Protocol of the Session on September 12, 2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 118. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Schön, Herr Grapatin, Herr Dr. Metz, Herr Teubner, Herr Kosel, Herr Apfel und Frau Nicolaus.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 3 bis 8 folgende Redezeiten festgelegt: CDU 80 Minuten, Linksfraktion 60 Minuten, SPD 35 Minuten, NPD, FDP, GRÜNE je 25 Minuten, fraktionslose MdL je 4 Minuten, Staatsregierung 60 Minuten.

Meine Damen und Herren! Ich bitte von der Tagesordnung Punkt 3, 3. Lesung, zu streichen. Von der Fraktion GRÜNE bin ich darüber informiert worden, dass Tagesordnungspunkt 8 von der heutigen Sitzung abgesetzt wird.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Ich frage, ob es zu der Ihnen vorliegenden Tagesordnung noch weitere Änderungs- oder Ergänzungswünsche gibt? – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die vorliegende Tagesordnung für die heutige Sitzung als von Ihnen bestätigt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zur Tagesordnung selbst. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Zustand der Umwelt in Sachsen – Ergebnisse des 5. Umweltberichts 2007

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

2. Aktuelle Debatte: Höhere Preise, weniger Service – das Zukunftskonzept der Deutschen Bahn?

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen und der Staatsregierung hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 39 Minuten, Linksfraktion 26 Minuten, SPD

14 Minuten, NPD, FDP jeweils 12 Minuten, GRÜNE 17 Minuten, Staatsregierung 20 Minuten.

Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Zustand der Umwelt in Sachsen – Ergebnisse des 5. Umweltberichts 2007

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Zunächst haben die Antragsteller, die Fraktionen von CDU und SPD, das Wort. Danach folgen Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung.

Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass ein Vertreter der CDU das Wort nimmt. Frau Windisch, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zugegebenermaßen nicht das übliche Prozedere in diesem Hohen Hause, dass Berichte der Staatsregierung Gegenstand einer Aktuellen Debatte sind. Aber ich denke, dem Anliegen des Umweltberichts wird es gerecht, wenn er nicht, wie sonst bei Berichten üblich, am Ende der Tagesordnung, sondern an einem prominenten Platz besprochen wird. Deshalb geht mein Dank an alle Fraktionen, die sich diesem Verfahren angeschlossen haben.

Der Bericht ist im zuständigen Fachausschuss zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Er umfasst den

Zeitraum 2002 bis 2006 und ist wesentlich umfangreicher und detailreicher als alle vorhergehenden Berichte ausgefallen. Eine verdienstvolle Arbeit – diesem Urteil konnte sich sogar unser Herr Kollege Lichdi anschließen. Ich denke, diese Einschätzung tragen alle mit, die den Bericht gelesen haben.

Danke an alle, die an der Erstellung des Berichts beteiligt waren. Aber vor allem geht mein Dank an diejenigen, die wesentlich selbst dazu beigetragen haben, dass sich die Umweltsituation in Sachsen in allen Facetten signifikant verbessert hat.

(Beifall der Abg. Heinz Lehmann, und Horst Rasch, CDU)

Im Berichtszeitraum standen die Bemühungen zur nachhaltigen Gestaltung unserer Lebensumwelt zunehmend im Vordergrund. Demgegenüber sind die Sanierungsaufgaben, insbesondere der immensen Altlasten durch den

Raubbau an Natur und Umwelt im real existierenden Sozialismus, fast vollständig erledigt.

Meine Damen und Herren! Die Bewertung der gegenwärtigen Umweltsituation in Sachsen kann nicht objektiv erfolgen, ohne den Blick auf die Ausgangslage zurückzuwerfen. Deshalb war ich regelrecht geschockt, als ich die Ergebnisse der Studie des Forschungsverbundes SEDStaat der Freien Universität Berlin zum Thema „Das DDR-Bild von Schülern“ zur Kenntnis genommen habe. Wir haben gestern bereits über andere Aspekte der Studie gesprochen. Aber die Aussagen im Hinblick auf die Umweltsituation waren aus meiner Sicht verheerend. Es ist kaum zu fassen, dass nach Aussage der Studie der größte Teil der befragten Schüler annimmt, die Umwelt sei in der DDR sauberer als in der Bundesrepublik gewesen. Die richtige Antwort gab nur jeder Fünfte.

Warum wissen junge Leute heute nicht mehr, wie es in Schlema, Espenhain und Böhlen ausgesehen hat, welchen Zustand die Wälder auf dem Erzgebirgskamm hatten, dass Flüsse und Bäche bessere Kloaken waren und dass mir im Winter vom höchsten Punkt meines Heimatortes der Blick ins Tal durch eine dicke Smog-Schicht versperrt war, aus der nur der Schornstein des filterlosen Rohbraunkohlekraftwerks herausragte?

Ein Grund dafür ist neben dem Verdrängen oder Vergessen eine nicht zu entschuldigende Bildungslücke, was die Lebenssituation in der DDR insgesamt betrifft. Es fehlt aber auch das Wissen, dass gerade die prekäre Umweltsituation – neben der Sehnsucht nach Freiheit – der Grund für die friedliche Revolution war.

Drei Handlungsfelder möchte ich kurz beleuchten: Klima, erneuerbare Energien und Luft.

Im Umweltbericht schlagen sich die Anstrengungen der Staatsregierung im betrachteten Zeitraum deutlich nieder, den sächsischen Energiemix zugunsten der erneuerbaren Energien zu verändern. So ist das Ziel des Sächsischen Klimaschutzprogramms, von 2001 bis 2010 einen Anteil von 5 % erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch zu erreichen, bereits 2006 erfüllt worden. Allein die 2006 aus erneuerbaren Energien erzeugte Energie hat einen CO2-Ausstoß von 2,6 Millionen Tonnen vermieden. Seit 2003 stagnieren bei steigendem Anteil der erneuerbaren Energien die Zahlen des Gesamtenergieverbrauchs. Dabei ist hervorzuheben, dass die Energieintensität – das Maß, wie viel Energie für eine Einheit BIP benötigt wird – ständig zurückgeht. Das ist auch der Beweis dafür, dass eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch stattgefunden hat.

Zum Thema Luft. Das Messnetz von 31 Luftmessstationen registriert feinste Abweichungen der Qualitätsparameter. Durch die konsequente Modernisierung der Großfeuerungsanlagen spielt die SO2-Belastung kaum noch eine Rolle. Die bodennahe Ozonbelastung ist seit 2003 rückläufig und Benzole sind um 67 % zurückgegangen, grobe Stäube ebenso. Bei Feinstaub sind weitere Anstrengungen nötig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns die im Umwelt- und Klimaschutzbericht erreichten Erfolge auch Erfolge nennen und nicht mit der Lupe das Haar in der Suppe suchen. Es gilt vielmehr, gemeinsam nach gangbaren, nachhaltigen Strategien zu suchen, um die Umweltsituation in Sachsen weiter kontinuierlich zu verbessern.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort; Frau Dr. Deicke, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Umwelt bedeutet Schutz der Grundlagen unseres Lebens und verdient schon von daher, an herausragender Stelle behandelt zu werden. Das tun wir heute.

Mit der Vorlage des Umweltberichtes 2007 ist die Staatsregierung ihrer Pflicht nachgekommen, einen Bericht mit Daten zum Zustand der Umwelt in Sachsen zu geben. Das verlangt die Europäische Umwelt-Informationsrichtlinie. Es geht dabei in erster Linie um eine Bestandsaufnahme. Das ist gut so, denn nur wer weiß, wo er steht, kann gezielt etwas verändern. Insofern ist der vorliegende Umweltbericht ein wertvolles Arbeitsmaterial, denn daraus lassen sich wichtige Maßnahmenbereiche und Handlungsschwerpunkte ableiten.

Was man aber nicht unmittelbar sieht, ist der Arbeitsaufwand, der hinter diesem Bericht steckt. Als ehemalige Umweltschutzbeauftragte habe ich da meine eigenen Erfahrungen und weiß dies zu würdigen. Deshalb sage ich Dank an alle, die an diesem Bericht mitgewirkt haben.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Im Berichtszeitraum 2002 bis 2006 ging es ganz maßgeblich um die konsequente Umsetzung von EU-Recht. Dazu zählen eine ganze Reihe von EU-Richtlinien, zum Beispiel die EU-Wasserrahmenrichtlinie oder die FFH-Richtlinie.

Im Vergleich zu seinem Vorgänger hat sich der Umweltbericht 2007 sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht wesentlich verbessert. So konnten erstmals belastbare Daten zur oberflächennahen Nutzung der Geothermie ermittelt und dargestellt werden. Es gibt eine neue Reihenfolge der behandelten Umweltthemen. Diese widerspiegelt auch eine neue Rangfolge. Insbesondere kommt dem Klimaschutz ein herausragender Stellenwert zu. 2002 war dieses Thema noch ganz weit abgeschlagen, fast ein Randthema. Es erschien kurz und knapp unter dem allerletzten Gliederungspunkt und dort wiederum unter dem letzten Unterpunkt. Hier ist dieser qualitative Sprung deutlich zu erkennen.

Ganz neu sind fachübergreifende Themen, die erstmals im Umweltbericht 2007 behandelt werden.

Meine Damen und Herren! Die bereits im Ausschuss geäußerte Kritik, dass der Umweltbericht nicht aktuell ist, ist insofern nicht gerechtfertigt, als es in der Natur der Sache liegt, weil der Berichtszeitraum mit dem Jahr 2006 endet. Allerdings hätte man das auch im Titel des Berichtes deutlich machen sollen.

Nach 2006 waren wir natürlich nicht untätig. Mittlerweile haben wir zum Beispiel den Aktionsplan „Klima und Energie“ auf den Weg gebracht, der nebenbei bemerkt maßgeblich von der SPD vorangetrieben wurde. Auch liegen inzwischen zumindest teilweise weitere Daten vor. Es wäre daher gut, den Umweltbericht kontinuierlich fortzuschreiben.

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns natürlich im Klaren sein, dass die großen Sprünge der Neunzigerjahre sich nicht beliebig fortsetzen lassen. Letztlich gilt das im Umweltschutz wie im Leistungssport. Ist bereits ein hohes Niveau erreicht, dann wird es immer schwieriger, weil viele Maßnahmen schon ausgeschöpft sind. Das sieht man zum Beispiel beim Siedlungsabfall. Es gab im Zeitraum von 1995 bis 2005 praktisch eine Halbierung des Abfallaufkommens pro Einwohner. Im Vergleich der Jahre 2005 und 2006 hat sich das sächsische Abfallaufkommen aus Haushalten um weitere 32 000 Tonnen reduziert oder anders ausgedrückt, jeder Sachse hat im Jahr 2006 sechs Kilogramm weniger Müll erzeugt als 2005. Dies ist auf erhebliche Anstrengungen zur Abfallvermeidung und Abfalltrennung zurückzuführen. Abfallwirtschaftlich gesehen befinden wir uns gerade in einer Umbruchphase, die maßgeblich davon bestimmt ist, dass am 1. Juli 2005 die Abfallablagerungsverordnung in Kraft getreten ist. Danach darf kein unbehandelter Abfall mehr auf Deponien abgelagert werden. Damit ist ein weiterer Schritt nicht nur für den Umweltschutz hin zu einer ressourcenschonenden Kreislauf- und Wertstoffwirtschaft, sondern auch zum Klimaschutz gelungen. Die Abfallwirtschaft trägt damit maßgeblich zur Erfüllung der deutschen Reduktionsziele bei klimaschädigenden Gasen bei. Diesen Weg gilt es konsequent fortzusetzen.

Ich komme zum Schluss und stelle fest: Insgesamt trägt der Umweltbericht 2007 zu einer transparenten und bürgernahen Umweltpolitik im Freistaat Sachsen bei.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)