Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen und mit Ihnen heiße ich auch einige Studenten von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Gotha willkommen, einige Schüler aus der 8. Klasse der Regelschule „Carl August Musäus“ in Weimar und eine Schülergruppe von Herrn Huster – ich nehme an aus Gera –, herzlich willkommen auch Ihnen.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer Herr Abgeordneter Schaft neben mir Platz genommen. Die Redeliste führt Frau Abgeordnete Floßmann. Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Gentele, Herr Abgeordneter Krumpe, Frau Abgeordnete Tasch und Herr Minister Tiefensee.
Wir haben ein Geburtstagskind unter uns: Herr Abgeordneter Egon Primas, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, alles Gute! Wir freuen uns, dass wir den Tag mit Ihnen zusammen feiern können.
Noch einige Hinweise zur Tagesordnung: Wir sind bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, den Tagesordnungspunkt 23 heute als letzten Punkt und die Tagesordnungspunkte 26 und 27 am Freitag nach der Mittagspause aufzurufen.
Zu Tagesordnungspunkt 16 wurde ein Alternativantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/2179 verteilt.
Zu Tagesordnungspunkt 17 wurde ein Alternativantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/2180 verteilt.
Gibt es weitere Änderungswünsche zur Tagesordnung? Das ist nicht der Fall, sodass wir in dieselbe eintreten.
Sechstes Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung (Gesetz zur Stärkung der Verwaltungsgemeinschaften) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2123 ERSTE BERATUNG
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, werte Gäste, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf strebt die AfD-Fraktion an, die Verwaltungsgemeinschaften zu stärken, anstatt sie durch die letztlich zwangsweise Umwandlung in Land- und Einheitsgemeinden abzuschaffen, ohne das rechtlich relevante Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die Landesregierung selbst führt im Entwurf des Vorschaltgesetzes an, dass – ich zitiere – „von einzelnen Verwaltungsgemeinschaften […] unter anderem vorgetragen [wurde], dass ein erheblicher Teil der Selbstverwaltungsaufgaben der Mitgliedsgemeinden von diesen nicht mehr alleine geschultert werden könne. Sie seien auf Dauer nur in gemeinsamer Trägerschaft durch Umlagen finanzierbar. Dabei wurden insbesondere die Bereiche Brandschutz, Kindergärten, Bauhöfe, Gewässerpflege, Erstellung von Flächennutzungsplänen, Trägerschaft überörtlich wichtiger Einrichtungen (zum Beispiel Schwimmbäder, Bürgerzentren usw.) genannt“. Genau für diese Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, die aber nach § 47 Abs. 3 der Thüringer Kommunalordnung auf die Verwaltungsgemeinschaften übertragen werden können, schlagen wir vor, die Aufgabenübertragung für einen Zeitraum von fünf Jahren zu fördern, um einen finanziellen Anreiz zu setzen.
Weitere Aufgaben, deren Übertragung auf die VG gefördert werden kann, können vom für Inneres und Kommunales zuständigen Ministerium per Rechtsverordnung bestimmt werden. Das Ziel unseres Gesetzentwurfs besteht darin, durch die Förderung der Aufgabenübertragung zu einer weiteren Effektivität der Aufgabenerledigung beizutragen und damit die Verwaltungsgemeinschaften mitsamt ihren Mitgliedsgemeinden zu stärken. Uns ist bewusst, dass der Aufgabenübertragung auf die Verwaltungsgemeinschaften durch Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes Grenzen gesetzt sind. Das Recht auf die kommunale Selbstverwaltung darf nicht gefährdet werden.
Daher bleiben die Mitgliedsgemeinden gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 der Thüringer Kommunalordnung für die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zuständig. Die Verwaltungsgemeinschaft ist bei der Ausführung der Aufgaben im eigenen Wirkungskreis an die Weisungen der Mitgliedsgemeinden gebunden. Wir sagen, das ist auch gut so, denn der große Vorteil einer Verwaltungsgemeinschaft besteht gerade darin, dass die Legitimität demokratischer Teilhabe auf eine effektive Verwaltung miteinander verbindet und keines dieser wichtigen Prinzipien gegen das andere ausspielt. Wie sie das tut und was dafür spricht, sie zu erhalten und zu stärken, das werden
Danke schön, Herr Henke. Damit eröffne ich die Aussprache und als Erster erhält Abgeordneter Adams für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste hier im Thüringer Landtag, ich will mit etwas anfangen,
bei dem ich noch nach den richtigen Worten suche. Ich will der AfD nämlich einmal recht geben, und zwar beschreibt die AfD mit ihrem Gesetzesvorschlag die Idee, die ich auch so sehe, die wir auch in den Fraktionen von SPD, Grünen und Linken richtig finden, Sie sagen nämlich, da, wo wir Aufgaben zu erfüllen haben, geht das meist oder im überwiegenden Teil in einer größeren Einheit effektiver. So, genau! Dann endet leider die Gemeinsamkeit, weil Sie in Ihrem Gesetz den Weg beschreiben, dass die VGs, die ursächlich dafür sind, dass erst mal grundsätzlich jeder weiter seines macht und man eben nicht zusammenkommt, um eine Aufgabe zu erledigen. Diese Form der Zusammenarbeit, dieses Institut der Kommunen, wollen Sie fortschreiben. Und hier ist der diametrale Gegensatz und deshalb werden wir natürlich Ihr Gesetz nicht überweisen und diesem Gesetz auch nicht zustimmen, weil wir sagen, wir müssen das zusammenführen. Wir müssen diejenigen, die, wie Sie richtig sagen, doch besser und vernünftiger, effektiver ihre Aufgaben gemeinsam erfüllen, zusammenbringen. Das ist unser Weg, den wir gehen wollen. Dieser Weg ist im Übrigen nicht halb so teuer, wie Sie ihn beschreiben. Sie sagen nämlich, in den ersten fünf Jahren wollen wir mit 100 Millionen Euro – 100 Millionen Euro! – die Kommunen unterstützen, um diesen Weg überhaupt zu gehen. Sie sagen, es ist effektiver, wenn man sich zusammentut. Und weil uns das keiner glaubt, offensichtlich glauben Sie dann selber nicht daran, müssen wir aber eine Prämie ausloben, dass die Kommunen das auch tun und ihre Aufgaben übertragen.
und jetzt dürfen wir uns gern darüber streiten, ob es 24 oder 26 Jahre sind, die eine Generation abbil
den, lieber Herr Kollege Mohring. Jede Generation braucht eine Gebietsreform, und zwar eine vernünftige Gebietsreform, die die Menschen zusammenführt und sie nicht weiter auseinandertreibt mit unsinnigen, viel zu kleinteiligen Verwaltungsstrukturen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden dem Gesetzentwurf der AfD nicht zustimmen, weil wir das Institut der Verwaltungsgemeinschaften wesentlich kritischer sehen als Sie. Wir sehen zum Beispiel die Frage der fehlenden sozialen Ausgleiche untereinander. Eine Kommune mit schwieriger Einnahmesituation – was nicht immer unbedingt an ihrem Handeln liegt, sondern einfach manchmal an der Geografie oder den gewachsenen Möglichkeiten – zahlt genauso viel in den Topf ein wie die Kommunen, die sehr leistungsfähig sind. Wir aber gehen von einer Gesellschaft aus, die in einem Solidarprinzip lebt und auch Aufgaben erfüllt, das heißt, jeder nach seiner Möglichkeit und nicht alle über einen Kamm geschert. Das ist Gleichmacherei. Das wollen wir nicht machen. Ein Argument an dieser Stelle also.
Wir sind der Meinung, dass auch der Zugriff der AfD auf die Rücklage ein fiskalischer Offenbarungseid ist. Sie wollen immer eine vernünftige Alternative sein, sind Sie aber nicht, weil Sie in die Rücklage greifen. Die Rücklage ist aber für eine Situation da, die Sie nicht vorplanen können. Aber wir können mit unseren Kommunen planen. Wir können auch, wie wir das im Augenblick tun, mit Kommunen in eine Kommunikation kommen, mit Kommunen ins Gespräch kommen und in einem Diskurs, den wir im Augenblick führen, eine Gebietsreform durchführen. Dann braucht man das viele Geld nicht. Dann braucht man nicht in die Rücklage, was im Prinzip die Spardose des Landes ist, greifen, sondern kann mit einer ehrlichen, offenen Politik, indem man den Menschen sagt, dahin müssen wir uns entwickeln, davon sind wir überzeugt, eine gute Gebietsreform durchführen.
Deshalb: Wir werden unsere Gebietsreform weiter vorantreiben. Wir können diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Ich denke, dass ich das hinreichend begründet habe. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste! Die Verwaltungsgemeinschaften, als sie 1994 gebildet wurden, hatten ihre Da
seinsberechtigung. Damals war kommunale Selbstverwaltung eine neue Erfahrung und die Verwaltungsgemeinschaft war ein Instrument, um diese kommunale Selbstverwaltung weiter mit Leben zu erfüllen. Von Anfang an hatten die Verwaltungsgemeinschaften – also dieses Rechtsinstitut – jedoch eine Reihe von Konstruktionsfehlern, die sich insbesondere seit 1999 sehr deutlich gezeigt haben. Eigentlich hätte man seit 1999 darüber diskutieren müssen, inwieweit man diese Konstruktionsfehler, auf die ich dann noch eingehen werde, beseitigen kann. Das haben die CDU-geführten Landesregierungen versäumt.
Rot-Rot-Grün hat nun von Anfang an eine Überprüfung vorgenommen, inwieweit diese Konstruktionsfehler zu beheben sind. Wir sind in Abwägung zu dem Ergebnis gekommen, ein Teil – auch darauf werde ich noch eingehen – wäre durchaus behebbar, aber die grundsätzlichen Probleme nicht. Deshalb beabsichtigen wir, im Zusammenhang mit der anstehenden Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform die Verwaltungsgemeinschaften weiterzuentwickeln zu Einheits- und Landgemeinden,
Wir entwickeln sie weiter. Was für Konstruktionsfehler sind das und inwieweit sind sie behebbar? Der erste ist die steuerkraftunabhängige VG-Umlage. Es ist ein Systembruch in den Finanzausgleichssystemen, denn alle anderen Ausgleichssysteme sind steuerkraftabhängig – Länderfinanzausgleich, Kommunaler Finanzausgleich, die Kreisumlage. Nur die VG-Umlage ist steuerkraftunabhängig, das heißt, jede Gemeinde muss völlig unabhängig von ihrer Steuerkraft eine Pro-Kopf-Umlage an die Verwaltungsgemeinschaft zahlen. Und das führt natürlich zu einer Ungleichbehandlung, weil dadurch steuerkraftstarke Gemeinden besser gestellt sind als steuerschwache Gemeinden. Das führt zu einer sehr differenzierten Entwicklung innerhalb von Verwaltungsgemeinschaften. Dieser Fehler wäre korrigierbar. Man könnte die VG-Umlage durchaus als steuerkraftabhängige Umlage – ähnlich wie die Kreisumlage – entwickeln.
Der zweite ist die Rolle des VG-Vorsitzenden. Der wird nur von der VG-Versammlung gewählt, also nicht wie Bürgermeister direkt gewählt. Aber das Problem ist, dass er alle Stufen des Verwaltungshandelns dominiert: Die Beschlussvorbereitung, er hat selbst Stimme in der VG-Versammlung und er ist auch für den Vollzug der Beschlüsse zuständig. Damit hat er eine hohe Machtkonzentration und es entsteht ein Grundproblem, nämlich dass politische oder kommunale Entscheidungen und Vollzug in ei
ner Hand sind, was eigentlich nicht sein sollte. Das ist problematisch, aber auch das wäre heilbar. Man könnte beispielsweise aus dem VG-Vorsitzenden einen Lebenszeitbeamten machen, der dann tatsächlich nur Behördenleiter ist, und einer der Bürgermeister könnte zum Beispiel VG-Vorsitzender sein. Das wäre also auch heilbar.
Jetzt komme ich zu Problemen innerhalb der Verwaltungsgemeinschaften. Die sind durch eine Weiterentwicklung nicht heilbar. Deswegen wollen wir die Verwaltungsgemeinschaften zu Einheitsgemeinden und Landgemeinden weiterentwickeln.
Das erste Problem ist das Auseinanderfallen der Zuständigkeit für den Vollzug der Gemeinderatsbeschlüsse bei den Bürgermeistern und der Vollzugsorgane – also der Verwaltung, bei der Verwaltungsgemeinschaft. Also die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden sind für den Vollzug der Beschlüsse zuständig, haben aber gar keine eigenen Vollzugsinstrumente, sondern die liegen bei der Verwaltungsgemeinschaft. Dadurch entstehen hohe Transaktionskosten, weil ein ständiger Dialog zwischen Bürgermeistern und VG stattfinden muss. Die werden nirgends abgebildet, sind aber da. Es besteht eine ständige Konfliktsituation zwischen den Mitgliedsgemeinden und der Verwaltungsgemeinschaft. Und das kann man nicht beheben. Dieses Problem bleibt, wenn man dieses Konstrukt behält.
Deswegen sagen wir, dieses Problem hat man bei Einheits- und Landgemeinden nicht, weil dann der Bürgermeister, der für den Vollzug der Beschlüsse zuständig ist, auch direkt der Behördenleiter ist. Damit entfallen natürlich diese ständigen Konfliktfelder und diese hohen Transaktionskosten.
Das nächste Problem innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft, das nicht heilbar ist, ist die Mehrfachbeschäftigung mit dem Ortsrecht. Jede Mitgliedsgemeinde hat ihr separates Ortsrecht, welches von der Verwaltungsgemeinschaft vorgehalten und entwickelt werden muss. Jede Gemeinde hat ihren Haushalt, die Straßenausbaubeitragssatzung, die Friedhofssatzung und dergleichen. Das ist eine Mehrfachbeschäftigung, die Verwaltungsressourcen bindet. Da kann man noch so viel IT-Technik einsetzen, es bindet erhebliche Potenziale. Hinzu kommt, dass wir keine Verwaltungsgemeinschaft haben, die einen Personalbestand von über 20 Vollbeschäftigteneinheiten hat, sondern im Regelfall haben wir Vollbeschäftigteneinheiten von 5 bis 11. Damit hat man natürlich ein weiteres Problem, welches man nicht heilen kann – das ist das Fachkräfteproblem. In derartigen Kleinverwaltungen kann man schon aufgrund der Besoldungs- und Entgeltgruppen, die man dort nur bieten kann, kaum attraktive Einstiegsmöglichkeiten für junge Fachkräfte bieten und vor allen Dingen keine Ent