Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Vertreter der Landesregierung, unsere Gäste auf der Zuschauertribüne, die Zuschauer am Livestream sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführerin Frau Abgeordnete Dr. Martin-Gehl neben mir Platz genommen, die Redeliste führt Herr Abgeordneter Zippel.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Frau Abgeordnete Lehmann, Herr Abgeordneter Prof. Dr. Voigt, Herr Abgeordneter Gentele zeitweise, Frau Abgeordnete Holzapfel, Frau Abgeordnete Tasch, Herr Minister Prof. Dr. Hoff, Herr Minister Maier, Herr Abgeordneter Möller zeitweise und Herr Abgeordneter Fiedler.
Gestatten Sie mir folgenden allgemeinen Hinweis: Der Landessportbund Thüringen e. V. hat uns heute Abend zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach Ende der Plenarsitzung gegen 19.00 Uhr beginnen soll. Sie sind alle herzlich eingeladen.
Die Beschlussempfehlungen haben folgende Drucksachennummern: Tagesordnungspunkt 2 6/7303, Tagesordnungspunkt 3 6/7301, Tagesordnungspunkt 4 6/7320, Tagesordnungspunkt 6 6/7319, Tagesordnungspunkt 7 6/7315, Tagesordnungspunkt 9 6/7316.
Die Tagesordnungspunkte 10 und 12 wurden in den zuständigen Ausschüssen noch nicht abschließend beraten und werden deshalb von der Tagesordnung abgesetzt.
Der Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu Tagesordnungspunkt 24 hat die Drucksachennummer 6/7291.
Der Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu Tagesordnungspunkt 25 hat die Drucksachennummer 6/7292.
Die Anträge auf Beratung der Großen Anfrage zu den Tagesordnungspunkten 26 und 27 haben die Drucksachennummern 6/7325 und 6/7326.
Der Wahlvorschlag der Fraktion der AfD zu Tagesordnungspunkt 28 hat die Drucksachennummern 6/7288 und 6/7289.
Zur Fragestunde in Tagesordnungspunkt 30 kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu: Drucksachen 6/7294 bis 6/7297, 6/7299 und 6/7300.
Zu Tagesordnungspunkt 4 wurden ein Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/7293, ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/7335 sowie ein Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/7327 verteilt.
Zu Tagesordnungspunkt 5 a wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/7324 verteilt.
Die Landesregierung hat mitgeteilt, zum Tagesordnungspunkt 18 von der Möglichkeit eines Sofortberichtes Gebrauch zu machen – gemäß § 106 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Im Hinblick auf die bereits übervolle Tagesordnung würden wir den Antrag zur Aktuellen Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 30 e zurückziehen. Als zweites Anliegen würde ich für uns beantragen, den Tagesordnungspunkt 5 im Hinblick darauf, dass uns zwischenzeitlich ein wissenschaftliches Gutachten vorliegt, das zu dem Ergebnis kommt, dass dieser Landtag jedenfalls verfassungsgemäß nicht befugt ist, über den Haushalt 2020 zu beschließen, von der Tagesordnung abzusetzen.
Auch wegen der übervollen Tagesordnung schlagen wir vor, den Tagesordnungspunkt 24 „Für ein Europa der Menschenrechte – Thüringen wird ‚sicherer Hafen‘“ und Tagesordnungspunkt 23 „Messerfreie Zonen an besonders sensiblen Orten“ gemeinsam zu behandeln, weil sie doch irgendwo thematisch zusammengehören.
Weitere Anmerkungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die CDU-Fraktion hat ihre Aktuelle Stunde zurückgezogen. Wir müssten darüber abstimmen, ob der Tagesordnungspunkt 5 von der heutigen Tagesordnung abgesetzt wird. Ich bitte, wer dem zu
stimmt, um sein Handzeichen. Das sind die Fraktionen der CDU und der AfD und der fraktionslose Abgeordnete Reinholz. Wer stimmt dagegen? Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD. Der fraktionslose Abgeordnete Gentele enthält sich.
Doch, Herr Abgeordneter Rietschel enthält sich. Damit ist der Antrag abgelehnt und Tagesordnungspunkt 5 bleibt auf der Tagesordnung.
Ich komme zum Antrag der AfD, die Tagesordnungspunkte 24 und 23 gemeinsam zu beraten. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist die Fraktion der AfD und der fraktionslose Abgeordnete Reinholz. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der CDU, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer enthält sich? Es enthalten sich die fraktionslosen Abgeordneten Rietschel und Gentele. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Thüringer Gesetz zur Weiterentwicklung des Schulwesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6484 - korrigierte Fassung - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport - Drucksache 6/7320 -
dazu: Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/7327 -
dazu: Für die Stärkung einer demokratischen und diskriminierungsfreien Schulkultur Entschließungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/7293 -
dazu: Auf die Novellierung des Schulgesetzes verzichten, Kontinuität und Stabilität in der gewachsenen Thüringer Schullandschaft schaffen
Das Wort hat jetzt Abgeordneter Wolf als Berichterstatter aus dem Ausschuss. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, am 14. Dezember 2018 überwies der Thüringer Landtag den Entwurf des Thüringer Gesetzes zur Weitentwicklung des Schulwesens in der Drucksache 6/6484 nach seiner ersten Lesung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport – federführend – und an den Innenausschuss sowie den Ausschuss für Migration und Verbraucherschutz als mitberatende Ausschüsse.
Der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport hat den Gesetzentwurf in seinen Sitzungen am 14. Dezember 2018, am 22. Januar, 7. sowie 19. Februar, am 19. März, 30. April sowie 4. Juni 2019 beraten. Am 7. Februar führte dieser Ausschuss in öffentlicher Sitzung eine ganztägige mündliche Anhörung zum Gesetzentwurf durch, zudem fand mit Terminsetzung Ende Januar eine ausgedehnte schriftliche Anhörung statt. Diese Anhörungen wurden durch eine vom Thüringer Landtag auf seiner Internetpräsenz initiierte Online-Diskussion ergänzt. Im Ergebnis der mündlichen und der schriftlichen Anhörung haben sich mehr als 60 Vereine, Verbände, Schulen sowie Einzelpersonen mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet und somit auf die parlamentarische Beratung des Gesetzentwurfs Einfluss genommen. Zu den Anzuhörenden, die sich dabei umfangreich geäußert haben, zählten nicht nur die beiden kommunalen Spitzenverbände, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die Kammern sowie die Landesschüler- und Landeselternvertretung, auch der Beamtenbund, der Thüringer Landesjugendring, die LIGA der freien Wohlfahrtspflege und andere Anzuhörende haben sich mit sehr ausführlichen Darlegungen in die Debatte eingebracht. Im Zentrum der Hinweise und der Vorschläge standen überwiegend die Themen „Schul- und Klassengrößen“, „Inklusion“ und „innerschulische Demokratie“, aber auch die Frage verstärkter Kooperation zwischen den Schulen mit dem Ziel der Unterrichtsabsicherung sowie Regelungen zu einzelnen Schulformen, zur Schulaufsicht und zu anderen Fragen. Von hier aus möchte ich noch einmal allen inhaltlich Beteiligten unseren tiefen Dank aussprechen, die sich an diesem demokratischen Verfahren beteiligt haben.
Am 18. April reichten die drei regierungstragenden Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Ergebnis der Auseinandersetzung mit den vielfältigen Hinweisen einen 30-seitigen Änderungsantrag ein. Dieser wurde, wie dies unsere Geschäftsordnung bestimmt, in einem neuen Anhörungsverfahren angehört. Bis zum 29. Mai gingen hier noch einmal viele Hinweise ein. In der Ausschusssitzung am 4. Juni wurde der Änderungsantrag abschließend beraten und mit einigen kleinen weiteren Änderungen angenommen. Die letzten Änderungen an der Beschlussempfehlung in der Drucksache 6/7320 sind formeller Natur und müssen nicht erneut angehört werden.
Der Ausschuss empfiehlt Ihnen mehrheitlich, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des geänderten Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen anzunehmen. Diesem Vorschlag haben die anderen beiden Ausschüsse unter Berücksichtigung zweier formaler Hinweise zugestimmt. Die formalen Hinweise des Justizausschusses wurden in die Beschlussempfehlung eingearbeitet. Im Namen, denke ich, aller Kolleginnen und Kollegen hier im Haus bedanke ich mich vor allen Dingen auch für die gute Zusammenarbeit mit der Landtagsverwaltung bei diesem gesamten Prozess. Ich danke Ihnen und wünsche der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs einen guten Verlauf.
Vielen Dank. Für die Begründung des Entschließungsantrags der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordneter Schaft das Wort.
Werte Kolleginnen und Kollegen, zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung und den Änderungsanträgen der rot-rot-grünen Landtagsfraktionen liegt Ihnen auch der Entschließungsantrag „Für die Stärkung einer demokratischen und diskriminierungsfreien Schulkultur“ vor. Dieser Antrag soll die anstehende Reform des Thüringer Schulgesetzes ausgehend von der schulischen und außerschulischen Erfahrungswelt begleiten, und zwar aller, die auch im Anhörungsprozess beteiligt waren, also von Schülerinnen und Schülern über Lehrende, Schulleitungen, Schulsozialarbeiterinnen und Eltern.
Wir haben zwei Schwerpunkte in diesem Antrag. Einer ist die Stärkung der demokratischen Schulkultur. Was bedeutet das für uns? Das bedeutet, dass wir Schülerinnen und Schüler als politisch eigenständig denkende und handelnde Personen von Anfang an einbeziehen, damit sie lernen und erleben, was es bedeutet, sich von Beginn an demokratisch zu engagieren, auch im Sinne des demokratischen Engagements außerhalb und nach der Schule. Der zweite Punkt ist die Stärkung einer diskriminierungsfreien Schulkultur, die die Erfahrungen – sei es in Fachgesprächen, sei es in der Anhörung, sei es auch in der Enquete-Kommission – widerspiegelt, wenn Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion, ihrer Weltanschauung oder sexuellen Orientierung und Identität diskriminiert werden. Hier wollen wir mit diesem Entschließungsantrag Maßnahmen unterstützen und begleiten, um allen an Schulen und in Schulen die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen mit an die Hand zu geben, damit die Maßnahmen aus dem Gesetz auch greifen werden.
Wenn man sich ansieht, was der Entschließungsantrag in Punkt II. beinhaltet, bedeutet das im Wesentlichen, dass wir die Maßnahmen, die sich auch in den Änderungsanträgen befinden, bei der Implementierung unterstützen wollen. Beispielsweise sollen, wie in II.1. zu lesen ist, gezielt Maßnahmen ergriffen werden, um sämtliche an Schulen tätigen Professionen, Schülerinnen und Schüler zu befähigen und die Eltern zu beraten und zu unterstützen, um mit Gewalt, Diskriminierung und Mobbing umzugehen und diesen wirksam zu begegnen. Das heißt, es müssen natürlich adäquate Informationsund Beratungsangebote zur Verfügung gestellt werden. Wir wollen darüber hinaus, wenn die Schulkonferenz über die Grundsätze der Antidiskriminierungsarbeit beschließt, dass natürlich auch den Schulkonferenzen, wie in Punkt 2 zu lesen ist, praxisnahe Leitlinien mit an die Hand gegeben werden, damit die Entscheidungen entsprechend auf einer guten, unterstützenden inhaltlichen Grundlage zu den Antidiskriminierungskonzepten an Schule stattfinden können.
Wir wollen beim zweiten Punkt, beim Schwerpunkt der Demokratisierung, dass die Einführung von Klassenräten damit einhergeht, dass Schulen durch praxisnahe Informationsmaterialien und durch die Fortbildung der Lehrkräfte entsprechend darin unterstützt werden. Dieses neue Gremium, was eine direkte demokratische Beteiligungsform der Schülerinnen und Schüler von Anfang an im Klassenverbund darstellt, auch entsprechend unterstützt werden.
Der dritte Schwerpunkt ist die Frage der Ombudsstelle, die den Weg in das Gesetz findet. Diese Ombudsstelle ist dann in geeigneter Art und Weise bekannt zu machen, die Angebote barrierefrei und vor allem natürlich orientiert an den Adressatinnen und Adressaten – also den Schülerinnen und Schülern – entsprechend zu bewerben, damit dieses Instrument als Beratungs- und Informationsstelle und Beschwerdestelle, die vor allem unabhängig und nicht weisungsgebunden arbeitet, im Bedarfsfall auch entsprechend genutzt werden kann.
Damit nicht nur die Implementierung dieser Maßnahmen unterstützend durch die Landesregierung begleitet wird, sei noch auf den Punkt II.6 hinzuweisen, der darum bittet, dass der zuständige Ausschuss im Landtag auch die nächsten Jahre regelmäßig über die Umsetzung dieses Beschlusses informiert wird und dass berichtet wird.
Zum Abschluss will ich noch mal deutlich machen, was die Zielstellung dieses Entschließungsantrags ist: Wir wollen die Schulgesetzreform begleiten im Sinne einer demokratischen und diskriminierungsfreien Schule für alle, die in und außerhalb von Schule tätig sind und wirken.