Enrico Bräunig

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsens Feuerwehren, ob nun Berufs- oder freiwillige Feuerwehr, sind ein wichtiger Bestandteil im sozialen Gefüge einer jeden Gemeinde. Jeder weiß, dass ihr Engagement weit über die unmittelbaren Aufgaben in der Brandbekämpfung hinausgeht. Dafür möchte ich den Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren von hier aus den Dank der SPD-Fraktion übermitteln.
Unser Ziel war und ist es, die freiwilligen Feuerwehren und die Berufsfeuerwehren im Freistaat Sachsen nach Kräften zu fördern. Hierbei richten wir unser besonderes Augenmerk auf die Jugendarbeit, denn es ist vor allem die Jugendarbeit in den freiwilligen Feuerwehren, die vielen jungen Menschen Halt und eine sinnvolle Aufgabe gibt. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Jugend mehr denn je Orientierung für das Leben benötigt, ist das ein wichtiger Punkt.
Sie erinnern sich sicherlich an die Große Anfrage der Koalitionsfraktionen zum Thema „Situation der Feuerwehren im Freistaat Sachsen“. Ich darf auch daran erinnern, dass das Hohe Haus dazu einen Entschließungsantrag verabschiedet hat, der ein deutliches Bekenntnis zur Förderung der von den Feuerwehren angebotenen Jugendarbeit ist. An diesem Bekenntnis wird sich bei der SPD auch nach dem Ende dieser Legislaturperiode nichts ändern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die derzeitige Situation muss uns anspornen, die Förderung noch zu verbessern, denn Nachwuchsförderung bei den sächsischen Feuerwehren ist in der Tat ein ernst zu nehmendes Thema.
Ich möchte einige Zahlen nennen, entnommen dem Internetauftritt der Jugendfeuerwehr Sachsen: Im Jahre 2008 hatte die Jugendfeuerwehr im Freistaat Sachsen 9 994 Mitglieder zu verzeichnen. Zum Vergleich: Seit dem Jahre 2000, als mit 14 330 Mitgliedern ein historischer Höchststand erreicht war, ist ein steter Rückgang zu verzeichnen, auch wenn sich das jetzt stabilisiert hat. Es darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zahlen zurückgehen.
Wenn man bedenkt, dass die Anzahl der Jugendfeuerwehren in diesem Zeitraum stabil geblieben ist, zeigt dies doch deutlich die Bedenklichkeit dieser Situation. Die Nachwuchsprobleme sind unübersehbar. Besonders im ländlichen Raum haben die freiwilligen Feuerwehren große Nachwuchsprobleme. Das liegt zum einen an der demografischen Entwicklung, also den niedrigen Geburtenraten, zum anderen aber auch an dem Trend, dass ehemalige Mitglieder der Jugendfeuerwehren, die zuvor vollständig ausgebildet wurden, um dann in die aktive Wehr überführt zu werden, häufig ausbildungs- oder studienbedingt abwandern. Das ist zwar kein unmittelbares Problem des Eintrittsalters oder der Nachwuchsgewinnung; aber trotzdem kann durch eine gezielte verbesserte Nachwuchsgewinnung der Personalpool so vergrößert werden, dass in Zukunft Wegzüge besser verkraftet werden.
Neben den Austritten infolge von Wegzügen sind es verstärkt persönliche Motive der Mitglieder, die zum Austritt führen. In einer Statistik der Jugendfeuerwehr Sachsen ist zu lesen, dass 41 % der Austritte mit der Begründung erfolgen – ich zitiere –: keine Lust mehr, stärkere andere Interessen oder auch anderer Verein. Hier müssen wir ansetzen. Wir müssen den Kindern und Jugendlichen Gründe geben, warum sie sich gerade in den Jugendfeuerwehren und danach in den freiwilligen Feuerwehren engagieren sollen.
In anderen Bereichen gibt es Aktionen. Ich denke an solche Aktionen wie „Komm in den Sportverein!“ oder „Jedem Kind ein Instrument!“, wie wir es heute früh gehört haben. So positiv diese Projekte – wir begrüßen diese Projekte – zur frühzeitigen Bindung an einen Sportverein oder zur Entdeckung der Musik auch sein mögen, so leidet doch das Engagement der Feuerwehren darunter, weil die Kinder in den anderen Bereichen früher abgeholt werden.
Die aktuelle Kampagne „Helden gesucht!“ – Kollege Bandmann hat darauf hingewiesen – mit dekorativen Postkarten, Werbevideos und flächendeckenden Großplakaten ist ein schöner öffentlichkeitswirksamer Versuch, hier werbend tätig zu werden. Aber das allein reicht nicht aus, sondern es bedarf eines Gesamtkonzeptes.
Bereits mehrfach wurde in diesem Haus die Senkung des Eintrittsalters in die Jugendfeuerwehr thematisiert. Die derzeitige Situation ist: „Kinder unter zehn Jahren können Mitglied werden, wenn sie die notwendige körperliche, geistige und seelische Reife besitzen.“ So steht es im Gesetz. Im Jahre 2008 waren 1 178 Kinder unter zehn Jahren in der Jugendfeuerwehr, das heißt, dass die derzeitige Rechtslage in der Praxis schon angenommen wird.
Zudem hat der Landesfeuerwehrverband zu Recht angemerkt, dass Kinder unter acht Jahren nur schwer pädagogisch und ausbildungsgerecht in der Jugendfeuerwehr betreut werden können. Das ist das Problem. Wenn man jüngere Kinder für das Tätigkeitsfeld in der Feuerwehr begeistern will, müssen geeignete pädagogische Konzepte bereitstehen. Diesbezüglich fehlt es vor Ort vielfach an personellen Ressourcen. Ich denke, hierbei muss der Freistaat künftig mehr Unterstützung geben. Wir müssen aber auch bereits existierende vorbildliche Initiativen stärker bekanntmachen, indem man zum Beispiel einen Preis für besonders erfolgreiche Nachwuchsarbeit auslobt.
Ich möchte, weil sich meine Redezeit dem Ende neigt, nur eines von vielen positiven Beispielen nennen: die Bambini-Feuerwehr in Leubnitz im Vogtland. Sie wurde Anfang des Jahres 2009 gegründet und ermöglicht es, dass Kinder ab sechs Jahren in der Feuerwehr tätig werden. Bei den Gruppennachmittagen stehen neben der Brandschutzerziehung auch Basteln, Spiel, Sport und Spaß auf dem Programm. Nach der Bambini-Feuerwehr, also mit acht Jahren, können die Kids dann in die Jugendfeuerwehr aufgenommen werden. Näheres dazu in einer zweiten Runde.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lichdi hatte ja gefordert, dass wir hier nicht nur Bekenntnisse
abgeben, sondern auch klare Ansagen machen – was die GRÜNEN offensichtlich nicht für notwendig erachtet haben.
Die zwei Punkte, die Herr Bandmann angesprochen hat, will ich hier auch noch einmal deutlich machen. Die Einführung einer Feuerwehrrente, die langfristiges Engagement in den freiwilligen Feuerwehren honoriert und Nachwuchsleute dazu motiviert, bei der Stange zu bleiben und nicht vorschnell das Handtuch zu werfen, ist ein Punkt, der die Nachwuchsgewinnung bei den freiwilligen Feuerwehren positiv beeinflussen kann. Die gesetzliche Einführung einer zusätzlichen Altersversorgung für die Angehörigen der freiwilligen Feuerwehr wird inzwischen auch in anderen Bundesländern diskutiert. Der Freistaat Thüringen ist hier ein Vorreiter. Wir begrüßen ausdrücklich, dass das Staatsministerium des Innern angekündigt hat, die Einführung einer Feuerwehrrente in Sachsen zu prüfen. Wir behalten uns ausdrücklich vor, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen.
Zu dem anderen Gebiet, der gesetzlichen Rauchmelderpflicht in Wohnungen: Auch hier kann man den Feuerwehren behilflich sein. Aber es geht nicht mit einer Freiwilligkeitslösung, wie Herr Kollege Bandmann gemeint hat, sondern hier bedarf es zwingend einer gesetzlichen Regelung. Die CDU war nicht bereit – die Kritik müssen Sie sich jetzt gefallen lassen –, mit uns gemeinsam diesen Weg zu gehen und einen entsprechenden Gesetzentwurf einzubringen. Auch hierzu werden wir im Herbst einen neuen Anlauf nehmen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich zu Beginn auf die Intentionen der Einreicherin dieses Gesetzentwurfes zu sprechen komme. Im Vorblatt zu diesem Gesetzentwurf unter Punkt a) – Zielsetzung – ist zu lesen – ich zitiere –: „Bürgerinnen und Bürger erhalten so die Gelegenheit, neben Parteien auch Wählervereinigungen, die sich bewusst nicht als Partei im Sinne des Parteiengesetzes konstituieren, in den Landtag zu wählen.“
Ich darf vielleicht an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass es trotz intensiver Bemühungen in vielen Obleute-Runden, an denen ich selbst dabei war, nicht gelungen ist, einen gemeinsamen Termin für eine Sondersitzung zu finden. Das lag mit Sicherheit nicht an den Koalitionsfraktionen. Nunmehr haben wir in einem ziemlich hektischen Verfahren – die Vorredner haben darauf hingewiesen –, welches nichts mit einem geordneten Gesetzgebungsverfahren zu tun hatte, bis zur heutigen 2. Lesung vorgearbeitet. An diesem Punkt angelangt, muss man sich allerdings fragen: Was ist von der Zielsetzung, die ich soeben aus dem Vorblatt zum Gesetzentwurf zitiert habe, übrig geblieben?
Die Sachverständigenanhörung hat eine ganze Reihe von Erkenntnissen gebracht. Auch darauf sind die Kollegen Dr. Friedrich und Hamburger schon eingegangen. Mehrere Sachverständige haben festgestellt, dass sich mitgliedschaftlich organisierte Wählervereinigungen bereits nach geltendem Recht um die Teilnahme an Landtagswahlen bewerben könnten. Dazu müssten sie allerdings in Kauf nehmen, dass sie vom Landes- oder vom Bundeswahlleiter überprüft und als Partei eingestuft werden. Zahlreiche politische Vereinigungen haben diesen Weg gewählt, zumindest diejenigen – ich glaube, das darf man hier auch sagen –, die eher auf politische Inhalte setzen anstatt auf das vordergründige Image einer Nicht-Partei.
Aber das Parteiengesetz enthält neben zahlreichen Privilegien auch Pflichten, die in erster Linie dazu dienen, die Transparenz gegenüber den Wählerinnen und Wählern zu garantieren. Zu nennen wären hier die Rechenschaftspflicht, das Publizitätsgebot, das Spendenannahmeverbot und Beschränkungen bezüglich der Annahme von Bargeld.
Ich unterstelle – das sage ich bewusst – der Fraktion GRÜNE nicht, dass es beabsichtigt war, Wählervereinigungen die Teilnahme an Landtagswahlen zu ermöglichen, ohne dass auch für sie die für Parteien bestehenden
Pflichten gelten. Das wäre in der Tat eine fragwürdige Intention, allein schon im Lichte der Chancengleichheit.
Nun muss man den heute zu diskutierenden Gesetzentwurf zusammen mit dem vorliegenden Änderungsantrag sehen. Mit diesem Änderungsantrag stellen sie sich der Diskussion über die Chancengleichheit der verschiedenen Wahlbewerber. Das Problem ist aber, dass der Änderungsantrag in diesem Punkt zwar den Sachverständigen entgegenkommt, aber auch eine Reihe neuer Probleme aufwirft. Am Ende muss man sagen: Die im Gesetzentwurf formulierte Zielsetzung, die ich am Anfang zitiert hatte, dass eben gerade nicht als Parteien konstituierte Wählervereinigungen zu Landtagswahlen kandidieren können, ist schlichtweg nicht mehr erreichbar. Damit wäre die Frage, was von der Intention übrig bleibt, beantwortet.
Ihr Änderungsantrag sieht vor, dass das Sächsische Wahlgesetz geändert wird, indem dort folgender Punkt aufgenommen wird – ich zitiere –: „Mitgliedschaftlich organisierte Wählervereinigungen sind mit Einreichung einer Landesliste und Programm Parteien im Sinne der Gesetze.“ Dabei stellt sich zwangsläufig die Frage – das ist mindestens ein Schwenk von 180 Grad, da das Gesetzesziel zum einen ad absurdum geführt wird; das haben Sie im Vorfeld öffentlichkeitswirksam vermarktet –, inwieweit es den Wählervereinigungen hilft.
Uns liegt das aktuelle Schreiben des Landesvorsitzenden der Freien Wähler, Herrn Gerber, vor, der darum bittet, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Freien Wähler künftig als Nicht-Partei für den Landtag kandidieren können. Wenn wir also dem heutigen Gesetzentwurf in Form des Änderungsantrages zustimmen, dann würden wir den Freien Wählern und auch allen anderen Wählervereinigungen einen Bärendienst erweisen. Das würde ihnen in keiner Weise helfen, im Gegenteil. Wählervereinigungen unter erleichterten Bedingungen qua Gesetz zu Parteien zu erklären, wäre genau das Gegenteil von dem, was ursprünglich angedacht war. Die Frage, ob diese Landesregelung überhaupt mit Bundesrecht vereinbar wäre und warum man im Gesetz mit zahlreichen Regelungen trotzdem noch Wählervereinigungen aufnehmen sollte, wenn sie doch eigentlich Parteien sind, will ich im Raum stehen lassen und nicht beantworten.
Fakt ist, Wählervereinigungen könnten gar nicht als Nicht-Parteien zu Landtagswahlen antreten, wenn sie bereits mit dem Einreichen einer Landesliste und eines Programms beim Landeswahlleiter die Eigenschaft einer Partei bekommen. Wie soll das gehen?
Zusammengefasst muss ich sagen: Das Gesetz ist unausgegoren, es ist handwerklich mangelhaft und die Tatsache, dass hier und heute keine Entscheidung zugunsten dieser Gesetzesinitiative fallen wird, haben allein die GRÜNEN zu verantworten. Das muss man so deutlich sagen.
Lassen Sie uns – diesbezüglich stimme ich meinen Vorrednern zu – in der kommenden Legislaturperiode einen neuen Anlauf nehmen, dann, bitte schön, in einem ruhigen und geordneten Gesetzgebungsverfahren. Die SPDFraktion wird sich an dieser Diskussion aktiv beteiligen. Heute werden wir unsere Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf aus den genannten Gründen nicht geben.
Danke.
Der Antrag ist lobenswert. Die Diskussion darüber, wie wir Gewalttaten unter Verwendung von Schusswaffen durch gesetzgeberische Aktivitä
ten und konsequente Anwendung der gesetzlichen Vorschriften so gut es geht verhindern, muss geführt werden.
Zum jetzigen Zeitpunkt dieser Debatte muss man zunächst sagen: Die Verhandlungen sind bereits im vollen Gange und enthalten auch einige Ihrer Forderungen, zum Beispiel die Amnestie für unerlaubten Waffenbesitz. Andere Forderungen sind sehr schwer umsetzbar und werfen eher mehr Fragen auf, als dass sie verlässliche Antworten liefern.
Elektronische Schießstände. Was stellen Sie sich darunter vor? Was passiert mit den vorhandenen Anlagen und Waffen? Wie sind die Kosten einzuschätzen?
Jäger. Was ist das erforderliche Maß für den Besitz und den Gebrauch einer Waffe bei einem Jäger?
Schulungen. Was stellen Sie sich unter einem ethisch vertretbaren, verantwortlichen Umgang mit Schusswaffen vor? Ist das nicht Inhalt der bisherigen Fach- und Sachkundeausbildung?
Verdachtsunabhängige Kontrollen. Welche Wirkung kann diese Regelung in der Praxis tatsächlich im Sinne von Artikel 13 Grundgesetz entfalten?
Fragen über Fragen, die Sie hier nicht beantwortet haben.
Das Verbot der Aufbewahrung von Waffen zu Hause sollte aus unserer Sicht in der Tat langfristiges Ziel sein, aber die Vereine müssen sich entsprechend darauf einstellen können. In einem ersten Schritt müssten zunächst mehr Kontrollen stattfinden. Eine schärfere Kontrolle von Waffenbesitzern ist eine gute Möglichkeit, Missbrauch und nicht ordnungsgemäßer Lagerung von Waffen zu begegnen. Was uns aber dabei klar sein muss: Verfassungsrechtlich bestandsfähige Voraussetzungen hierfür zu schaffen ist eine Sache.
Die andere, noch wichtigere Aufgabe ist die tatsächliche Anwendung des Rechts. Dazu bedarf es genügend Personal in den zuständigen Behörden. Machen wir uns nichts vor: Mit ihrer derzeitigen Personalausstattung sind die Kommunen gar nicht in der Lage, die durchaus wünschenswerte schärfere Kontrolle umzusetzen. Wenn folglich auf Bundesebene schärfere Kontrollen beschlossen werden, muss dem auf Ebene der Kommunen eine angemessene Personalaufstockung gegenüberstehen. Ansonsten bekommen wir den bekannten Placebo-Effekt. Angesichts der Dynamik der Diskussion habe ich größte Befürchtungen, dass das so wird.
Die SPD-Fraktion unterstützt die auf Bundesebene derzeit geführten Verhandlungen. Es muss aber auch möglich sein, von zweifelhaften Vorschlägen wieder abzurücken bzw. diese erst einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, bevor man sich für sie entscheidet. Beispielsweise das geplante Paintball-Verbot. Ob das die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger entscheidend erhöhen würde, bleibt fraglich. Daher ist es begrüßenswert, dass die Koalition auf Bundesebene dieses Verbot nochmals kritisch hinterfragt.
Wie schon gesagt, mit Scheingefechten und PlaceboGesetzgebung werden wir die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger nicht verbessern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte erst einmal abwarten, wie sich die Debatte entwickelt und ob sich die verschiedenen Redner lediglich der Benennung des Problems widmen oder vielleicht auch der Problemlösung.
Das Kernproblem, das Dilemma, in dem wir uns quasi befinden, ist hier ausreichend benannt: Die sächsische Justiz ist nicht ausreichend vor Einflussnahme durch die Exekutive geschützt.
Wer aber nun gehofft hatte, die Fraktionen würden sich auch der Lösung des Problems widmen, statt wiederholt nur wieder auf die Missstände hinzuweisen, wurde leider enttäuscht. Es reicht nicht – da muss ich dem Kollegen Schiemann widersprechen –, wiederholt an die Staatsregierung zu appellieren, die Justiz in Ruhe zu lassen.
Es reicht auch nicht, den Justizminister zum Rücktritt aufzufordern – was Sie nicht getan haben, aber unterschwellig. Ich stelle mir die Frage: Ist es denn nicht endlich an der Zeit zu handeln, bevor das Fass irgendwann zum Überlaufen kommt?
Dafür gibt es aus unserer Sicht nur einen Erfolg versprechenden, weil finalen Weg, aus diesem Dilemma herauszukommen, und der heißt: Selbstverwaltung der Justiz.
Genau um dieses Thema hat sich insbesondere die Neue Richtervereinigung verdient gemacht. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen.
In diesem Zusammenhang darf ich Sie auf das „Dresdner Plädoyer für den unabhängigen Staatsanwalt“ hinweisen, das renommierte Mitglieder der Neuen Richtervereinigung hier im Freistaat Sachsen veröffentlicht haben – eine Lektüre, die ich Ihnen sehr gerne ans Herz lege.
Ich auch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand zweifelt ernsthaft daran, dass die Strafrechtsprechung nur durch unabhängige, von politischen Einflüssen freie Gerichte wahrgenommen werden kann. Genau aus den gleichen Gründen kann effektive Strafverfolgung auch nur durch wirklich unabhängige Staatsanwälte stattfinden. Es gibt aus unserer Sicht keinen vernünftigen Grund, die Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaft weiterhin durch den Justizminister ausüben zu lassen.
Man könnte maximal die parlamentarische Kontrolle hier als Einwand anführen. Natürlich ist der Minister jederzeit dem Parlament auch über Vorgänge innerhalb der Staatsanwaltschaft rechenschaftspflichtig. Man kann aber zum Beispiel die Dienstaufsicht auch direkt beim Generalstaatsanwalt ansiedeln. Der Generalstaatsanwalt könnte aus unserer Sicht zukünftig auch vom Parlament gewählt werden.
Die Neue Richtervereinigung hat Selbstverwaltungsmodelle auch in anderen europäischen Ländern unter die Lupe genommen, beispielsweise in Italien. Dort gibt es einen verfassungsmäßig legitimierten Selbstverwaltungsrat der Richter und Staatsanwälte. Dieses Selbstverwaltungsorgan ist unter anderem für die Ernennung, Beförderung, Zuweisung, Versetzung oder auch für Disziplinarverfahren der Richter und Staatsanwälte allein zuständig. Damit sollen indirekte Formen der Einflussnahme, zum Beispiel durch eine gezielte ministerielle Personalpolitik, verhindert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir würden der Demokratie in unserem Lande – die freiheitliche Grundordnung, aus der sich der Rechtsstaat definiert, ist heute schon mehrfach beschworen worden – einen großen Dienst erweisen, wenn wir uns intensiv und
ernsthaft mit Selbstverwaltungsmodellen in der Rechtsprechung beschäftigen würden.
Ein langer und steiniger Weg wird das ohnehin. Das wissen wir alle. Die Änderung des Grundgesetzes gehört ebenso dazu wie eine Novellierung des Gerichtsverfassungsgesetzes und anderer Vorschriften. Das bedeutet, es kann auch keinen sächsischen Alleingang geben. Das ist Bundesangelegenheit. Aber der Freistaat Sachsen ist bekannt dafür, dass er sich gern einmal im Bundesrat mit unterschiedlichen Initiativen an die Speerspitze verschiedener Bewegungen setzt; warum nicht auch bei der Selbstverwaltung der Justiz? Das würde uns in keinem Fall schaden, im Gegenteil, es öffnete auch einigen Landespolitikern die Möglichkeit, sich bundesweit einen Namen zu machen.
Lassen Sie uns darüber ins Gespräch kommen. Jetzt ist erst einmal Wahlkampf, ganz klar. Aber die Fraktionen des 5. Sächsischen Landtages sollten sich mit entsprechenden Initiativen einbringen. Die SPD-Fraktion wird das Thema auf ihrer Agenda haben. Selbstverwaltung ist unser langfristiges Ziel.
In diesem Sinne vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein bewährter Grundsatz, dass die Ergebnisse der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst auf die Besoldung der Beamtinnen und Beamten übertragen werden. Leider ist dieser Grundsatz in der Vergangenheit nicht immer durchgängig eingehalten worden. Wir erinnern uns: Da wurden auch schon einmal der Beamtenschaft unter dem Deckmantel der Haushaltskonsolidierung sogenannte Sonderopfer abverlangt.
Die althergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, mag man sie nun reformbedürftig finden oder nicht, bringen es aber zwangsläufig mit sich, dass die Beamtinnen und Beamten eben nicht in Gehaltsverhandlungen mit ihrem Dienstherrn treten dürfen, geschweige denn in einen Arbeitskampf, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Angesichts dieser Voraussetzungen haben es sich Gesetzgeber in der Vergangenheit zu oft zu einfach gemacht und erlagen der Versuchung, den Beamtinnen und Beamten die ihnen zustehende Teilhabe an der Einkommensentwicklung zu verweigern. Ein Gesetzgeber, der so handelt, wird aus Sicht der SPD-Fraktion seiner Verantwortung nicht gerecht.
Die Beamtinnen und Beamten dürfen nicht als Sparschweine missbraucht werden. Sie haben ein Recht darauf, an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilzunehmen. Das gilt im Übrigen nicht nur für die aktiven Beamtinnen und Beamten, sondern genauso für die Empfängerinnen und Empfänger von Versorgungsbezügen. Deshalb haben wir auch unverzüglich nach Beendigung der Tarifverhandlungen erklärt – zuerst die SPDFraktion und danach die CDU-Fraktion gleichermaßen –, dass eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifer
gebnisses auf den Bereich der Beamtenschaft ohne Alternative ist. Es ist in der Tat das erste Mal, quasi historisch, dass das Tarifergebnis nicht nur wirkungsgleich, sondern auch zeitgleich auf die Besoldung übertragen wird. Das ist Ausdruck der Verantwortung, von der ich gesprochen habe. Dieser Verantwortung stellen wir uns innerhalb der Koalition.
Dass wir mit diesem Anliegen völlig richtig lagen, zeigen die auf unseren Änderungsantrag eingegangenen Stellungnahmen der Betroffenen, deren einheitliche Zustimmung uns in unserem Ansinnen bestätigt.
Gerade in der Phase, in der es gilt, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stabilisieren, um eine deflationäre Spirale nach unten zu verhindern, will vor allem die FDP – ihre Wortbeiträge und ihr Abstimmungsverhalten in den Ausschussberatungen zeigen dies –, dass sich der öffentliche Dienst an die Spitze setzt und ein verheerendes Signal für Lohndruck und Lohndumping setzt. Diesem Ansinnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, erteilen wir eine ganz klare Absage.
Die FDP redet ja immer gern von Leistungsträgern. Sie redet davon, dass die Leistungsträger in unserer Gesellschaft stärker von der Politik unterstützt werden müssen. Die Beamtinnen und Beamten gehören in der schönen Welt der sächsischen Liberalen offensichtlich nicht zu den Leistungsträgern. Da stellen sich schon ein paar Fragen. Leisten die Beamtinnen und Beamten nicht täglich ihren Dienst an der Gemeinschaft, tragen dazu bei, dass der Staat seine Aufgaben in hoher Qualität zum Wohle der Gemeinschaft erfüllen kann, und braucht nicht auch die Wirtschaft zwingend einen funktionierenden Staat, um bestmögliche Bedingungen vorzufinden, sich an den Märkten zu beteiligen und Werte zu produzieren? Insbesondere das Letzte wird in der Diskussion gern einmal ausgeblendet.
In den Beratungen zu diesem Gesetzentwurf ist von verschiedener Seite, insbesondere seitens der Linksfraktion – Herr Dr. Friedrich hat in seinem Redebeitrag noch einmal darauf hingewiesen –, kritisiert worden, dass wir die Gelegenheit hätten nutzen sollen, die Besoldungsanpassung mit einer Dienstrechtsreform zu verbinden. Ich weiß nicht, ob Sie, Herr Dr. Friedrich, eine Vorstellung davon haben, welche Dimension eine umfassende Neuordnung des Dienstrechts hätte. Sie sollte dann natürlich sinnvollerweise auch mit einer Neustrukturierung der Besoldung einhergehen. Ich darf daran erinnern, dass die große Reform in dieser Legislaturperiode, nämlich die Funktional- und Verwaltungsreform, insbesondere den Beschäftigten im Dienste des Freistaates und seiner Kommunen einiges abverlangt hat. Gleichzeitig, quasi parallel, eine umfassende Novellierung des Dienstrechts einzuleiten war in dieser speziellen Situation schlichtweg nicht angezeigt.
Mit Sicherheit, Herr Dr. Friedrich, wären Sie einer der Ersten gewesen, die uns zu Recht dafür kritisiert hätten, wenn wir eine solche Reform einfach im Schnellverfahren durchgezogen hätten.
Weil wir gerade einmal bei dem Thema Dienstrechtsreform sind, möchte ich anmerken, dass, wenn Sie mit Beamtinnen und Beamten darüber sprechen, in der Regel Ängste die Hoffnungen überwiegen.
Das sollte uns zu denken geben. Das ist natürlich auch eine klare Ansage an den Gesetzgeber, es sich nicht zu einfach zu machen. Es gilt vor allem die alte Erkenntnis: Eine Dienstrechtsreform kann nur gelingen, wenn die Betroffenen selbst umfassend in die Reformdiskussion einbezogen werden.
Selbstverständlich.
Das ist mir bekannt. Auch der Bund hat die Dienstrechtsreform auf den Weg gebracht. Aber die mussten auch nicht nebenbei noch eine Verwaltungsreform bewältigen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf ein Eckpunktepapier mit dem Titel „Neue Wege im öffentlichen Dienst“ hinweisen. Es stammt aus dem Jahr 2004. Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily, der Bundesvorsitzende des Beamtenbundes Peter Heesen und der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske haben dieses Papier gemeinsam vorgelegt. Leider ist es etwas in Vergessenheit geraten, zu Unrecht, wie ich meine. Auch wenn durch die Föderalismusreform einige dieser Vorschläge zwischenzeitlich überholt sind, sind die Ideen aus unserer Sicht wegweisend, insbesondere bei der Einbeziehung der Betroffenen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz skizzieren, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Aus Sicht der SPD-Fraktion steht über allem das Ziel, den Freistaat Sachsen im Wettbewerb mit dem Bund und den Ländern konkurrenzfähig im Wettbewerb um die besten Nachwuchskräfte zu machen. Das ist die Herausforderung der Zukunft. Der öffentliche Dienst braucht guten, qualifizierten Nachwuchs, damit der Staat auch zukünftig seine Aufgaben in hoher Qualität erfüllen kann. Da wären wir wieder bei den Leistungsträgern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich glaube, es würde den Rahmen dieser Debatte deutlich sprengen, wenn wir hier und heute in einen Disput darüber eintreten würden, welche Inhalte ein neu geordnetes Dienstrecht für die Beamtinnen und Beamten des Freistaates haben sollte. Lassen Sie mich dennoch stichpunktartig benennen, welche Positionen die SPD-Fraktion hierzu vertritt.
Zu einer Reform des Dienstrechts gehört auch eine Reform der Besoldung, die unter anderem die Ablösung der Lebensaltersstufen durch Erfahrungsstufen beinhalten sollte. Das bedeutet auch, dass Berufserfahrung bei einem Einstieg in eine Beamtenlaufbahn mit einer höheren Besoldung honoriert werden muss. Der Wechsel zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft muss erleichtert werden. Alte Zöpfe gilt es abzuschneiden. Das betrifft zum Beispiel die Pflicht zur Wohnsitznahme im Inland. Das ist momentan ein Entlassungstatbestand. Diese Regelung ist, glaube ich, im modernen Europa des 21. Jahrhunderts ein Unding.
Natürlich muss auch über Altersgrenzen gesprochen werden. Das wird mit Sicherheit Schmerzen verursachen, ist aber aus unserer Sicht unumgänglich.
Der Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ braucht eine verbindliche Rechtsgrundlage. Familienpolitische Elemente wie die Anrechnung von Elternzeit auf die Probezeit und ein Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen bei Inanspruchnahme von Pflegeurlaub dürfen nicht fehlen.
Ebenso bedarf das Nebentätigkeitsrecht einer gründlichen Entstaubung. Deregulierung ist hier das Stichwort. Nicht zuletzt plädieren wir für eine spürbare Anhebung der Anwärterbezüge. Das ist ein wichtiger Anreiz für junge Menschen, im Freistaat zu bleiben und hier ihre berufliche Perspektive zu suchen. Ich glaube, allein auf Heimatverbundenheit unserer Jugend zu setzen wird auf Dauer keinen Erfolg haben.
Über das Ziel, wettbewerbsfähig zu werden und zu bleiben, ist sich nach meiner Überzeugung die Mehrheit der demokratischen Parteien im Land einig. Wir wünschen uns, zügig und nicht auf den Sankt-NimmerleinsTag verschoben – wie es Herr Dr. Friedrich angemerkt hat – eine intensive Diskussion hier im Parlament, mit den Berufsverbänden und selbstverständlich auch mit der Staatsregierung, um gestärkt aus dieser Reformdiskussion hervorzugehen. Das sollte zeitnah nach den Landtagswahlen beginnen.
Um es noch einmal zum Abschluss offiziell zu machen, beantrage ich im Namen der Koalitionsfraktionen, dass die Schlussabstimmung zu diesem Gesetzentwurf namentlich erfolgt.
Vielen Dank.
Dazu muss man schon noch einmal etwas sagen. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Der Antrag hat genau das zum Inhalt, was ich in meinem Redebeitrag bemängelt habe: Die Beamtinnen und Beamten sollen einmal mehr aufgrund der angeblichen Kassenlage als Sparschweine herhalten. Wir haben deutlich gemacht, dass für uns die Übernahme des Tarifergebnisses ohne Alternative ist. Wir werden den Antrag deshalb ablehnen.
Ich hatte die Geschäftsordnung im Blick, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bürgerbeteiligung ist ein wichtiger Bestandteil direkter Demokratie, und Bürger sollen und müssen auch die Möglichkeit haben, an den sie betreffenden politischen Entscheidungsprozessen teilzuhaben; denn das Vertrauen und das Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung werden entscheidend von der Frage beeinflusst, wie Bürger am Prinzip Demokratie teilhaben können und ob sie sich hierbei ernst genommen fühlen.
Nun schreibt sich der vorliegende Gesetzentwurf auf die Fahnen, ebendiese wichtige Bürgerbeteiligung zu fördern. Sie soll gestärkt und die Qualität kommunaler Entschei
dungen verbessert werden. Nun haben meine Vorredner bereits zu Recht darauf hingewiesen, dass sich bei näherer Betrachtung des Gesetzentwurfes die begründete Frage stellt, ob er dafür überhaupt geeignet ist; und unsere Bedenken – es waren nicht nur unsere Bedenken – wurden durch die im Innenausschuss durchgeführte Anhörung eher bestärkt als ausgeräumt. Auf einige Punkte ist bereits eingegangen worden. Nach der geltenden Rechtslage gibt es eine Pflicht zur Einberufung einer Einwohnerversammlung. Diese soll durch eine Kannbestimmung ersetzt werden, die letztlich in der Praxis wahrscheinlich zum Papiertiger verkommt. Hier besteht ein offensichtlicher Widerspruch zwischen Rechtsanspruch und Entscheidungshoheit der Gemeinde, und dies ist ein wesentlicher Schwachpunkt dieses Entwurfes.
Was gegen eine wirkliche Stärkung der Beteiligungsrechte spricht, ist die Tatsache, dass der Gesetzentwurf die vorgesehenen Beteiligungsverfahren ausschließlich auf Bürger im Sinne der Gemeindeordnung beschränkt; denn jeder weiß: Bürger ist eben nur derjenige, der Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist und seit mindestens drei Monaten seinen Hauptwohnsitz in der Gemeinde hat, während Einwohner nach § 10 der Gemeindeordnung jeder ist, der in der Gemeinde wohnt.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar – das ist ein weiterer Widerspruch – ist, warum der Gesetzentwurf bei der Festlegung der notwendigen Quoren von der bisher bewährten Prozentangabe abweicht und konkrete Zahlen festlegt. Wir alle wissen: Die prozentuale Regelung hat den Vorteil, dass sie sich eben an den tatsächlichen Gegebenheiten der jeweiligen Gemeinde vor Ort orientiert und so Ausschläge nach oben wie nach unten verhindert. Der Gefahr, dass durch immer wieder angestrengte Bürgerbeteiligungsverfahren eine dauerhafte Blockade kommunaler Entscheidungen ermöglicht würde, wird im Gesetzentwurf nicht ausreichend begegnet.
In der Gesamtschau kann man sagen: Der Gesetzentwurf wird nicht zu einer stärkeren Beteiligung der Bürger führen. Es ist eher zu befürchten, dass weitere Hindernisse bei der Beteiligung geschaffen und kommunale Entscheidungsprozesse dauerhaft gelähmt werden. Deshalb werden die Koalitionsfraktionen diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung nicht geben. Wir werden ihn ablehnen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich würde gern mein Abstimmungsverhalten erklären: Ich habe der Überweisung des Gesetzentwurfes an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss und den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zugestimmt,
weil es geübter parlamentarischer Brauch ist, auch noch so abwegige Gesetze zunächst in den Ausschüssen zu beraten. Der Betriebsrat von Enka hat sich zwischenzeitlich öffentlich von der Initiative der NPD distanziert
und hat sie als politische Trittbrettfahrerei verurteilt. Es ist vorrangig dem Einsatz von Staatsminister Thomas Jurk und seines Ministeriums zu verdanken, dass es wenigstens noch einen winzigen Hoffnungsschimmer für die Fortführung der Produktion am Standort Elsterberg gibt.
Das Ministerium ist auch weiterhin intensiv um die Rettung der Arbeitsplätze vor Ort bemüht. Das ist der richtige Weg, auf dem der Freistaat tätig werden muss und bereits tätig ist – und nicht die Geisterfahrerei einer NPD.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine kleine Vorbemerkung: Auch ich war am 14. Februar 2009 in Dresden als Teilnehmer der vom Bündnis „Geh Denken“ organisierten Veranstaltung – wie viele andere Abgeordnete dieses Hohen Hauses.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE: Wenn es um die Frage geht, ob und inwieweit die Polizei das eigene Einsatzkonzept für die Absicherung der Veranstaltungen am 13./14. Februar hier in Dresden einer gründlichen Auswertung unterziehen möge, dann sind wir vollkommen bei Ihnen. Diese Auswertung muss erfolgen; aber natürlich zuallererst polizeiintern unter Führung des Staatsministeriums des Innern. Wenn diese Auswertung abgeschlossen ist, dann ist es selbstverständlich geboten, nein, sogar notwendig, dass die Staatsregierung dem Parlament darüber Bericht erstattet.
Nun ist uns nicht bekannt, ob zum heutigen Tage bereits abschließende Erkenntnisse dieser Auswertung hier präsentiert werden können. – Der Minister schüttelt mit dem Kopf, dann ist dem nicht so. – Aber unabhängig von dieser Frage ist aus unserer Sicht das Plenum des Landtages nicht die erste Wahl, wenn es um den Ort geht, an dem diese Auswertung diskutiert wird; sondern um diesen Polizeieinsatz sachlich und objektiv zu diskutieren, muss das zuallererst im Innenausschuss geschehen.
Ich will diesen Teil der Diskussion gar nicht so hoch hängen, weil es nicht das ist, was mich und die Mitglieder der SPD-Fraktion umtreibt. Was uns viel mehr umtreibt und was uns Sorge bereitet, ist die gefährliche Tendenz, die sich hier abzeichnet. Wir befinden uns – die Wortbeiträge der Vorredner haben es gezeigt – hier auf einem Weg, die politische Auseinandersetzung um den 13. Februar in Dresden auf dem Rücken der einzelnen Polizeibeamten auszutragen, die dort im Einsatz waren.
Ich glaube, dort befinden wir uns auf keinem guten Weg, und ich verrate kein Geheimnis, dass unsere Polizisten hier aus Sachsen und auch die aus den anderen Bundesländern angesichts dieser Tendenz zunehmend irritiert herüberschauen.
Ich kann es Ihnen leider nicht ersparen, Frau Dr. Ernst: Sie leisten mit Ihrem Antrag dieser Art der Auseinandersetzung Vorschub.
Das ist in gewisser Weise ein Spiel mit dem Feuer, und ich sage Ihnen ganz deutlich: Die SPD-Fraktion wird sich an einer solchen Art und Weise der Auseinandersetzung nicht beteiligen.
Natürlich muss das Einsatzkonzept der Polizei besprochen werden, auch einzelne Aspekte des Einsatzgeschehens, wie sie zum Beispiel in Ihrem Antrag benannt sind. Auch diese einzelnen Aspekte müssen Thema im Innenausschuss sein und ich glaube, die Abläufe dieses Wochenendes geben genügend Anhaltspunkte dafür, darüber zu diskutieren, was man im nächsten Jahr besser machen kann und was in einem Einsatzkonzept 2010 zu berücksichtigen ist.
Wir dürfen das nicht isoliert diskutieren, sondern die Auswertung muss eingebettet sein in eine Gesamtbetrachtung, weil sich eben nur dann ein objektives Bild dieses Polizeieinsatzes ergeben kann.
Die Auswertung muss und wird – davon bin ich überzeugt – dazu führen, dass das Einsatzkonzept für 2010 – jetzt greife ich ein Beispiel heraus, das nicht direkt mit Dresden, aber mit der Umgebung zu tun hat – berücksichtigen muss, dass die Sicherheit der an- und abreisenden Demonstrationsteilnehmer stärker in den Fokus rückt. Das kann geschehen durch ein Sicherheitskonzept unter Beteiligung der Polizeien der Nachbarländer Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, aber natürlich auch der Bundespolizei, die für die Sicherheit in Zügen und auf Bahnanlagen zuständig ist. Durch dieses Sicherheitskonzept muss erreicht werden, dass solche erschütternden Übergriffe, wie sie zum Beispiel an der Raststätte Teufelstal bei Jena geschehen sind, im nächsten Jahr nach Möglichkeit verhindert werden.
Was wir aber auf keinen Fall zulassen werden, ist der Vorwurf, der hier im Raum schwingt – so will ich es einmal bezeichnen –, dass ein Teil der gewalttätigen Ausschreitungen von Demonstrationsteilnehmern gegen Polizisten möglicherweise hätte verhindert werden können, wenn sich die Polizei anders verhalten hätte. Ich sage ganz deutlich: Es gibt keinerlei Rechtfertigung für Gewalt gegen Polizeibeamte.
Jeder einzelne der 7 000 Polizisten, die insgesamt an diesem Wochenende im Einsatz waren, hat dafür gesorgt, dass wir unser verfassungsrechtlich verbürgtes Recht, unsere Meinung kundzutun und uns hierzu zu versammeln, ausüben konnten und dass dabei die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleistet blieb. Es hätte durchaus schlimmer kommen können.
Ich kann nachvollziehen, dass sich viele der Polizisten – vor allem die 42, die an diesem Wochenende im Einsatz verletzt wurden – verwundert die Augen reiben und fragen, was für eine Art Diskussion „die da“ eigentlich in Sachsen führen.
Ich will noch eine Frage aufwerfen: Was für ein Bild wird denn nach außen vermittelt, wenn am Ende einer Veranstaltung, die Zeichen gegen Rechtsextremismus, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit setzen will, zahlreiche Verletzte, Sachbeschädigungen und Angriffe gegen Polizeibeamte zu verzeichnen sind?
Ja, es war der größte Aufmarsch von Rechtsextremen in der jüngeren Geschichte dieser Stadt, aber es war auch eine der größten Gegenkampagnen, die diese Stadt jemals erlebt hat. Deshalb will ich an dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank insbesondere an die Organisatoren der Kampagne „Geh Denken“, aber auch an alle anderen aussprechen, die an diesem Wochenende auf der Straße waren, um mit friedlichen Mitteln zu zeigen: Diese Stadt, dieses Land will keine alten und insbesondere auch keine neuen Nazis!
Genau das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Botschaft, die an diesem Februarwochenende 2009 von Dresden ausgegangen ist.
Ich rufe stellvertretend für meine Fraktion alle demokratischen Kräfte in diesem Hause und in diesem Land auf: Lasst uns gemeinsam verhindern, dass diese positive Botschaft verloren geht!
Lasst diese Botschaft leben, und lasst sie deshalb leben, damit sich im nächsten Jahr noch mehr Menschen diesem Gegenprotest anschließen und damit die demokratischen Kräfte dann vereint Gesicht zeigen: für Toleranz und Weltoffenheit, gegen Geschichtsverfälschung, gegen Rassismus und gegen Fremdenfeindlichkeit!
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich klarzustellen: Wir debattieren und beschließen heute keine Dienstrechtsreform, sondern – die Vorredner haben es schon angedeutet, und es ist auch schon viel darüber gesprochen worden – mit der Föderalismusreform hat sich auch beim sächsischen Beamtenrecht Anpassungs- und Änderungsbedarf ergeben. Wir müssen das sächsische Landesbeamtenrecht an das Beamtenstatusgesetz des Bundes anpassen. Dieses Beamtenstatusgesetz des Bundes tritt nun einmal am 1. April 2009 in Kraft. Deshalb unterliegen wir einem gewissen Zeitdruck, diese Anpassung rechtzeitig vorzunehmen.
Unser Ziel muss es daher sein, heute den vorliegenden Gesetzentwurf zu beschließen, damit er rechtzeitig verkündet werden kann und auch rechtzeitig in Kraft treten kann. Die Rechtsunsicherheit, die ansonsten sowohl auf Dienstherrenseite als auch aufseiten der Beamtinnen und Beamten eintreten würde, wäre wohl ein ziemlich schlechter Aprilscherz. Das wollen wir niemandem zumuten.
Der enge zeitliche Rahmen bedeutet natürlich auch, dass der Gesetzentwurf zunächst Prioritäten setzen muss. Da werden in erster Linie Anpassungen an neues Bundesrecht, aber auch an europarechtliche Gegebenheiten vorgenommen. Ich nenne das Stichwort Umsetzung des Bologna-Prozesses; Kollege Bandmann hat schon darauf hingewiesen. Das ist ein erster, ein wichtiger, ein notwendiger Schritt, aber es kann nur der erste Schritt sein. Weitere Schritte müssen folgen.
Der nächste Schritt, der in Angriff genommen werden muss, ist eine umfassende Dienstrechtsreform. Ich denke, wir sind uns mittlerweile auch hier im Hohen Hause einig, dass es da eine ganze Reihe von Dingen gibt, die angepackt werden können und auch angepackt werden müssen.
Ein Punkt, der gewiss einer gründlichen Überprüfung und Überarbeitung bedarf – darauf will ich jetzt noch eingehen, weil meine Vorredner dies auch getan haben –, ist § 19b des Sächsischen Beamtengesetzes. Diesbezüglich hat nicht zuletzt die Sachverständigenanhörung ergeben, dass die derzeit geltende Regelung zur Übertragung eines Amtes in leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit einer ganzen Reihe von verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
Das Lebenszeitprinzip, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aus guten und wichtigen Gründen einer der Grundpfei
ler des Berufsbeamtentums. Es darf nur von ihm abgewichen werden, wenn besondere Gründe und die Natur der wahrgenommenen Aufgaben dies erforderlich machen.
Bei der rechtlichen Ausgestaltung einer solchen Abweichung müssen insbesondere Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit kritisch geprüft werden.
Es besteht mittlerweile – so habe ich das vernommen – hier im Hohen Hause und auch bei der Staatsregierung Einigkeit darüber, dass § 19b auf Dauer so nicht stehen bleiben kann.
Die Frage ist nun, wie wir weiter damit verfahren wollen. Wenn wir diese Frage beantworten, ist natürlich zu berücksichtigen, dass es eine Reihe von sächsischen Beamten gibt, die sich derzeit in einem solchen Beamtenverhältnis auf Zeit befinden.
Ich bezweifle stark, dass sich diese Beamten über die entstandene Rechtsunsicherheit gefreut hätten, wenn wir nunmehr aufgrund des zeitlichen Drucks eine überstürzte und mit heißer Nadel gestrickte Neuregelung gemacht hätten. Was diese Beamten wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Rechtssicherheit und Perspektive. Sie wollen sich nicht dazu gezwungen sehen, nach Ablauf der Amtszeit vor Gericht um die dauerhafte Übertragung eines Amtes kämpfen zu müssen, obwohl sie sich bewährt haben. Das wollen wir ihnen in der Tat nicht zumuten, das wollen wir ihnen ersparen. Deshalb haben wir diesen Entschließungsantrag vorgelegt, mit dem genau diese Ziele erreicht werden sollen.
Ich will es noch einmal sagen: Inhalt unseres Entschließungsantrages ist es, dass § 19b des Sächsischen Beamtengesetzes bis zu einer Neufassung im Rahmen einer umfassenden Dienstrechtsreform unter Beachtung der zu diesem Thema ergangenen Rechtsprechung verfassungskonform ausgelegt und entsprechend angewendet wird.
Dies bedeutet aus unserer Sicht insbesondere, dass Abs. 5, der die Übertragung des Amtes auf Dauer beinhaltet, verfassungskonform angewendet werden muss. Ich sage ganz deutlich, wie das gehen kann, gehen soll. Bis jetzt kann das Amt nach der ersten Amtszeit von fünf Jahren auf Dauer übertragen werden. Nach einer weiteren Amtszeit soll es auf Dauer übertragen werden. „Verfassungskonform“ heißt aus unserer Sicht mindestens, dass nach der ersten Amtszeit die Übertragung auf Dauer erfolgen soll und nach der zweiten Amtszeit das Amt auf Dauer zu übertragen ist, bei entsprechender Bewährung natürlich.
Das Ganze darf natürlich nur eine Übergangslösung sein. Letztlich muss das Ziel die zügige Neufassung von § 19b sein. Damit einhergehen muss die zeitnahe Reform des Dienstrechts. Dementsprechend spricht sich unser Ent
schließungsantrag auch dafür aus, dass die Staatsregierung zeitnah die angekündigte Dienstrechtsreform auf den Weg bringt und einen entsprechenden Gesetzentwurf ebenso zeitnah in der kommenden Legislaturperiode in den Landtag einbringt. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf und insbesondere zu unserem Entschließungsantrag.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder sächsische Schüler lernt im Unterricht, wenn er es nicht schon von zu Hause mitbekommen hat – was natürlich der Idealfall wäre –, die Grundprinzipien unseres Rechtsstaates, die Gewaltenteilung und damit natürlich auch die Unabhängigkeit der Justiz und ihrer Einrichtungen zu verstehen. Theoretisch zumindest. Nur die Theorie allein hilft uns nicht viel weiter, denn der Rechtsstaat funktioniert nicht von sich aus, indem man ihn beispielsweise früh einschaltet, wenn man aufsteht, sondern er muss gelebt werden, und zwar täglich aufs Neue.
Er muss gelebt werden hier im Parlament, von der Rechtsprechung und natürlich im besonderen Maße von der Staatsregierung als oberstem Vertreter der Exekutive. Alle, die ich genannt habe, haben einen Eid darauf geleistet, dass sie den Rechtsstaat verteidigen. Wir tun das, weil die Bürger ein Recht auf funktionierende staatliche Institutionen haben. Dabei ist das Bestehen einer unabhängigen, unparteiischen Rechtsprechung nicht nur elementarer Kernbestandteil des Rechtsstaatsprinzips, nein, die richterliche Unabhängigkeit ist zugleich Garantie und Symbol für Wahrheit, Freiheit, für die Achtung der Menschenrechte und eine unparteiische Justiz ohne Beeinflussung von außen. Dabei darf die Unabhängigkeit der Richter nicht als Vorrecht oder Privileg verstanden werden, das ihnen in ihrem eigenen Interesse eingeräumt wird. Genau wie der uns Abgeordneten gewährte Schutz vor Strafverfolgung kein persönliches Vorrecht ist, sondern der Funktionsfähigkeit des Parlamentes insgesamt dient, wird die richterliche Unabhängigkeit im Interesse der Rechtsstaatlichkeit und insbesondere im Interesse der Rechtsuchenden garantiert.
Sie ist Voraussetzung für die Unparteilichkeit der Richter und garantiert erst die Gleichheit aller Bürger vor dem Gericht.
Der Ausgangssachverhalt, den Kollege Bartl hier ausführlich erläutert hat und zu dem es auch einen Antrag der Fraktion GRÜNE gibt – er stammt aus dem Jahr 2004/2005 –, dem wir uns natürlich auch noch im Innenausschuss widmen werden, wirft schon einige Fragen auf, die im unmittelbaren Zusammenhang mit diesem Sachverhalt stehen, aber die natürlich auch im Zusammenhang mit der größeren Debatte über die Unabhängigkeit der Justiz insgesamt stehen.
Fragen, die sich hier stellen und denen wir uns stellen müssen:
Ist die sächsische Justiz aktuell ausreichend vor Einflussnahme geschützt oder gibt es hier nicht etwa doch Handlungsbedarf?
Welchen Einfluss haben Vorgänge wie dieser, über den wir heute reden, auf das Ansehen der Justiz in der Öffentlichkeit, in der Bevölkerung?
Ist es noch zeitgemäß, allein der Exekutive Personalentscheidungen zu überlassen, also die Entscheidung, wer Richter wird und welche Richter wann und wie befördert werden?
Ist es vielleicht nicht sogar an der Zeit, ernsthaft über die Einführung der Selbstverwaltung der Justiz zu diskutieren, um so einer Vielzahl europäischer Länder zu folgen, wo dieses Konzept bereits umgesetzt ist?
Aus Sicht der SPD-Fraktion beinhaltet Unabhängigkeit auch Selbstverwaltung und damit verbunden Mitbestimmungsrecht. Deswegen will ich an dieser Stelle auch noch einmal an die Novellierung des Sächsischen Richtergesetzes erinnern, wo wir mehr Mitbestimmung für die Richterschaft im Freistaat Sachsen erreicht haben. Wir haben das im Dezember beschlossen. Das ist noch lange nicht das Niveau, das wir uns vorstellen. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere Schritte müssen folgen.
Wir haben bereits im Koalitionsvertrag vom November 2004 die Frage der Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaften geregelt. Erlauben Sie mir, dass ich diesen einen Satz aus dem Koalitionsvertrag hier noch einmal zitiere: „Die Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaften nimmt der Staatsminister der Justiz über den Generalstaatsanwalt wahr.“ Wir gehen davon aus, dass diese Vereinbarung nach wie vor Gültigkeit besitzt und dass sie auch umgesetzt wird. Wenn es aber so ist, dann muss man sich tatsächlich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, ob dieser Grundsatz: „nur über den Generalstaatsanwalt“ in jedem Fall eingehalten wird. Da kann es eben nicht sein, dass direkte Telefonate aus dem Ministerium zu einem dienstvorgesetzten Staatsanwalt geführt werden,
ein bestimmtes Ermittlungsverfahren und einen bestimmten sachbearbeitenden Staatsanwalt betreffend, ohne dass zumindest ein schriftlicher Vermerk dazu angefertigt wurde. Eines ist klar: Es muss von vornherein jedweder Verdacht einer Einflussnahme der Politik auf die Rechtsprechung zerstreut werden, um das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat nicht weiter zu gefährden. Wir wissen, wie es um die Zustimmung zur funktionierenden Demokratie in der Bevölkerung bestellt ist.
Für das Handeln der SPD-Fraktion hat das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat oberste Priorität. Wir müssen weiter gesetzlich tätig werden; Stichworte hatte ich genannt: Selbstverwaltung, Mitbestimmung. Wir müssen aber auch alle unser eigenes Handeln ständig kritisch hinterfragen. Auch das gehört zu einer funktionierenden Demokratie. Das gilt für die Mitglieder der Staatsregierung, für die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, für die Richter und Staatsanwälte, aber ebenso auch für uns als Abgeordnete.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben ja in einer sogenannten Informationsgesellschaft. Ein sehr sensibles Thema in diesem Zusammenhang sind natürlich die sensiblen persönlichen Daten der Bürger, der Umgang mit diesen Daten, insbesondere die Speicherung und Weitergabe. Es muss sichergestellt sein – darin sind wir uns alle einig –, dass der Staat höchstpersönliche Daten nur mit entsprechender Rechtsgrundlage sammelt und verwendet.
Natürlich muss die Einhaltung der entsprechenden Rechtsvorschriften auch kontrolliert werden. Das wiederum kann nur funktionieren, wenn entsprechende Kontrollorgane ausreichend mit personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet sind. Deshalb will ich an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass sich die Koalitionsfraktionen in den Haushaltsberatungen erfolgreich dafür eingesetzt haben, dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten mehr Personal und mehr finanzielle Mittel zukommen zu lassen, damit kontrolliert werden kann, dass öffentliche und nicht öffentliche Stellen im Freistaat Sachsen nur auf gesetzlicher Grundlage personenbezogene Daten sammeln, nutzen und übermitteln.
Der vorliegende Gesetzentwurf hat die Änderung ebensolcher gesetzlicher Grundlagen zum Ziel. Dabei ist die Intention, die sich dahinter verbirgt, durchaus nachzuvollziehen. Aber die Art und Weise – Kollege Piwarz hat ja schon darauf hingewiesen –, wie Sie in der Diskussion die Skandale des letzten Jahres über den illegalen Handel mit Adress- und Kontodaten im Bereich der Telefonwerbungsindustrie mit der rechtmäßigen Tätigkeit der sächsischen Meldebehörden in Verbindung bringen, hinterlässt bei mir mehr als einen faden Beigeschmack. Das ist in der Tat unredlich.
Die Meldebehörden des Freistaates Sachsen handeln auf gesetzlicher Grundlage, die sich im Melderechtsrahmengesetz des Bundes und im Sächsischen Meldegesetz findet. Es ist durchaus fraglich, ob sie die vorgesehenen Änderungen hier in dieser Form überhaupt treffen können. Es ist bereits mehrfach erwähnt worden, dass mit der Föderalismusreform das Meldewesen in die ausschließli
che Gesetzgebungskompetenz des Bundes übergegangen ist. Der Bund hat von dieser Gesetzgebungskompetenz zumindest bis heute noch keinen Gebrauch gemacht. Deshalb gilt auch das Melderechtsrahmengesetz des Bundes fort. Nur in diesem Rahmen bestehen nach wie vor die Gesetzgebungskompetenzen der Länder weiter. Also muss Landesrecht auch weiterhin mit dem Rahmenrecht des Bundes vereinbart sein, bis es von der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes abgelöst wird.
Kern des Gesetzentwurfes ist eine Abkehr vom Widerspruchsprinzip, hin zum Einwilligungsprinzip. Ich darf darauf hinweisen, dass zahlreiche andere Regelungen des Melderechtsrahmengesetzes ebendieses Widerspruchsprinzip vorsehen und bisher keine Signale vorliegen, dass sich der Bund auch künftig von dem Widerspruchsprinzip abkehren will.
Deshalb würde es sich hier in der Tat um einen Systemwechsel handeln, bei dem wir erhebliche Zweifel haben, ob er mit der Rahmengesetzgebung des Bundes vereinbar ist.
Aus diesem Grund wird die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kameradinnen und Kameraden der Bergwacht leisten, wie Kollege Bandmann richtig formulierte, einen unverzichtbaren Dienst an der Gemeinschaft, und das ehrenamtlich, indem sie nämlich in den sächsischen Mittelgebirgen und der Sächsischen Schweiz vorrangig in Not geratenen Sportlern und Touristen zu Hilfe kommen, ihnen medizinische Hilfe und Rettung aus gefährlichen, nicht selten auch lebensbedrohlichen Situationen angedeihen lassen. Aber sie helfen zum Beispiel auch im Winter bei der Absicherung von Sportveranstaltungen. Wie wir alle wissen, ist auch das eine sehr zeitaufwendige Tätigkeit. Dafür gebührt den Kameradinnen und Kameraden der Bergwacht an dieser Stelle natürlich der ausdrückliche Dank und die Anerkennung der Fraktionen des Sächsischen Landtages.
Ich will zwei Schwerpunkte ansprechen, die mir beim Lesen dieses Antrages sofort eingefallen sind. Der erste Schwerpunkt ist natürlich die Nachwuchsgewinnung. Das ist ein Thema, das alle ehrenamtliche Strukturen, nicht nur die Bergwacht, in Zukunft vor Probleme stellen wird. Wir haben heute bereits ausführlich über die demografische Entwicklung debattiert. Hier sind in der Tat intelligente Lösungen gefragt, ein Anspruch, dem sich die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen stellen. Kollege Bandmann hat zu Recht auf die Ehrenamtsinitiative der Staatsregierung hingewiesen. Wir dürfen aber an dieser Stelle die Kommunen und Landkreise nicht aus der Verantwortung lassen. Auch dort ist man aufgefordert, Nachwuchswerbung für den anspruchsvollen Dienst in der Bergwacht zu unterstützen.
Der zweite Punkt ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, insbesondere zwischen der sächsischen Bergwacht und dem Bergrettungsdienst der Tschechischen Republik. Und klar ist, dass ein optimal funktionierendes Rettungssystem, insbesondere im Bereich des Erzgebirgs
kamms bis hinein ins Vogtland, aber auch im Zittauer Gebirge, nur erreicht werden kann, wenn weitreichende Kompatibilität hergestellt ist, und das sowohl im Hinblick auf die Technik als auch auf die Ausbildung und die Handlungsabläufe bei der Rettung. Hier gab es in jüngster Vergangenheit sehr gute Ansätze und sehr gute Projekte, Tschechisch-Sprachkurse seien hier beispielhaft erwähnt. Nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass es auf lokaler Ebene bei der ganz praktischen grenzüberschreitenden Arbeit sehr gute Fortschritte gibt. Das große Problem, mit dem wir nach wie vor zu kämpfen haben, ist die fehlende Rechtssicherheit im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Rettungsdienst.
Aber auch beim Brand- und Katastrophenschutz ist diese Rechtsunsicherheit im Moment noch vorhanden. Die Staatsregierung ist seit Jahren intensiv bemüht, die Unterzeichnung der dazu notwendigen bilateralen Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik zu forcieren. Deshalb sei mir an dieser Stelle gestattet, die Staatsregierung nochmals aufzufordern, in ihren Bemühungen in diesem Bereich nicht nachzulassen.
Ich glaube, aus einem ganz anderen Grund ist auch die Vernetzung der sächsischen Bergwacht mit dem tschechischen Bergrettungsdienst notwendig, denn dadurch werden auch Synergieeffekte geschaffen, die notwendig sind, um die Stagnation bei der Zahl der Einsatzkräfte sowohl auf unserer als auch auf tschechischer Seite zu kompensieren; denn die tschechischen Kameradinnen und Kameraden haben das gleiche Problem bei der Nachwuchsgewinnung, wie es sich bei uns abzeichnet.
Dass es im Bereich der Bergrettung Themen gibt, die optimierungsfähig sind und daher der Auseinandersetzung bedürfen, ist unstreitig. Genau so unstreitig ist es auch, Kollege Martens, dass diese Auseinandersetzung bereits im Gange ist. Die Staatsregierung, unterstützt durch die Fraktionen SPD und CDU, hat sich in den letzten Jahren intensiv um die Belange des Rettungsdienstes und insbesondere auch um die Bergwacht gekümmert.
Moderne Bergrettungswachen und Einsatzfahrzeuge sind ein Beweis dafür.
Herr Dr. Martens, lassen Sie mich nur so viel sagen: Die von Ihnen formulierten Prüfaufträge sind selbstverständlich Bestandteil der Überlegungen innerhalb der Staatsregierung und dem beantragten Bericht in Punkt I.1. bis 5. sehen wir mit Interesse entgegen.
Vielen Dank.
Ja, eine sachliche Richtigstellung ist nach Geschäftsordnung erlaubt.
Dann möchte ich das tun. – Sehr geehrter Herr Präsident! Uns wurde vorgeworfen, wir würden Spielchen spielen. Das will ich zurückweisen. Wenn hier jemand Spielchen spielt, dann ist es die FDPFraktion.
Es tut mir angesichts der Wichtigkeit dieses Themas wirklich leid, und wenn wir uns vertieft mit den Prüfaufträgen beschäftigen wollen, dann wäre es in der Tat sinnvoll, den Antrag an den Innenausschuss zu überweisen. Ansonsten sehen wir uns gezwungen, ihm nicht zuzustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Zastrow, Sie haben hier zwar über Unternehmen gesprochen, die unter der Bürokratielast leiden. Sie haben vom deutschen Steuerrecht gesprochen. Sie haben von EU-Vorschriften gesprochen. Aber vom sächsischen Paragrafenpranger haben wir eigentlich nichts von Ihnen gehört.
Ich will Ihnen noch einmal sagen: Das war auch eines der Probleme, an dem dieses Projekt gekrankt hat, dass nämlich eine Vielzahl dieser 1 900 Vorschläge EU-Recht
und Bundesrecht betrafen, die im Prinzip schon einmal weggefallen sind,
weil der sächsische Landesgesetzgeber bzw. die Staatsregierung dort nichts regeln konnte.
Ja, der Paragrafenpranger, da brauchen wir nichts schönzureden: Die Erwartungen, die die öffentlichkeitswirksame Ausrufung dieses Projektes im Jahre 2003 geweckt hatte, wurden nicht erfüllt. Von einem Scheitern und einer verpassten Chance für den Bürokratieabbau zu sprechen, so weit würde ich dann nicht gehen.
Ich will das auch gern begründen. Deshalb stehe ich hier und werde es in den verbleibenden vier Minuten tun.
Auch wenn dem Projekt natürlich der ganz große Erfolg verwehrt geblieben ist,
gibt es doch positive Elemente – hören Sie mir doch einmal zu! –, die sich dem Betrachter, das gebe ich gern zu, nicht gleich beim ersten Mal erschließen.
Wenn man sich etwas näher betrachtet – und der Kollege Bartl ist da schon einmal in die richtige Richtung gegangen –, wie denn diese Kommission im Einzelnen herangegangen ist,
denke ich, werden wir etwas schlauer. Erlauben Sie mir, dass ich das tue.
Es ist schon gesagt worden, dass es diese Kommission für Vorschriftenabbau gab, in der verschiedene Ressorts beteiligt waren. Diese Kommission hat sich von Anfang an – das muss man sagen – sehr zielgerichtet und professionell an die Abarbeitung dieser 1 900 Vorschläge gemacht. Das war schon Anfang 2003. Sie hat alle eingegangenen Vorschläge erfasst, ausgewertet und zu jedem einzelnen Vorschlag eine Empfehlung gegeben. So weit, so gut.
Im Detail ist es dann tatsächlich etwas komplizierter geworden. Es ist nämlich so gewesen: Sobald der Vorschlag den Geschäftsbereich eines dieser Kommissionsmitglieder betraf, also Justiz, Inneres, Finanzen oder Staatskanzlei, hat man eine endgültige Empfehlung verabschiedet. Betraf aber der Vorschlag den Geschäftsbereich eines anderen Ministeriums, hat man erst eine vorläufige Empfehlung verabschiedet und noch einmal eine Stellungnahme eingeholt, um danach eine endgültige Stellungnahme abzugeben.
Die Voten der Fachministerien fanden in der Regel auch Berücksichtigung. Jetzt kann man sich natürlich vorstellen – wenn das Fachministerium zurückschreibt: Ja, Bürokratieabbau ist eine feine Sache und wir begrüßen das sehr, aber in diesem einen speziellen Fall würden wir
doch lieber darauf verzichten! –, wie schwierig die Arbeit dieser Kommission gewesen ist.
Es kam noch ein weiteres Hindernis hinzu. Die Kommission hatte sich nämlich auch ein Statut gegeben, um die Grundlagen ihrer Arbeit zu definieren. Darin stand, dass in dem Fall, dass kein Einvernehmen innerhalb der Kommission oder zwischen der Kommission und dem zuständigen Fachministerium erzielt werden kann, eine Kabinettsentscheidung herbeizuführen ist.
Wenn man sich diesen Verfahrensablauf, den ich hier ein wenig zu skizzieren versucht habe, vorstellt, dann wird man nicht erstaunt sein, dass in diesem Raster immer mehr Vorschläge hängen geblieben sind. Letztlich sind von den weit über 1 800 Vorschlägen nur noch knapp drei Dutzend übrig geblieben, die in dem Paragrafenprangergesetz oder in der Paragrafenprangerverordnung umgesetzt werden sollten.
Dazu muss man dann sagen: Dass sich die Staatsregierung letztlich entschieden hat, das Projekt als solches zu beenden und die Vorschläge zurück an die Fachministerien zu geben, ist konsequent gewesen und sicherlich auch der richtige Schritt.
Ich will vielleicht noch einmal verdeutlichen: Die Bürokratieabbauvorschläge, die eigentlich in das Paragrafenprangergesetz sollten, sind nicht vom Tisch, sondern sie harren weiter ihrer Umsetzung, allerdings nicht mehr in diesem Mantelgesetz, sondern in den zuständigen Fachministerien.
Meine Redezeit neigt sich dem Ende.
Deshalb will ich vielleicht einmal ein kurzes Fazit aus meiner Sicht ziehen. Wie stellt sich das dar? Der große Erfolg war dem Paragrafenpranger nicht gegönnt. Aber eben nicht wegen fehlender oder schwacher Inhalte, sondern die Defizite lagen aus meiner Sicht im Verfahren. Wie die Konzeption der Kommission auch gewesen sein mag, sie hat sich nicht immer als optimal im Sinne der Zielsetzung erwiesen.
Ich denke einmal, die Staatsregierung wird daraus ihre Schlüsse ziehen. Eins ist klar – darin sind wir uns alle einig –: Bürokratieabbau bleibt weiterhin selbstverständlich auf der Agenda der Staatsregierung und der Koalition. Ich sage einmal: Bürokratieabbau ist eine Daueraufgabe.
Da sind wir uns ja auch einig, es ist eine Daueraufgabe. Um das Thema am Kochen zu halten, braucht es ab und zu auch so eine Art Impuls. Ich denke, der Paragrafenpranger war ein entsprechender Impulsgeber.
Es muss unsere gemeinsame Aufgabe – vielleicht noch ganz kurz ein Appell an alle hier vertretenen Parlamenta
rier – als Gesetzgeber und natürlich der Staatsregierung sein, die sächsischen Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen von unnötiger Bürokratie zu entlasten.
Die SPD-Fraktion ist dazu bereit.
Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ziemlich genau vor einem Jahr, am 8. November 2007, haben wir schon einmal an dieser Stelle über unseren damaligen Antrag mit dem Titel „Bundespolizeipräsenz in Sachsen erhalten“ diskutiert, und Kollege Bandmann hat deutlich gemacht: In der Intention geht unser neuerlicher Antrag in die gleiche Richtung. Zum damaligen Zeitpunkt befand sich die Bundespolizeireform noch in der parlamentarischen Diskussion in Berlin. Die offiziellen Informationen flossen spärlich; wir erinnern uns alle daran.
Dies hat dazu geführt, dass Spekulationen bzw. Szenarien die Runde machten, deren Richtigkeit niemand so recht überprüfen konnte. Ich habe in der damaligen Debatte davon gesprochen, dass wir ausweislich der zu diesem Zeitpunkt noch inoffiziellen Organisations- und Dienstpostenpläne mit einer Personalreduzierung von regional bis zu 60 %, bezogen auf die Dienststellenstruktur, rechnen müssten. Das hat wütende Zurufe von einigen Abgeordneten in diesem Hause ausgelöst. Da war die Rede von „das stimmt nicht!“, „das ist nicht richtig!“, „es gibt diese Zahlen nicht!“. Sie sind also angezweifelt worden. Ich will einfach noch einmal daran erinnern.
Jetzt, ein Jahr später, ist die Bundespolizeireform Realität. Die Zahlen, die vor Jahresfrist noch angezweifelt wurden, haben sich nicht grundsätzlich geändert, und die Umsetzung der Reform nimmt langsam, aber sicher Fahrt auf. Wir befinden uns also schon auf einer ganz anderen Stufe als noch vor einem Jahr; wir sind bereits mitten in der Umsetzungsphase.
Die ersten Personalmaßnahmen sind bereits abgeschlossen. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, ging es zunächst darum, das neue Bundespolizeipräsidium in Potsdam arbeitsfähig zu machen. Das ist mittlerweile der Fall. Auch die Führungsstäbe der Bundespolizeidirektionen sind mit Personal besetzt worden, und nunmehr gerät auch der operative Bereich, der Kernbereich der Aufgabenerfüllung, in den Fokus der Personalmaßnahmen.
Wir haben gehört – durch Zeitungsberichte mittlerweile auch bestätigt –, dass circa 200 Polizeibeamtinnen und
-beamte aus dem ostsächsischen Raum, insbesondere aus den Bereichen Ebersbach und Ludwigsdorf, abgezogen werden, um eben bundespolizeiliche Aufgaben in anderen Teilen des Bundesgebietes wahrzunehmen. Das war letztlich für die Koalitionsfraktionen Anlass, unsere Forderung nach Beibehaltung der bisherigen Personalstärke der Bundespolizei in Sachsen zu erneuern. Ich werbe allerdings auch dafür, dass wir uns nicht unnötig Sand in die Augen streuen und dadurch den Bezug zur Realität verlieren. Einfach auf Konfrontationskurs – so möchte ich es einmal bezeichnen – zu gehen und zu sagen, die Bundespolizei müsse ihre Personalstärke erhalten und damit basta, das wäre zu kurz gesprungen.
Es wäre eine populistische Forderung, die uns inhaltlich in keiner Weise voranbringt und die im Übrigen dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung nicht dienlich ist. Im Gegenteil: Sie spielt mit den Ängsten der Bevölkerung, und wir geben uns auf keinen Fall für leere Versprechungen her. Das ist nicht unser Ansatz. Ich sage das deshalb, weil ich nicht will, dass unser Antrag auf diesen populistischen Ansatz reduziert wird.
Ich weiß, Frau Dr. Ernst, der Antrag ist kurz und knackig. Er beinhaltet genau das, was wir zum jetzigen Zeitpunkt wollen, und dass wir auf Bundesebene intervenieren.