Christian Tischner
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte sachverständige Mitglieder der Kommission, auch auf der Tribüne und am Livestream, herzlich willkommen!
Am 26. Januar 2017 hat der Thüringer Landtag mit breiter Mehrheit und nach sehr kontroversen Verhandlungen die Enquetekommission „Rassismus und Diskriminierung“ eingerichtet. Damit wurde einem Auftrag infolge der Aufarbeitung der schrecklichen Geschehnisse des NSU mit breiter Mehrheit Rechnung getragen. Es sind aber nicht nur diese schlimmen Geschehnisse, die uns gemeinsam in der Kommission interessierten, sondern es ist insgesamt die Analyse der gesellschaftlichen und politischen Kultur in Thüringen in Zeiten wahrzunehmender Spannungen in der Gesellschaft gegenüber einzelnen gesellschaftlichen Gruppen und einzelnen Menschen.
Nach zweieinhalb Jahren intensivsten Anhörungen und Diskussionen kann grundsätzlich festgestellt werden, dass diese Analysen und Betrachtungen ein Gewinn sind. Sie sind zunächst ein Gewinn für die gesellschaftlichen Gruppen und einzelnen Menschen, denn die Kommission ermöglichte erstmals eine ernsthafte Befassung mit ihren Erfahrungen. Und diese Erfahrungen könnten ein Gewinn für unsere parlamentarische Demokratie darstellen, wenn es gelingen würde, politische Handlungsfelder zu skizzieren und Maßnahmen zu beschreiben, die nicht weiter pauschal stigmatisieren, sondern eine
mit Anstand und Respekt gelebte gesellschaftliche und politische Kultur fördern und leben.
Meine Damen und Herren, nach zweieinhalb Jahren intensiven und erkenntnisreichen Sitzungen liegt Ihnen heute der Abschlussbericht der Enquetekommission inklusive der drei Sondervoten im Umfang von 1.050 Seiten vor. Der von der Enquetekommission vorgelegte Abschlussbericht besteht aus drei Bänden. Band I umfasst den Arbeitsauftrag, die Zusammensetzung der Kommission und den Beratungsverlauf, eine Definition von Rassismus und Diskriminierung, die Ergebnisse der öffentlichen Anhörungen zu Beobachtungspunkten und möglichen Maßnahmen aus dem Beratungsverlauf sowie die mehrheitlich beschlossenen Handlungsempfehlungen der Enquetekommission. Der zweite Band liefert eine ergänzende Dokumentation der Phasen 1 und 2 des Arbeitsprogramms der Kommission, die bereits im Zwischenbericht der Enquetekommission abgebildet werden konnten. Der dritte Band umfasst die Sondervoten und spiegelt damit das facettenreiche Spektrum der politischen Perspektiven auf das Thema wider. Sondervoten liegen uns vor von der CDU-Landtagsfraktion, von der AfD-Landtagsfraktion sowie ein gemeinsames Sondervotum von vier Sachverständigen, die benannt wurden von den Koalitionsfraktionen, nämlich Herrn Aikins, Frau Güleç, Herrn Keskinkılıç und Herrn Yılmaz-Günay. Schon die Anzahl der Sondervoten zum Bericht der Enquetekommission zeigt, dass die Kommission hart in der Sache und intensiv am Detail gearbeitet und diskutiert hat. Angesichts der gesellschaftlichen und politischen Dimension des Gegenstands der Enquetekommission ist dies auch nicht verwunderlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Vorsitzender der Enquetekommission möchte ich allen Beteiligten, allen voran den Sachverständigen und stellvertretenden sachverständigen Mitgliedern sowie den Abgeordneten und den über 200 betroffenen Anzuhörenden und Auskunftspersonen für die geleistete Arbeit, die Gespräche, die Informationen und die Diskussionen danken. Ohne deren vielschichtige Perspektiven, eingebrachte Erfahrungen und fachliche Expertise hätte sich die Kommission nicht in der gebotenen Weise mit unterschiedlichen Formen und Ursachen von Rassismus und Diskriminierung sowie deren Aufeinanderwirken auf das gesellschaftliche Zusammenleben und die freiheitliche Demokratie auseinandersetzen können.
Mein besonderer Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung. Herzlichen Dank an Herrn Dr. Schröder und seine Kollegen vom Protokolldienst.
Herzlichen Dank an die Landtagsverwaltung und die Referenten des Ausschusses, Frau Zetzsch, Frau Diller, Herrn Wittig sowie Herrn Dr. Burfeind und Herrn Riemann.
Es war mitunter eine große Herausforderung für die Verwaltung, die strengen Regeln unserer Geschäftsordnung mit der geisteswissenschaftlichen Arbeit dieser Kommission in Einklang zu bringen, die Verwaltung hat uns aber dabei hervorragend unterstützt.
Deshalb ebenfalls herzlichen Dank an das Sekretariat mit Frau Potapow und Frau Weser sowie an unsere Referentinnen und Referenten in den Fraktionen.
Um die Arbeitsintensität nochmals zu verdeutlichen, darf ich numerisch ausführen: In den 29 Sitzungen der Enquetekommission wurden insgesamt 103 Personen aus unterschiedlichen Fachbereichen, Institutionen regional sowie überregional mündlich angehört sowie 154 schriftliche Stellungnahmen entgegengenommen und ausgewertet. Gleichwohl gehört zur Ehrlichkeit, dass das Interesse der eingeladenen Anzuhörenden trotz telefonischer Nachfragen und möglicher Sondersitzungen deutlich besser hätte sein können. Von 197 mündlich Anzuhörenden haben letztlich 52 Prozent den Weg in den Thüringer Landtag gefunden. Noch dramatischer war es bei den schriftlich Anzuhörenden, hier haben von 425 Eingeladenen 36 Prozent die Möglichkeit zur Stellungnahme genutzt. Wenn nur 46 Prozent, also 174 von 374, der externen Eingeladenen ihr Recht auf Anhörung wahrnehmen, kann dies ein Signal dafür sein, dass die Betroffenheit und Relevanz von rassistischen und diskriminierenden Phänomenen nicht gespürt wird
oder vielfach auch nicht gegeben ist. Das ist nicht zu kritisieren, aber es gehört auch mit zum Bild über die Arbeit der Kommission dazu.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich grundsätzlich ausführen, dass Sinn und Zweck unseres deutschen Parlamentarismus erstens darin besteht, gesellschaftliche Debatten und Kontroversen abzubilden, und zweitens, Kompromisse und Lösungen
im Sinne des Gemeinwohls herzustellen. Dies ist das alltägliche Geschäft, was wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier hier in den Ausschüssen des Landtags leisten. In der Fachliteratur findet sich über die Enquetekommissionen zu lesen – ich zitiere aus einer Broschüre des Deutschen Bundestages –: „Manchmal reicht das Format der ‚normalen‘ Ausschüsse jedoch nicht aus, um die drängenden Fragen und Probleme der Republik angemessen zu beraten. Besonders dann, wenn das Thema nicht nur einen einzelnen politischen oder gesellschaftlichen Bereich berührt, sondern gleich mehrere. Deswegen hat das Parlament die Möglichkeit, einen besonderen Ausschuss, eine sogenannte Enquete-Kommission, einzusetzen, die sich über einen längeren Zeitraum intensiv, aber auch kontrovers mit einem Thema auseinandersetzen kann. Die Kommission soll alle verfügbaren Informationen zu einem Themenkomplex zusammentragen und daraus eine gemeinsame Position erarbeiten, die hoffentlich auch von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden kann.“ Im Fall unserer Enquetekommission wurden vielfältigste Informationen zusammengetragen. Es wurde intensiv beraten und Kontroversen wurden sehr deutlich.
Zur Arbeitsweise der Kommission: Der 6. Thüringer Landtag griff mit der Enquetekommission am 26. Januar 2017 eine Empfehlung des Abschlussberichts des Untersuchungsausschusses des Thüringer Landtags auf. Entsprechend dem Auftrag im Einsetzungsbeschluss des Thüringer Landtags sammelte und verarbeitete die Kommission erstens Informationen von Betroffenen, von Experten und von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Wir diskutierten kontrovers über die Definitionen von „Rassismus“ und „Diskriminierung“, analysierten die politische Kultur und stellten schließlich eine Situationsanalyse von Strategien gegen Rassismus in anderen Bundesländern zusammen. Sehr intensiv berieten wir über die Definitionen. Wir stritten uns auch über einzelne Schwerpunkte, aber insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren, glaube ich, haben wir einen vernünftigen Abschlussbericht vorgelegt – einen Abschlussbericht, der uns am Ende vielleicht auch darauf hoffen lässt, dass wir in Zukunft in die Gesellschaft mehr Anstand und mehr Respekt hineintragen und somit im Grunde ein gutes, ein vernünftiges Zusammenleben ermöglichen können. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wolf, ich wundere mich schon über Ihre Rede. Ich frage mich, in welchem Thüringen Sie leben, ob Sie überhaupt wissen, was in Thüringen und an Thüringer Schulen los ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Schüler, liebe Lehrerkollegen auf der Tribüne, am Ende der Wahlperiode gilt der entscheidende Satz: Entscheidend ist, was hinten rauskommt! Das Fazit linker Bildungspolitik in Thüringen ist eindeutig: Schulpolitik von Linken, SPD und Grünen hat einen erheblichen Qualitätsverlust an unseren Schulen zur Folge.
Linke, SPD und Grüne haben mit ihrer Politik des Zentralisierens, des Vereinheitlichens das Thüringer Schulsystem auf den Weg in den Keller geschickt. Meine Damen und Herren, wer Thüringen als Bildungsland erhalten will, der darf nicht zentralisieren, der muss auf Leistung setzen, der muss fordern und fördern, der muss differenzieren und Vertrauen in die Akteure der Bildungslandschaft haben. All dies haben Sie bewusst untergraben.
Eine kurze Bilanz der Bildungspolitik von Linken, SPD und Grünen: eine Verdopplung des Unterrichtsausfalls. Nimmt man die Stichwoche vom September 2018 mit 23.000 Wochenstunden, rechnet diese mal 40 hoch – jeder weiß, im September ist relativ wenig Ausfall –, dann kommt man auf fast 1 Million Unterrichtsstunden, die nicht gehalten worden sind. Das Zweite Ihrer Bilanz ist: weniger Lehrer vor den Klassen. 2014 hatten wir in Thüringen 17.300 Lehrer, jetzt haben wir 17.100 Lehrer. Das sind 200 Lehrer weniger. Da ist noch nicht mal eingerechnet, dass wir 6.000 Schüler mehr haben, allein diese 6.000 Schüler mehr hätten 300 zusätzliche Lehrer gebraucht. 500 Lehrer weniger vor den Klassen als vor fünf Jahren.
Das ist die Bilanz von Linken, SPD und Grünen. Fehlende Zeugnisnoten: 2017 10.000 Schüler, 2019 13.000 Schüler. Innerhalb von zwei Jahren 30 Prozent mehr Schüler ohne Zeugnisnoten. Das ist der Dank, der da an Rot-Rot-Grün gehen muss.
Herr Wolf, Sie können immer wieder – und Herr Hartung wird das dann auch gleich wieder machen – auf die Vergangenheit verweisen und kritisieren, dass in den Zeiten des Lehrerüberhangs nicht noch mehr Lehrer eingestellt worden sind. Auch ich bin damals nicht eingestellt worden. Das zeigt übrigens aber eines, was Sie damals und heute betreiben: Sie haben keine Ahnung von Personalplanung; man kann nicht über Bedarf einstellen, wenn das Problem da ist. Es haben CDU-Landesregierungen aber immer darauf geachtet – und das haben Sie abgeschafft –, dass ausgebildet wird, dass ausgebildet wird, dass ausgebildet wird.
Wir haben immer so viele Referendare ausgebildet, wie man dann auch tatsächlich eingestellt hat. Wir haben sogar mehr Referendare ausgebildet als eingestellt, damit wir noch eine Auswahl haben, meine Damen und Herren.
Und was haben Sie gemacht?
Sie haben die Referendare eingefroren auf 500, während jetzt jedes Jahr 1.100 Kollegen in Rente gehen. Das ist das Problem, das wir in Thüringen haben: Dass wir nicht einstellen können, liegt nicht an der Vorgängerregierung, sondern liegt daran, dass Sie nicht ausbilden.
Meine Damen und Herren, wie planlos Ihre Personalpolitik ist, zeigt letztlich auch die Situation an den Horten und an den Kindergärten. Erst heute Morgen haben wir alle wieder im Radio gehört, was in den Kindergärten los ist. Zu Hunderten fehlen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch hier führen Linke, SPD und Grüne die Beschäftigten an den Rand der Belastungsgrenze.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat es versäumt, den Generationswechsel an den
Schulen zu gestalten und rechtzeitig die Weichen richtig zu stellen.
Der Lehrerberuf ist trotz Verbeamtung und Höhergruppierung von Regelschullehrern unattraktiver geworden. Fehlende Leistungsanreize, fehlende Beförderungen, zusätzliche Belastungen durch Inklusion und Bürokratie: Das ist die Bilanz von rotrot-grüner Bildungspolitik.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat in den zurückliegenden fünf Jahren unzählige Vorschläge zur Verbesserung der Situation an unseren Thüringer Schulen hier eingebracht.
Alles wurde von Rot-Rot-Grün abgelehnt. Wir werden aber nach dem Regierungswechsel all diese Punkte wieder aufgreifen. Was vor der Wahl gilt, gilt für uns auch nach der Wahl.
Wir werden die Schul- und Unterrichtsqualität wieder in den Fokus rücken. Wir werden mehr Lehrer ausbilden und mehr Lehrer einstellen. Wir werden schneller einstellen und die Schulen bei der Personalplanung maßgeblich einbeziehen. Wir schaffen Leistungsanreize für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben im Schuldienst. Wir werden Lehrer von Bürokratie entlasten, damit sie sich auch auf den Unterricht konzentrieren können. Wir werden Schulleiter in ihrer Entscheidungsfreiheit durch eigene Personal- und Sachkostenbudgets stärken. Wir werden die schulartbezogene Lehrerausbildung wieder einführen, die Sie abgeschafft haben. Wir werden eine maximale Integrationsquote an Thüringer Schulen festschreiben. Wir sprechen uns für mehr Schulsozialarbeit an allen Thüringer Schulen aus.
Wir werden die Förderschulen als professionelle Lernorte flächendeckend erhalten und werden die Förderschulen auch mit Personal ausstatten und das Personal nicht entziehen, so wie es aktuell passiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Schulpolitik gilt: Am 27. Oktober geht es um eine Richtungsentscheidung. Es geht um die Richtungsentscheidung: mehr Zentralisierung, mehr Gleich
macherei oder – worauf die CDU setzt – mehr und bessere Unterrichtsqualität.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil Frau Ministerin Taubert gerade von Redlichkeit gesprochen hat: Zur Redlichkeit, Frau Ministerin, gehört auch dazu, dass, wenn Sie an das vergangene, sehr gute Schulgesetz erinnern, wo durchaus von Gemeinsamem Unterricht die Rede war, Sie dann auch den Paragrafen zitieren, wo die damaligen Landesregierungen festgelegt haben: Wenn wir Gemeinsamen Unterricht machen, ist zunächst eines sicherzustellen, nämlich die Ressourcen – personell, räumlich und sächlich. Und genau das macht diese Landesregierung nicht!
Sie betreiben Inklusion auf Kosten der Schulen, Sie belasten die Lehrer, Sie belasten die Schüler und am Ende haben die Kinder gar nichts davon.
Vielen Dank.
Verwendung der Mittel aus dem Schulbudget zur Absicherung des Unterrichts
Durch die im Juni 2019 vom Thüringer Landtag beschlossene Änderung des Thüringer Schulgesetzes wurde unter anderem § 34 Abs. 1 Thüringer Schulgesetz dahin gehend geändert, dass festgestellt wird, dass neben Lehrkräften für den Religionsunterricht im Honorar- oder Gestellungsvertragsverhältnis auch Lehrer zur Absicherung des Unterrichts in anderen Fächern und Lernbereichen im Honorar- oder Gestellungsvertragsverhältnis keine Landesbediensteten sind. Am 24. Juni 2019 war auch der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport mit der Thematik befasst.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeit des Einsatzes von Honorarkräften im Unterricht, die sich aus der Neufassung des § 34 Abs. 1 Thüringer Schulgesetz ergibt, mit Blick auf bundesgesetzliche Regelungen?
2. Ist es durch die Neufassung des § 34 Abs. 1 Thüringer Schulgesetz möglich, Honorarkräfte für die Vertretung von Unterricht im Rahmen der Stundentafel einzusetzen – bitte begründen –?
3. Können diese Honorarkräfte gegebenenfalls unter entsprechender Anpassung der Durchführungsbestimmungen zum Schulbudget aus Mitteln des Schulbudgets finanziert werden – bitte begründen –?
4. Empfiehlt die Landesregierung eine erneute Änderung des Thüringer Schulgesetzes insbesondere im Hinblick auf § 34 Abs. 1 und wie begründet sie dies?
Vielen Dank. Frau Staatssekretärin, geben Sie mir recht, dass die Ausweisung von Funktionsämtern gerade an den Berufsschulen eine wichtige Voraussetzung ist, um auch die Attraktivität des Lehrerberufes an den Berufsschulen zu erhöhen?
Vielen Dank.
Französischunterricht am Osterlandgymnasium in Gera
Wie mir Eltern von Schülerinnen und Schülern am Osterlandgymnasium in Gera berichteten, gibt es derzeit statt zwei lediglich einen Französischlehrer an der Schule. In der Folge steht das Fach Französisch in den sechsten Klassen als Alternative nicht mehr zur Verfügung. In den Klassen 8, 9 und 10 fällt der Französischunterricht aus.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchen Gründen gibt es am Osterlandgymnasium derartige Personalengpässe im Fach Französisch?
2. Welche Maßnahmen wurden seitens des Schulamts bisher ergriffen bzw. welche Möglichkeiten erachtet die Landesregierung gegenwärtig als notwendig, um diese noch angespannte Personalsituation vor Ort zu lösen?
3. Aus welchen Gründen findet sich in der Übersicht der im Rahmen des Ranglistenverfahrens unbefristet zu besetzenden Stellen im Schuljahr 2019/2020 auf der Internetseite des Schulamts Ostthüringen keine entsprechende Ausschreibung für das Fach Französisch am Osterlandgymnasium?
4. Welche Auswirkungen hat der Wegfall des Französischunterrichts im aktuellen Schuljahr auf die Schülerinnen und Schüler, insbesondere in den Abschlussklassen, und deren weitere Bildungswege?
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Da hat sich ja in den letzten Tagen einiges bewegt.
Manchmal helfen ja vielleicht auch Mündliche Anfragen. Meine Nachfrage, Frau Staatssekretärin: In der 8., 9. und 10. Klasse ist ja der Unterricht stark ausgefallen bis gar nicht durchgeführt worden. Jetzt sagen Sie, ab dem 10. September hat eine Kollegin noch ein paar Stunden übernommen. Wie ist denn jetzt die Situation in der 8., 9. und 10. Klasse?
Ist darüber nachgedacht worden, die Stellenausschreibung dem Osterlandgymnasium auch schulscharf zu ermöglichen?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, kein neues Thema, sondern ein Thema, was wir bereits vor einiger Zeit hier im Landtag diskutiert haben. Gerade als es um das Thema „Bildungsplan“ ging, hatten wir als CDU-Fraktion damals eine öffentliche Debatte zu diesem Plan gefordert, die ausgeblieben ist. Ansonsten ist im Grundsatz natürlich das Ansinnen nachvollziehbar, dass man sagt, bei der Sexualerziehung hat die Familie Vorrang, allerdings erschließt sich uns nicht, warum es dazu notwendig ist, das Schulgesetz zu ändern. Insgesamt wissen Sie ja, sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen, dass die CDU-Fraktion wenig davon hält, immer wieder am Schulgesetz herumzudoktern, weil da am Ende meistens nichts Gutes rauskam, was wir ja auch in den vergangenen Monaten erlebt haben.
Das Thüringer Schulgesetz ist aus unserer Sicht an der Stelle völlig ausreichend. Es regelt in § 47 Abs. 4: „Bei der Sexualerziehung ist Zurückhaltung zu wahren sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den verschiedenen Wertvorstellungen in diesem Bereich zu beachten; jede einseitige Beeinflussung ist zu vermeiden.“ Und weiter regelt der Absatz 5: „Die Eltern“ – und das ist das Zentrale und das Wichtige – „sind über Ziel, Inhalt und Formen der Gesundheits- und Sexualerziehung zu unterrichten.“ Jeder Lehrer, der das vernünftig macht, redet auch vorher mit den Eltern darüber, wie man das am besten machen kann. Und wenn es Fälle gibt, wo die Eltern meinen, da passiert irgendwas, was dem Kind nicht gut tut, dann haben wir immer noch eine Schulaufsicht, die da einzubeziehen ist und die man dann vielleicht auch mal an das Gesetz, was gilt, erinnern kann.
Die CDU-Fraktion setzt sich für eine Sexualerziehung ein, die die Eltern im Dialog einbezieht. Was passiert, wenn Sexualerziehung über die Köpfe der Eltern hinweg geschehen soll, konnte man eindrücklich bei den Diskussionen um den Bildungsplan in Baden-Württemberg vor einigen Jahren erleben, den viele Eltern fürchteten. Und viele Eltern fürchteten auch eine frühe Sexualerziehung ihrer Kinder und sehen darin zu Recht Gefahren. Deshalb sollte aus unserer Sicht darauf geachtet werden, dass Themen altersgerecht angesprochen werden und selbstverständlich die Schamgrenze der Kinder und Jugendlichen respektiert wird. Zentrale Fragen, wie: „Was ist richtig? Was ist falsch? Was möchte ich nicht? Wie kann ich mich wehren? Wer hilft mir?“, sollten als Prävention von sexuellem Missbrauch durchaus früh altersgerecht thematisiert werden. Die CDU-Bundestagsfraktion hat in diesem Jahr im April ein umfassendes Positionspapier zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch beschlossen. Darin enthalten ist beispielsweise auch die Forderung nach Schutzkonzepten gegen sexuellen Kindesmissbrauch in allen Kindertageseinrichtungen, Schulen etc. Wir würden uns wünschen, dass wir vielleicht darüber in der nächsten Legislatur auch noch einmal ausführlicher reden. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Besucher aus Greiz, Berga und Ronneburg! Frau Rothe-Beinlich, Sie haben doch ein paar mehr Dinge angesprochen und da ich nur eine Frage stellen darf, habe ich mich dazu entschieden, noch mal ans Pult zu gehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, es besteht große Einigkeit – der Minister hat es vorhin auch gesagt –, dass wir alle das Beste für unsere Kinder wollen, dass wir alle das Beste für unsere Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten wollen. Nun kann man darüber streiten, was der beste Weg ist. Rot-Rot-Grün sagt: Der beste Weg wäre der, dass man möglichst alles kostenlos macht, die Beitragsfreiheit hinbekommt. Das ist ein Weg.
Wir als CDU vertreten den Standpunkt schon seit vielen Jahren – und es ist schlicht unredlich, Frau Rothe-Beinlich, wenn Sie meinen, Sie kennen unseren Standpunkt nicht, und dann drei Viertel Ihrer Rede dafür verwenden, auf unseren Standpunkt einzugehen und diesen auseinanderzunehmen. Unser Standpunkt ist eben, dass wir sagen: zunächst voll in die Qualität. Sie haben es dann selbst in Ihrer Rede gesagt, kam auch nur Applaus aus Ihrer Fraktion.
Ja, aber nur Ihre Fraktion. Die Linke und die SPD haben sich da gerade sehr zurückgehalten. Sie haben selbst erkannt, wo das Defizit ist, nämlich in der Qualität.
Unsere Fraktion möchte, dass zunächst das viele Geld, das Sie vor allem dank der Bundesregierung erhalten, bei den Kindern ankommt. Da gehört natürlich dazu, dass man bei den Betreuungsschlüsseln etwas macht, da gehört dazu, dass man ausreichend Betreuungsplätze hat.
Dazu gehört eben auch die Frage: Wie kriegen unsere Kinder ein vernünftiges Essen früh, mittags und abends? Dass Ihr Weg der falsche ist, zeigt die Kleine Anfrage, die das Bildungsministerium erst vor ganz kurzer Zeit beantwortet hat. Daraus geht nämlich hervor – und das wollte ich Ihnen dann doch noch mal mitgeben –,
wie viele Betreuungsplätze derzeit in Thüringen fehlen. Sie machen alles kostenlos und dabei haben Sie nicht mal die Möglichkeit, alle Kinder unterzubringen. In der Stadt Erfurt ist es zum Beispiel so, dass derzeit 178 Betreuungsplätze fehlen. In der Stadt Gera fehlen 153 Betreuungsplätze. Im Landkreis – nur mal eine Auswahl – Nordhausen fehlen fast 200 Betreuungsplätze, im Ilm-Kreis fehlen 150 Betreuungsplätze, im Saale-Holzland-Kreis fehlen fast 40 Betreuungsplätze, im Altenburger Land 143 Betreuungsplätze. Angesichts dieser Zahlen stehen wir weiterhin auf dem Standpunkt: Erst die Qualität, erst ausreichend Kapazitäten, und dann können wir überlegen, welche Wahlgeschenke wir auch verschenken. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein paar Punkte, die jetzt in der Debatte aufgeworfen sind, möchte ich doch noch mal aufgreifen und kann sie nicht ganz so stehen lassen.
Zunächst, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich, ich geben Ihnen recht, das Gesetz ist überfällig. Wir als CDU-Fraktion – mein Kollege Kowalleck hat darauf hingewiesen – fordern seit Jahren, dass die Angleichung endlich kommen muss. Thüringen – das muss auch in dieser Debatte noch einmal gesagt werden – ist das letzte Bundesland in Mitteldeutschland, das dieses vollzieht. Sachsen-Anhalt, Bayern, Hessen, Sachsen, alle haben die A13 oder die E13 für die Regelschullehrer schon eingeführt, Thüringen hängt hier zwei, drei Jahre hinterher, hat zwei, drei Jahre die Schulart Regelschule in der Hinsicht vernachlässigt.
Frau Rothe-Beinlich, Sie sagen, Sie geben mit Ihrem Schulgesetz – die Debatte wollen wir nicht wieder aufmachen, aber das muss man auch noch mal ansprechen – Entwicklungsperspektiven. Gerade für die Förderschulen und die Regelschulen, dabei bleiben wir, geben Sie den Schulen Abwicklungsperspektiven.
Meine Damen und Herren, und es ist auch so, dass das, was Herr Wolf immer hier in den Raum stellt, wir als Opposition hätten keine Vorschläge gemacht, hätten keine Anregungen gebracht, schlicht gelogen ist. Es ist nicht wahr, es ist die Unwahrheit,
denn wenn Sie in die vielen Anträge hineinschauen, die wir hier geliefert haben, die Sie immer wieder abgelehnt haben, jetzt am Ende Ihrer Rede, am Ende der Wahlperiode, Frau Rothe-Beinlich, zählen Sie all die Maßnahmen auf, die wir seit drei, vier Jahren hier auf den Tisch legen und fordern. Es ist schlicht unwahr, wenn Sie das hier behaupten. Ein Punkt zum Beispiel, der vielleicht noch in dieser Plenarsitzung aufgerufen wird, ist gerade die Stärkung der Regelschule. Ein Teil, den Frau Finanzmi
nisterin ja glücklicherweise jetzt hier auch mit vorangeht, die Besoldung, gehört dort mit hinein, auch in unseren Vorschlagskatalog. Aber dieser Vorschlagskatalog zur Stärkung der Regelschule, der uns in dieser Plenarsitzung auf dem Tisch liegt, enthält eben 15 weitere Punkte. Von der Stärkung der einzelnen Phasen in der Regelschule, von der Stärkung der Lehrer, über die Aufwertung der Schulart, eine Imagekampagne, Schulberatungen durchführen, den Ausbau von Ganztagsangeboten, in der fünften und sechsten Klasse damit zu beginnen, für jede Regelschule einen Schulsozialarbeiter und, und, und. Eine ganze Menge, jede Schule einen Schulsozialarbeiter, ganz wichtige Punkte, alles Vorschläge, die hier auf dem Tisch liegen, die Sie einfach mal zur Kenntnis nehmen müssten.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Das, was hier auf dem Tisch liegt, ist vernünftig, aber es bleibt dabei, es ist zu spät. Danke.
Vielen Dank.
Einstellung einer zusätzlichen Lehrkraft an der Grundschule Greiz-lrchwitz
An der Grundschule Greiz-lrchwitz lernen 95 Schüler in vier Klassen unterrichtet durch vier Lehrer. Für die erste Klasse des Schuljahres 2019/2020 liegen, wie zu vernehmen war, 33 Anmeldungen vor. Die Klasse soll entsprechend geteilt werden, womit im kommenden Schuljahr zwei erste Klassen eingerichtet werden. Dies erfordert die Einstellung einer weiteren Lehrkraft.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele zusätzliche Lehrerwochenstunden und Lehrer werden der Grundschule Greiz-lrchwitz im kommenden Schuljahr im Vergleich zum Schuljahr 2018/2019 zugewiesen?
2. Wurde bzw. wird für das kommende Schuljahr eine zusätzliche Lehrkraft für die Grundschule Greizlrchwitz eingestellt bzw. von einer anderen Schule an die betreffende Grundschule abgeordnet?
3. Wie ist, soweit eine zusätzliche Einstellung vorgenommen wird, der aktuelle Stand des Einstellungsverfahrens – es wird um Nennung der Zahl der Bewerber gebeten –?
4. Wie stellt sich der Personalbedarf an der Grundschule Greiz-lrchwitz insbesondere mit Blick auf Schülerzahlprognosen in den kommenden drei Jahren dar?
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Sie haben eben ausgeführt, dass die Möglichkeit besteht, dass jemand neu eingestellt wird. Ich frage Sie: Warum ist es dann nicht nachlesbar auf der Seite des Schulamts, wo ja mittlerweile alle Stellen aufgeführt sind, die im Grunde ausgeschrieben sind, dass für die Schule in Greiz-Irchwitz eine Einstellung möglich ist?
Also ich habe vor zwei Sekunden noch mal geschaut, ist nicht eingestellt. Das wäre sehr wichtig. Und das heißt ja auch, dass die Stelle dann an das Schulamt zugewiesen werden müsste.
Und die zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, dass auch an anderen Grundschulen in Greiz eine sehr angespannte Personalsituation herrscht, insbesondere an der Grundschule Pohlitz?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden nun heute glücklicherweise das zweite Mal über die Thüringer Regelschule. Das haben wir in dieser Wahlperiode nicht so oft gemacht und deshalb ist es trotzdem gut, dass wir es thematisieren.
Ich möchte zunächst meine Rede beginnen mit einem Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, die eine hervorragende Arbeit in unseren Thüringer Schulen leisten, insbesondere in den Thüringer Regelschulen. Wir möchten mit diesem Antrag, den wir Ihnen heute vorlegen, ein großes, ein viel, viel größeres Augenmerk auf diese sehr erfolgreiche Schulart legen. Denn aus unserer Sicht ist die Thüringer Regelschule einer der Bausteine, warum Thüringen in den letzten 30 Jahren so erfolgreich bei den Bildungsuntersuchungen abgeschnitten hat, warum unsere Thüringer Schülerinnen und Schüler so erfolgreich qualifiziert wurden.
Da möchte ich anknüpfen an das, was Frau Taubert heute Vormittag gesagt hat. Das teilen wir ausdrücklich nicht, dass es eine falsche Entscheidung gewesen ist, dass wir 1990 nicht den Weg eines einheitlichen Schulsystems
gegangen sind, sondern dass wir den Weg des gegliederten Schulsystems gegangen sind. Das ist der Erfolg, warum Thüringen so stark ist.
Meine Damen und Herren, ich bin froh, über diesen Antrag reden zu können, weil er Ergebnis eines sehr, sehr langen Prozesses ist, den wir gemeinsam mit Praktikern gegangen sind. Wir haben in den vergangenen Monaten sehr intensiv mit Elternvertretungen, mit den Verbänden, mit Praktikern, mit Schulleitern, mit Leuten, die also tatsächlich jeden Tag Regelschule leben, diesen Antrag erarbeitet und freuen uns, dass er nun hier vorgelegt wird, leider zu nicht so ganz günstiger Uhrzeit, aber ich denke, es wird die Möglichkeiten geben, unsere Ideen auch in die Praxis zu bringen.
Ein zweiter Grund, warum ich gern zu diesem Antrag rede, ist, weil ich selbst Kind der Regelschule bin, 1992 in die Regelschule eingeschult, 1998 den Realschulabschluss gemacht und dann bis 2001 am beruflichen Gymnasium in Greiz das Abitur, dann irgendwann weitergegangen zu studieren, bis hin zum Lehrer, irgendwann auch an der Universität gearbeitet und dann hier im Landtag.
Man sieht also an diesem einen Beispiel – es gibt Tausende andere Beispiele –, dass die Regelschule durchlässig ist, dass die Regelschule alle Möglichkeiten eröffnet und dass die Regelschule auch keine Schulart ist, die aus irgendwelchen Gründen sozial benachteiligt. Es gibt Tausende von Beispielen, wo wirklich auch Kinder aus einfachen Verhältnissen gute Bildungswege genommen haben, weil unsere Regelschule dank der Kolleginnen und Kollegen so erfolgreich in den letzten Jahren war.
Aber – und das hören wir immer wieder aus der Praxis – die Regelschule ist nicht mehr das, was sie war. Heute Morgen ist das Zitat gefallen, was Rolf Busch gesagt hat, dass die Thüringer Regelschule nicht mehr das Herzstück ist, sondern mehr und mehr zum Herzpatienten wird. Es ist auch zu beobachten, dass vor allem die Thüringer Gemeinschaftsschule gestärkt wird, dass die Thüringer Gemeinschaftsschule bessere Lehrerzuweisungen erhält gegenüber der Regelschule und dass die Thüringer Gemeinschaftsschule jetzt auch ab der fünften Klasse einsetzen kann, womit man selbst das gemeinsame Lernen, was ab der ersten eigentlich beginnen soll, verrät.
Die Thüringer Regelschule hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Schüler zu erfolgreichen Abschlüssen geführt und ihnen damit den weiteren Weg in die berufliche, in die akademische Ausbildung gelegt. Im Schuljahr 2017/2018 besuchten rund 44.000 Thüringer Schüler, das ist also die große Mehrheit aller Thüringer Schüler in weiterbildende Schulen, eine Regelschule.
Neben dem Gymnasium ist die Regelschule damit ein wichtiger Grundpfeiler des Thüringer Schulsystems. Da der Fokus der rot-rot-grünen Landesregierung jedoch eben nicht auf dieser Schulart liegt, haben wir uns zu diesem Antrag entschlossen. Die Regelschule ist aus unserer Sicht die lebensweltund berufsorientierte Schulform, die optimal die Schülerinnen und Schüler auf das …
Nicht nur mich.
Sie ist die Schulform, die auf den Berufsweg vorbereitet, die auf das Studium vorbereitet. Eltern, die sich am Ende der 4. Klasse unsicher sind, ob ihr Kind die Anforderungen für das Gymnasium erfüllen kann, finden in der Regelschule ein optimales
Angebot an Lehr- und Lernangeboten, die alle Möglichkeiten für den späteren Berufsweg eröffnen. Neben den grundlegenden Fähigkeiten im Rechnen sowie Lesen und Schreiben muss die Regelschule die jungen Erwachsenen auf die Anforderungen der späteren Berufs- und Lebenswelt vorbereiten, und sie tut es gut. Sichere digitale Fähigkeiten gehören hierzu ebenso wie die sozialen Kompetenzen. Diese müssen breiten Raum im Lehr- und Lernangebot einnehmen. Das schlägt sich auch in unseren Vorschlägen für diese Schulart nieder.
Die Thüringer Schülerschaft wird immer heterogener. Differenzierte Lehr- und Lernangebote werden der Vielfalt der Lernvoraussetzungen und der Lerntypen aus unserer Sicht deshalb auch viel besser gerecht. Ein Schulsystem, das die Heterogenität seiner Schülerinnen und Schüler ernst nimmt und sie nicht gleichmachen will, verfügt zugleich über eine größtmögliche Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit unter den Schulformen. In diesem Sinne haben wir Ihnen, haben wir dem Parlament insgesamt 16 Punkte mit verschiedenen Unterpunkten vorgelegt. Zu diesen Punkten gehört unter anderem eine Imagekampagne, die sich nicht nur auf das Image der Regelschule im Allgemeinen konzentriert, sondern auch auf das des Regelschullehrers. Wir haben heute gemeinsam – Gott sei Dank – endlich einen richtigen Schritt getan, dass wir die Regelschullehrer angeglichen haben. Aber es gehört auch dazu, zu sagen, dass die Regelschule ganz toll ist, dass man dort gut unterrichten, leben und sich verwirklichen kann.
Wir wollen die Schullaufbahnberatung an den Grundschulen stärken. Wir hören immer wieder aus den Grundschulen, dass die Eltern irgendwie hören, am Gymnasium ist es besser und da gehen sie lieber mal schnell an das Gymnasium. Wenn man den Eltern, glaube ich, mit sehr, sehr ehrlichen Argumenten und in guten Gesprächen aufzeigt, wie man gegebenenfalls den Weg über die Regelschule hin zum Abitur gehen kann – nicht jeder muss ein Abitur haben, ich glaube, da sind wir uns auch alle einig, wir brauchen viele, viele Handwerker und Praktiker –, dann ist an dieser Stelle, glaube ich, mehr zu erreichen.
Wir wollen an leistungsbezogenen Übertrittsbedingungen festhalten. Das ist die Frage, welche Note braucht man, um ans Gymnasium zu gehen. Ich glaube, hier müssen wir ziemlich hart werden, müssen wahrscheinlich auch härter werden, als das in den letzten Jahren der Fall war. Nicht jeder muss an das Gymnasium. Auch die Gymnasien klagen immer mehr darüber, dass die Qualität nicht mehr so ist, wie sie in den letzten Jahren war. Das hat zur Konsequenz, auch für die Gymnasien, dass sie
nicht mehr so viele Schülerinnen und Schüler haben werden, wie sie sich das vielleicht in den letzten Jahren erhofft haben oder wie die Wünsche da verlaufen sind. Da muss man einfach ehrlich miteinander umgehen. Die Regelschule muss die Regel bleiben.
Wir schlagen weiter vor, Maßnahmen zu ergreifen, die sich auf die Orientierungs- und auf die Differenzierungsphase beziehen; Orientierungsphase heißt also in der 5. und 6. Klasse. Wir stellen uns da vor, dass man nicht nur die leistungsschwächeren Schüler fördert – was ja auch mit Förderunterricht und so weiter passiert –, sondern dass man sich auch um die leistungsstärkeren Schüler in dieser Phase stark kümmert, auch differenziert, um gegebenenfalls in der 5. und 6. Klasse noch mal die Möglichkeit zu eröffnen, ans Gymnasium zu wechseln. Das wird ja relativ wenig gemacht, was auch ein bisschen daran liegt, dass die Differenzierung kaum passiert.
Jetzt haben wir mit dem neuen Schulgesetz die Möglichkeit genommen, spezifische Realschul- und Hauptschulklassen zu bilden – auch so ein Punkt, den wir nicht teilen. Ab der 7. Klasse wollen wir nach Interessen und Neigungen, nach bestimmtem Leistungsniveau differenzieren und individuell fördern. Dazu gehört, dass die Anschlussfähigkeit an die anderen Schulformen deutlich im Blick gehalten wird bis hin zum Berufsleben.
Wir wollen vielfältige Praxisphasen. Da passiert schon viel, da ist auch in den letzten Jahren, gerade noch unter der Regierung auch von CDU und SPD, einiges auf den Weg gebracht worden. Aber man ist leider in diesem Praxismodell stehengeblieben. Gleichermaßen wünschen wir uns Unterstützungsangebote für leistungsstärkere Schüler, aber eben auch für die leistungsschwächeren Schüler in der 7. bis zur 10. Klasse. Wir wollen, dass man in jeder Jahrgangsstufe Klassen als auch Kurse mit Hauptschule und Realschule bilden kann.
Ab der 9. Klasse schlagen wir – wir hoffen, dass wir in den Ausschüssen mit Ihnen und dann gegebenenfalls auch mit den Fachvertretern in die Diskussion kommen können – eine Differenzierung in einen beruflichen Sektor und einen gymnasialen Bereich vor, je nachdem wie die Schüler sich vielleicht schon entschieden haben – das muss auch offen und durchlässig sein –, beruflich dahin gehend, dass stark praxisorientierte Phasen angeboten werden. Wer sagt, ich möchte nach der 10. Klasse unbedingt auf das berufliche Gymnasium oder auf das normale Gymnasium wechseln, der soll durchaus schon wissenschaftlich, propädeutisch vorbereitet werden. Denn während meiner Praxis als Lehrer habe ich immer wieder gemerkt, dass es die Kinder,
die von der Realschule an das Gymnasium wechseln, durchaus schwer haben. Ich sage es mal so deutsch, die müssen das Lernen erst mal lernen. Und wenn man da schon in der Regelschule manches vorbereiten kann, glaube ich, ist dann auch die Anschlussfähigkeit noch besser zu ermöglichen.
Wir schlagen erneut vor – das ist keine neue Forderung von uns, sondern sie kommt ja regelmäßig –, dass wir den Ausbau der Ganztagsangebote in der 5. und 6. Klasse vornehmen. Wir wollen eine Stärkung der Naturwissenschaften, wir wollen eine Stärkung der Wertebildung, der politischen Bildung. Ich glaube, darin sind wir uns auch alle einig,
was notwendig ist und was wir da tun können. Und wir wollen eine stärkere Kooperation auch mit den regionalen Unternehmen bzw. auch mit den Hochschulen hier im Freistaat Thüringen.
Letztendlich ist es uns wichtig, dass wir die differenzierte Lehrerbildung deshalb erhalten. Auch hier teilen wir nicht das, was heute Morgen in der Debatte beispielsweise von der Frau Finanzministerin gesagt wurde. Wir brauchen eine differenzierte Lehrerbildung, wir brauchen den Grundschullehrer, wir brauchen den Regelschullehrer, wir brauchen den Gymnasiallehrer, wir brauchen den Förderschullehrer,
eine Einheitlichkeit machen, ein Einheitsschulsystem, einen Einheitslehrer brauchen wir nicht. Reden Sie mit den Praktikern, Herr Wolf, und gucken Sie nicht durch die Ideologiebrille!
Meine Damen und Herren, unser Antrag ist geprägt von Praxiskenntnis, unser Antrag ist gemeinsam mit Praktikern erarbeitet worden. Wir bitten Sie – auch aus Respekt gegenüber den Praktikern, die diesen Antrag gemeinsam erarbeitet haben, die sich viele Gedanken gemacht haben –, den Antrag weiter im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zu beraten. Vielen Dank.
Vielen Dank. Zunächst Entschuldigung, Herr Staatssekretär, ich kam etwas später und bin mir jetzt nicht sicher, ob die Nachfrage, die ich stelle, vielleicht sogar schon beantwortet wurde. Ein Argument oder eine Begründung, die bei uns im Landkreis immer angeführt wird, ist auch, dass das Azubi-Ticket ja zunächst befristet war. Jetzt haben wir diese Woche gehört, dass es entfristet wurde. Ist es geplant, dass vielleicht auch das Ministerium jetzt noch mal auf den Landkreis zugeht und noch mal
diese neue Faktenlage darstellt, um dann vielleicht auch noch mal ins Gespräch zu kommen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir beraten nun den Einzelplan 04 – Bildung, Jugend und Sport –, einen der größten Einzelpläne, die der Thüringer Landeshaushalt auf
weist, mit 1,9 Milliarden Euro. Der Einzelplan ist im Wesentlichen durch Personalkosten geprägt. Die Kosten – Kosten ist eigentlich ein schlechtes Wort –, aber die Gehälter, die Löhne für unsere Lehrer, für unsere Erzieher, unsere Pädagogen und die Aufwüchse seit 2014 um rund 350 Millionen Euro – Herr Pidde hat ja heute Morgen darauf noch mal hingewiesen – sind so im Wesentlichen stark auch durch diese Personalkosten begründbar. Dass das Personalentwicklungskonzept für diesen Einzelplan in die Zukunft verschoben wurde, ist aus Sicht meiner Fraktion mehr als nachvollziehbar und eine richtige Entscheidung. Dennoch reicht diese Entscheidung allein nicht aus, um seriös weiter in die Zukunft planen zu können. Wir fordern deshalb schnellstmöglich ein Personalentwicklungskonzept, das an die realen Lehrer- und Schülerzahlen angepasst ist. Dass die Landesregierung in den Haushaltsberatungen massiv gemauert hat, als die Frage nach dem zukünftigen Einstellungsbedarf gestellt wurde, glich einer Bankrotterklärung. Zur Gestaltung des Generationswechsels brauchen wir endlich eine aktuelle und – ich denke, da sind wir uns auch alle einig – wahlperiodenübergreifende Personalplanung. Es ist kein Geheimnis, dass meine Fraktion diese Personalplanung und auch die Personaleinstellung optimieren will und die Schulen vor Ort mit viel mehr Kompetenz auch in dieser Frage ausstatten möchte.
Grundsätzlich sind die vorgesehenen Mehrausgaben – das Personal betreffend – gerade als notwendig zu begrüßen. Sie, sehr geehrte Kollegen von den rot-rot-grünen Fraktionen, haben Mittel zur Verfügung, von denen wir zu unseren Regierungszeiten natürlich nur träumen konnten.
Mittel für zusätzliche Lehrkräfte sind jedoch nicht gleichbedeutend mit der tatsächlichen Besetzung der Stellen. Es ist hinlänglich bekannt, dass nicht alle frei werdenden Stellen auch besetzt werden können. Dass das Bildungsministerium deshalb seine finanziellen Möglichkeiten, die es auch in den letzten Jahren sehr umfangreich hatte, nicht ausgeschöpft hat, um Lehrerinnen und Lehrer auch mit zusätzlichen finanziellen Anreizen nach Thüringen zu locken, ist aus unserer Sicht unverantwortlich. Im Haushaltsjahr 2018 hat das Bildungsministerium über 80 Millionen Euro zur Verfügung gestellte Mittel nicht genutzt. Wer so unflexibel agiert, hat die Dramatik des Wettbewerbs um Lehrer nicht verstanden.
Es ist gut und richtig, dass keine Lehrer mehr abgebaut werden sollen. Gleichzeitig bedeutet diese Ankündigung des Ministeriums, dass noch bis vor ei
nem halben Jahr Stellen abgebaut worden sind. Und hier liegt auch der große Unterschied zu dieser Wahlperiode und allen anderen Wahlperioden. Während sich in den ersten fünf Wahlperioden die Schülerzahlen um 50 Prozent reduziert haben, und das sogar innerhalb von zehn Jahren – von 1996 bis 2006 haben sich die Schülerzahlen von 400.000 auf 200.000 halbiert –, steigen nun seit 2014 die Schülerzahlen kontinuierlich an. Der Lehrerüberhang ist vorbei. Trotzdem hat die Landesregierung bis vor einem halben Jahr weiterhin Stellen abgebaut.
Für das Schuljahr 2017/2018 hat dies beispielsweise bedeutet, dass noch mal 350 Stellen weniger zur Verfügung gestanden haben als in der Zeit vorher.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die entscheidende Frage zur Bewältigung des Generationswechsel sind aber die Ausbildungskapazitäten. Meine Fraktion hat hier immer wieder zu diesem Thema Anträge eingebracht, auch in den Haushaltsberatungen, auch in dieser Haushaltsberatung wieder. Die verfehlte Politik der letzten vier Jahre mit Blick auf die Lehramtsanwärter rächt sich nun dramatisch. In der 6. Wahlperiode sollten eigentlich – so war die Planung der letzten Landesregierung – 3.700 Lehramtsanwärter ausgebildet werden. Tatsächlich sind in dieser Wahlperiode nur 2.400 Referendarinnen ausgebildet worden – 1.300 junge Lehrerinnen und Lehrer weniger als eigentlich geplant war. Wenn circa 1.000 Lehrer jährlich in den Ruhestand gehen, sind 500 Lehramtsanwärter deutlich zu wenig, denn – ich sage es immer wieder – wer einstellen will, der muss zuerst ausbilden. Unsere Forderung haben wir immer wieder in Anträgen aufgemacht, entsprechende Anträge auch in dieser Haushaltsverhandlung gestellt. Leider sind diese von Rot-Rot-Grün immer wieder und auch dieses Mal abgelehnt worden.
Auch in diesen Haushaltsberatungen haben wir zusätzliche 2 Millionen Euro für Referendare beantragt – mindestens 800 Referendare jährlich, das heißt also insgesamt 1.600. Dieser Aufwuchs wäre und ist dann natürlich auch fortzuführen. Leider wurde es abgelehnt.
Der Änderungsantrag von Rot-Rot-Grün, der nun endlich aufgrund des großen politischen Drucks gekommen ist, verstößt allerdings gegen den Grundsatz der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit und ist halbherzig. Sie erhöhen zwar die Anzahl der Referendare auf insgesamt 1.500, aber nur in den Erläuterungen, denn die Mittel stellen Sie in der Haushaltsstelle tatsächlich nicht zur Verfügung. Es bleibt bei dem Ansatz von 19,5 Millionen Euro, wie er vorher schon darin zu lesen stand und vom Mi
nisterium vorgeschlagen worden ist. Das ist halbherzig und nicht ehrlich.
Aus Sicht der CDU werden wir im Fall der Regierungsübernahme eine zukunftsorientierte finanzpolitische Strategie umsetzen, die zur Lösung der Probleme im Bildungsbereich noch mehr geeignet ist.
Es geht in den nächsten Jahren darum, den Generationswechsel in den Lehrerzimmern zu gestalten und die richtigen Weichen zu stellen, um den Lehrerberuf in Thüringen wieder attraktiver zu machen. Gerade im MINT‑Bereich, Mathematik, Physik, Chemie und Informatik, werden junge und engagierte Lehrer dringend benötigt. Auch hier haben wir wieder zum Haushalt unseren Vorschlag zum interdisziplinären Lehrerbildungszentrum an einer Universität hier in Thüringen gemacht. Leider ist das ebenfalls abgelehnt worden.
Die zusätzlichen 300.000 Euro, die die Koalitionsfraktionen jetzt noch einmal zur Lehrergewinnungskampagne vorschlagen, lesen sich auf dem Papier ganz schön und auch die Kampagne, die jetzt auf dem Markt ist, sieht sehr nett aus. Aber allein mit Mehrausgaben für Lehrergewinnungskampagnen bringen wir die jungen Kolleginnen und Kollegen nicht zurück. Als nach wie vor katastrophal hat erst in dieser Woche der Thüringer Lehrerverband die Einstellungsbedingungen beschrieben. Deswegen ist es aus unserer Sicht dringend geboten, dass das Kultusministerium seine organisatorischen Hausaufgaben macht, bevor viele bunte Bildchen geklebt werden.
Wir wollen die Attraktivität des Lehrerberufs stärken. Dafür braucht es nicht nur schnellere Einstellungsverfahren und auch eigenverantwortliche, schulverantwortliche Einstellungsverfahren. Es braucht auch die Schaffung von zusätzlichen Beförderungsstellen für Fachleiter, denn diese müssen ja die Kolleginnen und Kollegen ausbilden. Und wir brauchen flexible und zukunftsfähige Besoldungssysteme für Lehrerinnen und Lehrer, die im bundesweiten Wettbewerb bestehen können.
Das gestern beschlossene Schulgesetz ist haushälterisch eine Blackbox. Die zu erwartenden Kosten im Hinblick auf den Gemeinsamen Unterricht – den diesbezüglichen Personal- und Investitionsbedarf – finden Sie nirgendwo im Haushalt abgebildet, worauf ja selbst der Minister hingewiesen hat. Selbst dort, wo die Kosten im Schulgesetz beziffert werden, stellt sich die Frage, ob und wie diese im Haushalt abgebildet werden. Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Schulgesetz stellt fest: „Ausgehend von etwa 1.000 Schulpflichtigen im Al
ter von 16 bis 18 Jahren, die zusätzlich an den berufsbildenden Schulen beschult würden, ergibt sich ein Bedarf an 163 zusätzlichen Stellen E 13 für Lehrkräfte sowie an 50 zusätzlichen Sozialpädagogen. Jährliche Ausgaben in Höhe von etwa 14 Millionen Euro sind zu erwarten.“ Hier haben wir also gestern erlebt, dass ein Gesetz beschlossen wurde, was nicht mal untersetzt ist.
Meine Damen und Herren, ich muss jetzt leider darauf verzichten, auf die weiteren nicht haushälterischen Umsetzungen des Schulgesetzes einzugehen. Dafür reicht hier die Zeit nicht. Das werden wir dann in den nächsten Monaten und Jahren hier intensiv diskutieren. Fakt ist, dass die Masse des Schulgesetzes gestern auf Kosten der Kommunen beschlossen wurde. Mit Blick auf die Integrationshelfer und die zu schaffenden baulichen Maßnahmen werden die Kommunen deutlich unter Druck geraten. Dann ist es eben kein kommunalfreundlicher Haushalt mehr, der hier vorliegt.
Sehr geehrte Damen und Herren, das geplante weitere beitragsfreie Kita-Jahr ist aus unserer Sicht nicht mehr als ein sehr, sehr teures Wahlgeschenk. Der Aufwuchs bei den Ausgaben für Kindertageseinrichtungen um 47,3 Millionen Euro auf jetzt 96,2 Millionen Euro trägt leider kaum zur Steigerung der Qualität in unseren Kindergärten bei. Die 37,7 Millionen Euro Umsatzsteueranteile aus dem sogenannten Gute-KiTa-Gesetz werden so verbrannt. Laut einer Bertelsmann-Studie müssten in Thüringen insgesamt 8.000 zusätzliche Fachkräfte eingestellt werden, um den empfohlenen Betreuungsschlüssel zu erreichen – auch darauf haben wir hier von dieser Stelle aus bereits mehrfach verwiesen. Wir sehen die Gefahr, dass das weitere beitragsfreie Kindergartenjahr dauerhaft nicht finanzierbar ist, insbesondere wenn die Mittel des Bundes auslaufen. Wir würden uns hier eine höhere und ehrliche Prioritätensetzung zugunsten der Verbesserung der Betreuungsqualität wünschen. Zunächst brauchen wir Pädagogen und Erziehungsplätze, ehe wir Geschenke verteilen.
Dass die Mittel für die örtliche Jugendförderung auf 15,75 Millionen Euro und für die Schulsozialarbeit auf 12 Millionen Euro aufgestockt werden, ist angesichts der finanziellen Möglichkeiten des Landes grundsätzlich zu begrüßen. Was für die Schulen gilt, gilt auch hier im Jugendbereich: Wenn mehr Schüler, mehr Jugendliche da sind, ist es auch vernünftig, dort Geld einzusetzen. Ebenso verhält es sich mit den zusätzlichen 3,9 Millionen Euro für den Landesjugendförderplan und für Investitionen in die Jugendhilfe.
Die umfangreichen Investitionen für den Sport – allein 14 Millionen Euro zur Förderung des WM
Standorts Oberhof – sind ebenso grundsätzlich zu begrüßen. Dies gilt auch mit Blick auf die Investition von 3,9 Millionen Euro am Schießsportzentrum in Suhl. Wir wünschen uns, dass aber beide Investitionen noch mehr in den gesamten Freistaat ausstrahlen. Auch wird weiterhin zu beraten, zu diskutieren und zu stärken sein, wie der Vereins- und Verbandssport in der Fläche noch mehr unterstützt werden kann.
Mit der Novellierung des Sportfördergesetzes stellen Sie 5 Millionen Euro für die sogenannten kostenlosen Sportstätten zur Verfügung. Dass dies unrealistisch ist und bei Weitem nicht reicht, haben wir hier ja schon intensiv und ausführlich diskutiert.
Meine Damen und Herren, die grundlegende Kritik bleibt aus unserer Sicht auch bei diesem Einzelplan bestehen. Würden Sie Respekt vor dem Parlament haben, würden Sie die Entscheidung über den Haushalt dem kommenden Landtag überlassen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, herzliche Grüße zunächst an die Vertreter der Elternschaft, an die Vertreter der Landesschülervertretung, an Frau Langner vom Verband der Förderschulen, Frau Vitzthum von der GEW – herzlich willkommen, dass Sie als Praktiker heute dieser Debatte beiwohnen.
Ich möchte den Entschließungsantrag damit begründen, dass ich bereits in der vergangenen, in der ersten Lesung zum Schulgesetz darauf verwiesen habe, was die Erfolge des Thüringer Bildungssystems in den zurückliegenden Jahrzehnten waren, was die Erfolge gewesen sind, die die Schüler, die die Lehrer erzielt haben. Ich habe in meiner Rede damals beschrieben, was die Herausforderungen sind, mit denen sich das Thüringer Bildungssystem derzeit auseinanderzusetzen hat. Es sind die Auseinandersetzungen um die Frage: Wie finden wir Tausende Kolleginnen und Kollegen, die in
den nächsten Jahren eingestellt werden müssen? Es sind die Fragen um den Unterrichtsausfall, es sind die Fragen um Hunderte langzeitkranke Lehrer, es sind die Fragen um tausendfach fehlende Zeugnisnoten oder natürlich auch die eklatanten Stundenplankürzungen. Die Kernfrage angesichts der Herausforderungen der Thüringer Schullandschaft ist: Wie erreiche ich beste Qualität in unseren Thüringer Schulen und wie gelingt es, in Zukunft gute Schule in Thüringen zu betreiben?
Thüringen hat über viele Jahre ein erfolgreiches und gutes Schulgesetz gehabt, das vor allem Rechtssicherheit geschaffen hat.
Mit unserem Entschließungsantrag zu diesem Tagesordnungspunkt liefern wir erneut praktikable Vorschläge, Vorschläge, für die es keine Schulgesetzänderung brauchte, sondern gemeinsames, verantwortungsvolles Handeln in diesem Hohen Hause. Ihre Hilfeschreie nach Änderungsanträgen der Opposition zu diesem Schulgesetz, sehr geehrte Kollegen von Rot-Rot-Grün, die Sie immer wieder hier ausstoßen, sind verfehlt. Eine Gesetzesnovelle, der es nicht bedarf, weil sie Probleme schafft und keine Probleme löst, braucht keine Änderungsanträge, sondern eine solche Schulgesetznovelle braucht die Einsicht bei Linken, SPD und Grünen, dass sie überflüssig wie ein Kropf ist.
Meine Damen und Herren, in unserem Entschließungsantrag schlagen wir einen Teil der vielen Maßnahmen vor, die wir immer wieder hier in den Thüringer Landtag eingebracht haben, unter anderem die Steigerung der Ausbildungskapazitäten, die schnelleren Einstellungsverfahren – gestern wieder großes mediales Thema –, das MINT-Zentrum für mehr Lehrerinnen und Lehrer in den Naturwissenschaften, ein besseres Zulagen- und Beförderungssystem, was Rot-Rot-Grün ja vor Kurzem erst abgeschafft hat, ein besseres Personalentwicklungskonzept und überhaupt die Überarbeitung des Personalentwicklungskonzepts sowie ein Sofortprogramm zur Reduzierung des Unterrichtsausfalls. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur ein Satz zu Herrn Hartung: Schade, wohin es mit der Bildungspartei SPD gekommen ist.
Nichts haben Sie geliefert, nichts gesagt, schade.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte im Namen meiner Fraktion mit drei Feststellungen beginnen. Die erste Feststellung: Dieses Schulgesetz, diese Schulgesetznovelle hätte es nicht gebraucht. Die zweite Feststellung: Dieses Schulgesetz löst keines der Probleme in den Thüringer Schulen. Und die dritte Feststellung: Dieses Schulgesetz ist ein Schulbelastungsgesetz.
Wer fast täglich Kontakt mit unseren Schulen hat, den kann die aktuelle Situation nicht zufriedenstellen. Den drängt es zum Handeln, den drängt es, Antworten und Lösungen für unsere Schulen zu finden.
Wer weiß, wie Unterricht vorbereitet, wie Unterricht durchgeführt und nachbereitet wird, wie außerschulische Lernangebote organisiert werden, wer täglich als Pädagoge Kindern und Jugendlichen hilft, den Weg in ein eigenverantwortliches Leben zu finden, der weiß eines: Jede zusätzliche Belastung wird die Probleme in unseren Schulen erhöhen und den Krankenstand bei den Kolleginnen und Kollegen weiter ansteigen lassen. Alles, was
Unterricht belastet und von ihm ablenkt, wird zulasten der Qualität und zulasten der Begeisterung für guten Unterricht führen.
Die Unstimmigkeiten zwischen der Regierung Ramelow und der CDU‑Landtagsfraktion beginnen in der Frage des Wie. Wie kann es gelingen, Unterrichtsqualität zu erhöhen und ein durchlässiges, ein anschlussfähiges und ein leistungsfähiges Bildungssystem anzubieten? Linke, SPD und Grüne schaffen mit dieser Novelle ein Schulbelastungsgesetz, das auf Zentralisierung, auf mehr Inklusion und auf Einheitsschule zielt. Thüringen braucht aber kein Schulgesetz, das das gesamte Bildungssystem in den kommenden Jahren in massive Unruhe versetzt und belastet. Wir als CDU wollen Verlässlichkeit und wir wollen Ruhe im Bildungssystem. Wir stehen für ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das die Attraktivität des Lehrerberufs erhöht, auf mehr Ausbildung und Einstellung setzt und die Einstellungsverfahren deutlich beschleunigt.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat in den vergangenen vier, fünf Jahren verschiedenste Vorschläge, Maßnahmen und Anträge hier in die parlamentarische Debatte eingebracht. Ich möchte Ihnen gern eine kleine Auswahl daraus vortragen. Ich erinnere an – jetzt aktuell noch hier im Landtag liegend – unseren Plenarantrag zur Stärkung der Thüringer Regelschule. Ich erinnere an unsere Initiative zur zusätzlichen Einstellung von Lehramtsreferendaren, an die Initiative „Gleichstellung aller Schularten im gegliederten Schulsystem“, an die Initiative „Gleichstellung von Ein-Fach-Lehrern an Thüringer Schulen“, an unseren Plenarantrag aus dem Jahr 2017 „Duale Ausbildung stärken, Unternehmertum fördern!“, an den Plenarantrag „Vielfalt fördert alle – [Förderschulen und] Differenziertes Schulsystem in Thüringen stärken“. Ich erinnere an unseren Plenarantrag „Situation der [Referendare und Fachleiter] verbessern – Lehrernachwuchs sichern“. Ich erinnere an unseren Plenarantrag aus dem Jahr 2016: Zukunft der DAZ-Lehrer sichern, im selben Jahr: Beschulung von Flüchtlingen in Thüringer Schulen, im Jahr 2015 der Plenarantrag „Gute Bildung braucht starke Schulleiter“ und damals natürlich auch das Gesetz über die Schulen in freier Trägerschaft. Ein wichtiger Punkt ist auch unser Maßnahmenpaket von 2017, mit deren Abarbeitung sich die Ramelow-Regierung sehr schwer tut, aber im Schneckentempo doch vieles übernimmt. Ich denke an die Besoldung der Regelschullehrer, aber auch an die Einstellungskampagne.
Meine Damen und Herren, bei der Einbringungsrede dieses Gesetzes erläuterte der Bildungsminister, ich zitiere: „Die Erarbeitung des Gesetzes ist ein
Beweis, ein Beispiel für gelebte Demokratie, wie man durch gute Kommunikation, Berücksichtigung der Auffassung der Menschen vor Ort, der Basis sozusagen, ein Gesetz vorlegt, welches hoffentlich breit getragen wird.“ Eines haben die Beratungen in den letzten Wochen gezeigt: Breite Unterstützung für dieses Gesetz gibt es in Thüringen nicht. Vielfach wird der Beteiligungsprozess sogar als pseudodemokratisch beschrieben.
Die Kritik sowohl bei der mündlichen Anhörung als auch nun bei der zweiten Runde war vernichtend und im Grunde nur ablehnend. Ich zitiere, Frau Präsidentin, die Landeselternvertretung, die davon spricht, dass „der Änderungsantrag nicht geeignet [ist], auf die brennenden Fragen der Schulentwicklung in Thüringen zukunftsweisende und nachhaltige Antworten zu geben.“ Und weiter heißt es in der Stellungnahme der Thüringer Elternschaft: „Die Landeselternvertretung lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf auch unter Berücksichtigung des Änderungsantrages weiterhin aus grundsätzlichen Über[zeu]gungen ab“.
Der Philologenverband spricht davon, dass er das Schulgesetz „auch in der geänderten Form“ ablehnt. In ähnlicher Art und Weise formuliert das der Thüringer Lehrerverband. Es findet sich faktisch keine Stellungnahme, die nachvollziehbar Lob für das vorliegende Schulbelastungsgesetz nebst dem rot-rot-grünen Änderungsantrag gibt. Wenn der Landtag diese Novelle heute beschließt, dann beschließt er ein Gesetz, das in der Fachöffentlichkeit und in der Bevölkerung auf größte Ablehnung stößt.
Sehr geehrte Kollegen, insbesondere Kollegen der Koalitionsfraktionen, Sie verlassen sich natürlich auf Ihre Fachpolitiker. Ich hoffe, Sie sind nicht irgendwann verlassen. An vielen Stellen im Gesetzentwurf wird nämlich auch Ihnen nicht reiner Wein eingeschenkt. So verweist die Novelle gleich an mindestens neun Stellen auf weitere Regelungen in einer zukünftigen Rechtsverordnung. Beispielsweise erstens in § 7 a: Größenvorgaben über regionale Förderzentren sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Weiterhin: Die Zugangsvoraussetzungen für Migranten an Berufsschulen sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Das Feststellungsverfahren zur Beschulung von Kindern im
Gemeinsamen Unterricht – da ist also die Frage: Förderschule ja oder Gemeinsamer Unterricht? – soll in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Die Festlegung zu Einzugsbereichen und Schulbezirken soll in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Fünftens: Die Aufnahmekapazitäten und Auswahlverfahren von Schülern an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Was – nichts anderes als Schulgrößen – ist das? Aufgaben der sonderpädagogischen Fachkräfte sollen geregelt werden, die Festlegung von Mindest- und Höchstschülerzahlen für Schulen, Klassen und Kurse bei berufsbildenden Schulen sollen in einer Verordnung geregelt werden. Die Aufstellung des Schulnetzplans soll in einer Verordnung geregelt werden und zuletzt die Sache, die auch Herr Hartung heute wieder nicht erklären konnte, die Kooperationsmodelle: Während des gesamten halben Jahres konnte kein Vertreter der Regierung, kein Vertreter der Koalitionsfraktionen erklären, was nun wirklich die Unterschiede der Kooperationsmodelle sind und wie die im Grunde auszugestalten sind. Auch das verschieben Sie in die Rechtsverordnung.
An mindestens neun zentralen bildungspolitischen Stellen sollen die Mitglieder des Thüringer Landtags also heute – sprichwörtlich – die Katze im Sack kaufen. Das lehnt die CDU ab.
Immerhin, Rot-Rot-Grün hat den Gesetzentwurf nachgebessert oder besser „verschlimmbessert“. Der Druck derjenigen, die Schule täglich leben und erleben – die sitzen heute auf der Tribüne –, aber auch von uns als CDU-Fraktion war groß, war zu groß, um ihn gänzlich zu ignorieren. Noch nie hat eine Schulgesetznovelle so viel Widerspruch und Ablehnung erfahren, bis zum heutigen Tag. Die Kritik war und ist vernichtend.
Schließlich blieb der Ramelow-Regierung nur noch der Versuch eines Befreiungsschlags. Ein Befreiungsschlag, der Sie, Herr Minister, dazu veranlasste, noch vor Abschluss der parlamentarischen Beratungen hier und heute an diesem Tage Ihr eigenes Gesetz als Provokation darzustellen. Wenn dieses Gesetz der Regierung Ramelow eine Provokation sein sollte, dann ist es Ihnen nicht gelungen, diese im parlamentarischen Verfahren zu heilen.
Im Übrigen ist die größte Provokation, dass Sie vielen ehrenamtlichen Bildungsakteuren, Hunderten Schulleitern, Tausenden Lehrern und Eltern einen Beteiligungsprozess zugemutet haben, dessen Ergebnis eine bewusste Provokation war. So geht man nicht mit den Trägern des Thüringer Bildungs
systems um. Sie haben mit diesem Pseudobeteiligungsprozess riesige Erwartungen geweckt und nun eine Welle der Enttäuschung und der Kritik hervorgerufen, an der wir noch Jahre zu knaupeln haben werden.
Die Menschen erwarten von einer Regierung nicht, dass diese provoziert, sondern dass sie Probleme löst und Probleme anpackt.
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz werden Schulen nicht entlastet, sondern belastet. Ich möchte exemplarisch auf vier Beispiele eingehen: die Belastung des Unterrichts durch mehr Inklusion, die Belastung der Eltern, die Belastung der Lehrer, die Belastung der Schulträger. Letztendlich wirkt das alles auf unsere Kinder und Jugendlichen. Die Ramelow-Regierung nutzt die Inklusion als Katalysator hin zum Einheitsschulsystem. Sie betreiben Inklusion und lassen die Schulen ohne Ressourcen zurück. Einstimmig verweisen Lehrer, Eltern und Schülerverbände sowie die freien und die kommunalen Schulträger auf die entstehenden Belastungen für alle Bildungsakteure wegen fehlender Ressourcen für gelingenden Gemeinsamen Unterricht. Daran gibt es auch hier nichts schönzureden. Die Landesschülervertretung hat heute nochmals im MDR darauf hingewiesen, dass nicht geklärt ist, wie das gelingen soll. Es gäbe ohnehin schon zu wenige Lehrer. Sie würden mit der neuen Situation überfordert. Es nutzt also schlicht nichts, wenn Sie im Gesetz das Reizwort „Schulen ohne Schüler“ mit „Schulen werden zu Beratungs- und Unterstützungszentren“ ersetzen. Das sind keine Lernorte und Ihr § 7a Abs. 2 macht Thüringer Förderschulen zum Auslaufmodell.
Sie schwächen das Elternwahlrecht und belasten das Kindeswohl. Indem Eltern zukünftig durch das Schulamt ausführlich beraten werden müssen, bevor sie das Kind an eine Förderschule geben, belasten und schränken Sie das Elternwahlrecht ein. Mit Blick auf die Beratung durch das staatliche Schulamt ist zumindest eine unabhängige Beratung nicht gegeben, zumal das Schulamt auch den nächstgelegenen und geeigneten Lernort im Gemeinsamen Unterricht erst einmal festlegen wird. Wie gefährlich Ihr Tempo von Inklusion ist, zeigen die vielen Beispiele, die uns in den letzten Wochen und Monaten aus der Praxis erreicht haben. Ich möchte stellvertretend nur eines kurz vorlesen: In einer Klasse von mindestens 20 und mehr Kindern ist unser Sohn völlig überfordert.
Eine permanente – ja, die Vorsitzende der Linken telefoniert, wenn die Eltern zu Wort kommen, das ist typisch...
Und Sie schreien noch rein, wenn die Eltern zu Wort kommen.
Sie sollten mal ein bisschen...
Vielleicht darf ich noch mal die Eltern zu Wort kommen lassen, Frau Präsidentin?
In einer Klasse von 20 und mehr Kindern ist unser Sohn völlig überfordert. Eine permanente Reizüberflutung, mit der er nicht zurechtkommt, eine Geräuschkulisse, die er aufgrund seiner Schwerhörigkeit nicht verarbeiten kann, ein Lernspektrum, für das er kognitiv nicht in der Lage ist, ein räumliches Umfeld – für seinen Pflegeaufwand völlig unbrauchbar, ein Umfeld, in dem er immer der Schlechteste sein wird, ohne Erfolgserlebnisse. – Wer ein bisschen was von Pädagogik, ein bisschen was von Psychologie und Didaktik versteht, der weiß, dass die Lern- und die Leistungsmotivation die Grundlage für den Erfolg von Lernen ist.
Meine Damen und Herren, Sie überfordern und gängeln nicht nur Eltern und Schüler, Sie gehen zur Durchsetzung Ihrer Ideologie auch gegen die staatlichen und freien Schulträger und deren verfassungsrechtlich verbriefte Rechte vor.
Erstens: Mit dem Schulbelastungsgesetz entscheidet das Schulamt zukünftig allein über den Lernort eines Schülers. Damit wird über die Köpfe der Schulträger hinweg entschieden. Wir lehnen diese Zwangszuweisung ohne Mitsprache der Schulträger ab.
Zweitens: Sie erhöhen den Druck auf die Schulträger und letztlich auf die Qualität des Unterrichts, weil die Kosten für die Inklusionshelfer und erforderlichen Umbauten an den Schulen nirgendwo zur Verfügung gestellt werden.
Drittens: Sie greifen in die kommunale Selbstverwaltung ein, wenn zukünftig die Regierung die Mög
lichkeit erhält, über die Schulträger hinweg Schulschließungen vorzunehmen, wenn der Schulträger eine schulorganisatorische Maßnahme nach § 13 nicht selbst beantragt.
Viertens: Auch aus den Reihen der freien Schulträger hagelt es verfassungsrechtliche Bedenken. Und die Frage der Beteiligung der Träger an der Erstellung sonderpädagogischer Gutachten wird auf ein Mindestmaß reduziert. Hier hat das Misstrauen von Rot-Rot-Grün über die Arbeit der freien Träger leider gesiegt.
Meine Damen und Herren, die Schaffung zusätzlicher Pflichten für Lehrkräfte und Schulleitungen in den §§ 27 f. und der damit einhergehende organisatorische Mehraufwand bedeuten vor allem eins: zusätzliche schulische und außerschulische Aufgaben für Klassenlehrer, für Fachlehrer und für Schulleitungen. Es sind insbesondere die Lehrerinnen und Lehrer, die betonen, dass diese Novelle schlichtweg nicht praxistauglich ist und zu zusätzlichen Belastungen führen wird.
Entgegen aller Verlautbarungen, die wir heute schon gehört haben und noch hören werden: Diese berechtigten Ängste wurden leider in der parlamentarischen Beratung überwiegend nicht beachtet. Die Ramelow-Regierung legt mit diesem Schulbelastungsgesetz Standards fest, die die Schulpraxis an den Rand der Leistungsfähigkeit führen werden.
Meine Damen und Herren, aus Zeitgründen möchte ich nur noch drei weitere Kritikpunkte nennen, die unser Schulsystem erheblich verändern werden.
Der erste Wahnsinn, der hier geregelt werden soll, ist: Gemeinschaftsschulen können wie die Regelschulen zukünftig von der 5. bis zur 10. Klasse geführt werden. Sie verraten damit Ihre eigene Idee des längeren gemeinsamen Lernens.
Sie machen Gemeinschaftsschulen zu schlechteren Regelschulen.
Meine Damen und Herren, der zweite Wahnsinn: Eine echte Versetzungsentscheidung soll zukünftig erst am Ende der 4. Klasse erfolgen. Da in der 5. Klasse zur 6. Klasse hin das Sitzenbleiben ebenfalls nicht möglich ist, wird die Regel werden, dass Kinder in der 7. Klasse sitzen und nur zwei Versetzungsentscheidungen erlebt haben. Unser erfolgreiches Bildungssystem bleibt damit vollkommen auf der Strecke.
Der dritte Wahnsinn: Die Zurückstellung vom Schuleintritt soll nur aus medizinischen Gründen durch den Amtsarzt möglich sein.
Und das Landesverwaltungsamt teilt uns in seiner Stellungnahme mit: Aus schulärztlicher Sicht kann es sinnvoll sein, eine Zurückstellung auch dann anzunehmen, wenn es noch kein Krankheitsfall ist. Sie machen also mit Ihren Punkten zur Zurückstellung vom Unterricht die Kinder zum politischen Spielball.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit der Debatte um die gescheiterte Gebietsreform gab es in diesem Hohen Haus keine derart vernichtende Kritik wie jene, die uns hier zum Schulbelastungsgesetz erreicht hat. Dass von Rot-Rot-Grün nicht einmal der Hinweis aufgegriffen wurde, dass in § 19 Abs. 2 Thüringer Kita-Gesetz, was ja auch mit verhandelt wird, auf § 8 Abs. 4 verwiesen wird, obwohl es diesen Paragrafen überhaupt nicht gibt, das zeugt von der Qualität Ihres Gesetzgebungsverfahrens.
Meine Damen und Herren, die vielen anderen Fehler, die da noch drinstecken, erspare ich mir. Sicherlich werden wir sowieso die eine oder andere Nachbesserung zu diesem Gesetz erleben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dass diejenigen, die Schule täglich erleben und vor allem die Schule täglich leben, während des vergangenen halben Jahres erkannt haben, wer die Interessen der Thüringer Schulen vertritt. Rot-RotGrün ist es jedenfalls nicht.
Keine andere Fraktion im Thüringer Landtag hat in dieser Wahlperiode so viele bildungspolitische Vorschläge und Anträge auf den Tisch gelegt wie die CDU-Landtagsfraktion.
Meine Fraktion hat einen klaren Kompass für ein starkes, für ein leistungsorientiertes Schulsystem. Unsere Vorschläge können sich sehen lassen. Und wenn die Regierung Ramelow nicht liefert, kann die CDU dies gern tun.
Wir werden unseren Grundschulen, Regelschulen, Gymnasien, Förderschulen, Gemeinschaftsschulen, Gesamtschulen
und berufsbildenden Schulen nach dem Regierungswechsel eine ehrliche Perspektive geben, eine Perspektive, die Kinder, Pädagogen, Eltern und Schulträger ernst nimmt und diese nicht belastet. Eines ist aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion glasklar: Alle Belastungen, die heute beschlossen werden, müssen nach einem Regierungswechsel zurückgenommen werden. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen, sehr geehrte Zuschauer auf der Tribüne, wir haben jetzt zwei Reden gehört. Die eine Rede, die alles schwarzmalt, die andere Rede, die alles schön malt. Wahrscheinlich ist der Weg irgendwo dazwischen. Die Problematik dieser Aktuellen Stunde ist keine neue Aktuelle Stunde. Neu an der Thematik ist allerdings, wenn man die Kleinen Anfragen, aus denen Herr Wolf ja schon zitiert hat, mal zusammenlegt, die ich in den letzten drei Jahren zu dieser
Problematik gestellt habe: Im Schuljahr 2016/2017 waren 478 Klassen in Thüringen von fehlenden Zeugnisnoten betroffen. Ein Jahr später, im Schuljahr 2017/2018, waren es schon 610 Klassen, die davon betroffen waren, und im Schuljahr 2018/2019 sind es nun 644 Klassen, die davon betroffen sind.
Das ist innerhalb von zwei Jahren eine Steigerung von nahezu 30 Prozent an Klassen und Schülern, die auf Zeugnissen keine Note bekommen; fast 13.000 Schülerinnen und Schüler, 3.000 Schüler mehr als vor zwei Jahren, denen das Recht auf vollständige Zeugnisse verweigert wird. Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind erneut die Thüringer Regelschulen. Herr Wolf, keinen einzigen Vorschlag habe ich jetzt in Ihrer Rede gehört, wie Sie die Regelschule stärken wollen. Die Angleichung, auf die Sie verweisen, ist von den Bundesländern um Thüringen herum schon lange vollzogen. Wir müssen endlich dazu kommen.
Alle anderen Bundesländer um uns herum, die die A 13 für Regelschulen eingeführt haben, stellen übrigens einen CDU-Kultusminister, Frau Kollegin.
Der Vergleich über die Jahre zeigt auch ein weiteres Phänomen: Waren vor zwei Jahren vor allem zwei Schulamtsbereiche von der Problematik fehlender Zeugnisnoten betroffen, nämlich Nord- und Ostthüringen, ist es inzwischen ein flächendeckendes Problem. Massive Steigerungen in Mittelthüringen mit 147 Klassen, in Westthüringen 134 Klassen, Nordthüringen – immer noch Spitzenreiter – mit fast 170 Klassen. Diese steigenden Zahlen – überall, landauf, landab – sind inzwischen, so kann man sagen, zum Markenzeichen der Bildungspolitik von Linken, SPD und Grünen in unserem Land geworden. Es ist ein Armutszeugnis, wenn der zuständige Minister jetzt ankündigt: Wir können auch zum Schuljahresende nicht garantieren, dass die Zeugnisse vollständig sind. Schüler haben eine Schulpflicht, aber Schüler haben eben auch ein Recht auf eine vollständige Benotung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei Jahre nach einer Regierungserklärung, die den Thüringerinnen und Thüringern die Unterrichtsgarantie angekündigt hat, sind wir von dieser weiter entfernt denn je. In der Tat: Vieles wurde diskutiert, manches wurde auf den Weg gebracht, weniges beschlossen, aber vieles wurde im Vollzug – und das ist das Problem – halbherzig umgesetzt, einerseits, weil handwerklich schlecht gemacht, andererseits,
weil Rot-Rot-Grün manche Maßnahme, die sie beschließt, selbst nicht so richtig will. Ich denke nur an die Verbeamtung oder an die Seiteneinsteiger.
Ihr größtes Problem ist nämlich: Sie ordnen die dringend benötigten Sofortmaßnahmen zur Bewältigung des Generationswechsels einer bildungspolitischen Ideologie unter, die auf Gleichmacherei setzt. Vier Beispiele: Regelschullehrerbesoldung verbessert – erster Schritt, zweiter soll kommen, gleichzeitig Beförderungssystem in Thüringen abgeschafft. Seiteneinsteiger in den Schuldienst eingeführt, weniger eingestellt und Qualifizierungsverfahren nicht ausreichend entwickelt. Unterjährige Einstellungen zugelassen, aber fehlende Personalplanung und zentralistische Steuerung erschweren dieses Instrument. Schulbudgets eingeführt – Wirkung und Zielstellung verfehlt. Es bleibt dabei: Wir brauchen wirksame Sofortmaßnahmen, wir brauchen kein Schulgesetz, was die Probleme noch mehr verstärken wird, wir brauchen mehr Ausbildung, wir brauchen attraktive Stellen und schnelle Einstellungsverfahren und unsere Schülerinnen und Schüler brauchen alle Noten auf den Zeugnissen. Vielen Dank.