GRÜNEN-Fraktion 85 Minuten, Staatsregierung 198 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Mir liegt entsprechend Artikel 54 der Verfassung des Freistaates Sachsen in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Sächsischen Landtages ein Antrag der Abgeordneten der Fraktion der NPD, Drucksache 4/1266, vor.

Gemäß § 54 Abs. 2 Buchstabe c der Geschäftsordnung ist der Antrag dringlich und wird nach § 54 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt; das ist heute.

Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Untersuchungsausschussgesetz wird der Antrag vor anderen Beratungsgegenständen auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt, so dass wir den Antrag als Tagesordnungspunkt 1 in unserer heutigen Sitzung zu behandeln haben.

Folgende Redezeiten sind dafür vorgesehen: CDU-Fraktion 16 Minuten, PDS-Fraktion 12 Minuten, SPD-Fraktion 7 Minuten, NPD-Fraktion 7 Minuten, FDP-Fraktion 5 Minuten, GRÜNEN-Fraktion 5 Minuten, Staatsregierung 12 Minuten.

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Anträge zur Tagesordnung? – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die vorliegende Tagesordnung mit der von mir soeben vorgetragenen Erweiterung für unsere heutige Beratung als verbindlich.

Wir kommen deshalb zur Tagesordnung selbst. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses „Verletzung der Überwachungspflicht der ehemaligen und aktuellen Vertreter der Sächsischen Staatsregierung im Verwaltungsrat der Sächsischen Landesbank (Sachsen LB) in Bezug auf die mutmaßliche Anstiftung eines Bereichsleiters der Landesbank zur Urkundenfälschung und zum Prozessbetrug durch Personen aus der Führungsspitze der Sachsen LB und in Bezug auf nicht wahrheitsgemäße Aussagen des Vorstandes der Sachsen LB zur Existenz von Patronatserklärungen, Bürgschaften und Garantien für Tochtergesellschaften der Sachsen LB“

Drucksache 4/1266, Antrag der Fraktion der NPD

Mir liegt entsprechend Artikel 54 der Verfassung des Freistaates Sachsen in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Sächsischen Landtages ein Antrag der Fraktion der NPD, Drucksache 4/1266, vor. Ich gehe davon aus, dass die Antragsteller ihr Begehren begründen wollen, und erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Leichsenring, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte mir das gern erspart. Ich stehe nun schon zum dritten Mal hier und ver

suche, einen Untersuchungsausschuss durchzubringen. Hätte die PDS im Vorfeld nicht so herumgeeiert und das stattdessen auf die Tagesordnung gesetzt, dann hätten Sie unsere Stimmen erhalten, das Ding wäre durch, und wir könnten uns dem Haushalt zuwenden. So ist es also passiert.

Seit dem 11. Januar dieses Jahres, als das Oberlandesgericht Dresden eine von der Sachsen LB forcierte Kapitalerhöhung bei der Tochtergesellschaft MDL für rechtswidrig erklärte und meine Fraktion am gleichen Tag ihren ersten Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stellte, läuft die sächsische Landespolitik

den sich immer dramatischer gestaltenden Ereignissen hinterher.

In den letzten Tagen hat sich die Affäre weiter zugespitzt. Der Staatsanwaltschaft Dresden liegt das Geständnis des ehemaligen Abteilungsleiters der Beteiligungsverwaltung der Landesbank vor, in dem dieser gesteht, auf Anweisung seiner Vorgesetzten eine Beteiligungsanzeige gefälscht und als angebliches Beweismittel in den Prozess eingebracht zu haben.

Nun steht der Vorstand der Landesbank selbst unter dem dringenden Verdacht, kriminelle Methoden angewandt zu haben. Für denjenigen, der sich intensiv mit den laufenden Prozessen der Landesbank befasst, ist selbst das keine Überraschung mehr.

Ich darf an dieser Stelle darauf hinweisen, dass unsere Fraktion schon am 21. Dezember letzten Jahres, als der besagte Abteilungsleiter der Sachsen LB vor dem Oberlandesgericht seine Aussage machte, Prozessbeobachter in den Gerichtssaal entsandte. Diese haben berichtet, dass er dort nicht sehr glücklich schien. Er vermittelte Außenstehenden den Eindruck, unter Druck gesetzt worden zu sein.

Es ist sehr schade, dass Sie, meine Damen und Herren, ausschließlich in den rein ideologischen und parteitaktischen Kriterien Ihrer Abgrenzungsdogmatik denken, während wir Nationaldemokraten doch mehr sachlich denken.

(Lachen bei der CDU)

Ja. Da brauchen Sie gar nicht speckern. Sie sind es doch, die abgesprochen haben, alle Anträge der NPD pauschal abzulehnen, egal, welchen Inhalt sie haben. Ist das Sachpolitik? Meine Damen und Herren, ich bitte Sie! Sie werden bemerkt haben, dass unsere Fraktion durchaus mit Ihnen stimmt, wenn Sie sinnvolle Anträge stellen. Aber bei Ihnen ist das überhaupt nicht zu spüren. Deswegen kann man schon sagen, dass Sie nur Abgrenzungsdogmatik betreiben und an Sachpolitik nicht interessiert sind. Das haben wir auch in den Ausschüssen gesehen, als es um die Sachsen LB ging. Da haben Sie sich auch zu Wort gemeldet und gesagt, dass dieser Ausschuss wohl notwendig sei.

(Zurufe der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ja, ja. Ich komme später dazu, warum wir das nicht in die Ausschüsse gebracht haben.

Wir Nationaldemokraten hätten nämlich unseren, auf intensiver Recherche beruhenden Wissensvorsprung gern in einen Untersuchungsausschuss eingebracht, um die Landesbank davor zu bewahren, monatelang den Ereignissen hinterherzulaufen.

Aber nicht nur wegen des am 11. April bekannt gewordenen Geständnisses in Zusammenhang mit der Urkundenfälschung wollen wir heute nochmals einen Untersuchungsausschuss beantragen, sondern weil wir nach wie vor große Bedenken wegen der Qualität und der Struktur des Kreditportfolios der von der Sachsen LB gegebenen Garantien, Bürgschaften und Patronatserklärungen haben. Wir fragen uns, wie es möglich sein kann, dass die konkrete Nachfrage unserer Kollegen von der

FDP nach bestehenden Patronatserklärungen der Sachsen LB in Bezug auf die MDL verneint wird, diese aber anscheinend existieren.

Herr Dr. Metz, Sie haben uns angeboten, die Prüfer der Landesbank im Haushalts- und Finanzausschuss zu befragen. Das ist sicherlich ein interessantes Angebot. Wirklich weitergeholfen hätte uns aber nur die Annahme des Antrags auf Bestellung eines Zweitprüfers, der PWC noch einmal kontrolliert hätte. In der Kreditwirtschaft ist so eine Zweitprüfung jedenfalls durchaus üblich. Mir ist unverständlich, wieso dieser Antrag damals abgelehnt wurde – das heißt, ich verstehe es schon, wenn ich in Ihren Kategorien denke. Aber rein sachlich gesehen war dieser Antrag begründet. Wir werden sehen.

Alle unsere zahlreichen Anträge, die wir seit Januar dieses Jahres zu dem Themenkomplex „Landesbank“ gestellt haben, haben das Ziel verfolgt, für Transparenz zu sorgen und eindeutige Verantwortlichkeiten, insbesondere politische, aufzudecken, zu benennen und besonders die Rolle der beiden Ministerpräsidenten Biedenkopf und Milbradt zu thematisieren.

Es wird immer wieder gesagt, ein Untersuchungsausschuss schade der Sachsen LB. Standard & Poor's und andere Rating-Agenturen leben nicht im Elfenbeinturm. Sie erleben, was bei der Sachsen LB passiert, und verfolgen natürlich auch die Presse. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für ein Rating günstig ist, wenn hier Nebelkerzen geworfen werden, wenn hier verschwiegen wird und nicht für Aufklärung gesorgt wird. Ich denke, eine rückhaltlose Aufklärung kann für ein positives Rating nur nützlich sein. Deswegen beantragen wir diesen Untersuchungsausschuss. Da können noch so viele Abendessen stattfinden, da können noch so viele Briefe hinund hergeschickt werden – Aufklärung tut bitter Not!

Ich bitte in diesem Sinne um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der NPD)

Wird von den Fraktionen das Wort gewünscht? – Für die CDU-Fraktion Herr Kupfer, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aller guten Dinge sind drei, sagt man so schön. Aber Ausnahmen bestätigen auch die Regel, denn was uns hier vorliegt, ist nicht gut. Das ist nicht gut für unser Land. Das ist auch nicht gut für die Sachsen LB. Unsere Haltung hat sich nicht geändert. Wir lehnen den Antrag der NPD ab, weil wir einen Untersuchungsausschuss als ein ungeeignetes Mittel betrachten, um die angestrebte Aufklärung tatsächlich zu erlangen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat vereinbart, sich regelmäßig über die aktuelle Situation der Sachsen LB berichten zu lassen, und das geschieht auch.

Darüber hinaus hat der Staatsminister der Finanzen dem Ausschuss angeboten, mit Wirtschaftsprüfern der Sachsen LB ins Gespräch zu kommen. Die NPD-Fraktion hat sich zu diesem Angebot nicht geäußert. Offenbar hält sich ihr sachlicher Aufklärungsbedarf in Grenzen.

Die strafrechtliche Aufarbeitung der Unregelmäßigkeiten erfolgt zielstrebig durch die unabhängigen Organe der Justiz und muss auch dort bleiben.

Schließlich verweise ich auf den laufenden Umstrukturierungsprozess im Zusammenhang mit der wegfallenden Gewährträgerhaftung Mitte des Jahres, auch bekannt unter „Basel II“.

Ein Untersuchungsausschuss zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist für die Bemühungen um ein A-Rating darüber hinaus auch nicht hilfreich. Wir lehnen aus den genannten Gründen den Antrag ab.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Fraktion der PDS das Wort. Herr Dr. Hahn.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende nunmehr schon dritte Antrag der NPD für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu einem wiederum eng begrenzten Teilaspekt der Sachsen-LB-Problematik zeigt einmal mehr, dass die NPD nicht in der Lage ist, die Komplexität der umstrittenen Vorgänge in der Sachsen LB auch nur ansatzweise zu begreifen. Dass wir in der Sache, anders als die CDU, Aufklärungsbedarf sehen, hat die PDS-Fraktion in den zurückliegenden Wochen und Monaten wiederholt deutlich gemacht. Wir werden deshalb am Donnerstag einen eigenen umfassenden Untersuchungsauftrag vorlegen und den entsprechenden Ausschuss mit dem erforderlichen Quorum auch einsetzen. Der Antrag der NPD ist daher überflüssig. Niemand braucht ihn. Wir werden ihn ablehnen.

(Beifall bei der PDS)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. – Das wird nicht gewünscht. FDP? – Nicht. GRÜNE? – Auch nicht. Staatsregierung? – Auch nicht.

Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zu dem Punkt abgeschlossen. – Ja, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich müsste schon sehr lügen, wenn ich jetzt behaupten würde, dass ich mich über diese Statements wundere.

(Zuruf von der CDU: Da lügen Sie doch!)

Da wundere ich mich überhaupt nicht. Aber diese Abstimmungsniederlage, die wir wahrscheinlich gleich erleiden werden, ist nicht sonderlich schmerzlich, denn wir haben ja gehört, dieser Untersuchungsausschuss wird kommen.