Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für diese Plenarsitzung hat Herr Abgeordneter Tischner als Schriftführer neben mir Platz genommen und die Redeliste wird von Herrn Abgeordneten Schaft geführt.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Ministerpräsident Ramelow zeitweise, Frau Abgeordnete Dr. Lukin den ganzen Tag.
Ich darf noch einige Hinweise zur Tagesordnung geben: Zu TOP 11, Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, wurde ein Änderungsantrag des Abgeordneten Helmerich verteilt. Gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung sind Änderungsanträge zu selbstständigen Vorlagen, die keinen Gesetzentwurf enthalten, nur mit Zustimmung der Antragsteller zulässig. Ich frage deshalb die Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen danach. Eine Zustimmung wird nicht erteilt. Damit ist der Änderungsantrag nicht zulässig.
Zu TOP 14, Antrag der Fraktion der CDU, wurde ein Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen verteilt. Ich frage deshalb die CDU-Fraktion, ob Zustimmung erteilt wird. Damit ist der Änderungsantrag zulässig.
Die Landesregierung hat mitgeteilt, dass neben den Tagesordnungspunkten 4, 6, 7 und 11 auch zum Tagesordnungspunkt 13 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch gemacht wird.
Dann frage ich noch einmal, ob es weitere Änderungen zur Tagesordnung gibt. Das ist nicht der Fall, sodass wir dann in die Tagesordnung eintreten.
Mindestlohnregelung unbürokratischer gestalten Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/135 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit - Drucksache 6/634
Das Wort hat Frau Abgeordnete Meißner aus dem Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit zur Berichterstattung. Frau Meißner, bitte.
Einen wunderschönen guten Morgen, sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen! Der Antrag der CDU-Fraktion „Mindestlohnregelung unbürokratischer gestalten“ wurde am 29. Januar dieses Jahres erstmals im Landtag beraten und federführend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit sowie an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen. Der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit hat den Antrag nicht öffentlich in seiner 3. und 4. Sitzung am 19. Februar und am 19. März beraten. Der mitberatende Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft hat den Antrag in seiner 5. Sitzung am 23. April sowie in seiner 6. Sitzung am 21. Mai behandelt. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit und des Ausschusses für Wirtschaft und Wissenschaft lautet, den Antrag abzulehnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Meißner. Ich eröffne damit die Aussprache und das Wort hat Frau Abgeordnete Leukefeld von der Fraktion Die Linke.
Guten Morgen, sehr verehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne! Der Antrag der CDUFraktion „Mindestlohn unbürokratischer gestalten“ liegt seit dem 21. Januar vor. Das war gleich drei Wochen, nachdem er überhaupt in Kraft getreten ist. Mittlerweile ist schon etwas Zeit ins Land gegangen – ich habe einmal nachgezählt, es sind 18 Wochen – 18 Wochen und das Abendland ist nicht untergegangen.
(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Da braucht es auch schon ein bisschen mehr, damit das Abendland untergeht!)
Dennoch wollte sich die CDU wie auch die Wirtschaft mit diesem Bundesgesetz – es handelt sich um ein Bundesgesetz – nicht abfinden und fordert Nachbesserungen. Ich will es noch einmal ganz kurz sagen: Es geht vor allen Dingen darum, unnötige Dokumentationspflichten abzuschaffen, es geht darum, das Ganze etwas zu entkrampfen und auch den Verwaltungsaufwand zu verringern. Es geht darum, die sogenannte Auftraggeberhaftung bei der Zahlung des Mindestlohns abzuschwächen, damit keine Kettenhaftung erfolgt. Und Sie wollen auch die Dokumentationspflicht bei geringfügig Beschäftigten aussetzen. In Gänze fordert die CDU bun
desweit noch die Gehaltsschwelle für die Aufzeichnungspflicht von 2.958 Euro auf 1.900 Euro abzusenken, das steht aber nicht hier in dem Antrag. Die Wirtschaft spricht über – ich zitiere – „eine verfahrene Situation“, ein „Bürokratiemonster“, der Mittelstand sei enttäuscht, „Schwarz-Rot hat die Chance vertan“.
Meine Damen und Herren, das sehen wir nicht so. Die Linke ist froh, wenn uns auch der Schritt nicht groß genug ist, weil es noch so viele Ausnahmen gibt und auch 8,50 Euro letztendlich nicht vor Altersarmut schützen werden,
Ich möchte gern noch mal die Dimension klarmachen, um die es hier geht. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat in Verbindung mit der Datenermittlung für das IAB-Betriebspanel eine repräsentative Arbeitgeberbefragung gemacht und herausgefunden: Von diesem Mindestlohngesetz sind im Osten im Durchschnitt 24 Prozent aller Unternehmen, im Westen im Schnitt 9 Prozent aller Betriebe betroffen. Da relativiert sich doch etwas der Aufschrei. Beim Mindestlohngipfel der Landesregierung, der dann am 5. März stattgefunden hatte, hörte sich das in der Debatte auch alles etwas gemäßigter an. Ich möchte mich hier noch einmal bei der Ministerin für Arbeit und Soziales für den erfolgreichen Mindestlohngipfel bedanken, 45 Teilnehmer, im Ergebnis ein umfangreiches Protokoll, ein Brief an die Bundesministerin Frau Nahles mit den Eckpunkten. Ich persönlich fand es schade, dass das Hauptzollamt, was ja die Kontrolle übernimmt, nicht anwesend war. Hier sind die ersten Erfahrungen durchaus interessant, aber das kann man bei einem nachfolgenden zweiten Gipfel, der schon geplant ist, dann beachten. Sichtbar wurde eins ganz klar und das ist auch nicht unnormal: Es gibt deutliche Interessenunterschiede zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Das ist so. Da muss abgewogen und letztendlich politisch entschieden werden, wofür man sich einsetzt. Da sage ich ganz klar: Der Einsatz soll für diejenigen sein, die im Niedriglohnbereich arbeiten und die noch aufstocken müssen, weil es nicht für das Leben reicht. Eins muss man bei dem Mindestlohngipfel auch sagen: Klar war, dass die Einführung des Mindestlohnes letztliche von allen anerkannt wurde. Es ist nur die Frage, nicht nach dem Ob, sondern nach dem Wie.
Klar herausgestellt wurde auch, dass Arbeitszeiten zu dokumentieren sind und dass das, meine Damen und Herren, eine Selbstverständlichkeit sein muss, um den Mindestlohn tatsächlich umzusetzen. Nicht nur ich sage: Wer Mehrarbeit nicht bezahlen will, wehrt sich gegen diese Dokumentationspflicht, denn ansonsten ist sie auch unabhängig vom Min
destlohn notwendig. Wir haben jetzt nicht so viel Zeit, aber es gibt einen kleinen Zettel vom DGB, auch von anderen Gewerkschaften, „Arbeitszeiterfassung“. Da braucht man nur den Namen, den Monat, das Jahr, Wochentag, Beginn, Pause, Ende, Stunden draufschreiben, das geht relativ schnell. Der Gesetzgeber macht eigentlich keine Vorschriften zur Aufzeichnungspflicht und im Übrigen kann der Arbeitgeber diese Pflicht auch auf die Arbeitnehmer übertragen. Insofern sage ich: Wo bitte schön ist das Problem?
Im Übrigen: Für Branchen, die einen für allgemein verbindlich erklärten Mindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz haben, gibt es schon länger eine generelle Aufzeichnungspflicht. Das ist aber auch bekannt. Wir wissen auch, welche Bereiche dazu gehören, ich muss die hier nicht noch einmal besonders betonen. Auch, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Auswirkung des Mindestlohns auf die Lohnentwicklung insgesamt, weil auch diejenigen, die mehr verdienen, nachgezogen werden und das machen auch die Arbeitgeber zum großen Teil, auch diese Lohnentwicklung ist richtig und ist gewollt. Sie kennen auch die Gründe – ob das Kaufkraft stärken ist, Lebensqualität verbessern, Armut aktuell und auch in Zukunft zu verhindern. Das sind alles wichtige Themen, um endlich aus dem Niedriglohnbereich rauszukommen. Viele Unternehmen und Handwerker unterstützen das auch. Auch das will ich hier klar sagen. Ich habe mal den Malermeister Jüttner aus Jena, wie er in der OTZ beschrieben war, rausgesucht. Er sagte, er habe nichts gegen den Mindestlohn und sei für gerechte Entlohnung; so habe das neue Gesetz auch dafür gesorgt, dass dem Preisdumping ein Stück weit der Riegel vorgeschoben worden sei.
Und auch das ist keine neue Erkenntnis. Ich erinnere mich an eine Anhörung in der vorletzten Wahlperiode genau zu diesen Themen im Wirtschaftsausschuss, in der das schon hervorgehoben wurde.
Ich will noch drei Fakten nennen. Fakt ist, dass es weitere Aufklärung geben muss. Da ist in der Zwischenzeit viel nachgezogen worden. Wenn Sie sich die Internetseite vom Bundesministerium angucken, wenn Sie sich die Internetseite vom Zoll angucken, sind viele der Fragen, zum Teil auch kleine Fragen mittlerweile beantwortet und man kann entsprechend handeln.
Fakt ist aber auch, das will ich deutlich sagen, dass es durchaus viele Versuche von Unternehmen gibt, den Mindestlohn zu unterlaufen. Es gibt ja auch Unternehmensberater und Schulungen, die gute Tipps, übrigens auch für Geld, verkaufen, was man tun könnte. Ich meine, es wäre besser gewesen, so viel Energie und Zeit auf die Umsetzung zu konzen
Wenn den Firmenchefs insbesondere die Dokumentationspflichten sowie die Kontrollen durch die Zollbehörde ein Dorn im Auge sind und sie Vorwürfe wie Kriminalisierung oder Generalverdacht zurückweisen, so will ich nur zwei, drei Tatsachen hier nennen, was gemacht wird, um den Mindestlohn zu unterlaufen. Das meiste ist die Kürzung der Arbeitszeit, dass also die gleiche Arbeit in weniger Zeit zu realisieren ist. Dann haben die Betroffenen also keinen Cent mehr von der Einführung des Mindestlohns. Es gibt Veränderungen bei den Arbeitsaufgaben, wo in der gleichen Arbeitszeit eben mehr getan werden muss. Ich erinnere hier insbesondere an das Reinigungsgewerbe. Es gibt aber auch Kürzungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld und deren Anrechnung auf den Gesamtverdienst. Ich kann zu diesen Fakten sagen, sie sind alle rechtswidrig und da gibt es auch schon die ersten Urteile. Man kann niemandem empfehlen, damit umzugehen.
Fakt ist aber auch – das möchte ich hier noch einmal sagen –, dass die Einführung des Mindestlohns in Deutschland der Wirtschaft eben keinen Abbruch getan hat.
Die „Süddeutsche“ titelte am 21.05. „8,50 Euro Mindestlohn – na und?“. Dort heißt es, ich darf zitieren: „Der Zeitpunkt für den Startschuss hätte kaum besser ausgewählt werden können: Die Wirtschaft floriert, Produkte made in Germany sind nach wie vor weltweit gefragt, viele Unternehmen brauchen mehr Mitarbeiter. Dies hat dazu beigetragen, dass der Mindestlohn bis April den Beschäftigungsboom nicht abgewürgt hat.“ Im Gegenteil, das Institut IAB rechnet sogar mit einer höheren Zahl von Erwerbstätigen.
Nun gab es in der letzten Woche noch eine Meldung und auch darauf beziehen Sie sich ja in Ihrem Antrag, das ist die Frage nach den geringfügig Beschäftigten, nach den sogenannten Minijobbern. Sie möchten dort die Aufzeichnungs- und Kontrollpflicht ganz aussetzen. Wir sagen auch dazu Nein, denn ich glaube, es ist unbedingt nötig, dass da kontrolliert wird. Nach Aussage der Minijobzentrale sank die Zahl der auf 450-Euro-Basis Beschäftigten im gewerblichen Bereich in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 237.000, das sind 3,5 Prozent, auf etwa 6,6 Millionen bundesweit und auch in Thüringen ist die Anzahl der Minijobber besonders deutlich gesunken. Ich sage Ihnen, das freut mich, weil Minijobber im Grunde genommen von dem, was sie verdienen, tatsächlich nicht leben können. Die Wenigsten machen das als Zweitjob, während sie einen anderen Volljob haben. Wenn dafür sozi
Zusammenfassend sei gesagt, es ist eine Evaluation vorgesehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU. Sie sind ja im Bund in der Regierung. Wie man hören konnte, sollte es dazu noch mal in der Koalitionsspitze Verhandlungen geben, die sind ausgesetzt worden. Ich denke, von Thüringen aus brauchen wir hier nicht aktiv zu werden. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen. Sorgen wir dafür, dass das Mindestlohngesetz umgesetzt wird und dass dann die entsprechende Kommission schrittweise auch ab 2017 eine weitere Erhöhung einleiten kann. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Leukefeld. Das Wort erteile ich nun dem Abgeordneten Wirkner von der CDU-Fraktion.
Werter Herr Landtagspräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, meine sehr verehrten Damen und Herren in den Zuschauerreihen, vor allen Dingen die vielen jungen Leute, die heute früh hier sind, ich begrüße Sie alle recht herzlich!
„Mindestlohnregelung unbürokratischer gestalten“, das ist der Wortlaut des Antrags der CDU-Fraktion, der heute hier zur Diskussion steht, zu dem nun vieles gesagt worden ist, vieles Unverständliche vor allen Dingen. Dieses Thema „Mindestlohn“, das beschäftigt die Menschen in diesem Land schon seit Januar dieses Jahres, der Mindestlohn, der sich darauf bezieht, dass jeder, der arbeitet, 8,50 Euro bekommen soll. Dieser Regelung stimmen wir grundsätzlich zu – die CDU-Fraktion steht also grundsätzlich hinter der Einführung des flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro –
und, wie Sie wissen, habe ich hier nicht zum ersten Mal zu diesem Thema gestanden, ich im Besonderen. Aber die Regularien, die es dazu gibt, sind zu kritisieren und deswegen hat sich die CDU aufgemacht, um einen Antrag einzubringen mit dem Ziel, diesen Mindestlohn unbürokratisch wirksam werden zu lassen. In dem Antrag gibt es vier Kernpunkte, zu denen wir uns hier äußern wollen. Die Punkte sind,
1. dieses Gesetz von den unnötigen Pflichten zur Dokumentation zu befreien – ich komme dann noch mal darauf zurück –,
3. eine rechtliche Präzisierung der Prüfpflichten des Generalunternehmers, Stichpunkt „Kettenhaftung“,