Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch unsere Gäste auf der Besuchertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Presse.
Die heutige Sitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags aufgrund eines Antrags der Fraktion der CDU einberufen. Die entsprechende Unterrichtung liegt Ihnen in der Drucksache 6/2524 vor.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer Herr Abgeordneter Schaft neben mir Platz genommen, die Redeliste führt Frau Abgeordnete Herold.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Frau Abgeordnete Annette Lehmann von der CDUFraktion, Herr Abgeordneter Reinholz, Herr Abgeordneter Rudy und Herr Abgeordneter Dr. Voigt.
Im Übrigen darf ich einem Mitglied des Hauses herzlich gratulieren, nämlich Jörg Thamm, der am Sonntag erneut Bürgermeister in der Stadt Plaue geworden ist, mit 92 Prozent gewählt.
Die Landesregierung hat mitgeteilt, zu diesem Tagesordnungspunkt von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen. Zu diesem Antrag wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/2557 verteilt.
Bevor wir aber mit der Abarbeitung der Tagesordnung beginnen, noch eine Information zur Plenarsitzung am 23. Juni 2016. Ich hatte in dieser Sitzung Herrn Abgeordneten Brandner für den Zwischenruf „Mogel-Hogel“ einen Ordnungsruf erteilt. Dagegen hat Herr Abgeordneter Brandner mit der Begründung, er habe diesen Ausdruck nicht verwendet, gemäß § 37 Abs. 7 der Geschäftsordnung Einspruch eingelegt. Im Ergebnis einer Nachkontrolle anhand des Debattenmitschnitts steht fest, dass der Abgeordnete Brandner tatsächlich nicht den Ausdruck „Mogel-Hogel“ verwandt, wohl aber den Namen eines Abgeordneten mit dem Begriff „Mogel“ in Beziehung gesetzt und damit den Namen verballhornt und den Namen des Trägers herabgewürdigt hat. Aufgrund dessen habe ich, wie bereits gestern im Ältestenrat berichtet, den Ordnungsruf wegen des Begriffs „Mogel-Hogel“ mittlerweile zurückgenommen. Wegen der Namensverballhornung und der damit einhergehenden Herabwürdigung ei
nes Mitglieds dieses Parlaments erteile ich Herrn Abgeordneten Brandner im Nachgang eine Rüge. Damit wird eine Abstimmung über den Einspruch in der nächsten regulären Plenarsitzung entbehrlich.
Ich frage: Gibt es weitere Wünsche zur Ergänzung der Tagesordnung? Das ist nicht der Fall, sodass wir in die Tagesordnung eintreten und ich den Tagesordnungspunkt aufrufe
Hat der Thüringer Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz sein Amt für private Zwecke missbräuchlich genutzt? Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/2518 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/2557 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2560
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will begründen, weshalb die CDUFraktion die heutige Sondersitzung für notwendig hält, auch wenn sich gestern die Ausschüsse für Bildung, Jugend und Sport und für Migration, Justiz und Verbraucherschutz mehrere Stunden lang mit der Angelegenheit Minister Lauinger und Ministerin Klaubert beschäftigt haben. Denn gerade die gestrigen Antworten und Erklärungen müssen in der heutigen Debatte noch einmal zusammenfassend bewertet werden. Das ist eine Angelegenheit des gesamten Landtags. Denn es geht um die Reputation von Ministern der Landesregierung und es geht darum, dass das Ministeramt beschädigt ist. Und es geht um die Folgen einer solchen Beschädigung.
Die gestrigen Antworten der Landesregierung haben zwar einiges geklärt. Auch hat sich der Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz für die Art und Weise eines Telefonanrufs entschuldigt. Mehr aber auch nicht. Er bleibt dabei, dass ihm bzw. seinem Sohn die Entscheidung eines Vorrückens in die 11. Klasse ohne BLF zusteht, obwohl die Kultusministerin und selbst die Staatskanzlei – die bekanntlich in letzter Zeit über allem schwebt –, also obwohl beide diese Entscheidung für rechtswidrig halten. So hat er auch die Öffentlichkeit informiert. Und – man kann es gar nicht anders sehen – um darzustellen, dass er im Recht ist, hat er in seinen Erklärungen in der Öffentlichkeit die seinen Fall
wirklich regelnde Passage der Durchführungsbestimmung einfach weggelassen, den restlichen Paragrafen aber in aller Ausführlichkeit verkündet. Das hat nicht nur ein Geschmäckle, das ist in höchstem Maße unredlich. Das ist für einen Justizminister nicht tragbar.
Das ist aber nur eine Facette eines Gesamtbilds, das damit beginnt, dass er sich eben doch als Minister an die Fachebene des Kultusministeriums gewandt hat, auch wenn ein kläglicher Erklärungsversuch dahin gehend stattgefunden hat, dass er das Gespräch als halbdienstlich bezeichnet hätte. Halbdienstlich deshalb, weil er privat anrufe, aber auf der anderen Seite ja ein Sachbearbeiter im Dienst sitze. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Und dann auch hier: Dieser Anruf wird erst zugegeben, nachdem klar geworden ist, dass er sich anhand von Telefonlisten auch nachvollziehen lässt.
Aber was noch viel schwerwiegender ist: Ein Justizminister wird darauf hingewiesen, dass die Schule eine Entscheidung getroffen hat, die nicht dem Recht entspricht, eine Entscheidung, die rechtswidrig ist. Und ein Justizminister fordert für sich dennoch ein, dass die rechtswidrige Entscheidung so aufrechterhalten wird. Das ist ein Verhalten, das ein Amtsverständnis zeigt, das Konsequenzen erfordert. Vor allem deshalb ist die heutige Sondersitzung notwendig.
Ach, Herr Scherer, ja, Entschuldigung. Das tut mir leid. Ich war schon bei Herrn Minister Lauinger, dem ich das Wort erteilen wollte. Deswegen Entschuldigung! Ich bitte um Nachsicht, Herr Abgeordneter Scherer. Für die Landesregierung erstattet Herr Minister Lauinger einen Sofortbericht.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Medien, liebe Zuschauer am Livestream und auf der Tribüne, gestatten Sie mir an dieser Stelle einige persönliche Bemerkungen. Ich habe nach sehr vielen Gesprächen in den letzten Tagen erkannt, dass gut gedacht nicht immer gut gemacht ist. Ich bin mir nunmehr bewusst, dass allein die Tatsache, dass die Person Dieter Lauinger in einer Angelegenheit seines Kindes in einer Behörde unseres Freistaats anruft, den Anschein
einer unzulässigen Einmischung in sich trägt. Da es mir trotz aller Bemühungen, stets als Vater unseres Sohnes zu handeln, nicht immer gelungen ist, diese Trennung von mir als Vater und mir als Minister in jeder Situation deutlich zu machen, bitte ich dafür auch an dieser Stelle nochmals um Entschuldigung. Ich habe gelernt, dass der Mensch Dieter Lauinger und der Minister Dieter Lauinger nicht trennbar sind.
Herr Minister Prof. Dr. Hoff, Frau Ministerin Dr. Klaubert und ich haben gestern an der gemeinsamen öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport sowie des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz teilgenommen. Es war uns als Landesregierung wichtig, ausführlich zu den Fragen der Anträge der Fraktion der CDU und der Fraktion der AfD sowie auf die Fragen der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU in dieser Angelegenheit Stellung zu nehmen. Auf all diese Fragen sowie alle weiteren Fragen der Damen und Herren Abgeordneten im Verlauf der Sitzung sind wir umfassend eingegangen und haben sie erschöpfend beantwortet. Ich habe dabei ausführlich dargelegt, wie die Entscheidung der Schule zustande kam, unserem Sohn am Ende der 10. Klasse einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen. Des Weiteren habe ich ausgeführt, dass ich zwei Telefonate mit Mitarbeitern des Bildungsministeriums geführt habe. Auch über deren Inhalt und Verlauf dieser Gespräche habe ich umfassend berichtet und alle gestellten Fragen dazu beantwortet. Ich habe ausdrücklich eingestanden, dass – wie eine von mir erbetene Prüfung der Telefonanschlüsse in der letzten Woche ergab – ich entgegen meiner ursprünglichen Erinnerung eines dieser Telefonate über ein Diensttelefon geführt habe, das zweite über ein Handy. Schließlich wurde im gestrigen Ausschuss auch darauf eingegangen, dass, nachdem Frau Ministerin Dr. Klaubert ihre Entscheidung getroffen hatte und nachdem sie mir dies mitgeteilt hatte, auf Wunsch des Pressesprechers des Bildungsministeriums mit dem stellvertretenden Pressesprecher meines Hauses ein Gespräch zustande kam. Auch dieses Gespräch war Gegenstand der gestrigen Ausschusssitzung.
Wichtig ist mir zu betonen, dass meine Frau und ich in jeder Hinsicht Schaden von unseren Kindern abwenden wollten und wollen, auch von unserem Sohn. Dabei sind mir, das gestehe ich ausdrücklich ein, Fehler unterlaufen, Fehler, die sich nur dadurch erklären lassen, dass diese Angelegenheit für uns als Familie natürlich ein sehr emotionales Thema war, Fehler, die dadurch entstanden sind, dass ich gedacht habe, ich kann einen Sachverhalt als Vater unseres Sohnes erklären und kann klarmachen, warum meine Frau und ich so gehandelt haben, wie wir gehandelt haben. Aus heutiger Sicht, logisch, würde ich mich anders verhalten. Niemals – und das ist mir aber auch sehr, sehr wichtig – habe ich
Die Fehler, die ich begangen habe, haben auch Vertrauen gekostet, das räume ich ein. Dafür entschuldige ich mich nochmals ausdrücklich. Danke schön.
Danke schön. Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht? Die CDU-Fraktion, die Grünen, die SPD, die Linke, die AfD – also alle Fraktionen. Damit eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht und als Erster hat Herr Abgeordneter Mohring für die CDU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, gestern haben in öffentlicher Sitzung der Justizausschuss und der Bildungsausschuss gemeinsam getagt, um zu den Fragen, die wir in einer Kleinen Anfrage als auch in unserem Antrag letzte Woche zum Sonderplenum gestellt haben, durch die Landesregierung Antworten zu erfahren. Ich will zunächst namens meiner Fraktion für diese Ausschusssitzung und für die Darlegungen durch die Landesregierung Danke sagen, weil sich das auch so gehört, dass das auch parlamentarisch so ist und diese Aufgaben dort erledigt werden. Wir haben auch die Entschuldigung des Ministers gestern und heute in der Plenarsitzung aufgenommen und zur Kenntnis genommen. Sie war überfällig, aber sie zeigt eben auch, dass die wirkliche Einsicht in das Handeln des Ministers dieses Landes nach wie vor fehlt.
Und zwar, sehr geehrter Justizminister, haben Sie eben selbst die Begründung dafür geliefert. Sie sagen, Sie wollten Schaden abwenden. Tatsächlich haben Sie Ihrem Amt und dem Land Schaden zugefügt. Das ist die Wahrheit.
Solange Ihnen diese Einsicht fehlt, ist es auch schwer hinzunehmen, dass Sie bereit sind, aus den Fehlern der letzten zwei Wochen zu lernen. Und Sie haben wahrlich in den letzten zwei Wochen eine Menge Fehler gemacht. Man kann sich wundern, wie Profis, die nicht alles anders, aber vieles besser machen wollten, so handeln können und die letzten 14 Tage an Kommunikation so verkorksen,
dass sie es schlimmer gemacht haben, als der Ausgangspunkt gewesen ist. Sie haben völlig versagt. Sie haben zwei Wochen lang die Öffentlichkeit getäuscht. Sie haben zwei Wochen mit der Wahrheit nur scheibchenweise herausgerückt und Ihnen fehlt am Ende der zwei Wochen immer noch die Einsicht, dass Sie am Anfang der Ereignisse, die stattgefunden haben, Fehler begangen haben, die Ihres Amtes nicht würdig sind. Das ist die Bilanz Ihrer Arbeit der letzten 14 Tage.
Meine Damen und Herren, nachdem durch nationale Berichterstattung öffentlich geworden ist, was offensichtlich in Ihrem Haus passiert ist, hatten Sie mehrere Möglichkeiten, hier im Plenum für Aufklärung zu sorgen. Sie haben stattdessen den Weg einer privaten Pressekonferenz genutzt. Es ist Ihre Möglichkeit, das so zu tun. Aber anstatt auf dieser Pressekonferenz die Wahrheit auf den Tisch zu legen, haben Sie in dieser Pressekonferenz geschummelt, Sie haben in dieser Pressekonferenz die Unwahrheit gesagt, und Sie haben auch in den Tagen danach, als Ihnen Stück für Stück die Wahrheit vorgehalten wurde, immer noch gelogen. Ein Justizminister eines Bundeslandes in der Bundesrepublik Deutschland lügt nicht, sondern er tritt für das Recht ein. Das haben Sie falsch gemacht, Sie sind des Amtes nicht würdig.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen sagen: Sie haben gestern durch die Staatskanzlei – nicht Sie persönlich – einräumen müssen, dass Ihre Ausrede, Sie seien in Ihrem Ministerbüro mit Ihrem privaten Telefon halbdienstlich unterwegs gewesen, von Anfang an nicht der Wahrheit entsprochen hat, sondern es ist nachgewiesen worden und die Staatskanzlei hat das dankenswerterweise auch so dem Ausschuss wahrheitsgemäß dargestellt, dass Sie zum Diensttelefon gegriffen haben. Ihre Behauptung gestern im Ausschuss, dass sei Ihnen erst durch Vorlage der Telefonprotokolle erinnerlich geworden, mag ja bei Rot-Rot-Grün als Begründung taugen, für die Wahrheit ist sie lebensfremd. Man weiß, ob man privat oder dienstlich in seinem Büro unterwegs ist. Wenn der Minister in seinem Dienstbüro unterwegs ist, dann ist er dienstlich dort und nicht privat, zu keinem Zeitpunkt.
Sie haben von Anfang an behauptet, nachdem die Angelegenheit öffentlich geworden ist, Sie hätten jederzeit, zu jedem Zeitpunkt als Privatmann agiert. Tatsächlich ist durch die gestrige Erklärung aus der Staatskanzlei eben auch wahr geworden: Ihr Ministerbüro war von Anfang an mit der Angelegenheit befasst, und Sie haben sogar Ihren persönlichen Referenten mit der Angelegenheit betraut. Wer die sächlichen und personellen Ressourcen seines Mi
nisteriums nutzt, kann nicht als Privatmann handeln, er handelt immer in seiner Funktion. Genau das haben Sie gemacht: Sie haben auch an dieser Stelle bewusst und vorsätzlich die Öffentlichkeit hinters Licht geführt; Sie haben nicht die Wahrheit gesagt.
Sie haben auch an einer dritten Stelle nicht die Wahrheit gesagt, nämlich an der Stelle, als Sie gesagt haben, dass Sie zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen haben, dass es ein Kompromissangebot seitens des Kultusministeriums gegeben hat, nämlich dass es das Angebot gab – nicht nur für Sie, sondern für eine weitere Familie –, die Leistungsfeststellung dann nachzuholen, wenn beiden Kindern das zeitlich möglich ist. Es gab aber dieses Kompromissangebot. Ihre Behauptung, Sie haben das nicht wahrgenommen, ist gestern ins Reich der Legenden verwiesen worden. Sie wollten – und das ist die Wahrheit – von Anfang an darauf bestehen, dass eine Versetzung ohne Leistungsfeststellung erfolgt. Das sieht aber das Thüringer Schulgesetz zu keinem Zeitpunkt – und auch nicht in Ausnahme für Sie – vor. Sie wollten Recht für sich reklamieren, das Ihnen nach den Gesetzen dieses Landes zu keinem Zeitpunkt zustand.