Bevor hier die weihnachtliche Andacht einkehrt, darf ich Sie herzlich willkommen heißen zu unserer heutigen Plenarsitzung. Ich freue mich, dass ich zwei Besuchergruppen – eine von der Regelschule in Bad Langensalza und eine aus dem Gymnasium Gera – willkommen heißen darf, jedenfalls eine ist da.
Für die Plenarsitzung hat als Schriftführer Herr Abgeordneter Herrgott neben mir Platz genommen. Die Redeliste wird von Frau Abgeordneter Müller geführt.
Zur Tagesordnung: Zu Tagesordnungspunkt 33 wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/3193 und ein Alternativantrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 6/3195 verteilt.
Danke, Herr Präsident. Wir haben ja alle auf den Plätzen einen Änderungsantrag zur Geschäftsordnung in Drucksache 6/3196 vorgefunden. Ich bitte um die Aufnahme in die Tagesordnung anknüpfend an den Tagesordnungspunkt 27. Wenn das aufgenommen ist, würden wir den Antrag in Drucksache 6/3111 zurückziehen.
Vielen Dank. Dann versuchen wir mal, so zu verfahren. Der Antrag ist nicht fristgerecht verteilt worden, sodass wir über die Fristverkürzung mit einfacher Mehrheit beschließen müssen, soweit nicht widersprochen wird. Widerspruch sehe ich nicht. Wer also für die Fristverkürzung ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDUFraktion. Gegenstimmen? Enthaltungen? Enthaltungen aus der AfD-Fraktion. Damit mit einfacher Mehrheit in die Tagesordnung aufgenommen.
Der Platzierungswunsch war: mit Punkt 27. Darüber lasse ich jetzt abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen und die CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Enthaltungen? Aus der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit so aufgenommen.
Einrichtung einer EnqueteKommission „Auseinandersetzung mit Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Thüringen“ Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/3108 dazu: Alternativantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3195 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3193
Guten Morgen! Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen, die im Antrag mit der Drucksachennummer 6/3108 vorgeschlagene EnqueteKommission mit dem Titel „Auseinandersetzung mit Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Thüringen“ soll Ursachen, Erscheinungsformen, Auswirkungen, rassistische Einstellungen und Einstellungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit analysieren. Sie soll Handlungsempfehlungen für die Umsetzung zivilgesellschaftlicher und institutioneller Konzepte zur Zurückdrängung insbesondere in den Bereichen zivilgesellschaftlicher Auseinandersetzung, administrativen Verwaltungshandelns, in den Bereichen Bildung, Medien, Kultur und Arbeitswelt entwickeln. Aktuelle Untersuchungen wie die sogenannte „Mitte“-Studie, der Thüringen-Monitor, Heitmeyers „Deutsche Zustände“ oder auch die Regionalstudie „Arbeit und Leben“ des Instituts für Soziologie der FSU Jena sind wissenschaftliche Grundlagen, auf denen die Kommission aufbauen und deren Ergebnisse sie für die Entwicklung konzeptioneller Handlungsansätze nutzen kann.
Mit dem Antrag, meine Damen und Herren, wird eine der gemeinsamen Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses umgesetzt, demzufolge eine Enquete-Kommission „Maßstäbe setzen und beispielsweise Vorschläge für die öffentliche Auseinandersetzung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit …“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Ruhe im Raum. Vielen Dank. Frau Berninger, bitte.
Nach den Vorgaben des NSU-Untersuchungsausschusses soll die Kommission Maßstäbe setzen und beispielsweise Vorschläge für die öffentliche Auseinandersetzung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entwickeln. Rot-Rot-Grün hatte diese Empfehlung im Koalitionsvertrag verankert, nun soll sie umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, die Fraktion Die Linke, die Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen setzen große Erwartungen in die Arbeit der Kommission, gerade auch, weil durch die Arbeit im ersten Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss hier erstmals – auf einem gemeinsamen Konsens mit der Fraktion der CDU basierend und nicht allein unsererseits, sozusagen von links oder allein aus der Zivilgesellschaft – die Notwendigkeit einer solchen Aufarbeitung und Maßnahmenentwicklung anerkannt und gesehen wurde. Dies eröffnet in Thüringen zum ersten Mal auf Landesebene die Chance einer institutionalisierten Auseinandersetzung zwischen bzw. von Zivilgesellschaft und Landespolitik bezüglich erforderlicher Veränderungen und Aufgabenstellungen auch im administrativen Bereich. Das ist eine sehr hohe Erwartungshaltung, meine Damen und Herren, der wir uns gern gemeinsam mit Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, stellen möchten. Danke schön.
Vielen Dank. Wünscht die CDU-Fraktion das Wort zur Begründung des Alternativantrags, die AfDFraktion zur Begründung des Entschließungsantrags? Bitte schön, Herr Brandner.
Meine Damen und Herren, liebe Besucher auch aus Gera! Der Entschließungsantrag liegt Ihnen vor. Wir haben auch überlegt, ob wir mit einem Änderungsantrag agieren, haben uns aber dann für den Entschließungsantrag entschieden, weil man jeglich Schlechtes auch nicht durch Änderungsanträge besser machen kann.
Wir haben in den vergangenen Sitzungen mehrfach deutlich gemacht, was wir von diesem gesamten Konstrukt und diesem Programm für Weltoffenheit
und Toleranz – in diese Richtung geht das ja –, überhaupt diesem permanenten Beschäftigen mit der Vergangenheit, mit einer virtuellen Zukunft, die also mit der Wirklichkeit gar nichts zu tun hat, halten – nämlich gar nichts! Deshalb halten wir auch nichts von dieser Enquete-Kommission. Wir werden dagegen stimmen, meine Damen und Herren. Gleichwohl freuen wir uns auf die Zusammenarbeit, weil ich denke, der demokratische Block hier wird das wieder durchsetzen mit seiner demokratischen Mehrheit. Wir freuen uns auf die Ausschussarbeit und haben auch schon gute Ideen für die Personen, die wir als Sachverständige benennen werden, die uns dann da zur Seite stehen. In diesem Sinne hoffe ich, dass der eine oder andere Vernünftige – nicht aus dem demokratischen Block, da vermisst man solche Personen –, der eine oder andere Vernünftige von der CDU sich möglicherweise dazu herablässt, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. Ich werbe aber trotzdem im ganzen Plenum dafür, dass das geschieht. Schönen Dank.
Danke schön, Herr Brandner. Damit eröffne ich die Beratung und als Erster hat Abgeordneter Tischner für die CDU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere mein herzlicher Gruß an das Osterlandgymnasium, das auf Einladung von Volker Emde und mir heute hier ist.
Ihr erlebt heute Morgen eine Debatte, die durchaus etwas mit politischer Bildung zu tun hat. Deswegen passt es ganz gut, dass auch noch ein paar andere Schüler da sind. Herzlich willkommen!
Meine Damen und Herren, wir beraten heute Morgen über die Einsetzung der ersten Enquete-Kommission in dieser Wahlperiode. Bevor ich einige Ausführungen zur Aufgabenstellung der EnqueteKommission tätige, möchte ich zunächst einige allgemeine Ausführungen zu diesem parlamentarischen Gremium tätigen. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben nach der Erfahrung von Kriegen und Diktatur eine Verfassungsordnung geschaffen, die eine erfolgreiche parlamentarische Demokratie hat entstehen lassen. Wir alle hier in diesem Haus sind Träger und müssen Verteidiger dieser parlamentarischen Demokratie sein.
Der Parlamentarismus mit seiner Spezialisierung und Arbeitsteilung unter den Abgeordneten hat sich bewährt. Grundlage dieser parlamentarischen Arbeit sind die Ausschüsse und die Gremien des Parlaments. Zu Recht sehen die Geschäftsordnungen der deutschen Parlamente die Möglichkeit der Einrichtung einer Enquete-Kommission vor.
Was ist eine Enquete-Kommission? Unsere Geschäftsordnung benennt dies juristisch korrekt und in der gebotenen Kürze. Da lautet es: „Zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachverhalte kann der Landtag eine Enquetekommission einsetzen.“ Wenn man in politikwissenschaftlichen Publikationen nachliest, dann findet sich dort die Erläuterung über dieses parlamentarische Gremium etwas genauer. Ich darf, um nicht jetzt schon unter Generalverdacht zu geraten, aus den konsensualen Publikationen des Deutschen Bundestags zitieren. Dort heißt es: „Manchmal reicht das Format der ‚normalen‘ Ausschüsse jedoch nicht aus, um die drängenden Fragen und Probleme der Republik angemessen zu beraten. Besonders dann, wenn das Thema nicht nur einen einzelnen politischen oder gesellschaftlichen Bereich berührt, sondern gleich mehrere. Deswegen hat das Parlament die Möglichkeit, einen besonderen Ausschuss, eine sogenannte Enquete-Kommission, einzusetzen, die sich über einen längeren Zeitraum intensiv und auch kontrovers mit einem Thema auseinandersetzen kann. Die Kommission“, so heißt es beim Deutschen Bundestag, „soll alle verfügbaren Informationen zu einem Themenkomplex zusammentragen und daraus eine gemeinsame Position erarbeiten, die“ – und jetzt kommt das Entscheidende, meine Damen und Herren von RotRot-Grün – „hoffentlich auch von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden kann. Am Ende seiner Arbeit verfasst das Gremium einen Abschlussbericht, über den [...] [das Parlament] berät.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts dieser Präzisierungen findet meine Fraktion es bedauerlich, dass die Mehrheitsfraktionen von Linken, SPD und Grünen trotz verschiedenster Gespräche in den letzten Tagen und Wochen auf einen gemeinsamen Einsetzungsbeschluss verzichten wollen. Die CDU-Fraktion hat mit ihrem Antrag ein sehr großes Entgegenkommen an alle Flügel der Koalition gezeigt.
Wir zeigen dies auch am heutigen Tag. Die CDUFraktion ist angesichts der parlamentarischen Traditionen in Deutschland noch immer daran interessiert, diese Enquete-Kommission gemeinsam einzusetzen. Eine Fragestellung bezüglich der bestehenden und zunehmenden Verrohung der politischen Kultur, die sich in den verschiedensten Facetten und Milieus der Gesellschaft niederschlägt, ist durchaus eine Frage und Problemstellung, der
Es geht in einer Enquete-Kommission also nicht um die Tagespolitik; es sollte also auch Rot-Rot-Grün leichtfallen, außerhalb der politischen Kontroversen hier einen Kompromiss zu finden. Wir haben Ihnen einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Diesen Kompromissvorschlag haben Sie ohne einen eigenen abgelehnt.
Wir müssen also davon ausgehen, dass Rot-RotGrün an keinem Kompromiss interessiert ist. Deshalb unser Alternativantrag, um zu dokumentieren, was wir als CDU wollen. Sollte dies anders sein – Frau König lacht ja schon –, dass Sie kompromissbereit sind: Wir können jederzeit auch heute Morgen noch eine Auszeit nehmen und einen gemeinsamen Kompromiss herbeiführen.
Meine Damen und Herren, Sie argumentieren, der Begriff „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ sei ein Kompromiss aus dem ersten Untersuchungsausschuss zu den furchtbaren Verbrechen des NSU.
Ja, Sie haben recht, es war ein gemeinsam beschlossener Kompromiss, den wir im Abschlussbericht mitgetragen haben,
da es sich in manchen Zusammenhängen eben nicht lohnt, die politischen und wissenschaftlichen Debatten ohne Konsens zu führen, schon gar nicht in einem umfassenden Abschlussbericht, der in seiner Gänze auch nicht aus einem einzigen Satz besteht.
Warum können wir als Christlich Demokratische Union den Begriff „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ nicht allein für sich stehen lassen? Weil sich dieser Begriff aktuell in einer stetigen wissenschaftlichen Weiterentwicklung befindet, weil er teilweise – dafür können aber die Wissenschaftler nichts – politisch instrumentalisiert wird und im wissenschaftlichen Diskurs nicht abschließend geklärt ist, wohin er sich entwickelt.