Herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne, die gerade Platz nehmen, sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Ich begrüße im Weiteren den Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Herrn Georg Maier. Herr Staatssekretär, herzlich willkommen im Thüringer Landtag!
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführerin Frau Abgeordnete Holzapfel neben mir Platz genommen. Die Redeliste wird von Herrn Abgeordneten Schaft geführt.
Die Landespressekonferenz hat für heute Abend zu ihrem traditionell stattfindenden Sommerfest eingeladen, das nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 19.30 Uhr beginnen soll. Die Vorbereitungen laufen, wie Sie draußen sehen können.
Der Ältestenrat hat gemäß § 17 Abs. 4 der Geschäftsordnung für Herrn Thomas Gondi von Salve TV eine Dauerarbeitsgenehmigung für Ton- und Bildaufnahmen im Plenarsaal für die 6. Wahlperiode erteilt.
Nun zur Tagesordnung: Die Fraktionen sind im Ältestenrat übereingekommen, die Plenarsitzung am Donnerstag um 19.00 Uhr zu beenden.
Die Beschlussempfehlung zu Tagesordnungspunkt 1 hat die Drucksachennummer 6/844. Zu diesem Tagesordnungspunkt wurden Änderungsanträge des Abgeordneten Krumpe in Drucksache 6/852, der Fraktion der CDU in Drucksache 6/859 und der Fraktion der AfD in Drucksache 6/860 verteilt.
Der Tagesordnungspunkt 2, Thüringer Gesetz zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Anpassung von Landesvorschriften, wurde von der Tagesordnung abgesetzt, da der Innen- und Kommunalausschuss noch nicht abschließend beraten hat.
Zu Tagesordnungspunkt 6 wurde eine korrigierte Fassung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 6/824 verteilt.
Ich frage: Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Herr Blechschmidt, bitte.
Danke, Herr Präsident. Namens der Koalitionsfraktionen beantrage ich folgende Änderungen zur Tagesordnung: Zu TOP 4, Fünftes Gesetz zur Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes, beantragen wir erste und zweite Beratung. Zu TOP 6, Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes für Natur und Landschaft, beantragen wir die erste und zweite Beratung. Mit Blick auf den TOP 13 beantragen wir, dass der TOP 13 Freitag früh als erster Tagesordnungspunkt abgearbeitet wird. Die Begründung liegt darin, dass der Minister zum Bundesrat muss und die Staatssekretärin nur punktuell Zeit hat und wir diesen Tagesordnungspunkt inhaltlich vernünftig abarbeiten können.
Herr Präsident, ich möchte beantragen, dass der Tagesordnungspunkt 14 zum Abbau der kalten Progression spätestens am Donnerstag als letzter Tagesordnungspunkt aufgerufen wird, mit der Begründung, dass am Freitag der Bundesrat tagt und sich mit dem Thema befasst.
Punkt 14 am Donnerstag als letzter Punkt, erste und zweite Beratung zu Punkt 4. Zu Punkt 6 würde es heißen, wir rufen die erste Beratung entweder heute oder am Donnerstag auf und die zweite Beratung dann am Freitag.
Ich würde das zunächst einmal abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um sein Handzeichen. Vielen Dank. Ich gehe mal davon aus, das gilt für beide Gesetze. Dann machen wir das auch so, dann müssen wir das jetzt nicht doppelt abstimmen. Den TOP 14 am Donnerstag als letzten Tagesordnungspunkt aufzurufen, da sehe ich auch keinen Widerspruch. Insoweit würden wir das auch so machen. Dann werden wir die Tagesordnungspunkte so abarbeiten
Dann rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 23, die Aktuelle Stunde. Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, AfD und CDU haben jeweils eine Aktuelle Stunde eingereicht. Jede Fraktion hat in der Aussprache eine Redezeit von 5 Minuten für das Thema. Die Redezeit der Landesregierung beträgt grundsätzlich 10 Minuten für jedes Thema. Bei fraktionslosen Abgeordneten beträgt die Gesamtredezeit in der Aktuellen Stunde 5 Minuten. Diese Gesamtredezeit kann durch die fraktionslosen Kollegen auf die beantragten Themen zur Aktuellen Stunde aufgeteilt werden. Hat die Landesregierung eine Redezeit von mehr als 10 Minuten in Anspruch genommen, so verlängert sich die Aussprache für das jeweilige Thema für die Fraktionen um die über 10 Minuten hinausgehende Zeit. Die Aufteilung der Verlängerungszeit auf jede Fraktion erfolgt dann zu gleichen Teilen.
a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Glyphosateinsatz – gesundheitliche Auswirkungen auf die Menschen in Thüringen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/842
Einen schönen guten Tag! Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Landtagsabgeordnete, sehr geehrte Gäste! Unsere Fraktion hat das Thema „Glyphosateinsatz – gesundheitliche Auswirkungen auf die Menschen in Thüringen“ als Aktuelle Stunde gewählt, weil Glyphosat ein Pflanzenschutzmittel ist, welches seit 1974 sehr intensiv in der Welt und auch in Thüringen eingesetzt wird, und weil durch die aktuellen Diskussionen – initiiert durch die Weltgesundheitsorganisation, durch die Internationale Agentur für Krebsforschung und durch die Studie der GrünenBundestagsfraktion – die gesundheitlichen Auswirkungen thematisiert wurden, ganz konkret die möglicherweise krebserregende Wirkung von Glyphosat. Laut einer 2011 durchgeführten Expertenbefra
gung werden 30 Prozent der deutschen Ackerfläche jährlich mit Glyphosat behandelt. Eine 2011 durchgeführte Umfrage unter 896 Landwirten schätzte den Flächenanteil auf 39 Prozent. 2012 wurden in Deutschland 6 Millionen Kilogramm reiner Wirkstoffmenge ausgebracht. Die Wirkung von Glyphosat auf Nichtzielorganismen wurde umfangreich untersucht, unter anderem durch die Weltgesundheitsorganisation. Die EU-Nichtregierungsorganisationen – wie der Naturschutz Deutschland – vertreten unter Berufung auf wissenschaftliche Studien den Standpunkt, dass Glyphosat erhebliche Gesundheits- und Umweltrisiken berge. Andere Studien wiederum stufen die Giftigkeit von Glyphosat für Nichtzielorganismen als gering ein, da das gehemmte Enzym EPSPS nur in pflanzlichen Zellen vorhanden ist. Die Giftigkeit, abhängig von der Rezeptur von glyphosatbasierten Produkten, weicht aber davon ab. Was ist aber mit den Menschen? Eine Bewertung der Internationalen Agentur für Krebsforschung von März 2011 kommt zum Ergebnis, dass es begrenzte Nachweise am Menschen für das krebserzeugende Potenzial von Glyphosat gebe, während die Beweislage ausreichend wäre, dass die Substanz bei Ratten und Mäusen zu Tumoren führe. Die Internationale Krebsforschungsagentur stuft Glyphosat daher in die Kategorie 2A „wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen“ ein. Das Bundesinstitut für Risikobewertung teilt in einer ersten Reaktion darauf mit, dass diese Einstufung auf Basis der vorliegenden Informationen wissenschaftlich schlecht nachvollziehbar sei und daher der vollständige Bericht der IARC abgewartet wird. Dieser soll Mitte Juli – also in einer Woche – vorliegen. Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung ist Glyphosat von den für die gesundheitliche Bewertung zuständigen nationalen, europäischen und anderen internationalen Institutionen nach Prüfung aller vorliegenden Studien als nicht krebserzeugend bewertet worden. Sie sehen also, dass in verschiedenen Studien der Wirkstoff Glyphosat als krebserregend eingestuft wird. Zumindest ist man sich einig, dass Glyphosat im Grundwasser, in der Muttermilch und im Urin nachgewiesen werden kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, auch in Thüringen wird das Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Auch in der Muttermilch von Thüringer stillenden Müttern ist wahrscheinlich Glyphosat, wenn auch in sehr geringen Mengen, nachweisbar. Das wies die neueste Studie der Grünen-Bundestagsfraktion nach. Auch in Thüringen sollte der Gesundheitsund Verbraucherschutz über den Interessen von Firmen stehen, die extrem hohe Mengen an Glyphosat weltweit verkaufen.
Sehr geehrte Damen und Herren, meine Fraktion schließt sich den Beschlüssen der letzten Verbraucherschutzministerkonferenz am 8. Mai dieses Jah
res in Osnabrück an. Ende des Jahres, am 31.12.2015, läuft die Genehmigung für Glyphosat in der Europäischen Union aus und der Wirkstoff wird für eine Verlängerung für die nächsten zehn Jahre neu geprüft. Deutschland hat dabei als Berichterstatter eine herausgehobene Position und bisher keine Bedenken angemeldet. Das finden wir bedenklich und fordern:
1. Die Bundesregierung und EU dürfen das Pflanzenschutzmittel nicht mehr zulassen, bis geklärt ist, ob krebserregende Wirkungen tatsächlich bestehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauer, liebe Kollegen, werte Gäste, die Grünen haben jüngst eine beauftragte Studie zum Vorkommen des Pflanzengifts Glyphosat in Muttermilch präsentiert. Das Ergebnis der Studie: In der Muttermilch deutscher Frauen lässt sich das Pflanzengift Glyphosat nachweisen, was sehr bedenklich ist. Das passt gut zu der seit Längerem betriebenen Kampagne der Grünen gegen Glyphosat. Und so machen nun die Grünen ein klein wenig Wind um die Sache, was natürlich jetzt nicht schlecht ist, weil man es schon mal neutral betrachten sollte, was an der Sache dran ist. Die dürftigen Ergebnisse eignen sich allerdings nicht dazu, die Bedrohung Thüringer Babys, Mütter und anderer Bürger durch Glyphosat zu belegen, denn die Studie beruhte auf gerade einmal 16 Proben. Bei ihnen wurde das sogenannte ELISA-Testverfahren angewandt, das sich für den Nachweis von Glyphosat in Milch allerdings nicht eignet. Was das Ergebnis angeht: Die sogenannte Studie ergab eine Belastung in Muttermilch mit Glyphosat im Bereich zwischen 0,210 und 0,432 Nanogramm pro Liter Milch. Nun gibt es in Deutschland und der EU einen sogenannten ADI-Wert. Dieser toxikologische Grenzwert gibt die Menge von Pflanzenschutzspuren in den Lebensmitteln an, die man täglich zu sich nehmen kann, ohne dass gesundheitliche Schäden zu erwarten sind. Der ADI-Wert für Glyphosat ist in Deutschland und der EU mit 0,3 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt.
Von der Weltgesundheitsorganisation – WHO – dagegen hält man einen um mehr als das Dreifache erhöhten Wert für unbedenklich, nämlich 1,0 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Wir halten es allerdings auch für bedenklich, diesen Wert so hoch anzusetzen. Legt man diesen Grenzwert zugrunde und nimmt einfach einmal die Resultate der Grünen-Studie als gegeben an, so würde das bedeuten, nach dem Wissenschaftsautor Thilo Spahl, ich zitiere: „Ein vier Kilogramm schwerer Säugling der am stärksten belasteten Mutter müsste 2.778 Liter Muttermilch pro Tag trinken, um den Grenzwert zu überschreiten.“ Nähme man den Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation, wären es sogar 9.216 Liter. Ich glaube, das schafft wohl kein Säugling. Das zeigt zur Genüge, dass die Studie nicht ganz so korrekt zu sein scheint. Deswegen müsste man das eventuell mal an den Ausschuss überweisen, um die Untersuchungen genauer zu diskutieren, deren Ergebnis allenfalls wäre, dass stillende Mütter in unverantwortlicher Weise verunsichert werden. Das Vorgehen der Grünen ist zu kritisieren, bedeutet allerdings nicht, dass wir uns mit Blick auf den Einsatz von Pestiziden einfach zufrieden zurücklehnen sollten. Pflanzengifte wie Glyphosat sind umstritten. Immer wieder wird der Verdacht geäußert, dass diese Stoffe nicht so harmlos sind, wie ihr Hersteller Monsanto behauptet. Das müssen wir ernst nehmen. So geht das Bundesumweltamt davon aus, dass der Einsatz von Pestiziden wie Glyphosat negative Auswirkungen auf die Biodiversität in der Agrarwirtschaft hat. Der Einsatz von Pestiziden entzieht vielen Vogel-, Säugetier- und anderen Tierarten die Nahrungsgrundlage und führt so zu einer Verarmung der für die Agrarlandschaften charakteristischen Fauna. Zudem wird immer wieder auch ein Bezug hergestellt zwischen dem Einsatz von Pestiziden und der Erkrankung von Tieren und auch Menschen. Über die entsprechenden Zusammenhänge sind die Erkenntnisse der Wissenschaft aber trotz intensiver Forschung keineswegs eindeutig. So ist unklar, ob und inwieweit Glyphosat für den menschlichen Organismus schädigend ist, also etwa Krebs oder Parkinson hervorruft, da einige Studien in diese Richtung gehen. Ebenso ist weitgehend unbekannt, ob möglicherweise Gefährdungen von Stoffen wie Glyphosat selbst ausgehen oder ob sie Folgen einer unsachgemäßen Anwendung sind. Hier ist leider vieles nur Spekulation, denn meistens heißt es schon: Die Dosis macht das Gift. Angesichts dieser Lage tut man der Sache aber sicherlich keinen Gefallen, wenn man mit unseriösen Studien argumentiert. Der gesunde Menschenverstand legt vielmehr nahe, dass es einerseits gilt, unvoreingenommen weiterzuforschen und andererseits die Anwendung der Pestizide effektiv daraufhin zu kontrollieren, dass sie sachgemäß erfolgt, auch von der Dosis her. Letzteres ist in der Tat eine Obliegenheit des Freistaats, der hier gefordert bleibt. Selbstverständlich dürfen in den Prüf
verfahren, die die Grundlagen für die Zulassung bzw. Wiederzulassung der Pestizide sind, nicht nur die Positionen der Pestizidhersteller berücksichtigt werden. Die Genehmigung der Wirkstoffe ist allerdings EU-Angelegenheit und die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist Sache des Bundes, sodass die Thüringer Politik auf dieser Seite wenig Handlungsspielraum hat. Aber ich möchte darum bitten, dass hier der Handlungsspielraum trotzdem ausgenutzt und versucht wird, eine neutrale Begutachtung einzufordern. Gefordert bleibt eine skeptische Aufmerksamkeit und gründliche Forschung. Grüner Alarmismus aber bringt uns in dieser Pestizidproblematik leider nicht weiter. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, der BUND hat in Berlin eine Studie zu Glyphosat veröffentlicht – schon eine Zeit her –, da war Glyphosat im Urin von Großstädtern aus 18 europäischen Staaten nachgewiesen worden. 70 Prozent aller Proben in Deutschland waren belastet. Also sieben von zehn Menschen in Deutschland hatten Glyphosat im Urin. Wie kommt das, dass so viele Menschen Glyphosat im Urin haben? Denn das bedeutet ja, dass dieser Stoff durch den Stoffwechsel gegangen ist. Glyphosat ist ein gängiges Pflanzenvernichtungsmittel. Es wirkt gegen alle Pflanzen und eignet sich daher hervorragend für die absolute Säuberung von Feldern und Gärten vor Anbau der Kulturfrucht und auch für die Säuberung von gepflasterten Flächen in den Siedlungsgebieten. Glyphosat ist Hauptbestandteil im Unkrautkiller Roundup der Firma Monsanto, der weltweit einer der meistverkauften Unkrautkiller ist. Eigentlich gibt es für Glyphosat für den öffentlichen Bereich strenge Regeln der Anwendung. Aber selbst in meinem kleinen Dorf führe ich einen ewigen Kampf mit Gemeindearbeitern, Nachbarn, um aufzuklären und deutlich zu machen, dass Glyphosat mitnichten überall eingesetzt werden darf und dass sie gerade unsere Kleinkinder größten Gesundheitsrisiken aussetzen, wenn sie zum Beispiel den Hof der Kita, den Gemeindeplatz, die Gehwege – sprich alle gepflasterten Straßen und Wege – damit besprühen. Kinder fassen nun einmal alles an, setzen sich auf den Boden, stecken ihre Finger in den Mund und damit ist der Weg der direkten Aufnahme unumgänglich gegeben. Weil Glyphosat exzessiv in der Landwirtschaft als Vorauflaufspritzung verwendet wird, aber ebenso im Totspritzen des Getreides vor der Ernte,
also der sogenannten Sikkation, findet sich dieser Wirkstoff auch in der Nahrungskette. Auch die Verwendung der gentechnisch veränderten Soja, die glyphosatresistent ist, in der Tierernährung bei uns trägt zur Aufnahme in die Nahrungskette bei. Die Zulassung dieses Pflanzenvernichtungswirkstoffs Glyphosat läuft dieses Jahr aus. Im Rahmen der Bewertung zur erneuten EU-Zulassung wurde durch das Bundesinstitut für Risikobewertung Anfang 2014 eine grundsätzliche Unbedenklichkeit von Glyphosat festgestellt. Allerdings konnten hinsichtlich ökologischer Risiken, der Wirksamkeit der Abbauprodukte und der Kombinationswirkungen mit den Beistoffen nicht alle Fragen abschließend geklärt werden. Zudem war die Zulässigkeit der Kriterien, nach denen wissenschaftliche Studien in die Bewertung einbezogen wurden, hoch umstritten. So gibt es eine Reihe von Studien aus den USA, aus Costa Rica und anderen Ländern, die hohe Erkrankungsraten an Krebs und anderen Erkrankungen, gerade Nervenerkrankungen wie zum Beispiel Parkinson, in Verbindung mit Glyphosat darstellen. Diese Studien wurden aber nicht bei der Bewertung anerkannt. Fakt ist: In vitro, also im Reagenzglas, wurde die zellschädigende Wirkung von Glyphosat eindeutig nachgewiesen. Das ist auch reproduzierbar. Trotzdem: Immer, wenn sich Wissenschaftler, von wem auch immer bezahlt, nicht einig sind, scheint ein Komplettverbot des umstrittenen Wirkstoffs derzeit nicht angemessen. Die WHO hat aber im März 2015 Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Das Vorsorgeprinzip gebietet also dringend, bestimmte Anwendungsbereiche sofort auszuschließen, insbesondere solche, bei denen das größte Risiko eines Glyphosateintrags in die menschliche Nahrungskette besteht. Dies betrifft einerseits die Vorerntebehandlung zur Beschleunigung der Erntereife, also Sikkation, und andererseits die Anwendung im privaten und öffentlichen Haus- und Gartenbereich. Um Verbraucherinnen und Verbraucher wirksam zu schützen, muss ein sofortiges Verbot wenigstens dieser beiden Anwendungsbereiche erlassen werden. Zudem ist die Durchsetzung dieses Verbots dringend geboten, und zwar auf allen öffentlichen und privaten Plätzen, Gärten, Parks und in der Landwirtschaft.