Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen. Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch die Gäste auf der Zuschauertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführerin Frau Abgeordnete Mitteldorf neben mir Platz genommen. Die Redeliste führt Herr Abgeordneter Herrgott. Bevor ich die entschuldigten Kollegen entschuldige, darf ich ganz herzlich Frau Floßmann gratulieren, die heute morgen um 6.00 Uhr – der frühe Vogel fängt den Wurm – Herrn Obst zum Mann genommen hat, geheiratet hat. In diesem Sinne alles Gute für die gemeinsame Ehe, für die gemeinsame Zeit und Gottes Segen auf Ihrem Weg. Vielen Dank, alles Gute.
Mir wurde gesagt, Frau Floßmann, Ihren Ehemann könnte man auch beglückwünschen, aber ich sehe ihn auf der Besuchertribüne nicht. Ich vermute mal, wir würden ihn … Da oben ist er. Alles Gute auch dem Ehemann!
Es hat Vorteile, wenn man Bürgermeister ist, dann kann auch mal das Standesamt früh aufmachen, oder?
Für die heutige Sitzung haben sich Herr Abgeordneter Höcke, Frau Abgeordnete Holbe und Herr Minister Lauinger entschuldigt.
Ich frage, ob der vorliegenden Tagesordnung widersprochen wird. Das ist nicht der Fall, sodass wir einfach fortsetzen können.
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses: „Mögliches Fehlverhalten des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit als Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit dem Auffinden, der Sicherung, dem Sichten sowie der Räumung der in einem Aktenlager in Immelborn im Juli 2013 aufgefundenen Unterlagen“
Antrag der Abgeordneten Emde, Grob, Heym und weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU - Drucksache 6/206
Bei dem vorliegenden Antrag handelt es sich um einen Minderheitsantrag gemäß Artikel 64 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative der Landesverfassung. Er trägt die dem verfassungsmäßigen Quorum von einem Fünftel entsprechende Anzahl von Unterschriften, das sind mindestens 19 Mitglieder des Landtags, wie es § 83 Abs. 2 der Geschäftsordnung verlangt. Gemäß § 2 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes hat der Landtag die Pflicht, auf einen verfassungsrechtlich zulässigen Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht die CDU-Fraktion des Thüringer Landtags, sondern, wie eben schon gesagt, mehr als ein Fünftel der Mitglieder des Thüringer Landtags als eine Minderheit haben einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durch den Landtag gestellt. Nach § 1 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen vom 07.02.1991 hat ein Untersuchungsausschuss die Aufgabe, Sachverhalte, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegen, zu untersuchen und dem Landtag darüber Bericht zu erstatten – nicht mehr und nicht weniger als Bericht zu erstatten. Ich verstehe das so, wie es da steht, im Gegensatz zu anderen hier im Hause, die meinen, er habe ein Urteil zu sprechen. Aber das nur am Rande, das gehört eigentlich zum Thema „parlamentarischer Stil“, um den es auch gestern zeitweise ging, als wir gewählt haben.
Also noch einmal: Aufgabe ist es, einen Sachverhalt zu untersuchen, dessen Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass es einen solchen Sachverhalt gibt. Da geht es im Jahre 2008 darum, eine Aktenarchivierungsfirma geht in Insolvenz, die sogenannte AD ACTA GmbH – den Namen muss jemand damals vorausschauend erfunden haben –, ein Vorgang, der so ähnlich ist wie die Insolvenz eines Altreifenlagerbetreibers, bei dem eigentlich jedem klar ist, dass es kaum jemanden geben wird, der sich um das Inventar der Insolvenzfirma kümmern wird. Es ist jeweils ein Inventar mit negativem Wert, ob Altreifen oder Altakte, auch wenn – zugegeben – der Vergleich etwas hinkt. Es kann vermutet werden, dass es ähnlich viele Aktenlager wie Altreifenlager gibt, vielleicht ergibt sich insofern als Nebenwirkung aus dem Untersuchungsausschuss auch noch ein Ergebnis.
Ich darf erinnern, wir waren im Jahr 2008. Seitdem ruhen die Akten, „ad acta“ eben. Es vergehen Jahre, ohne dass den Akten offenbar etwas zustößt, jedenfalls sind mir bis heute Vorfälle im Einzelnen nicht bekannt – 2008. Im Juli 2013 entdeckt der Thüringer Datenschutzbeauftragte plötzlich den Skandal oder auch nur den vermeintlichen Skandal. Er nennt es ein „datenschutzrechtliches Fukushima“ laut MDR vom 15.07.2013. Es muss sich offenbar um hochbrisante Akteninhalte handeln. Die damalige Schätzung lag bei 250.000 Aktenordnern.
Am 11.11.2013 erklärt unser Kollege Dirk Adams: „Die Betroffenen haben einen Anspruch darauf, dass ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung wieder hergestellt wird.“
Am 20.12.2013 erklärt die SPD-Abgeordnete Marx: Es ist dringend erforderlich, dass bei der Aufarbeitung des Aktenfundes Amtshilfe geleistet wird. Der Innenminister soll aus seiner „Schmoll-Ecke“ kommen. Es müssen 250.000 Akten sortiert, gelesen, an die Eigentümer zurückgeführt werden. Es muss jede Akte in die Hand genommen werden, um den Eigentümer herauszufinden. „Das sind wir nicht zuletzt dem Grundrecht auf Schutz persönlicher Daten […] schuldig.“
Aus einer SPD-Pressemitteilung zitiert, Frau Kollegin. In der Aktuellen Stunde am 20.11.2013 fordert der damalige Abgeordnete Ramelow, „endlich zu handeln, denn die Akten sind der Skandal und die Bürger erwarten, dass endlich die Administration handelt“.
Nachdem die Sache ordentlich skandalisiert ist, tut sich zunächst offenbar nicht viel. Im ersten Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten vom März 2014 heißt es, die Akten müssen „von Hand gesichtet und registriert“ werden, bevor sie nach Datenschutzrecht den Betroffenen zurückgegeben werden. Der nächste Schritt folgt wenig später: Das TIM verweigert es, hierfür Polizeibeamte zur Verfügung zu stellen, worauf im Juli 2014 durch den Datenschutzbeauftragten gegen den Innenminister Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben wird. So weit der Vorgang bis zur Landtagswahl.
Jetzt kann man einen Schnitt machen oder Cut, neue Szene – eine neue Regierung, der Innenminister ist jetzt unter SPD …
Herr Abgeordneter Scherer, die Redezeit ist langsam zu Ende, für die Begründung des Antrags haben Sie 5 Minuten.
Am 05.02. – vor wenigen Tagen – plötzlich gibt es nach Aussage des Datenschutzbeauftragten einen anonymen Wohltäter, der die Akten kostenlos binnen sechs bis acht Wochen vernichtet. Was ist mit dem Feststellen des Akteninhalts, mit dem Registrieren des Bestands, mit der Rückgabe nach Datenschutzrecht an die Betroffenen, wer auch immer das ist? Plötzlich alles nicht mehr notwendig, auch keine Polizeibeamten mehr notwendig, die ja für vieles gut sind, auch zum Sortieren von Akten, wie wir an anderer Stelle schon erfahren haben!
Noch ein Satz. War alles heiße Luft, ein riesiger Heißluftballon? Das ist aus unserer Sicht aufzuklären und dafür beantragen wir, den Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Meine Damen und Herren, aus Sicht der Fraktion Die Linke, Herr Scherer, ist vielleicht festzustellen, dass es doch durchaus zufriedenstellend sein kann, dass anderthalb Jahre nach dem Auffinden ungesicherter Akten mit höchstsensiblen Daten – und da handelt es sich nicht um Altreifen, sondern um höchstsensible personenbezogene Daten – jetzt wieder Bewegung in die Sache gekommen ist und tatsächlich ein Ende dieses datenschutzrechtswidrigen Zustands in Immelborn sichtbar wird.
Ich glaube, damit wird auch ein unsägliches Spiel beendet, wo sich mehrere Institutionen hier in Thüringen gegenseitig vorgeworfen haben, jeweils ihre Arbeit nicht zu machen. Mich macht es jedenfalls zufrieden, dass dieser Zustand nun endlich beseitigt werden kann, wenngleich ich auch deutlich sa
gen will, dass das natürlich nicht heißt, dass in den letzten anderthalb Jahren nichts passiert ist, sondern dort sind eben auch entsprechend durch den Datenschutzbeauftragten Sicherungsarbeiten durchgeführt worden.
Meine Damen und Herren, es ist natürlich das Recht einer Minderheit, auch zu Vorgängen – Herr Scherer hatte es gesagt – von allgemeinem öffentlichen Interesse einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um aufklären zu können, um Licht in vermeintliches Dunkel zu bringen. Es ist nicht zwingend Sache der parlamentarischen Mehrheit, die Motivlage für Einsetzungsanträge für Untersuchungsausschüsse zu bewerten, wenngleich die Motivlage hier schon sehr zu interessieren scheint. So handelt es sich doch aus meiner Sicht gleich in mehrfacher Hinsicht um sehr personifizierbare Motive,
die liegen aus meiner Sicht auf der Verfahrensebene. Sie liegen sicherlich auf der Ebene des Gegenstands, des Ziels der Untersuchung, aber eben auch bei den eigentlichen Antragstellern.
Aber, meine Damen und Herren, es kommt natürlich dem Minderheitenrecht nicht zu, sich nicht mit dem Gegenstand selbst auseinanderzusetzen.
Man muss natürlich auch die Frage der rechtlichen Zulässigkeit von Untersuchungsausschussanträgen stellen und das werde ich hiermit tun. Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, denn es ist Ihr Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, nicht die inhaltliche Aufklärung in der Causa Immelborn steht bei Ihnen im Vordergrund. Das zeigte eben auch die letzte Sitzung des Innenausschusses in der vergangenen Woche. Ich will Sie daran erinnern, auf die Frage des Ausschussvorsitzenden, ob zum Gegenstand noch offene Fragen im Ausschuss...
Ich zitiere doch nicht, Herr Mohring. Es kann ja sein, dass Ihnen das unangenehm ist, wenn ich den Sitzungsverlauf darstelle,