Protocol of the Session on January 26, 2018

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch unsere Gäste auf der Zuschauertribüne, die Zuschauer am Livestream sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer neben mir Herr Abgeordneter Kräuter Platz genommen. Die Redeliste führt Herr Abgeordneter Tischner.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Fiedler, Herr Abgeordneter Krumpe, Frau Abgeordnete Tasch, Frau Ministerin Werner.

Heute hat die Abgeordnete Mühlbauer von der SPD-Fraktion Geburtstag. Von hier aus alles Gute, herzlichen Glückwunsch, viel Gesundheit!

(Beifall im Hause)

Meine Damen und Herren, wir sind bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, den Tagesordnungspunkt 8 nach dem Tagesordnungspunkt 4 aufzurufen.

Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Das kann ich nicht erkennen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD zum Thema: „Konsequenzen aus den jüngsten Vorkommnissen in den Justizvollzugsanstalten des Freistaats“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/4918

Ich rufe als ersten Redner den Abgeordneten Möller, Fraktion der AfD, auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste – am Livestream zumindest; ach, da oben sitzt ja doch jemand –, in der Justiz Thüringens beginnt das neue Jahr, wie das alte geendet hat, nämlich mit außerordentlichen Vorkommnissen. Wir haben zum einen zum Jahreswechsel Silvester 2017 Randale in der Jugendstrafanstalt Arnstadt zu verzeichnen gehabt, bei der es sogar zu Inbrandsetzungen durch Häftlinge gekommen ist. Kurz darauf haben wir einen Ausbruch von drei Häftlingen aus der Jugendstraf

anstalt in Arnstadt gehabt, die dann allerdings nach kurzer Zeit wieder eingefangen werden konnten.

Wie im letzten Jahr auch waren diese außerordentlichen Vorkommnisse natürlich Gegenstand der Justizausschusssitzungen und auch da fand im Grunde alles so statt, wie wir es aus dem alten Jahr kennen. Der Minister berichtet über diese Fälle, mal mehr, mal weniger detailliert, er verweist auf gravierende Fehler auf der Ebene der Mitarbeiter. Herr Lauinger, ich will da gar nicht widersprechen, im Fall des Ausbruchsversuchs aus der Jugendstrafanstalt Arnstadt muss man tatsächlich von einer Verkettung von Nachlässigkeiten und Fehlern bei ganz verschiedenen Personen, die im Bereich des Justizvollzugs tätig sind, sprechen, wenn man den Bericht von Ihnen zugrunde legt. Ich will da jetzt gar nicht dran zweifeln. Aber diese Verkettung von Nachlässigkeiten und Fehlern ist symptomatisch für den Thüringer Justizvollzug.

(Beifall AfD)

Sie sind die Grundlage für alle außerordentlichen Vorkommnisse auch des letzten Jahres. Sie sorgen dafür, dass wir mittlerweile derart häufig außerordentliche Vorkommnisse im Justizvollzug zu verzeichnen haben, dass es eigentlich schon fast ein Euphemismus ist, von einem außerordentlichen Vorkommnis zu sprechen.

(Beifall AfD)

Das gilt beispielsweise auch für den Ausbruch in Suhl letztes Jahr, das gilt auch für Drogenprobleme, die wir in diversen Haftanstalten haben. Das legt insgesamt natürlich nahe, dass viel zu lange Missstände verwaltet wurden, dass es an Kontrollen fehlt und dass die hierfür erforderlichen organisatorischen Änderungen auf der ministerialen Ebene nie angegangen wurden und nie herbeigeführt worden sind.

(Beifall AfD)

Ich denke, Herr Minister, Sie werden noch viel eher an die Informationen kommen als die kleinste Oppositionsfraktion hier im Landtag. Sie werden wahrscheinlich auch wissen, dass beispielsweise die ehemalige Anstaltsleiterin in Arnstadt den Ruf einer Gefangenenstreichlerin unter ihren Mitarbeitern hatte, vor dem Hintergrund, dass sie relativ häufig Konsequenzen wieder kassiert hat, die auf Fehlverhalten von Häftlingen hin von Justizvollzugsbeamten veranlasst worden sind. Wohin führt denn so ein Verhalten? So ein Verhalten führt natürlich einerseits dazu, dass man geradezu Aufsässigkeit gegen Justizvollzugsbeamte fördert, dass man den Autoritätsverlust von Justizvollzugsbeamten in Kauf nimmt. Es fördert auf der anderen Seite natürlich auch Frustration bei Justizvollzugsbeamten, wenn sie merken: Egal, was wir tun, am Ende beschwert sich jemand und dann wird der ganze Vorgang wieder rückabgewickelt und ich stehe im Grunde ein

bisschen dumm da. Diese Frustration führt am Ende zu Nachlässigkeit.

Auf der weiteren Ebene muss man aber auch im Bereich der Justiz, der Jugendstrafanstalt Arnstadt verzeichnen, dass es deutliche Kontrollprobleme gibt. Wenn ich zum Beispiel im Ausschuss höre, dass ein Mitarbeiter in der Justizvollzugsanstalt zwei Werkstattbereiche auf Sicherheit überwachen soll, dann ist das natürlich eine sehr herausfordernde Aufgabe, wenn man weiß, dass diese Leute ja immer auch durch Nebenaufgaben abgelenkt werden. Das spricht natürlich für ein organisatorisches Versagen.

Gleiches gilt für das von mir schon angesprochene Thema der Sicherungsgruppe. Sicherungsgruppen gibt es in allen Bundesländern. Sicherungsgruppen sind dafür da, dass sie unter anderem Nachlässigkeiten in den strafanstaltsinternen Abläufen feststellen. In den Sicherungsgruppen anderer Bundesländer sind die Mitarbeiter in der Regel hauptamtlich mit diesem Thema beschäftigt. In Thüringen machen sie das alle im Nebenamt. Das führt logischerweise dazu, dass sie viel weniger Zeit haben, um beispielsweise Stichproben zu nehmen und entsprechend zu berichten.

(Beifall AfD)

Das ist natürlich organisatorisches Versagen auf der ministeriellen Ebene. Das werfen wir Ihnen vor. Da waren Sie nachlässig und sind nicht rechtzeitig Ihrer Verantwortung gerecht geworden.

Herr Abgeordneter Möller.

Wir müssen die Landesregierung darauf hinweisen, dass entsprechend eine Abstellung erfolgen muss. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Dr. MartinGehl für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen, sehr geehrte Gäste! Es ist sehr bedauerlich, dass zwei Thüringer Strafvollzugsanstalten binnen weniger Monate in negative Schlagzeilen geraten sind. Es ist auch durchaus berechtigt, danach zu fragen, welche Schlussfolgerungen sich daraus für die künftige Verhinderung derartiger Vorfälle ergeben. Hierzu hat es aber bereits mehrere ausführliche Berichte des Thüringer Justizministeriums im Justizausschuss gegeben,

die auch weitgehend in der Presse veröffentlicht wurden und allenthalben bekannt sein dürften. Deshalb hat mich das Thema dieser Aktuellen Stunde etwas verwundert.

Gleichwohl möchte ich auf die besagten Konsequenzen aus den jüngsten Vorkommnissen – namentlich in der JVA Suhl-Goldlauter und der JSA Arnstadt – eingehen, wobei ich im Grunde vieles nur wiederholen kann, was vonseiten des Ministeriums bereits dargetan wurde.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Gefangenenentweichungen nach dem Ergebnis der Ermittlungen aufgrund menschlichen Fehlverhaltens, insbesondere durch Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften ermöglicht wurden. Dementsprechend müssen die daraus abzuleitenden Konsequenzen auch hier anknüpfen. Insoweit hat das Ministerium folgerichtig mit sofortigen personellen Konsequenzen reagiert und die Anstaltsleiter der jeweiligen Einrichtung – zumindest bis zum Ablauf der Ermittlungen – von ihren Aufgaben entbunden bzw. mit anderen Aufgaben betraut.

Dass auch die in die Vorkommnisse unmittelbar involvierten Bediensteten – soweit notwendig – in andere Arbeitsbereiche abgeordnet wurden, versteht sich von selbst. Aber auch insoweit sind zunächst die Ergebnisse der Ermittlungen abzuwarten, bis endgültige Maßnahmen getroffen werden können.

Darüber hinaus werden selbstverständlich die Sicherheitskonzepte und das Krisenmanagement in den betroffenen Einrichtungen aus gegebenem Anlass einer Überprüfung unterzogen. Zu diesem Zweck hat das Thüringer Justizministerium bekanntlich eine externe Expertenkommission eingesetzt, die sich speziell mit den Sicherheitsvorkehrungen und der Aufdeckung von Sicherheitsschwachstellen in der JVA Suhl-Goldlauter befasst und deren Abschlussbericht wohl demnächst zu erwarten ist.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Im Weber- Amt!)

Ich gehe davon aus, dass das Ministerium im Justizausschuss zeitnah darüber berichten wird. Im Übrigen hat das Ministerium nach der Gefangenenentweichung aus der Jugendstrafanstalt Arnstadt das Vorkommnis mit allen – ich betone, mit allen – Leiterinnen und Leitern der Thüringer JVAs ausgewertet und angewiesen, dass die jeweiligen Sicherheitskonzepte in den Einrichtungen einer Tiefenprüfung unterzogen werden. Dass hier ein organisatorisches Versagen des Ministeriums bei der Aufarbeitung dieser Vorkommnisse vorliegt, vermag ich angesichts dieser geschilderten Maßnahmen nun wahrlich nicht zu erkennen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Möller)

Was mich befremdet, ist der erhobene Vorwurf, Herr Minister Lauinger habe sich nicht wie ein „guter Chef“ hinter seine Mitarbeiter gestellt, sondern deren Fehlverhalten auch öffentlich benannt. Ich beziehe mich da insbesondere auf zwei Artikel in der „Thüringer Allgemeinen“ vom 08.01. und vom 09.01., in denen auch Sie, verehrter Herr Kollege Scherer, mit diesem Vorwurf zitiert werden. Ich bin der Auffassung, dass es gerade einen „guten Chef“ ausmacht, dass er nicht zu tolerierendes Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter, also hier der betreffenden Bediensteten, benennt und darauf in der gebotenen Weise mit Konsequenzen reagiert.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn damit stellt er sich doch schützend vor alle anderen Bediensteten, die 365 Tage im Jahr eine hervorragende, aufopferungsvolle Arbeit in den Thüringer Justizvollzugsanstalten leisten,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wofür ich diesen Bediensteten an dieser Stelle sehr herzlich danken möchte. Ich denke, ich tue dies auch im Namen der Mehrheit der Abgeordneten dieses Hauses.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen frage ich mich, wie sich der Minister nach Ansicht dieser Kritiker hinter die Bediensteten stellen soll, die schwerwiegendes Fehlverhalten zu verantworten haben. Hätte er das menschliche Fehlverhalten etwa verschweigen und stattdessen in der Öffentlichkeit von angeblich ordnungsgemäßen Abläufen in den Einrichtungen berichten sollen? Allein diese Vorstellung ist doch absurd!

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und noch ein Vorwurf steht im Raum, nämlich dass die Sicherheit im Thüringer Strafvollzug von RotRot-Grün stiefmütterlich behandelt würde. Das vermag ich nicht zu erkennen. Gerade die Sicherheit hat für uns einen hohen Stellenwert. Erinnern Sie sich: Wir haben gestern den Haushalt beschlossen, der unter anderem ein Sicherheitspaket für den Strafvollzug im Umfang von rund 4 Millionen Euro beinhaltet. Im Gegensatz dazu haben Sie sich, Herr Kollege Scherer, für eine Mittelkürzung ausgesprochen. Was soll ich dazu noch sagen?

Frau Abgeordnete …

Ich kann auch nichts mehr dazu sagen, denn meine Redezeit ist abgelaufen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Doch, Herr Abgeordneter Scherer hat für die CDU-Fraktion das Wort.