Protocol of the Session on September 28, 2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann verstehen, wenn der eine oder andere gern noch weiter ein Gespräch suchen möchte. Noch besser fände ich es aber, wenn er es draußen macht, damit wir hier mit der Sitzung beginnen können. Ich heiße Sie alle herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung. Ganz besonders herzlich darf ich Besucher aus Jena und aus Erfurt willkommen heißen, die hier oben auf der Besuchertribüne Platz genommen haben.

Bevor ich zur eigentlichen Sitzung komme, habe ich zwei angenehme Pflichten. Die eine ist, dass Abgeordnete Henfling am letzten Wochenende, wenn ich richtig informiert bin,

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Am Dienstag!)

am Dienstag in den bürgerlichen Stand der Ehe eingetreten ist. Dafür wollen wir ihr herzlich gratulieren. Alles Gute und Gottes Segen!

(Beifall im Hause)

Und Staatssekretär Sühl – Sie sehen, dort wo der Blumenstrauß steht, steht er mit einem Grund, er hat nämlich Geburtstag. Aber den verbringt er wohl lieber im Ministerium – wer weiß. Also herzlichen Glückwunsch an Herrn Staatssekretär!

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Er hat Agrarministerkonferenz!)

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, da kann man auch applaudieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beginnen jetzt mit der Tagesordnung. Für die Plenarsitzung hat als Schriftführerin Frau Abgeordnete Floßmann neben mir Platz genommen und Frau Abgeordnete Müller führt die Redeliste.

Für die heutige Sitzung haben sich einige Kollegen entschuldigt: Frau Abgeordnete Liebetrau, Herr Abgeordneter Herrgott, Frau Abgeordnete Tasch, Frau Ministerin Keller, Herr Abgeordneter Höcke und Herr Abgeordneter Reinholz.

Seit September 2015 – darauf darf ich hinweisen – werden an den Thüringer Schulen in Umsetzung einer Empfehlung der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2014 von den Hilfsorganisationen Kurse in Wiederbelebung angeboten. Thüringen ist damit übrigens das einzige Land, in dem das Vorhaben bisher erfolgreich und flächendeckend umgesetzt wird. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Thüringer Hilfsorganisationen hat uns dieses Projekt im Jahr 2016 bereits vorgestellt und dafür um Unter

stützung geworben. Sie wird diese Erste-Hilfe-Aktion am 28. September 2017 in der Zeit von 11.00 Uhr bis 13.00 Uhr wiederholen und bei den Abgeordneten und Mitarbeitern die Thematik in praktischen Vorführungen, gern auch im persönlichen Gespräch näher bringen. Also, wer eine Herzdruckmassage braucht, kann sich dort gern hinlegen. Wer sie verabreichen möchte, kann auch gern mitmachen. Fühlen Sie sich dazu eingeladen!

Ich darf zur Tagesordnung darauf hinweisen, dass wir bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen sind, den Tagesordnungspunkt 2 am Freitag als vorletzten Punkt, den Tagesordnungspunkt 21 am Freitag auf jeden Fall und den Tagesordnungspunkt 30 am Freitag als letzten Punkt aufzurufen.

Die zweite Beratung zu Tagesordnungspunkt 9 wird, sofern keine Ausschussüberweisung beschlossen wird, am Freitag nach der Mittagspause aufgerufen.

Zu Tagesordnungspunkt 2 wurde eine korrigierte Fassung des Gesetzentwurfs verteilt.

Zu Tagesordnungspunkt 9 wurde ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/4550 verteilt.

Zu Tagesordnungspunkt 21 wurden ein Alternativantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/4549 und ein Alternativantrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/4551 verteilt.

Zu Tagesordnungspunkt 24 wurde ein Alternativantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/4547 verteilt.

Gibt es weitere Wünsche zur Tagesordnung? Das ist erkennbar nicht der Fall. Damit treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Thüringer Gesetz zur Anpassung des kommunalen Finanzausgleichs Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/4497 ERSTE BERATUNG

Ich gehe davon aus, Herr Minister Maier, dass die Landesregierung auch das Wort zur Begründung wünscht. Herr Minister Maier, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich freue mich sehr, dass ich Ihnen heute den Entwurf eines Thüringer Gesetzes zur Anpassung des kommunalen Finanzaus

gleichs vorstellen darf. Mit dem vorliegenden Gesetz soll der Kommunale Finanzausgleich umfassend novelliert werden. Und – ich nehme es vorweg – mit dem überarbeiteten und neuen Finanzausgleich gibt es 1,96 Millionen Euro, also rund 60 Millionen Euro mehr Finanzausgleichsmasse und damit insbesondere auch mehr Schlüsselzuweisungen für die Kommunen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erfreulich ist auch, dass die Steuerprognosen für das kommende Jahr mit einem Plus von 68 Millionen Euro gegenüber 2017 sehr günstig ausfallen. Damit werden sich die kommunalen Einnahmen aus Steuern und Finanzausgleichsmitteln nach dem Partnerschaftsgrundsatz um rund 6 Prozent steigern. Und das ist genau so hoch wie die Entwicklung der Landeseinnahmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Freistaat ist verpflichtet, die Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie leistungsfähig sind. Diese Verpflichtung des Landes betrifft auch die interne Verteilung der Mittel. Der kommunale Bedarf und die vertikale Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen wurden in diesem Jahr überprüft. Das Ergebnis dieser Prüfung finden Sie im Revisionsbericht, der dem Gesetzentwurf als Anlage 1 angefügt ist. In diesem Zusammenhang haben wir auch das von Prof. Hellermann im Auftrag der kommunalen Spitzenverbände erstellte Gutachten zum KFA in Thüringen ausgewertet und die Ergebnisse in die Prüfung einbezogen. Zur Frage des horizontalen Finanzausgleichs, also der Binnenverteilung innerhalb der Finanzausgleichsmasse, hat mein Haus ebenfalls ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches dem Gesetzentwurf als Anlage 2 beigefügt ist. Auf dieser Basis wurde der Ihnen heute vorliegende Gesetzentwurf für eine umfassende Anpassung des Kommunalen Finanzausgleichs in Thüringen erarbeitet.

Die wesentliche Änderung habe ich ja bereits vorweggenommen: Es gibt mehr frisches Geld. Das gilt sowohl für die Finanzausgleichsmasse als auch für die kommunalen Steuereinnahmen. Die konkreten Zahlen hatte ich bereits genannt. Der Anstieg der kommunalen Einnahmen findet auch nicht losgelöst von der Entwicklung der kommunalen Ausgaben statt. Vielmehr wurde auch in diesem Jahr die bereits erwähnte Revision auf Basis der aktuellsten kommunalen Jahresstatistik vorgenommen, die dann mithilfe überarbeiteter Fortschreibungsparameter auf das Jahr 2018 hochgerechnet wurde. Trotz der Überarbeitung der Fortschreibungsparameter zugunsten der Kommunen ergab sich zunächst nur ein Finanzbedarf von rund 1,76 Milliarden Euro. Hier sind bereits alle kommunalen Ausgaben, auch die prognostizierten Anstiege aufgrund

der Personalkostenentwicklung und auch neue Aufgaben oder Standards berücksichtigt.

Da die Finanzausgleichsmasse noch einmal rund 200 Millionen Euro über dem errechneten Bedarf liegt, haben die Kommunen ausreichend Spielraum, um mit ihren künftigen Einnahmen auch künftige Ausgaben zu decken. Zusätzlich – und das ist mir aufgrund der aktuellen Diskussion in den vergangenen Tagen besonders wichtig – erhalten die Thüringer Kommunen außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs erhöhte Bundesmittel, beispielsweise für die Kosten der Unterkunft sowie die Grundsicherung im Alter. Ich betone an dieser Stelle ausdrücklich, dass hier keine Kürzung stattfindet,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern die Mittel zusätzlich bei der Bedarfsermittlung dem kommunalen Finanzbedarf hinzugerechnet werden. Damit findet genau das statt, was vonseiten der Kommunen gefordert wird und was der Bund mit den erhöhten Zuweisungen bezwecken wollte, nämlich eine Entlastung der Kommunen. Denn wenn der kommunale Bedarf nach der reinen Lehre berechnet worden wäre, würde dieser entsprechend geringer ausfallen.

Das bringt mich direkt zum zweiten Punkt, der öffentlich bislang kontrovers diskutiert wurde: die Anpassung der sogenannten Hauptansatzstaffel. Der durch das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales beauftragte Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die bislang gültige Hauptansatzstaffel aus finanzwissenschaftlicher Sicht zu überarbeiten war. Dies haben wir getan. Mit dem Gutachten wurden Vorschläge zur Stärkung größerer Gemeinden unterbreitet. Diese weisen regelmäßig eine niedrigere Ausgabendeckung auf als kleinere Gemeinden. Oder in anderen Worten: Die größeren Städte sind häufig Dienstleister für die Umgebung, sodass sie für das zusätzliche Angebot auch Mittel erhalten sollten. Kleinere Umlandgemeinden stehen hier also vergleichsweise besser da, was für eine Anpassung spricht. Wir haben nun eine Regel geschaffen, die die Balance zwischen den Interessen des ländlichen Raums und denen unserer Mittelund Oberzentren berücksichtigt. So wurden von kommunaler Seite erhebliche Bedenken gegen die Anpassung der Hauptansatzstaffel zum Vorteil größerer Gemeinden geäußert. Gerade Vertreter kleinerer Gemeinden meinen, es handele sich hier um eine politische Entscheidung,

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Recht hat er!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie irren – wie immer! Immer daneben, Herr Fiedler!)

(Minister Maier)

um finanziellen Druck zur Förderung von Gemeindezusammenschlüssen auszuüben. Aber das sage ich Ihnen heute mit aller Deutlichkeit: Dem ist nicht so.

(Beifall CDU)

Thüringen ist vor allen Dingen geprägt durch den ländlichen Raum und das werden wir auch in Zukunft nicht aus den Augen verlieren.

Um den Umstellungseffekt, der für kleine Gemeinden selbstverständlich Einschnitte bedeutet, abzumildern, soll in den Jahren 2018 und 2019 ein Zwischenschritt gemacht werden. Zu diesem Zweck sieht der Gesetzentwurf eine stufenweise Anpassung der Hauptansatzstaffel in zwei Schritten vor. Dadurch soll den betroffenen Gemeinden mehr Zeit gegeben werden, sich auf die veränderte Hauptansatzstaffel einzustellen.

Doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist aus meiner Sicht noch nicht genug. Ich habe bereits bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs nach dem zweiten Kabinettsdurchgang am 19. September dieses Jahres betont, dass aus meiner Sicht auch die verbleibenden Minderungen bei den kleineren Gemeinden in den Jahren 2018 und 2019 durch Umschichtungen im Landeshaushalt kompensiert werden sollten. Dies macht in der Summe rund 10 Millionen Euro pro Jahr aus.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das werden wir dann fortführen, wenn wir dran sind!)

Das wird man dann sehen, Herr Fiedler, wer dann dran ist.

Diese Umschichtungen waren im Kabinettsverfahren leider nicht mehr möglich, da dies eine Änderung des Entwurfs zum Landeshaushalt erfordert hätte, der jedoch bereits eingebracht war. Ich bin den Regierungsfraktionen deswegen außerordentlich dankbar, dass sie sich diesen Vorschlag zu eigen gemacht haben. Ich hoffe natürlich, dass die erforderlichen Änderungsanträge im Interesse unserer Kommunen auch bei der Opposition Zustimmung finden werden, denn von einer solchen Regelung profitieren rund 750 kleinere Gemeinden in Thüringen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass zur Kompensation dennoch „nur“ rund 10 Millionen Euro pro Jahr notwendig werden, zeigt, dass die Änderung der Hauptansatzstaffel nicht zu gravierenden Verwerfungen führt. Auf der anderen Seite ist mir bewusst, dass für kleine Gemeinden auch vier- bis fünfstellige Kompensationsbeiträge eine große Hilfe darstellen können. Ich weiß das zum Beispiel aus eigener Erfahrung als Wirtschaftsstaatssekretär, dass auch nur mit 10.000 Euro zusätzlichen Mitteln aufseiten der Kommunen mit Hilfe von Förderprogrammen ein Hebeleffekt erzielt

werden kann, mit eins zu neun, also 100.000 Euro dadurch mobilisiert werden können.

Neben diesen bereits öffentlich diskutierten Aspekten enthält der Gesetzentwurf viele weitere Änderungen, auf die ich kurz eingehen möchte.

Mit dem Gesetzentwurf soll die Trennung der Mittel für Ausgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises vorgenommen werden. Hier kommen wir einer wesentlichen Forderung der kommunalen Spitzenverbände nach. Diese Trennung, die sich künftig in der Aufteilung der FAG-Masse in eine FAG-Masse I für den eigenen Wirkungskreis und in eine FAG-Masse II für den übertragenen Wirkungskreis ausdrückt, bildet den Dualismus kommunaler Aufgaben ab. Auf die FAG-Masse I entfallen rund 85 Prozent der Gesamt-FAG-Masse. Diese wird – wie bisher auch – nach dem Partnerschaftsgrundsatz, der eine gleichmäßige Entwicklung der kommunalen Einnahmen und der Landeseinnahmen gewährleistet, fortgeschrieben. Auf die FAG-Masse II entfallen die restlichen 15 Prozent der Gesamt-FAG-Masse. Die Fortschreibung basiert hier insbesondere auf der Einwohner- und Personalkostenentwicklung. Zukünftig sollen Revisionen der angemessenen Finanzausstattung statt wie bisher nach ein bis zwei Jahren regelmäßig erst wieder nach vier Jahren stattfinden. Durch diese Veränderung des Revisionszeitraums erhalten die Kommunen über einen längeren Zeitraum eine verlässlichere, planbare Finanzausstattung. Dies entspricht ebenfalls einer Forderung des Gemeindeund Städtebunds, die wir aufgegriffen haben.