Protocol of the Session on November 14, 2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 124. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Clauß – –

(Staatsministerin Christine Clauß sitzt auf ihrem Platz an der Regierungsbank.)

Entschuldigung, Frau Clauß! Dann darf ich Sie mit Freude streichen.

(Heiterkeit)

Entschuldigt sind aber Herr Grapatin, Herr Neubert, Frau Altmann, Herr Nolle, Frau Henke, Herr Baier und Herr Schön.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 4 bis 18 folgende Redezeiten festgelegt: CDU 101 Minuten, Linksfraktion 77 Minuten, SPD 47 Minuten, NPD, FDP, GRÜNE je 35 Minuten, fraktionslose MdL je 6 Minuten, Staatsregierung 77 Minuten.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, von der Ihnen vorliegenden Tagesordnung die Punkte 4 und 6 bis 12 zu streichen. Es handelt sich um 3. Lesungen.

Meine Damen und Herren! Mir liegt ein als dringlich bezeichneter Antrag der Linksfraktion unter dem Titel „Neues BKA-Gesetz im Bundesrat stoppen – Zustimmung für den Freistaat Sachsen versagen“ in der Drucksache 4/13832 vor. Der Antrag ist erst am 13. November 2008 eingereicht worden. Um von der gemäß § 44 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung vorgeschriebenen Einreichungsfrist von drei Arbeitstagen vor der Plenarsitzung abzuweichen, beantragt die Linksfraktion mit der Drucksache 4/13833 gemäß § 111 der Geschäftsordnung eine Fristverkürzung für den Dringlichen Antrag der Linksfraktion unter dem Titel „Neues BKA-Gesetz im Bundesrat stoppen – Zustimmung für den Freistaat Sachsen versagen“.

Ich bitte um Begründung der Dringlichkeit. Bitte schön, Herr Bartl.

Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat in seiner Sitzung am 12. November 2008 das Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt beschlossen. Es ist ein Gesetz, das betreffs seiner Verfassungskonformität hoch umstritten ist. Momentan ist absehbar, dass über das Gesetz in der 851. Sitzung des Bundesrates am 28. November 2008 beraten und abgestimmt wird, da es ein Gesetz ist, das von den Ländern bestätigt werden muss.

Bis zu dieser Sitzung des Bundesrates findet keine weitere Plenarsitzung des Sächsischen Landtages statt. Wir konnten erst nach dem 12.11.2008 davon ausgehen, dass dieses Gesetz im Bundestag angenommen ist, hatten also vorher auch keine Möglichkeit, unseren Antrag einzubringen.

Wenn der Landtag über dieses Gesetz noch einmal beraten will, das für den Freistaat Sachsen insofern besondere Bedeutung hat, als wir als einziges Bundesland das prinzipielle Trennungsgebot zwischen polizeilicher und nachrichtendienstlicher Tätigkeit verfassungsrechtlich verankert haben – Artikel 83 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen –, bleibt dazu nur die heutige Sitzung. Die Beratung heute ist sachgerecht und die Dringlichkeit handgreiflich. Wir bitten darum, dass sich der Landtag in seiner heutigen Sitzung zu diesem Gesetz verständigt. Gleichzeitig können wir entgegennehmen, wie die Staatsregierung im Bundesrat votieren will, vor allem aber, wie sie ihre Entscheidung angesichts der Relevanz des Artikels 83 Abs. 3 unserer Verfassung, über den der Sächsische Verfassungsgerichtshof wiederholt Auslegungen vorgenommen hat, begründen will.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Danke schön. – Wird dazu das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Lehmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass zum neuen BKA-Gesetz auf Bundesebene ein sehr langer, umfangreicher und breiter Meinungsbildungsprozess zwischen allen politischen Kräften stattgefunden hat. Am Ende hat sich die Meinung durchgesetzt, dass wir in der Tat ein geeignetes Instrument zur Terrorbekämpfung in Deutschland brauchen.

Wir wussten auch, wie der Gesetzgebungsprozess abläuft. Zuerst beschließt der Deutsche Bundestag, dann wird der Bundesrat aktiv. Das ist alles im Gange.

Was die Linksfraktion hier versucht, ist aus meiner Sicht eine Schauveranstaltung, eine Zumutung und ein versuchter Missbrauch der Geschäftsordnung.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Unruhe bei der Linksfraktion)

Wir werden uns Ihrem Begehren, die Geschäftsordnung außer Kraft zu setzen und über eine Ausnahmeregelung nach § 111 heute über Ihren als dringlich bezeichneten Antrag zu beraten, nicht anschließen.

(Beifall bei der CDU)

Wird dazu weiter das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Bartl.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Es ist für uns völlig unvorstellbar, dass es in diesem Hause Parlamentarier gibt, die davon

ausgehen, ein Gesetz könne bereits als beschlossen gelten, noch bevor der Bundestag darüber beraten und eine Entscheidung herbeigeführt hat. Was an Parlamentarismus ist denn dann in diesem Lande überhaupt noch mit der Verfassung vereinbar?!

(Beifall der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Es ist völlig unvorstellbar, dass ein Abgeordneter – in diesem Fall: der Parlamentarische Geschäftsführer einer regierungstragenden Fraktion – davon ausgeht, ein Antrag auf Behandlung eines Gesetzes im Sächsischen Landtag könne bereits gestellt werden – gewissermaßen auf Verdacht –, bevor es im Bundestag überhaupt beschlossen ist. Das ist ein Skandal, das ist ein Missbrauch von Macht!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das ist eine missbräuchliche Verwendung der Möglichkeiten der Mehrheit in diesem Parlament. Das ist ganz eindeutig so.

Herr Bartl, ich bitte Sie, sich auf den eigentlichen Antrag zu konzentrieren.

Ich begründe die wirklich exklusive Dringlichkeit unseres Antrags. – Es kommt noch ein Aspekt hinzu. Im bisherigen Beratungsverfahren im Bundestag ist zu keinem Zeitpunkt die spezielle Verfassungslage im Freistaat Sachsen beachtlich gewesen. Sachsen ist das einzige Bundesland, das in seiner Verfassung – Artikel 83 Abs. 3 – den Satz stehen hat: „Der Freistaat unterhält keinen Geheimdienst mit polizeilichen Befugnissen.“

In der Verfassungsgerichtsrechtsprechung unseres eigenen Verfassungsgerichtshofes heißt es definitiv und eindeutig: Es sind jedwede Schnittpunkte in der Kommunikation zwischen Polizei und Nachrichtendiensten zu vermeiden, die zu einer Vermischung führen könnten. – Das muss hier behandelt werden, weil die Staatsregierung, die im Bundesrat dazu votieren muss, die Meinung des Parlaments in der Reichweite der eigenen Verfassung zu vertreten hat. Wenn das nicht mehr behandlungswürdig ist, dann ist das ein Missbrauch Ihrer Macht, Herr Lehmann, Ihrer Macht als Koalition!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich würde sagen, wir beenden jetzt die Sache. – Bitte, Herr Dr. Martens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP wird sich dem Antrag der Linksfraktion, die Dringlichkeit des Antrags hier festzustellen, anschließen, und zwar mit folgender Begründung:

Erstens. Entgegen den Ausführungen von Herrn Lehmann ist über das BKA-Gesetz nicht lange und ausführlich vorher beraten worden, sondern es gab noch Anfang dieser Woche Änderungen am Gesetzentwurf.

Zweitens. Der Bundesrat soll sich bereits Ende November mit dem Gesetz befassen, das heißt, auf der nächsten planmäßig stattfindenden Sitzung des Sächsischen Landtages wird dieses Gesetz nicht mehr behandelt werden können.

Anders als andere Bundesländer – das ist gesagt worden – hat Sachsen das Trennungsgebot in seiner Verfassung verankert. In der Tat sollte man sich hier die Zeit nehmen, darüber nachzudenken, warum sich Länder wie Bayern, Niedersachsen oder Baden-Württemberg der Stimme enthalten wollen,

(Staatsminister Thomas Jurk: Weil dort die FDP mitregiert! Ist doch klar! – Volker Bandmann, CDU: Weil dort die liberalen Bremser dabei sind!)

aber Sachsen ausgerechnet ein anderes Stimmverhalten zeigen soll. Wenn von Verfassungsmissbrauch zu sprechen ist, dann eher in Bezug auf das Verhalten, das Sie Herr Lehmann, gerade angekündigt haben.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Dann bringe ich den Antrag der Linksfraktion auf Beschluss einer Ausnahme gemäß § 111 unserer Geschäftsordnung zur Abstimmung. Wer dem Antrag in der Drucksache 4/13833 die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Das war aber knapp!)

Meine Damen und Herren, ich frage, ob es weitere Anträge zur Tagesordnung gibt. – Herr Lehmann, bitte.

Herr Präsident, ich bitte namens der Koalition darum, dass die 3. Lesung zum Hochschulgesetz von Tagesordnungspunkt 4 auf Tagesordnungspunkt 1 gesetzt wird. Das gebietet auch die Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages.

Zum anderen bitte ich darum, dass die für heute vorgesehene Aussprache zum Bericht der Enquete-Kommission nicht heute stattfindet, sondern im Januar an prominenter Stelle erneut auf die Tagesordnung gesetzt wird. Das hängt auch mit der Arbeitslast zusammen, die wir uns für heute vorgenommen haben.

Wird zu den Anträgen das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich den ersten Antrag zur Abstimmung, den Tagesordnungspunkt 5 auf Tagesordnungspunkt 1 zu setzen. Das wäre die 3. Lesung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dem mehrheitlich zugestimmt.

Der zweite Antrag lautet, den Tagesordnungspunkt 2 abzusetzen. Wird dazu das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich auch darüber abstimmen, weil es doch einen Tagesordnungspunkt betrifft, der im Präsidium und auch von den parlamentarischen Geschäftsführern in die Tagesordnung aufgenommen wurde. Wer dem zustimmt, dass der Tagesordnungspunkt 2 abgesetzt wird, den bitte ich um das Handzeichen. –

Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen ist das mehrheitlich so bestätigt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung zu streichen.

Meine Damen und Herren! Ich frage, ob es weitere Anträge zur Tagesordnung gibt. – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Dann kommen wir zum