Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie herzlich zur heutigen Plenarsitzung begrüßen und bitten, die Plätze einzunehmen. Ich freue mich, dass auf der Besuchertribüne jeweils eine Gruppe aus dem Kyffhäuserkreis und aus dem Unstrut-Hainich-Kreis anwesend ist. Herzlich Willkommen!
Die Plenarsitzung wird durch den Schriftführer Abgeordneten Herrgott begleitet und die Redeliste von Frau Abgeordneter Mühlbauer geführt.
Aufgrund der Eilbedürftigkeit habe ich für Johannes Brott und für Andre Schmidt von der Somengo GmbH sowie für Ulrike Törpe von Radio Enno für die heutige Plenarsitzung Genehmigungen für Bildund Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung erteilt.
Gibt es Wünsche zur Tagesordnung? Sehe ich nicht, sodass wir in die Tagesordnung, wie verabredet, eintreten.
Thüringer Gesetz über die Neuregelung der Kindertagesbetreuung Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/3906 - korrigierte Fassung dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport - Drucksache 6/4840
dazu: Familiengeld einführen – tatsächliche Beitragsfreiheit realisieren Entschließungsantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/4848
dazu: Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/4858
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne und am Livestream, wir kommen zur Beschlussempfehlung und zur damit verbundenen Berichterstattung, heute zur Novellierung des Kita-Gesetzes. Durch Beschluss des Landtags vom 2. Juni 2017 wurde der Gesetzentwurf zum Thüringer Gesetz über die Neuregelung der Kindertagesbetreuung in Drucksache 6/ 3906 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport federführend und an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Um an dieser Stelle Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich auf meine Berichterstattung zu diesem Beratungsgegenstand in der 96. Plenarsitzung vom 29. September 2017 verweisen. Wie Sie wissen, haben wir damals beschlossen, nur einen Teil des Gesetzes zu verabschieden und den Artikel 1 auszuklammern und zurückzustellen. Der ausgeklammerte und zurückgestellte Artikel 1 des Gesetzentwurfs, den wir heute abschließend beraten wollen, wurde im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport in der 48. Sitzung am 24. Oktober 2017 und abschließend in der 49. Sitzung am 5. Dezember 2017 beraten. Neben dem ersten und zweiten ergänzenden schriftlichen Anhörungsverfahren wurde zur korrigierten Fassung des Gesetzentwurfs und insbesondere zu dem von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Änderungsantrag in Vorlage 6/3169 ein drittes, ergänzendes schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Die Anhörungsverfahren ermöglichten, zu den in Diskussion stehenden Fragen mit den Anzuhörenden bzw. mit den Betroffenen in einen ausführlichen Austausch treten zu können. Dies hat dazu geführt, Anregungen in Form eines zweiten Änderungsantrags in Vorlage 6/3331 aufzunehmen bzw. umzusetzen. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat in Artikel 1 des Gesetzentwurfs unter Beachtung der vom Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfohlenen Änderungen in seiner 51. Sitzung am 8. Dezember 2017 mitberaten und keine weiteren Änderungen empfohlen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf daher auf die vorliegende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport in Drucksache 6/4840 verweisen, die Zustimmung empfiehlt. Herzlichen Dank und ich wünsche eine intensive Debatte!
Danke schön. Wünscht jemand das Wort zur Begründung des Antrags der AfD? Frau Muhsal für die AfD-Fraktion, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzesentwurf der Landesregierung, den wir heute in seiner Endfassung diskutieren, ist mit erheblichen Mängeln behaftet, auf die ich dann gern in der Debatte noch eingehen werde.
Wir als AfD wollen mit unserem Entschließungsantrag einen Konsens über die Dinge erzielen, die für Eltern, Kinder und Erzieher wirklich wichtig sind.
Nämlich zum Ersten: Die Entscheidung, ob und wie ein Kind durch die Eltern, Großeltern oder außerhäuslich durch Kita oder Tagesmutter betreut werden soll, liegt bei den Eltern. Das Familiengeld, das wir vorschlagen, eröffnet in finanzieller Hinsicht die Wahlfreiheit und genau deswegen soll die Einführung dieses Familiengelds durch die Landesregierung geprüft werden.
Zweitens hoffe ich doch, dass ein Konsens darüber zu erzielen ist, dass eine tatsächliche Beitragsfreiheit durch das sogenannte beitragsfreie Kita-Jahr der Landesregierung eben nicht erzielt wird aber dass das Ziel der tatsächlichen Beitragsfreiheit für die gesamte Zeit, vom Ende des Elterngeldbezugs bis zur Schuleinführung der Kinder, durch das Familiengeld realisiert werden kann und es deswegen ein erstrebenswertes, familienfreundliches Ziel ist.
Meine Damen und Herren, Familien sind die Leistungsträger unseres Staates und sollten auch hier in Thüringen als solche behandelt werden. Alle Eltern bewegen sich fortwährend in einem Spannungsfeld zwischen finanziellen Belastungen, dem Wunsch der beruflichen Weiterentwicklung und ihrer Aufgabe, ihre Kinder gemäß ihren Vorstellungen zu betreuen und zu erziehen. Bei dieser Aufgabe soll der Staat die Familien eben nicht, wie es beispielsweise auf Bundesebene durch das Steuerrecht geschieht, belasten, sondern der Staat soll die Familien entlasten, und das ist unser Ziel als AfD.
Umso wichtiger ist es, auf Landesebene eben kein Betreuungsmodell durch finanzielle Bevorzugung seitens des Staates vorzugeben, sondern die Entscheidung, wie sie ihre Kinder erziehen und betreuen wollen, den Eltern zu überlassen. Ich erwarte nicht, aber ich hoffe doch, dass Sie alle sich diesem Ziel verbunden fühlen und deswegen unserem Entschließungsantrag im Interesse der Thüringer Familien zustimmen.
Weitere Vorteile des Familiengelds sind offensichtlich. Die Eltern werden flexibler, was Art und Dauer der Betreuung durch Kita, Tagesmutter, Au Pair
oder Großeltern angeht, was letztlich nicht nur die Familie als solche stärkt, sondern auch Berufsgruppen, wie zum Beispiel Schichtarbeiter, die eine Betreuung eben außerhalb der Kita-Öffnungszeiten brauchen, entlastet.
Und nicht zuletzt ist mit der Einführung des Familiengelds die faktische Beitragsfreiheit für die Eltern während der gesamten Zeit zwischen Elterngeldbezug und Einschulung gegeben, weil das Familiengeld eben zu 100 Prozent die Kosten für die Betreuung einer Kita abdecken muss. Das Familiengeld ist damit, wie Sie sehen, deutlich weitgehender und familienfreundlicher als der Gesetzentwurf der Landesregierung. Wir bitten deswegen dafür um Zustimmung. Herzlichen Dank.
Ich eröffne damit die Beratung und als Erster hat Abgeordneter Torsten Wolf für die Fraktion Die Linke das Wort.
Einen schönen guten Morgen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Ich begrüße hier im Landtag auch die Landeselternvertretung Kita, Frau Grosse-Röthig, Herr Wagner! Es freut mich sehr,
denn heute ist, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ein guter Tag – ein guter Tag für alle Kinder, die an den Thüringer Kindertagesstätten betreut und gebildet werden, ein guter Tag für die Eltern in Thüringen, ein guter Tag für die Erzieherinnen und Erzieher, ein guter Tag für die Träger und auch ein guter Tag für die Zukunftssicherung in Thüringen.
Denn mit diesem nun heute zu beschließenden Gesetz werden erstens Eltern durch ein gebührenfreies Kindergartenjahr deutlich entlastet, zweitens werden entscheidende und wichtige Qualitätsverbesserungen im Bereich der Betreuung und Bildung der drei- bis vierjährigen Kinder und eine verbesserte Freistellung im Bereich der Kita-Leitung erreicht. Drittens wird durch unser Gesetz mehr Mitsprache und Beteiligung von Eltern und Kindern erreicht. Viertens wird das Gesetz mehr Gerechtigkeit und Klarheit in der Kita-Finanzierung durch die Erhöhung der direkten Finanzierungsanteile für Kitas erbringen. Und fünftens wird mehr Transparenz bei Elterngebühren gesichert und damit die Unmündigkeit der Eltern gegenüber den Kommunen und Trägern beendet.
Lassen Sie es mich gleich zum Anfang sagen: Dafür werden wir, dafür wird Rot-Rot-Grün, dafür wird die Landesregierung fast 100 Millionen Euro mehr für frühkindliche Bildung einsetzen.
Das ist gut investiertes Geld, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, was uns auch die Zukunft sichert. Einiges hat viel Zeit, Abstimmung und Kraft auch in der Koalition gekostet. Ich möchte mich hier auch insbesondere für die Arbeit der beteiligten Ministerien bedanken. Ich möchte mich bedanken für die umfangreichen Stellungnahmen schriftlicher und mündlicher Art der entsprechenden Träger, der Kommunen, des Gemeinde- und Städtebunds, des Thüringer Landkreistags. Ich möchte mich bedanken für die Arbeit in der Koalition, mit unseren Koalitionspartnern Grüne und SPD und den Referenten. Das alles war ein gutes Stück Arbeit, das wir heute mit dem Beschluss des Kita-Gesetzes dann auch zu Ende bringen. Mit dem neuen Kita-Gesetz wird Thüringen wieder auf einem vorderen Platz in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf landen und wir stärken weiterhin im FröbelLand die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Schon heute, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ist Thüringen das einzige Bundesland, welches per Gesetz die Praktikumsentgelte übernimmt. Das sind 2018 7,7 Millionen und 2019 7,9 Millionen Euro. Hier geht es um Nachwuchssicherung, hier geht es um gute Ausbildung, gut investiertes Geld, wie ich meine.
Wir als Land haben unsere Hausaufgaben gemacht, haben das Gesetz neu geordnet und deutlich verbessert und wir haben es komplett ausfinanziert. Jetzt sind die Kommunen und Träger dran. Setzen Sie die Qualitätsverbesserung zügig um und vor allem keine Verschiebung der von uns erstatteten Elterngebühren in die anderen Jahre hin zu den Eltern! Wer jetzt mit der Begründung eines neuen Kita-Gesetzes die Elterngebühren erhöht, der täuscht, belügt und betrügt die Eltern.
Für uns bleibt es dabei, wir haben ein Jahr Gebühren – also Beitragsfreiheit ausfinanziert. Ein Jahr beitragsfrei – es bleibt dabei. Für die Linken in Thüringen, für meine Fraktion im Landtag, versteht es sich von selbst, dass Bildung nicht mit Beiträgen und Gebühren belastet werden darf, dass Bildung kostenlos für alle sein muss. Ich habe die öffentlich
geführte Diskussion nie verstanden, dass wir mit dem gebührenfreien Jahr, mit dem beitragsfreien Jahr nur die wohlhabenden Eltern entlasten. Wir übernehmen heute schon die Beitragsanteile für die Kinder aus Familien, welche sozial nicht so gut gestellt sind. Aber vor allen Dingen haben wir eben Grenzen, die in den Satzungen stehen, die häufig für Familien mit zwei Kindern sehr eng bemessen sind. Da fallen Normal-, manchmal sogar Geringverdiener unter die Beitragspflicht. All die entlasten wir damit. 29 Millionen Euro werden wir dort investieren. Das ist gut angelegtes Geld, denn für uns geht es um die Gebührenfreiheit insgesamt.
Wenn wir aber, wie in den letzten Wochen geschehen und auch von der Landeselternvertretung deutlich kritisiert, einzelne Kommunen und VGs haben, die mit der Begründung des Kita-Gesetzes die Elternbeiträge erhöhen wollen, wie zum Beispiel im Südlichen Saaletal, von einst 18 auf dann 25 Prozent, obwohl der ungedeckte Teil, der durch die Eltern zu tragen ist, nicht einmal 9 Prozent ausmacht, dann ist das schlichtweg unredlich und entspricht auch nicht dem, was im Gesetz steht. Man muss ganz klar sagen: Hier werden Eltern ungerechtfertigt zur Kasse gebeten, um kommunale Löcher zu stopfen. Das kann so nicht sein. Wir finanzieren ein beitragsfreies Jahr komplett aus. An all diejenigen, die heute noch sagen, wir können ja gar nicht darstellen, wie es mit der Kita-Finanzierung aussieht: Ich will jetzt hier nicht in einen Exkurs verfallen, aber entsprechend der Kleinen Anfrage in Drucksache 6/4244 können die Anteile der Kita-Finanzierung für das Jahr 2017 ganz genau für die Kommune ausgerechnet werden; es kann gegenübergestellt werden, was es an Leistungen kostet. Dann kann auch ausgerechnet werden, was ein gerechtfertigter Elternanteil ist. Hier stärken wir mit unserer parlamentarischen Arbeit die Eltern in ihrem Kampf um ein gerechtes und gerechtfertigtes Beitragssystem,