Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ein herzliches Willkommen zur heutigen Sitzung des Thüringer Landtags. Ich freue mich immer, wenn die Regierung gute Laune hat.
Ich begrüße auch unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und die Zuschauer am Livestream sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer neben mir Herr Abgeordneter Schaft Platz genommen und die Redeliste führt Abgeordneter Herrgott.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Prof. Dr. Voigt, Herr Abgeordneter Fiedler, Herr Abgeordneter Emde, Herr Abgeordneter Gentele, Herr Abgeordneter Gruhner, Frau Abgeordnete Holbe, Frau Abgeordnete Jung, Frau Abgeordnete Lieberknecht, Herr Abgeordneter Malsch, Frau Abgeordnete Meißner, Herr Abgeordneter Primas, Herr Abgeordneter Scherer, Herr Abgeordneter Adams zeitweise, Frau Abgeordnete Holzapfel, Frau Ministerin Keller, Frau Ministerin Dr. Klaubert und Frau Ministerin Werner.
Ich habe die Ehre, einem leider noch nicht anwesenden Staatssekretär ganz herzlich zum Geburtstag zu gratulieren. Ich tue das dennoch mit besonderer Herzlichkeit. Herrn Dr. Schubert gratuliere ich ganz herzlich zum Geburtstag.
Aufgrund der Eilbedürftigkeit habe ich für Herrn Heiner Hoffmann, Herrn Christian Saathoff, Herrn Michael Damm, Herrn Sascha Dietze vom Südwestrundfunk, ARD-Magazin „REPORT MAINZ“, für diese Plenarsitzung eine außerordentliche Akkreditierung für Bild- und Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung erteilt.
Noch ein Hinweis zur Tagesordnung: Da wir bereits gestern die Große Anfrage zur Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Thüringen als letzten Tagesordnungspunkt beraten haben, verbleiben für die heutige Plenarsitzung entsprechend der Verständigung in der Ältestenratssitzung noch die Abarbeitung der vorliegenden Aktuellen Stunden sowie die Durchführung der Fragestunde.
Was dies betrifft noch ein Hinweis: Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schaft in der Drucksache 6/3321 wird in der Plenarsitzung im Monat Februar aufgerufen.
Gibt es Ergänzungen zur Tagesordnung? Das sehe ich nicht. Gibt es Widerspruch zur Tagesordnung? Das sehe ich auch nicht.
a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Bundeseinheitliche Netznutzungsentgelte einführen – Entlastung für Thüringer Stromkundinnen und Stromkunden“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/3328
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Warum haben wir heute das Thema „Bundeseinheitliche Netznutzungsentgelte“ auf die Tagesordnung genommen? Wir als Bündnis 90/Die Grünen sagen: Seit Langem gibt es in Deutschland im Bereich der Netzentgelte eine große Ungerechtigkeit. Auf der einen Seite stehen Regionen, die von sehr großer verdichteter Besiedlung geprägt sind, die geringere Netzentgelte bezahlen als zum Beispiel der ländliche Raum oder die ostdeutschen Bundesländer. Hiervon sind die Stromkundinnen und Stromkunden in Thüringen besonders betroffen. Wir sagen, das ist eine Ungerechtigkeit sowohl für die Verbraucher als auch für die Wirtschaft und den Wirtschaftsstandort Thüringen.
Hier fordern wir als Bündnis 90/Die Grünen seit Langem eine konkrete Anpassung. Eine Möglichkeit ist es, ein sogenanntes Netzentgeltmodernisierungsgesetz einzuführen. Hierzu gab es dankenswerterweise erste Versuche, dies auf Bundesebene durchzusetzen. Es ging sogar so weit, dass das Bundeswirtschaftsministerium den Ländern, vor allem den ostdeutschen Ländern, konkrete Zusagen gemacht hat. Wir halten es für ein gänzlich falsches und ungerechtes Signal, dass jetzt auf diese Anpassung offensichtlich verzichtet wird. Parallel dazu hat Thüringen auf Anregung des Thüringer Umweltministeriums unter Anja Siegesmund eine Bundesratsinitiative geplant. Mit dieser Bundesratsinitiative hoffen wir auf eine breite Unterstützung aus anderen Bundesländern, denn
immerhin 12 von 16 Bundesländern würden von dieser Anregung profitieren. In Thüringen würden Stromkundinnen und Stromkunden aus privaten Haushalten, Gewerbe und mittelständischer Industrie zum Beispiel entlastet werden. Rückenwind bekam diese Initiative aus Thüringen auch durch einen offenen Brief von immerhin 87 bedeutenden Unternehmen, Verbänden und Kammern, die sich genau für dieses Modell ausgesprochen haben. Der Titel dieser Initiative spricht unserer Meinung nach schon Bände und zeigt klar, in welche Richtung es gehen kann. Der offene Brief hatte den Titel „Für mehr Fairness und Wettbewerbsgerechtigkeit“. Unsere Kritik richtet sich an das jetzige System, insbesondere die Ungerechtigkeiten, aber auch darauf, dass es durch unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Netzgebieten nicht zukunftsfähig ist. Es ist sozusagen auch ein volkswirtschaftlicher Irrsinn, dass es in einem Land, das sich gleichmäßig entwickeln soll und zum Beispiel durch einen Länderfinanzausgleich durch Ausgleich geprägt ist, unterschiedliche Stromnetzentgelte gibt, gerade in den Bereichen, die wirtschaftlich in den letzten Jahren noch nicht so gut entwickelt sind wie die Bundesländer in Ostdeutschland.
Wir wollen zum einen die Ungerechtigkeit der Netzentgelte verändern, aber wir sagen auch ganz klar: Es müssen alle Maßnahmen getroffen werden, um die Netzentgelte insgesamt zu reduzieren.
Wie können wir hier aus der Politik heraus, aber natürlich auch aus der Energiewirtschaft den Netzausbau begrenzen? Erlauben Sie mir, kurz auf vier Beispiele einzugehen. Zuerst stehen für uns die sogenannten intelligenten Netze, die beim Netzausbau unbedingt beachtet werden sollten. Ein ganz plausibles Beispiel sind die sogenannten intelligenten Stromzähler von MITNETZ, Netzbetreiber von enviaM, die in Brandenburg getestet werden. Da sind 111 intelligente Stromzähler in kommunalen Einrichtungen, privaten Haushalten und Betrieben eingebaut worden. Was können diese Zähler? Wenn Sie ein Kunde sind, machen Sie das natürlich nicht einfach, um die Netze zu reduzieren. So weit geht, glaube ich, der Allgemeinsinn nicht, sondern Sie wollen als Stromkunde natürlich einen konkreten Nutzen haben. Jetzt kann man sich das bildlich so vorstellen: Wenn Sie sich zum Beispiel ein neues Elektroauto kaufen, haben Sie jetzt die Möglichkeit, in der Garage das Elektroauto ganz normal aufzuladen. Da gibt es einen roten Knopf, da schließen Sie das an und sofort wird das Elektroauto aufgeladen. Sie haben aber auch die Möglichkeit, zum Beispiel abends zu entscheiden, ich brauche das ja erst morgen früh um 9.00 Uhr, und geben dem Netzbetreiber die Möglichkeit, das in Zeiten aufzuladen, wo viel Wind oder Sonne in den Netzen ist, wo es
Die meisten Kunden, 80 Prozent, entscheiden sich für den grünen Knopf, für einen reduzierten Netzausbau durch intelligente Netze. Wir wollen dieses Beispiel nennen, weil wir uns nicht nur für die Netzentgeltreduzierung einsetzen, sondern auch für ein gerechteres Netzentgelt. Das ist unsere Zielrichtung von Bündnis 90/Die Grünen. Hier hoffe ich gemeinsam mit allen Fraktionen zum Nutzen von Thüringen, dass dies auch gemeinsam umgesetzt wird, und freue mich auf weitere Unterstützung dieser Initiative. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Die Grünen möchten über ihren Vorschlag reden, ein bundeseinheitliches Netzentgelt für die unterschiedlichen Netzebenen einzuführen. An diesem Vorschlag erkennen wir wieder mal die Realitätsblindheit grüner Politik. Wir haben in Deutschland circa 900 Stromnetzbetreiber. Alle diese Stromnetzbetreiber haben eine unterschiedliche Kostenstruktur. Ein Stadtwerk, was ein relativ kleines Gebiet mit hoher Bevölkerungsdichte versorgen muss, hat logischerweise eine andere Kostenstruktur als ein Netzbetreiber, der sein Netz in ländlichen Regionen unterhält und ausbaut. Dasselbe gilt für ein Netz im Flachland im Vergleich zu einem Netz in Mittelgebirgsregionen. So finden sich noch viele andere Gründe, warum Netzbetreiber unterschiedliche Kostenstrukturen in ihren Netzen haben und damit auch unterschiedliche Netzentgelte. Wenn man die Netzentgelte aller Netzebenen vereinheitlichen möchte, dann hat man zwei Möglichkeiten. Entweder vergewaltigt man die Stadtwerke und Netzbetreiber und zwingt sie zu einem bestimmten Preis pro Netzebene ohne Rücksicht auf diese Kostenstruktur – das wäre sozusagen die Maßnahme oder die Methode Mao Tse-tung –, oder man schafft ein gigantisches
Ausgleichssystem, bei dem trotz unterschiedlichster Ausgangsvoraussetzungen über unzählige Regulierungsschritte am Ende auch der gleiche Preis herauskommt. Das, meine Damen und Herren, ist die Methode Erich Honecker.
Wie bei einem solchen gigantischen Bürokratiemonster noch Effizienzgesichtspunkte eine Rolle spielen sollen, können Sie sich mit Blick auf die Funktionsweise der DDR-Wirtschaft dann selbst beantworten. Am wahrscheinlichsten, meine Damen und Herren, ist im Übrigen eine Mischung aus diesen beiden Methoden, also Mao Tse-tung und Erich Honecker, wenn sich tatsächlich irgendein größerer Partner finden sollte, um diesen energiepolitischen Wahnsinn der Grünen umzusetzen. So weit vielleicht erst einmal zur grundsätzlichen Einordnung dieses Vorschlags technikfeindlicher und wirtschaftsferner Sozialisten. Besonders absurd an diesem Vorschlag ist die Tatsache, dass die Grünen selbst es gewesen sind, die in den letzten fünf Jahren für die Zersplitterung der Netze in Thüringen und damit natürlich für unterschiedliche Netzentgelte gesorgt haben.
(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Das ist ja in- teressant!)
Ja, genauso ist das. Ich sage Ihnen auch, wo das herrührt. Ich habe in Ihrem energiepolitischen Programm von 2013 gelesen, Frau Siegesmund. Darin steht unter anderem, dass Sie sich für die Rekommunalisierung der Stromnetze einsetzen. Ihnen ist wahrscheinlich gar nicht bewusst, was das bedeutet. Rekommunalisierung bedeutet speziell in Thüringen nicht nur die Zersplitterung des Netzes des größten Thüringer Regionalnetzbetreibers. In diesem großen Netz wurden ursprünglich einmal unwirtschaftliche Teilnetze, zum Beispiel im Mittelgebirge, mit wenig Abnehmern mit interessanten Netzregionen in Ballungszentren so gemeinsam bewirtschaftet, dass es zu einem gewissen Ausgleich der Kosten im Netzbetrieb gekommen ist. Man konnte dann einen einheitlichen Netzbetrieb in den jeweiligen Netzebenen kalkulieren und dann über alle Kunden auch entsprechend auspreisen. Ihre Rekommunalisierung, meine Damen und Herren, war es, die es ermöglicht hat, dass sich bestimmte Kommunen Netze mit wirtschaftlich interessanten Strukturen unter den Nagel gerissen, also diese Teilnetze aus dem bisherigen Netzverbund herausgelöst haben. Die teuren, schwierig zu unterhaltenden Netzbereiche blieben beim großen Regionalflächennetzbetreiber. Was ist die Folge einer solchen Rekommunalisierung? Sie können es sich wahrscheinlich schon denken. Was passiert, wenn man unwirtschaftliche Teilnetze von den wirtschaftlichen trennt? Richtig, die Netze in den Ballungsregionen werden wirtschaftlicher und die Netze, die in der
Fläche von Thüringen die ländlichen Regionen versorgen, werden teurer. Das ist eine ganz normale Entwicklung. Die haben Sie alle mit befördert. Abgesehen davon, meine Damen und Herren, brauchen Sie sich bei Ihrer Energiepolitik – also gerade die Grünen spreche ich da an, aber auch die rot-roten Koalitionspartner und auch die CDU – gar keine Gedanken machen über die Netzentgelte. Denn: Die Musik bei den Energiepreisen spielt bei der circa fünfzigprozentigen Staatsquote, die Bestandteil der Energiepreise ist und aus den bisherigen Ausgleichs- und Umverteilungsexperimenten der Altparteien herrührt. Herr Kobelt, wenn Sie meinen, intelligente Stromzähler würden das besser machen, wissen Sie offensichtlich gar nicht, was intelligente Stromzähler kosten. Das ist ein Betrag, der macht im Grunde genommen jede Überlegung für einen normalen Verbraucher, für einen normalen Haushaltskunden unwirtschaftlich. Intelligente Stromzähler fordert man schon, aber das ist keine intelligente Energiepolitik. Was soll man mit so einem Vorschlag von den Grünen machen? Am Ende ist es eben ein steinzeitsozialistischer Vorschlag. Der vernünftige Umgang gebietet es, diesen zu knicken, zu lochen und abzuheften, am besten unter der Rubrik „Skurriles und Absurdes“. Danke.
Als Nächster hat Herr Abgeordneter Harzer das Wort – steht bei mir auf der Redeliste. Herr Harzer wird zum Kummer, okay. Herr Abgeordneter Kummer, Sie haben das Wort.
Ja, einen schönen Gruß vom Kollegen Harzer, er liegt mit Lungenentzündung im Bett, deshalb werde ich das heute wahrnehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Linke unterstützt die Bundesratsinitiative der Thüringer Landesregierung,
von Frau Siegesmund, für bundeseinheitliche Netznutzungsentgelte. Da sage ich mal, das ist für uns einfach auch eine Frage der Gerechtigkeit. Denn es kann nicht sein – Herr Möller, Sie irren ein Stück weit, das will ich Ihnen noch sagen.
(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Er hat das Thema verfehlt!)
Es geht um die Übertragungsnetzbetreiber. Wenn man sich mit der Gesamtproblematik beschäftigt, wüsste man das. Da kann ich Ihnen einfach nur sagen: Da haben Sie das Thema verfehlt. Es geht um die Übertragungsnetzbetreiber. Sie wissen, was für eine Bundesratsinitiative hier auf den Weg gebracht wird und worüber es in der Bundespolitik in der Absprache und in der Forderung von bundeseinheitlichen Netznutzungsentgelten ging. Da ging es eben nicht um die Stadtwerke. Es ging um die Regelzonen der Übertragungsnetzbetreiber. Herr Möller, da kann ich Ihnen auch nur eines sagen: Dort haben wir nicht den idealen Markt. Dort haben wir eine Regulierungspolitik. Es gibt eine Bundesnetzagentur, die legt sogar die Gewinnspannen für die Netzbetreiber fest, weil wir mit Monopolisten zu tun haben. Deshalb muss dieser Markt geregelt werden. Von der Seite her ist es eine Frage der Gerechtigkeit, einheitliche Netznutzungsentgelte festzulegen. Da muss man auch dazusagen, dass es Thüringen deshalb ganz besonders trifft, weil wir ein Stromtransitland sind. Wir liegen in der Mitte Deutschlands und von der Seite gehen viele Stromleitungen durch uns durch. Die 380-kV-Leitung durch den Thüringer Wald – die keine Fraktion hier im Landtag haben wollte – zerstört nicht nur unsere Landschaft, sondern führt auch noch dazu, dass wir sie bezahlen müssen, obwohl wir als Freistaat Thüringen letzten Endes kaum profitieren. Das ist eines der zentralen Probleme, weshalb die einheitlichen Netznutzungsentgelte notwendig sind. Ich sage das auch vor dem Hintergrund der anderen Leitungsplanungen, die es noch gibt, an Übertragungsnetzen durch den Freistaat Thüringen hindurch, die ebenfalls wenig mit unserem Bedarf zu tun haben, sondern mit dem Bedarf anderer Bundesländer, die uns aber regelmäßig weiterhin zur Kasse bitten würden, wenn nicht die bundeseinheitlichen Netznutzungsentgelte kämen.
Meine Damen und Herren, wir haben aber noch ein anderes Problem. Die Netznutzungsentgelte in Thüringen sind nicht nur deshalb so hoch, weil wir Transitland für Strom sind, sie sind auch deshalb so hoch, weil natürlich in die Stromwirtschaft auch nach der Wende sehr viel investiert werden musste und diese neuen Investitionen zu hohen Netznutzungsentgelten führen. Ebenfalls haben wir relativ hohe Stromkosten, weil in Thüringen relativ wenig Stromproduktion angesiedelt ist und wir selbst ein Vorland für Strom sind. Das ist natürlich auch ein Punkt, wenn man Netzentwicklungen weniger vorantreiben will, dass man sich kümmern muss, dass Strom in Thüringen erzeugt wird, nämlich der Strom, den wir hier auch verbrauchen. Da muss etwas getan werden, um von Netzkosten runterzukommen.