Protocol of the Session on May 5, 2017

Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie herzlich zu unserer heutigen Plenarsitzung begrüßen. Besonders begrüßen darf ich Besucher auf der Besuchertribüne, einmal eine 9. Klasse von der Kolpingschule und einmal vom Grone-Bildungszentrum 30 Seminarteilnehmer und von der Gemeinschaftsschule in Erfurt. Herzlich willkommen zu unserer heutigen

(Beifall im Hause)

Sitzung, die ich hiermit eröffne.

Für die Plenarsitzung hat als Schriftführer neben mir Herr Abgeordneter Herrgott Platz genommen, Herr Abgeordneter Kräuter führt die Redeliste.

Für die heutige Sitzung haben sich – wie Sie sehen – eine ganze Reihe von Kollegen entschuldigt: Herr Abgeordneter Emde, Herr Abgeordneter Fiedler, Frau Abgeordnete Holbe, Frau Abgeordnete Dr. Lukin, Herr Abgeordneter Reinholz, Herr Abgeordneter Wirkner, Frau Ministerin Siegesmund, Herr Minister Lauinger zeitweise, Frau Ministerin Keller und Frau Abgeordnete Tasch.

Bevor wir in die Sitzung einsteigen, darf ich aus der gestrigen Sitzung noch eine unangenehme Pflicht erledigen. Vorgestern hat Herr Abgeordneter Brandner in der Sitzung zum Tagesordnungspunkt 1 geäußert – ich zitiere –: „Warum meint man immer, es wäre ein Nilpferd im Haus, wenn Herr Harzer ausatmet?“ Ich finde, das ist ordnungsrufwürdig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie bekommen dafür einen Ordnungsruf. Herr Hey weiß schon, warum er nicht applaudiert, weil er Herrn Abgeordneten Brandner gegenüber zugerufen hat, dass er eine „Napfsülze“ sei. Auch dafür erhalten Sie einen Ordnungsruf.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich nehme das als Zustimmung zu dem Ordnungsruf und nicht zu dem Ausspruch.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das war genau anders gemeint!)

Dafür bekommen Sie auch noch einen Ordnungsruf, Herr Dittes. Nein, aber Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass wir uns nicht gegenseitig beschimpfen und Sie würden dafür das nächste Mal einen Ordnungsruf bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es zur vorliegenden Tagesordnung noch irgendwelche Änderungswünsche? Das ist nicht der Fall. Dann treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Thüringer Gesetz zur Anpassung abfallrechtlicher Regelungen an das Kreislaufwirtschaftsgesetz Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/3710 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Regierung das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Herr Staatssekretär Möller, bitte.

Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Entwurf eines Thüringer Gesetzes zur Anpassung abfallrechtlicher Regelungen des Landes an das Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes – das klingt jetzt sehr technisch, ist aber notwendig –, enthält als wesentlichen Teil in Artikel 1 das Thüringer Ausführungsgesetz zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Das ist dann, wenn es beschlossen wird, unser neues Landesabfallgesetz.

Der Titel „Ausführungsgesetz zum Kreislaufwirtschaftsgesetz“ macht deutlich, dass aufgrund der zunehmenden bundesrechtlichen Regelungen und Vorgaben im Kreislaufwirtschaftsgesetz der Handlungsspielraum des Landes begrenzt ist. Wir waren auch fest entschlossen, diesen begrenzten Handlungsspielraum nicht künstlich zu erweitern, sondern uns auf die Dinge, die wir im Land regeln können und müssen, zu beschränken.

Ich will ganz kurz im Rahmen der Einbringung hier auf drei uns wichtige Kernpunkte des Gesetzentwurfs hinweisen: Zum einen wollen wir mit diesem Gesetzentwurf die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand stärken. Es sollen beim staatlichen Handeln, insbesondere bei der öffentlichen Beschaffung, Umweltaspekte möglichst stärker als bisher berücksichtigt werden, um den Schutz und natürlich insbesondere den sparsamen und effizienten Umgang mit Rohstoffen und natürlichen Ressourcen zu fördern. Wir haben dazu eine Regelung zur Vorbildwirkung der öffentlichen Hand aufgenommen, die von Behörden und Einrichtungen des Landes, einschließlich der Kommunen, abfallwirtschaftlich vorbildliche Verhaltensweisen fordert. Die Behörden des Landes tragen in ihrem gesamten Wirkungskreis zur Förderung der Kreislaufwirtschaft bei, heißt es in § 2 des Gesetzentwurfs.

Uns allen ist klar, dass man nur glaubhaft für die Umwelt eintreten kann, wenn man selbst entsprechend handelt. Das soll mit dieser Regelung zur Vorbildwirkung der öffentlichen Hand im Gesetzentwurf erreicht werden. Ich will noch in Richtung der Haushälter sagen, dass ausufernde Kosten durch

diese Regelung nicht zu befürchten sind, denn am Ende steht auch diese Regelung unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Wir sind aber überzeugt davon, dass sich möglicherweise kurzzeitig entstehende Mehrkosten durch Einsparungen an Energie und Rohstoffen sowie durch ein geringeres Abfallaufkommen durchaus am Ende rechnen werden.

Zweitens wollen wir das Thema „Verwertung“ stärken. Wir haben im Kreislaufwirtschaftsgesetz eine fünfstufige Abfallhierarchie. Wir wollen zuerst Abfälle vermeiden, dann soll direkt wiederverwendet werden. Als Drittes die stoffliche Verwertung, als Viertes die sonstige, in der Regel energetische Verwertung oder auch zum Beispiel Verwertung zum Auffüllen und erst als Letztes die Beseitigung. Diese Abfallhierarchie, die das Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes vorgibt, wollen wir durch Regelungen in unserem Ausführungsgesetz stärken. Insbesondere sollen die Landkreise und kreisfreien Städte in ihren Satzungen nur solche Regelungen treffen, die dieser Abfallhierarchie nicht zuwiderlaufen. Es soll vermieden werden, dass wirtschaftliche Fehlanreize in den Satzungen durch niedrigere Gebühren für in der Abfallhierarchie schlechtere Verfahren eingeführt werden. Das heißt also im Klartext, die Beseitigung soll nicht billiger sein als die Wiederverwertung. So sollen die Satzungen ausgestaltet werden und diese Vorgabe macht das Gesetz. Wir leben in einer Marktwirtschaft und die Preise bestimmen unser Verhalten. Insofern ist es wichtig, dass in der Abfallhierarchie schlechtere Verfahren nicht günstiger, nicht billiger sind als bessere Verfahren. Das ist der zweite Punkt.

(Beifall SPD)

Im dritten Punkt geht es um das Thema „Bürgernahe Erfassung von Elektrokleingeräten“. Leider ist auf Bundesebene die Wertstofftonne nicht zum Tragen gekommen. Wir wollten gern ein Wertstoffgesetz auf Bundesebene haben, aber das ist leider nicht beschlossen oder nicht auf den Weg gebracht worden. Es gibt viele Menschen, die die gelbe Tonne schon heute im Sinne intelligenter Fehlwürfe benutzen, um Elektrokleingeräte zu entsorgen. Das ist nicht ganz legal, aber in manchen Fällen durchaus sinnvoll. Wir wollen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichten, Regelungen einzuführen, dass gerade in den Gebieten, wo es keine Vertreiber oder Hersteller gibt, die so etwas einsammeln, Sammlungen für kleine Elektroaltgeräte durchgeführt werden und zwar in einem möglichst engen Turnus – mindestens so eng, wie zum Beispiel die Schadstoffsammlungen durchgeführt werden.

Natürlich wollen wir nicht Organisationsvorgaben machen, die bestehende Systeme infrage stellen. Die gibt es zum Teil schon und deshalb können da

auch Ausnahmen zugelassen werden, wenn es bereits solche Sammlungen gibt. Das ist eine Ausnahmeregelung, die wir in den Gesetzentwurf als Ergebnis der Verbändebeteiligung im Rahmen unserer Anhörung als Ministerium aufgenommen haben.

Das sind die drei inhaltlichen Kernpunkte, mit denen wir eine ökologischere Abfallwirtschaft im Land fördern wollen. Wir haben das Gesetz nicht nur ökologischer gemacht, sondern wir haben es auch entschlackt, wir haben im Sinne von Deregulierung die Anzahl der Regelungsabsätze um ein Drittel reduziert. Wir hatten ursprünglich im Landesabfallgesetz 91 Regelungsabsätze, wir haben jetzt noch 61. Ich denke, auch das ist ein Erfolg. Wir wollen unsere Gesetze möglichst schlanker machen und uns auf die wesentlichen Regelungen beschränken. Wir haben alles weggelassen, was an anderer Stelle schon geregelt ist oder was der Bund schon vorgibt. Insofern, denke ich, ist es ein gelungener Gesetzentwurf. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu diesem Entwurf. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ich eröffne damit die Beratung. Als Erster erhält Abgeordneter Geibert für die CDUFraktion das Wort.

(Beifall CDU)

So etwas nennt man Vorschusslorbeeren.

Es hat immer was zu bedeuten.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Einen Freund hat er!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Nachhaltigkeit und die Schonung natürlicher Ressourcen müssen Zweck und Ziel einer modernen Kreislaufwirtschaft sein. Wenn auch der Gesetzentwurf der Landesregierung im Wesentlichen darauf abzielt, das Thüringer Landesrecht an das im Jahr 2012 vom Bundestag beschlossene Kreislaufwirtschaftsgesetz anzupassen, so appelliert er doch gleichzeitig auch an den Ressourcenschutz. Dieser stellt unter anderem darauf ab, die Eingriffe der Rohstoffgewinnung in unsere heimische Natur im Rahmen der Naturstein-, Gips- oder auch Kiesgewinnung zu minimieren,

(Beifall SPD)

indem getreu der Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes die Wiederverwendung und das Recycling im Vordergrund stehen. Verwertung, auch in Form der energetischen Verwertung, und Beseitigung sollen dabei die letzte Option sein. Ziel

(Staatssekretär Möller)

des Gesetzes ist es, Umweltaspekte in der Abfallwirtschaft stärker zu berücksichtigen und den sparsamen Umgang mit Rohstoffen und Ressourcen sowie deren Wiederverwendung zu fördern. Dabei soll die öffentliche Hand eine besondere Vorbildrolle übernehmen und insbesondere auch Erzeugnisse bevorzugen, die fortschrittliche abfallwirtschaftliche Eigenschaften aufweisen. Ich gehe davon aus, dass die notwendige Anhörung im Fachausschuss auch dazu Erkenntnisse ergeben wird, ob das in § 2 des Entwurfs vorgesehene Vorranggebot, insbesondere im kommunalen und mittelbaren öffentlichen Bereich, als geeignet und erforderlich bewertet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch dieses Artikelgesetz sollen das Thüringer Abfallwirtschaftsgesetz durch das Thüringer Ausführungsgesetz zum Kreislaufwirtschaftsgesetz ersetzt und die Thüringer Abfallwirtschaftskonzept- und -bilanzverordnung und die Thüringer Pflanzenabfallverordnung angepasst werden. Mit diesen Änderungen erfolgt nicht nur eine inhaltliche Anpassung an die Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, es werden auch in erheblichem Umfang Zuständigkeiten neu geregelt. Es ist zu erwarten, dass sich aus diesen Zuständigkeitsveränderungen eine erhöhte Belastung für das Thüringer Landesverwaltungsamt als zentrale Genehmigungs- und Überwachungsbehörde ergibt. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich dies als überzeugter Befürworter und Unterstützer des Landesverwaltungsamts als zentrale Bündelungsbehörde für Thüringen und natürlich auch als direkt gewählter Abgeordneter in Weimar sehr begrüße und dies auch, weil es belegt, dass die rot-rot-grünen Zerschlagungspläne für diese wichtige Institution nicht sinnvoll sind und zumindest Teile der Landesregierung dies zu erkennen scheinen.

(Beifall CDU)

Im Thüringer Landesverwaltungsamt wird der Überwachungsaufwand für Deponien und Recyclinganlagen ansteigen. Auch soll die Untersuchung von Materialien nach der Klärschlammverordnung von den Landwirtschaftsämtern dorthin übertragen werden. Zudem soll das Landesverwaltungsamt auch Lehrgänge im Bereich der Aufgaben von Sammlern und Beförderern von Abfällen sowie der Abfallbeauftragten durchführen. All dies führt zu einem Personalmehraufwand, der erfüllt werden muss. Hier interessiert uns natürlich die Finanzierung dieser Personalstellen durch das zuständige Ressort. Die TLUG ist als wissenschaftlich-technische Behörde des Landes aufgefordert, ein Abfallvermeidungsprogramm auszuarbeiten. Unklar bleibt im Gesetzentwurf, wie die TLUG als Fachbehörde dem Landesverwaltungsamt zur Verfügung stehen kann und soll. Hier ist eine Regelung für eine enge und ergebnisorientierte Zusammenarbeit unabdingbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im weiteren Diskussionsprozess zu dem vorgelegten Gesetzentwurf wird es noch eine ganze Reihe zu beantwortender Fragen geben, welche ich nur kurz anreißen will. Die Fragen der Geeignetheit und Erforderlichkeit des Vorranggebots in § 2 des Entwurfs hatte ich bereits angesprochen. Weiterhin soll das Gesetz dazu führen, dass technische Erzeugnisse, die in rohstoffschonenden oder abfallarmen Recyclingverfahren hergestellt werden, auch den erhöhten Anforderungen an die Qualitätssicherung von Baustoffen bzw. deren Qualitätsmanagement und Kontrolle entsprechen. Mögliche erhöhte Aufwendungen und Kosten müssen dabei sehr gut begründet werden, um die Produkte der Recyclingwirtschaft auch marktfähig zu etablieren. Die Produkte aus den Recyclingprozessen müssen im gleichen Maße die technischen Anforderungen wie normale Bauprodukte erfüllen. Ob auf längere Sicht und über den gesamten Lebenszyklus der betroffenen Produkte diese aufgrund ihrer Eigenschaften und damit verbundenen gewünschten Ressourcenschonung mindestens die Mehrkosten ihrer Herstellung kompensieren werden, bedarf noch entsprechender Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.

Meine Damen und Herren, auch die vorgesehene Neuregelung von Zuständigkeiten bedarf noch einer sorgfältigen Betrachtung und Bewertung. So wird im Gesetzentwurf etwa vorgeschlagen, die Suche nach Flächen für Abfallentsorgungsanlagen den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu übertragen. Hier ist zu bedenken, dass die Ausweisung solcher Flächen mit aufwendigen und umfangreichen Untersuchungen verbunden ist. Das können die Kommunen nur in den seltensten Fällen leisten. Selbst im Zusammenschluss in Zweckverbänden wäre dies eine anspruchsvolle Aufgabe. Zudem sind die Erweiterung vorhandener Flächen von Abfallentsorgungsanlagen und Deponien oder gar deren Neuanlage regelmäßig mit umfangreichen und langwierigen Planfeststellungsverfahren verbunden. Im Rahmen der Überwachungstätigkeit müssen die Zuständigkeiten und Betretungsrechte der zuständigen Überwachungsbehörden klar und rechtssicher geregelt werden, denn hier geht es trotz der guten Absicht, eventuelle schwarze Schafe der Abfall- und Recyclingwirtschaft zu reglementieren, um die Einschränkung von Grundrechten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns den Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuss überweisen. Ich erwarte dort eine intensive und fruchtbare Diskussion, um ein vernünftiges und sachgerechtes Ergebnis zu erreichen. Unser gemeinsames Ziel sollte eine zügige Beratung und Beschlussfassung zur Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, verbunden mit klaren Zuweisungen von Aufgaben und Zuständigkeiten, sein. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Skibbe für die Fraktion Die Linke zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne, das Thüringer Gesetz zur Anpassung abfallrechtlicher Regelungen an das Kreislaufwirtschaftsgesetz hat ein Stück auf sich warten lassen. Das versetzt uns aber auch in die Lage, Erfahrungen anderer und eigene in das vorgelegte Gesetz mit einzubeziehen. Der Regelungsbedarf – das haben Sie schon geäußert, Herr Staatssekretär – ergibt sich aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz des Bundes, welches bereits zum 01.06.2012 in Kraft getreten ist. Hinzu kommen verschiedene EU-Richtlinien, die bereits seit 2008 und auch danach zentrale Rechtsbegriffe neu definierten und zum Beispiel auf die fünfstufige Abfallhierarchie abhob. Sie hatten bereits darauf hingewiesen, was die fünfstufige Abfallhierarchie bedeutet, deswegen erspare ich mir hier eine Wiederholung.

Lassen Sie mich, bevor ich mich dem Gesetzentwurf der Landesregierung weiter zuwende, mit ein paar Zahlen in meinen Vortrag einsteigen. Pro Kopf produzieren die Deutschen viel zu viel, nämlich 218 Kilogramm Verpackungsabfall jährlich. Das sind immerhin über 60 Kilogramm mehr als der europäische Durchschnitt, und das alles dank zum Beispiel Kaffeekapseln, aufwendig verpackter Klein- und Kleinstportionen, Plastiktüten, Plastik um Obst und Gemüse, um hier nur einige Beispiele zu benennen. Stündlich – ich wiederhole: stündlich! – landen in Deutschland zum Beispiel etwa 320.000 Coffee-to-go-Behälter in der Mülltonne. Das entspricht fast acht Millionen dieser Behälter Tag für Tag. Oder anders ausgedrückt: Etwa jeder zehnte Bundesbürger bzw. jede zehnte Bundesbürgerin wirft Tag für Tag einen dieser Behälter weg. Für 17 Milliarden ebenfalls jährlich gekaufter Einwegplastikflaschen benötigt man 500.000 Tonnen Kunststoff. Das bedeutet, jeder Bürger/jede Bürgerin kauft jährlich Getränke in über 200 Einwegflaschen. Die Tendenz ist steigend, leider wieder steigend. Was nicht verwundert, wenn man weiß, dass eine Flasche Mineralwasser beim Discounter weniger als 20 Cent kostet, während das Pfand 25 Cent beträgt. Im Übrigen zeigt der vergleichsweise niedrige Preis für Mehrwegflaschen, nämlich 2 bis 15 Cent, keine Lenkungswirkung zugunsten von Mehrwegflaschen. Hier ist der Marktanteil bei Mehrwegflaschen in den letzten Jahren eindeutig gesunken.

Und trotzdem wird in Deutschland Mülltrennung gelebt. Schon jedes Kind im Kindergarten und Schule weiß: Papier kommt in die blaue Tonne, Plastik in

die gelbe und für Glas gibt es noch Extra-Tonnen. Ja, das ist wohl so weit richtig. Aber hier soll eine Frage formuliert werden: Benötigen wir nicht neben den gesetzlichen Regelungen auch Strategien zur Müllvermeidung? Ich sage namens meiner Fraktion: Das wäre unbedingt nötig.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist in weiten Teilen auf das Ziel der Erhöhung der Recyclingrate ausgerichtet. Bund und EU geben da ganz klar Ziele vor. Das wird von uns als Fraktion Die Linke ausdrücklich begrüßt. Ebenso finden wir die Reduzierung von über 90 auf 60 Regelungsinhalte ausgesprochen gut. Wir begrüßen auch die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand, wie es in § 2 formuliert wurde. Der sorgsame Umgang mit natürlichen Ressourcen muss künftig auch ein entscheidendes Kriterium sein bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Das versetzt Entscheidungsträger wie Mitglieder von Stadt- und Gemeinderäten bzw. Kreistagen auch in die Lage, Angebote nicht nur nach Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu bewerten, sondern eindeutig auch Umwelt- und Sozialstandards in die Bewertung mit einzubeziehen.