Bevor wir in die heutige Tagesordnung einsteigen, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Vor wenigen Tagen, am 25. Oktober, verstarb im Alter von 93 Jahren Floréal Barrier, Buchenwaldhäftling und später Vorsitzender des Beirats der ehemaligen Häftlinge des KZ Buchenwald. Die Nachricht vom Tod Floréal Barriers erfüllt uns mit großer Trauer. Wir verlieren einen großen Europäer, der sich in besonderer Weise und mit außerordentlichem persönlichen Engagement für die Auseinandersetzung mit den furchtbaren Verbrechen des Nationalsozialismus sowie dem Prozess der deutsch-französischen Aussöhnung verdient gemacht hat. Seit der Gründung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora im Jahr 1994 hat Floréal Barrier ihre Arbeit eng begleitet und maßgeblich geprägt. Er hat den Überlebenden eine Stimme gegeben, nicht zuletzt mit seiner beeindruckenden Rede am 27. Januar 2011 auf der zentralen Gedenkveranstaltung des Landtags und der Landesregierung am Erinnerungsort Topf & Söhne. Ein Satz von ihm soll uns Mahnung sein: „Unsere Reihen lichten sich zwar, dennoch bleibt viel zu tun.“ Diese Worte, die am 12. April letzten Jahres bei der Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Buchenwald im Weimarer Nationaltheater verlesen wurden, machen deutlich, vor welcher Herausforderung wir stehen. Unsere Aufgabe bleibt es, das Vermächtnis der Überlebenden fortzuführen, um die Erinnerung an dieses furchtbare Kapitel unserer deutschen Geschichte für immer wachzuhalten. Floréal Barriers Tod ist für Thüringen ein großer Verlust. Im Gedenken an ihn bitte ich Sie, sich zu einer Schweigeminute von Ihren Plätzen zu erheben. – Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie damit noch einmal herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung. Ich begrüße auch unsere Gäste auf der Besuchertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführerin Frau Abgeordnete Engel neben mir Platz genommen und die Redeliste wird von Frau Abgeordneter Floßmann geführt.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Höcke, Frau Abgeordnete Muhsal und Frau Ministerin Dr. Klaubert zeitweise.
Dann habe ich noch eine sehr angenehme Pflicht: Für, nein, nicht für den Staatssekretär Möller, sondern für seine Ministerin, Frau Siegesmund, haben wir ein neues Mitglied in unseren Reihen zu begrüßen. Sehr geehrter Herr Olaf Müller, herzlich will
Zum heutigen Abend darf ich noch sagen, dass die gesetzlichen Krankenkassen für heute zum parlamentarischen Abend eingeladen haben, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 18.30 Uhr beginnen soll.
Die Fraktionen sind im Ältestenrat übereingekommen, die Wahl in Tagesordnungspunkt 20 heute nach den Aktuellen Stunden aufzurufen.
Darüber hinaus wird angeregt, den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD, Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen, im Tagesordnungspunkt 1 in diesen Plenarsitzungen abschließend zu beraten. Ich gehe davon aus, dass niemand widerspricht, dass wir an die zweite Beratung, sofern keine Ausschussüberweisung beantragt wird, dann auch die dritte Beratung anschließen. Ich sehe keinen Widerspruch, sodass wir das dann so machen können.
Zu TOP 21, der Fragestunde, kommen die Mündlichen Anfragen in den Drucksachen 6/1211, 6/1214, 6/1215, 6/1219, 6/1220, 6/1222 bis 6/1224, 6/1226, 6/1230 bis 6/1232, 6/1234 bis 6/1239 hinzu.
Die Landesregierung hatte bereits zu den letzten Plenarsitzungen mitgeteilt, zu dem Tagesordnungspunkt 14 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.
Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der genannten Ergänzungen widersprochen? Bitte, Herr Blechschmidt.
Danke, Herr Präsident. Namens der Koalitionsfraktionen beantrage ich erstens, nach der Beratung des Innenausschusses die Aufnahme der Drucksache 6/978, Thüringer Gesetz zur Anpassung der Besoldung etc., in zweiter Beratung. Das würde ich nach Tagesordnungspunkt 3 platzieren. Die Tagesordnungspunkte 2 und 3 beantragen wir in erster und zweiter Beratung durchzuführen. Außerdem hätten wir die Bitte, den Tagesordnungspunkt 14 am Donnerstag vor der Mittagspause zu beraten. Das liegt an terminlichen Bindungen der Umweltministerin. Den TOP 17 möchten wir bitte am Donnerstag als letzten Tagesordnungspunkt aufrufen. Der Inhalt hat etwas mit der Beratung am kommenden Tag, am Freitag, im Bundesrat zu tun. Deshalb
wäre es aus unserer Sicht wichtig, dass sich der Thüringer Landtag zu dieser Problematik dann beraten und entschieden hat.
Vielen Dank. Weitere Ergänzungsvorschläge, Änderungswünsche? Das sehe ich nicht, sodass wir über die von Ihnen genannten Punkte abstimmen, erstens über die Aufnahme des Thüringer Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und der Versorgung in den Jahren 2015 und 2016 in der Drucksache 6/978. Hier müssten wir noch Fristverkürzung beschließen. Ich sehe keinen Widerspruch gegen die Fristverkürzung, sodass wir aber darüber noch abstimmen sollten, dass wir das so beraten. Wer für die Aufnahme in die Tagesordnung ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Vielen Dank. Das ist die übergroße Mehrheit. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei Enthaltungen aus den Reihen der AfDFraktion ist dieser Tagesordnungspunkt damit aufgenommen. Jetzt kommen wir noch zur Platzierung. Hier hatten Sie beantragt,
den Tagesordnungspunkt nach TOP 3, also als TOP 4 aufzunehmen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Vielen Dank. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei Enthaltungen aus der AfD-Fraktion mit übergroßer Mehrheit so angenommen.
Dann haben Sie beantragt, dass die Tagesordnungspunkte 2 und 3 auch in erster und zweiter Beratung durchgeführt werden. Ich denke, wir können das gemeinsam abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Vielen Dank. Gegenstimmen? Enthaltungen? Mit übergroßer Mehrheit bei Enthaltungen aus der AfD-Fraktion so beschlossen.
Dann hatten Sie beantragt, dass TOP 14 am Donnerstag vor der Mittagspause noch aufgerufen wird. Hier sehe ich auch keinen Widerspruch. Das sollten wir dann so machen.
der Koalitionsfraktionen, diesen am Donnerstag als letzten Tagesordnungspunkt aufzurufen. Hier sehe ich jetzt keinen Widerspruch. Dann können wir an dieser Stelle auch so verfahren, sodass ich damit die Tagesordnung festgestellt habe.
Wir rufen auf den Tagesordnungspunkt 22 – Aktuelle Stunde. Alle Fraktionen haben eine Aktuelle Stunde eingereicht. Jede Fraktion hat in der Aussprache eine Redezeit von 5 Minuten für das Thema. Die Redezeit der Landesregierung beträgt grundsätzlich 10 Minuten für jedes Thema. Die fraktionslosen Abgeordneten haben eine Gesamtredezeit in der Aktuellen Stunde von 5 Minuten.
a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Sicherung des Hochwasserschutzes der Saalekaskade beim geplanten Verkauf durch Vattenfall“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/1221
Herr Präsident, meine Damen und Herren, die neue schwedische Regierung im Jahr 2014 – zusammengesetzt aus Sozialdemokraten und Grünen – hat ihren hundertprozentigen Staatsbesitz-Konzern Vattenfall aufgefordert, sich in die Zukunft auszurichten und sich von alten Technologien wie der Braunkohle zu verabschieden. Daraufhin hat Vattenfall sich daran orientiert, eine Ausschreibung zu machen und sich von den Braunkohlekraftwerken, besonders in Brandenburg und Sachsen, zu trennen. Um das Paket ein bisschen interessanter zu machen, haben sie – warum auch immer, weil Wasserkraft nun einmal eine grüne Technologie ist – die Wasserkraftanlagen in Thüringen mit dazugenommen. Deshalb steht die Saalekaskade auch zum Verkauf, genauso wie das größte Pumpspeicherwerk in Deutschland in Goldisthal. Die SPD-Fraktion hat die Aktuelle Stunde einberufen, um darauf aufmerksam zu machen – nicht nur, dass die Saalekaskade eines der schönsten Naturschutzgebiete, Naherholungsgebiete und auch touristischen Gebiete in Thüringen ist.
Ich glaube, das wissen Sie alle, meine Damen und Herren Abgeordneten. Da sind wir uns auch vollkommen einig, das ist ein wunderschönes Gebiet und immer eine Reise wert.
Die Saalekaskade ist nicht nur einer der größten Energieerzeuger in Thüringen, sie ist die zweitgrößte Wasserkraftanlage in ganz Deutschland. Sie ist aber auch eine der größten Hochwasserschutzanlagen in Deutschland. Wir haben so viel Stauraum wie in keinem anderen Gebiet in Deutschland. Deshalb erscheint es uns ganz wichtig, dass wir hier im Hohen Haus darüber reden, dass es da mögliche neue Optionen geben muss, weil sich Vattenfall von der Saalekaskade leider trennen wird. Es war ein langer Prozess zwischen der alten Landesregierung und auch der TLUG, bis wirklich im Hochwasserschutz ein Konsens erzielt wurde.
Wir haben es das letzte Mal 2013 erlebt. Natürlich ist der Hochwasserschutz für Jena und Halle immer noch zu wenig, den wir mit der Saalekaskade betreiben, das ist so. Das ist nun mal bedingt durch die verschiedenen Ausgangspunkte. Aber andererseits ist jetzt im Hochwasserschutz ein Mittelmaß gefunden worden, was es auch erlaubt, die Saalekaskade weiter touristisch zu erschließen und weiter touristisch am Leben zu erhalten. Dieser Konsens ist jetzt erreicht und wird auch – glaube ich – flächendeckend von allen getragen. Darum geht es, dass dieser Konsens weiter aufrechterhalten wird, dass er nicht durch vielleicht einen neuen Besitzer der Saalekaskade infrage gestellt wird, sondern dass wir uns hier im Hohen Haus darüber einig sind: Es soll in dieser Art und Weise weiterbetrieben werden wie in den letzten Jahren.
Man muss auch sagen: Nach meinen Informationen hat Vattenfall diese Hochwasserschutzleistung unentgeltlich erbracht, also sie waren in Bezug auf den Hochwasserschutz für uns unentgeltlich tätig. Das ist ja für ein auf Profit ausgelegtes Unternehmen nicht üblich. Deshalb ist es wichtig, dass wir vorbereitet sind, dass wir vielleicht auch noch mal – es wird ja da unter der Hand schon gemunkelt – auf den neuen Käufer zugehen und vielleicht doch eine Thüringer Lösung finden können. Wir wissen nie, was der neue Käufer sagen und tun wird, aber wir müssen vorbereitet sein.
Ich könnte mir eine Lösung mit der kommunalen Familie oder der Thüringer Energie AG vorstellen. Denn es geht um viel Wasserkraft, die da hergestellt wird. Wir könnten in Gespräche kommen und mit den Thüringer Kommunen reden, mit den beiden Landkreisen, die betroffen sind, um vorbereitet zu sein, wenn der Verkauf dann vonstatten geht. Man weiß nicht, wie die zeitlichen Abfolgen sind. Wir hören immer nur am Rande, wann was passieren soll. Aber ich glaube, die Saalekaskade ist es wert, dass wir sie nicht aus dem Auge verlieren, sondern dass wir dafür eintreten,
dass dieser wunderbare Schatz so für Thüringen erhalten bleibt, wie er sich jetzt bietet, und dass wir
aber gleichzeitig unsere Präsenz im Hochwasserschutz halten und unserer Verantwortung als Land Thüringen entsprechen und den Hochwasserschutz als ein sehr wichtiges Gut sehen. Danke schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich hatte natürlich gehofft, dass die CDU vorher noch spricht, denn ich muss zugeben, man weiß ja im Vorfeld nicht, was gesagt wird. Aber Frau Becker hat sehr viel von dem schon vorgetragen, was auch mir am Herzen liegt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, im Rahmen der deutschen Einheit und der mit ihr verbundenen Privatisierung von öffentlicher Infrastruktur der ehemaligen DDR hat Vattenfall zentrale Teile der ostdeutschen Energiewirtschaft erworben, angefangen bei Braunkohlekraftwerken über das Übertragungsnetz bis hin zu den Speichern, die in der DDR errichtet wurden, um Strom aus Braunkohle nachts zwischenzuspeichern, den Pumpspeicherwerken, unter anderem in der Saalekaskade, und natürlich auch mit der Option des Baus von Goldisthal, was damals schon vorbereitet war. Mit der Neuausrichtung Vattenfalls, die Dagmar Becker eben beschrieben hat, will man sich von der Braunkohle trennen. Um überhaupt jemanden zu finden, der sie übernimmt, und nicht bloß das Angebot von Greenpeace zu bekommen, hat man dieses Angebot vergoldet, indem man die Pumpspeicherwerke mit dazulegte, und dementsprechend steht die Saalekaskade heute zum Verkauf. Sie ist Bestandteil eines Portfolios, aus dem Vattenfall nicht bereit ist, einzelne Teile herauszunehmen. Dementsprechend muss man sich jetzt überlegen, wie man mit der ganzen Situation umgeht. Dabei muss man auch bedenken, dass die Saalekaskade nie hätte an Vattenfall verkauft werden dürfen. Der Freistaat Thüringen hat von Anfang an versucht, das zu verhindern, hat von Anfang an versucht, die Zuständigkeit über die Saalekaskade zu bekommen, auch Eigentümer zu werden. Das ist damals gescheitert.
Die Frage steht, ob nicht aus Gründen der Daseinsvorsorge heute solche Überlegungen wieder angesagt sind, wenn sich denn eine historische Chance dafür ergeben könnte – aus Gründen der Daseinsvorsorge deshalb, weil die Saalekaskade das einzige technische Hochwasserschutzsystem im Elbeeinzugsbereich ist, was nennenswert Einfluss auf den Gesamtabfluss der Elbe nehmen kann. Und nach dem Hochwasser 2013 – Dagmar Becker ist
vorhin schon darauf eingegangen – und den Bildern von Deichbrüchen und anderen Dingen unterhalb Magdeburgs weiß man, über welche gewaltigen Auswirkungen man hier redet. Ich möchte mir nicht vorstellen, was bei einer relativ hohen Kaufsumme für das Vattenfall-Portfolio ein entsprechender Investor vom Freistaat Thüringen in Zukunft bei Neuverhandlungen von Verträgen für die Wahrnehmung der Aufgabe Hochwasserschutz verlangen könnte. Wenn man sich ansieht, was bei der Fernwasserversorgung an Geld für den hoheitlichen Anteil Hochwasserschutz an einzelnen Talsperren, die deutlich kleiner sind, vom Hochwasserschutzvolumen anfällt, wissen wir, dass wir über Millionenbeträge reden und dass es bei unserem klammen Landeshaushalt sicherlich eine Sache ist, die sehr, sehr schwierig zu verhandeln ist.
Meine Damen und Herren, da sich im Moment für den Freistaat Thüringen keine Chance ergibt, die Saalekaskade separat zu kaufen – dass wir uns um Braunkohlekraftwerke bewerben, ist sicherlich absurd –, und es auch keine Chance gibt, dass die Bundesländer gemeinsam agieren, weil Brandenburg eben leider eine Braunkohlepolitik verfolgt, die mit der Thüringer Vorstellung von Energiepolitik nichts zu tun hat, und deshalb möchte, dass auch Braunkohletagebau dort weiterhin im bisherigen Umfang betrieben wird, und ein Interesse daran hat, dass Investoren aus dieser Richtung den Zuschlag bekommen, werden wir überlegen müssen, welche Chancen sich nach dem Verkauf ergeben.