Guten Morgen, meine Damen und Herren Abgeordneten! Herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung. Es ist der letzte Sitzungstag vor Weihnachten und der Jahreswende und ich habe Ihnen einen kleinen süßen Gruß auf den Tisch stellen lassen
und wünsche Ihnen schon jetzt zu Beginn für die Weihnachtsfeiertage eine schöne Zeit mit Ihrer Familie, Ihren Lieben und einen guten Rutsch ins neue Jahr und vor allen Dingen Gesundheit!
Ich begrüße natürlich auch ganz herzlich die Besucher auf der Zuschauertribüne und die Zuschauer an den Medien und die Vertreter der Medien.
Für die Plenarsitzung hat Frau Abgeordnete Herold als Schriftführerin neben mir Platz genommen, die Redeliste führt Frau Abgeordnete Engel. Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Fiedler zeitweise, Herr Abgeordneter Gentele, Herr Abgeordneter Rudy, Frau Abgeordnete Tasch, Herr Abgeordneter Wirkner und Herr Minister Lauinger. Gibt es noch Ergänzungen zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Thüringer Gesetz zur Weiterentwicklung des Schulwesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6484
Gute Schule für Alle – Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Thüringer Schulwesen weiter voranbringen Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/6452
Frau Präsidentin, liebe Frau Diezel, herzlichen Dank für die freundlichen Weihnachts- und Neujahrsgrüße, die ich gerne erwidere. Auch Ihnen alles Gute für Weihnachten und für das neue Jahr!
Meine Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete, meine Damen und Herren Zuschauerinnen und Zuschauer und diejenigen, die uns aus der Ferne verfolgen! Alle – das wissen Sie –, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern, rufen nach Veränderung. Sie erwarten Veränderung in der Schule und sie wissen und sie wollen sich selbst verändern. Meine Damen und Herren Abgeordneten, es liegt jetzt in Ihrer Hand, die Rahmenbedingungen für diese Veränderung zu schaffen und die Möglichkeiten für die notwendigen Veränderungen in den Schulen zu schaffen.
Mehr noch, heute ist ein guter Tag für Thüringen, heute ist ein wichtiger Tag für Thüringen, denn die Landesregierung legt heute mit dem Thüringer Gesetz zur Weiterentwicklung des Schulwesens ein weiteres grundlegendes bildungspolitisches Vorhaben in dieser Legislaturperiode vor
und wird am Ende dieses Tagesordnungspunkts diese Verantwortung in Ihre Hände geben. Wir als Koalition halten Wort, denn wir haben schon im Koalitionsvertrag versprochen – ich darf zitieren –, „[…] die Umsetzung notwendiger Weiterentwicklungen im Bildungs- und Kulturbereich nicht als Prozess, der von oben verordnet wird, sondern als Weg, den wir gemeinsam mit allen Akteurinnen und Akteuren gehen wollen“, anzugehen – so weit das Zitat –, und genauso, meine Damen und Herren, sind wir vorgegangen.
Der Weg zu diesem Gesetz – und Sie alle haben sicherlich darüber diskutiert und debattiert – war zutiefst demokratisch und transparent. Das wollte ich so, das war mein Anliegen. Die Betroffenen, die im Bildungsbereich tätig sind, aber auch die, die vom Bildungsbereich partizipieren, wie beispielsweise Unternehmerinnen und Unternehmer – ich habe gestern Abend in der IHK-Vollversammlung hier in Erfurt mit ihnen diskutiert – wollen, dass wir eine zukunftsfähige Schule in Thüringen haben. Und so war es von Beginn an mein Ziel, alle unmittelbar Betroffenen einzubinden, um den größtmöglichen Interessenausgleich zu erreichen.
Sie wissen, dass der Ministerpräsident im Januar 2017 die Kommission „Zukunft Schule“ berufen hat. Diese hat im Juni 2017 Empfehlungen zur nachhaltigen Verbesserung der Thüringer Bildungslandschaft vorgelegt. Nachdem ich das Amt des Bil
dungsministers übernommen hatte, haben wir unmittelbar nach der Sommerpause im September 2017 den Werkstattprozess gestartet, zu dem ein viertel Jahr lang Diskussions- und Beratungsforen mit allen Schulleiterinnen und Schulleitern in den fünf Thüringer Schulamtsbezirken gehörten, zu dem ein Eltern-Schüler-Forum, ein Verbände-Forum mit Gewerkschaften und Interessenvertretungen sowie ein Forum der Schulträger und Schulämter gehörten. Ich habe auch mit den Trägern der freien Schulen gesprochen, auch wenn sie von diesem Gesetz nicht unmittelbar betroffen sind, aber sie haben natürlich ein höchstes Interesse an dem, was mit diesem Thüringer Schulgesetz verbunden ist. An diesem Austausch haben rund 1.500 Menschen teilgenommen, sie haben Hinweise gegeben, Anregungen gegeben und wir haben daraus einen Thüringenplan, den „Thüringenplan. Für eine gute Zukunft unserer Schulen.“ entwickelt. Den haben wir im Kabinett beraten, das Kabinett hat sich hinter dieses Dokument gestellt und damit ist dieses Arbeitsprogramm auf der einen Seite folgerichtig ein Gemeinschaftswerk und Ergebnis dieses breit angelegten Werkstattprozesses und dieser Plan beschreibt kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen. Auf der anderen Seite ist es nicht nur mein Plan, sondern ist das Vorhaben der Koalition, wie Schule in Thüringen zukunftsfest gemacht wird.
Darüber haben wir diskutiert und das ist die Ausgangsbasis dessen, was wir heute als Koalition, als Regierung hier vorlegen. Ja, da uns bewusst ist, dass sich die notwendigen Veränderungen im System am besten miteinander gestalten lassen, habe ich im Juni 2018 eine Diskussionsreihe mit fünf Regionalforen zu diesem Thüringenplan durchgeführt. Und Sie wissen – ich habe das hier mehrfach betont –, dass ich auf Schwarmintelligenz setze, denn es wäre ja auch vermessen zu glauben, dass die Politik Fragen, wie man Unterrichtsausfall begegnet, oder auch über Zukunftsthemen wie Bildungsgerechtigkeit, Digitalisierung allein und über die Köpfe der Betroffenen hinweg entscheiden könne. Nein, so funktioniert das nicht.
Es geht nur gemeinsam mit denen, die unmittelbar Verantwortung und die Leistung in den Schulen tatsächlich bringen. Auch hier haben wir circa 700 Menschen erreicht, die sich aktiv daran beteiligt haben. Das waren zahlreiche Schulleiterinnen und Schulleiter, das waren weitere Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, auch die Horte haben wir immer mit diskutiert. Es waren Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaften, aber auch die Vertreter der Schulträger. Die kommunale Ebene war in diesem Zusammenhang natürlich wichtig, auch wenn es dort entsprechende kritische Anmerkun
gen gab. Ja, es war kein einfacher Weg und ich will nicht verhehlen, dass die Diskussionen, die wir geführt haben, auch anstrengend waren, aber sie waren notwendig, weil wir die Meinung und die Auffassung derer, die Schule aktiv gestalten, selbst unterrichten, aufgenommen haben und sie im Schulgesetz auch abgebildet haben. Und ich habe die Überzeugung gewonnen mit allen Beteiligten, dass dieser Weg der richtige war. Wir sind gut vorangekommen und das, was wir heute vorlegen, kann sich sehen lassen. Dieser Prozess, der Dialog, hat sich gelohnt. Der Austausch zwischen Politikverwaltung und der Praxis ist notwendig gewesen und wir sind Schritt für Schritt vorangekommen. So ist es uns gelungen, mit den Verantwortlichen vor Ort genau diesen Thüringenplan zu entwickeln und auch aus dem Thüringenplan heraus das Schulgesetz, welches ich heute vorlege, so zu entwickeln. Ja und ich habe gesagt, einige haben gestaunt, ich habe gesagt, ich will mit jedem Schulträger in Thüringen sprechen. Ich habe das gemacht. 34 Schulträger gibt es in Thüringen und die Landkreise, die kreisfreien Städte und weitere Gemeinden, die selbst für ihre Schule Schulträger und auch manchmal für mehr Schulen Träger sind. Ich habe mir tatsächlich die Zeit genommen von August bis Ende November, beginnend im Landkreis SchmalkaldenMeiningen und am Ende im Landkreis Greiz, mit allen zu sprechen. Das waren Diskussionen, die teilweise vier Stunden gedauert haben, aber wir haben dezidiert für jeden Landkreis, für jede Stadt fast jede Schule durchdiskutiert, was denn das Schulgesetz für die Schule und für die Schulen in einem Landkreis oder in einer Stadt ganz konkret bedeutet.
Damit kann niemand sagen, er wisse nicht, was auf ihn zukommt, und niemand kann sagen, dass seine Auffassung nicht berücksichtigt wurde, sondern wir haben all die Dinge, die wir diskutiert haben, abgebildet, nicht nur im Thüringenplan, sondern auch im Schulgesetz. Natürlich konnten nicht alle Wünsche und Erwartungen erfüllt werden. Und warum? Weil einige den Status quo erhalten wollen. Aber, meine Damen und Herren, so funktioniert das nicht. Wir können nicht den Status quo erhalten und darüber reden, wir wollen die Schulen zukunftsfest machen. Wir brauchen notwendige Veränderungen, die übrigens aus dem parlamentarischen, politischen Raum gefordert werden und auch übrigens von den Schulträgern eingefordert wurden. Wenn es dann aber zur Sache geht, dann muss man auch zu dieser Sache stehen, und das ist mein Appell auch heute hier von diesem Podium aus.
Bei diesen Gesprächen, meine Damen und Herren, ging es nicht nur um Mindestvorgaben für Klassengrößen oder Schulgrößen oder um die Kooperationsmodelle, die ja lang und breit diskutiert werden. Nein, es ging in erster Linie darum, wie wir den Unterricht absichern, zweitens, wie wir Personalengpässe besser abbauen können, und drittens ging es immer um die Inklusion. Natürlich wurden verschiedene Fragen diskutiert, natürlich wurden verschiedene Modelle diskutiert, aber die Menschen vor Ort in ihrer Region wissen natürlich am besten, wie das funktioniert. Und Sie werden sich fragen: Warum macht er das denn eigentlich alles? Mir hat ein Kollege der Opposition gesagt: Ich hätte nicht gedacht, dass Sie – ich, wir als Koalition – dieses Schulgesetz noch in dieser Wahlperiode vorlegen. Ja, meine Damen und Herren, wir kneifen aber nicht.
Wir sind bereit, die notwendigen Veränderungen einzuleiten. Das ist unsere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, gegenüber den Schülerinnen und Schülern, gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern im Freistaat Thüringen. Denn sie warten auf diese Veränderungen. Es ist unsere Verantwortung, diese Veränderungen einzuleiten. Wir haben – das wissen Sie – im Ländervergleich das beste Lehrer-Schüler-Verhältnis, 1 : 12,4 sagt eine Studie. Damit sind wir weit vorn vor allen anderen Ländern. Wenn wir dann also dieses beste Verhältnis haben, stellt sich doch die Frage, warum dann Unterricht in Thüringen ausfällt, wenn wir ausreichend Lehrer haben. Genau diese Frage haben wir uns beantwortet. Die Ursache sind strukturelle Probleme und diese strukturellen Probleme, meine Damen und Herren – ich wende mich auch gerade an die CDU –, hätten viel früher angepackt werden müssen.
Diese Herausforderung hat die Koalition angenommen, wir haben uns diesen Herausforderungen gestellt und die Schulgesetznovelle zeigt nun Lösungswege auf. Für die bessere Unterrichtsabsicherung sind zunächst Neueinstellungen von Lehrerinnen und Lehrern nötig. Darum kümmern wir uns. Diese Landesregierung stellt mehr Lehrerinnen und Lehrer ein als jede Landesregierung zuvor.
Trotzdem wäre es töricht, die Unterrichtsabsicherung nicht auch strukturell anzugehen. Bei allem, was wir in Thüringen planen und in der Schulgesetznovelle festgeschrieben haben, verfolgen wir ein Ziel: ein wohnortnahes, vielfältiges, qualitativ hochwertiges und verlässliches Unterrichtsangebot
für alle Schülerinnen und Schüler in ganz Thüringen zu sichern. Das ist die Maxime. Diese Maxime hat sich die Koalition auf die Fahne geschrieben. Das Schulgesetz wird seinen Beitrag leisten, genau diese Ansätze umzusetzen.
Meine Damen und Herren, Sie haben richtig gehört: wohnortnah. Wir wollen, dass die Schule im Dorf bleibt. Niemand will Schulen im Dorf oder anderswo schließen.
Das ist ohne Wenn und Aber so. Selbstverständlich! Das Prinzip, welches übrigens alle vertreten – kurze Beine, kurze Wege –, ist auch unser Prinzip und diesem Grundsatz fühlen wir uns verpflichtet.
Um das zu erreichen, werden wir aber genau mit den politisch Verantwortlichen und den Schulträgern ausloten, wie die Vorgaben dieses Gesetzes umgesetzt werden können, denn vor Ort, in den Regionen wissen diese am besten, wie die Zusammenarbeit dann auch gut funktionieren kann.
Ich habe bei den Schulträgergesprächen als NeuThüringer logischerweise sehr viel auch über Thüringen erfahren. Das kann ich mir auch anschauen, wenn ich mir die Karte ansehe. Entscheidend ist doch auch, die Gegebenheiten vor Ort zu berücksichtigen. Da geht es um Geografie, da geht es um Topografie, da geht es auch darum, wo wohnt denn welcher Schüler und wie weit ist sein Weg zur Schule.
Genau aus diesem Grund war mir wichtig, dass dieses Gesetz gemeinschaftlich entsteht und dass wir die konkreten Bedingungen Thüringens, und zwar in ihren Regionen berücksichtigen. Und dass das Gesetz natürlich für ganz Thüringen gelten muss, hat dann auch damit zu tun, dass ein Gesetz immer auch einen gewissen Verallgemeinerungsgrad erreicht – selbstverständlich –, aber wir wollen, dass das Gesetz in ganz Thüringen wirkt. Das ist gelebte Demokratie. Die Erarbeitung des Gesetzes ist ein Beweis, ein Beispiel für gelebte Demokratie, wie man durch gute Kommunikation, Berücksichtigung der Auffassung der Menschen vor Ort, der Basis sozusagen, ein Gesetz vorlegt, welches hoffentlich breit getragen wird. Ich bin stolz darauf, diesen Weg gegangen zu sein. Ich bin stolz auf die Koalition, dass sie diesen Weg gegangen ist. Denn nicht nur ich habe diskutiert, auch
die Mitglieder der Fraktionen Linke, Grüne und SPD haben diese Diskussion geführt. Herzlichen Dank dafür.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass ich seit 16 Monaten hier in Thüringen zuständig bin für die Bildungspolitik. Ich vertrete den Ansatz, Schule vom Kind her zu denken, und bin fest davon überzeugt, dass wir nur so den Kindern am besten gerecht werden können. Ich wiederhole gerne meinen Satz: Das Beste ist für die Kinder gerade gut genug.