Enno Hagenah
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Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihrem Dank, Herr Bode, schließe ich mich gerne an. Aber die Beantwortung der Frage, wel
che Konsequenzen nach fast drei Monaten Untersuchungsausschuss hier in Niedersachsen zu
ziehen sind, sind Sie dem Haus schuldig geblieben.
CDU und FDP drücken sich bis heute um eine ehrliche Beantwortung dieser Frage herum. Sie sprechen von einer unklaren Beweislage, nicht bewiesenen Behauptungen und von grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen, nach denen sie Schlussfolgerungen ablehnen. Das Minderheitenvotum von SPD und Grünen, das klar Ross und Reiter bei den Rechtsbrüchen benennt, verstößt aber nicht gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist
kein Gericht, das eine Schuld abschließend feststellen kann. Wir greifen auch nicht der Staatsanwaltschaft vor, die unsere Untersuchungsergebnisse sicherlich bei ihrer eigenen Ermittlung gut gebrauchen kann. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist ein Instrument zur Aufklärung von verantwortungslosem, fehlerhaftem und gesetzwidrigem Handeln der Landesregierung oder von Dritten, die in ihrem Namen handeln. Es geht darum, Schaden für die Bürger möglichst abzuwenden und dafür zu sorgen, dass sich Fehlverhalten nicht fortsetzt, sondern bestraft wird. An diesem Maßstab müssen sich heute CDU und FDP messen lassen.
Die Bereitschaft der Regierungsfraktionen zu der auch für Sie, Herr Bode, verpflichtenden Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle scheint aber äußerst unterentwickelt.
Sie brachten Ihre Verteidigungslinie vor der Presse ja auf die schlichte und allzu entlarvende Formel: Einfluss der Landesregierung sei nicht auf das Vergabeverfahren genommen worden, sondern
nur auf die JadeWeserPort-Gesellschaft. Und weiter: Herr Erdmann habe nicht als Stabsstellenleiter im Wirtschaftsministerium in die Vergabe eingegriffen, sondern in seiner Funktion als Geschäftsführer der Muttergesellschaft. - Donnerwetter! Eigentor, Herr Bode!
Diese Ausreden nimmt Ihnen hier niemand mehr ab. Die Versuche der nachträglichen Reinwaschung, die CDU und FDP bis heute betreiben, sind in Form und Vorgehen für ein Parlament unwürdig.
Die Landesregierung hat nicht nur in Person des Aufsichtsratsvorsitzenden und Staatssekretärs
Werren sehr wohl unrechtmäßig Einfluss auf die Vergabe genommen und Kenntnis von Details im Vorgehen gehabt. Deshalb fordern wir in unserem Antrag nicht nur die Neubesetzung des Aufsichtsratsvorsitzes, sondern auch der übrigen Aufsichtsratsmitglieder. Es ist nicht tragbar, dass Ministeriumsmitarbeiter das Land in Gesellschaften vertreten, wo sie die Sachverhalte, über die sie mit entscheiden, ganz offensichtlich nicht durchblicken und dann noch nicht einmal im eigenen Ministerium das Projekt voranbringen. Ich erinnere daran, dass z. B. das Umweltministerium den Voslapper Groden nicht als Vogelschutzgebiet anmelden
wollte. Erst die Drohung aus Brüssel, dass EU-Mittel für den Hafenbau ohne Beachtung des Umweltrechts nicht fließen würden, zwang letztendlich den Minister zum Handeln.
Diese und andere planungsrechtlichen Unzulänglichkeiten der Landesregierung haben erst den Zeitdruck verursacht, der schließlich zum Motor für die Rechtsbrüche im Vergabeverfahren wurde,
Herr Bode.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen kleinen gemeinsamen Nenner gibt es nach dem 20. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zwi
schen den Fraktionen aber doch, nämlich dass der Technische Leiter zu Unrecht entlassen wurde. Allerdings ziehen die Regierungsfraktionen daraus nicht die logische Schlussfolgerung, dass die Entlassung Teil der Rechtsbrüche bei der Vergabe gewesen ist. Die manipulierte Vergabe erklären CDU und FDP trotz allem weiter für korrekt.
Unser Untersuchungsbericht listet dagegen detailliert fünf klar belegte Vergabeverstöße unter Mitwirkung dieser Landesregierung und ihrer Mitarbeiter auf. Herr Will hat das schon ausgeführt. Niedersachsen hat gegenüber Bremen schon 2005 mit dem Tricksen und Erpressen angefangen. Da hieß es: „Erbpacht gegen Kajenbetreiber“. Ab Feb
ruar 2007 wurde Niedersachsen dann selbst bei der favorisierten Ankerlösung und der vorbereiteten Vergabe an die Mittelstands-Biege Bunte ausgebremst und beteiligte sich aktiv an der Vergabemanipulation. Weil bremenports drohte, den
Zuschlag an Bunte zu blockieren, einigte man sich auf Hochtief, obwohl Hochtief aus rechtlichen
Gründen eigentlich zwingend von der Vergabe hätte ausgeschlossen werden müssen.
Auch wenn in vielen wichtigen Fragen derzeit noch Aussage gegen Aussage steht und eine Vereidigung leider verweigert wurde, ist durch die beigezogenen und von Zeugen übergebenen Akten eine sehr gute Plausibilitätsprüfung im Sinne eines Indizienbeweises möglich geworden. Denn wenn so entgegengesetzt agierende Protagonisten wie Herr Holtermann und Herr Starke über Vergabevorgaben und deren zeitliche Einordnung so gleichlautende Vermerke angelegt haben, dann hat deren Substanz eine hohe Glaubwürdigkeit und straft Zeugen Lügen, die das Gegenteil behaupten.
Um das ganze Ausmaß der begangenen Rechtsverstöße ermessen zu können, reicht die einseitig verkürzte Berichtsversion von CDU und FDP natürlich nicht. Da bleiben die Niedersachsen die arglos Verführten, und mit einem allumfassenden Buhmann namens Holtermann wird versucht, alles Unrecht zu erklären. Der Rest sei nicht bewiesen und damit - so der waghalsige Salto mortale von Herrn Bode - unrelevant.
Wer dagegen den Bericht von SPD und Grünen zum Hafenkrimi liest, findet dort ein Gestrüpp aus illegalen Tricksereien, Drohungen und Lügen, und mittendrin immer der Aufsichtsratsvorsitzende und Staatssekretär Werren mit seinem vertrauten Gehilfen Professor Erdmann und etwas im Hintergrund, aber immer à jour - würde Herr Werren sicherlich sagen -, der Drahtzieher hinter den Kulissen: Minister Hirche - nach außen stets auf eine weiße Weste bedacht mit dem Hinweis, alles müsse rechtskonform laufen: keine schriftlichen Vermerke, Anweisungen gibt es nur mündlich, jeder Zettel wird sofort entsorgt.
Der materielle und politische Schaden für das Land ist groß: mindestens ein Jahr Verzögerung bei der Fertigstellung und Mehrkosten von bis zu 100 Millionen Euro. Das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Herr McAllister, Herr Rösler,
hören Sie auf, sich wegzuducken und um Konsequenzen zu drücken! Legen Sie auch bei dieser Landesregierung die Maßstäbe an, die Sie bei anderen immer einfordern, und sorgen Sie mit uns für einen Neustart im gesamten Umsetzungsteam beim JadeWeserPort, damit nicht noch mehr Steuergeld und Zeit zulasten der Menschen und der Wirtschaftskraft in der Region verloren gehen. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ein Mann wie Herr Dinkla blind für Fakten schlichtweg pauschal auskeilt, dann ist das ein untrügliches Zeichen für die Haltlosigkeit der Position, die er hier vertreten muss.
Herr Dinkla, es ist allzu entlarvend, wenn Sie sagen, Ziel bleibe die Fertigstellung im Jahr 2010. Rechnen Sie einmal! Auch Sie kennen die Ausschreibungsunterlagen. Nach den Ausschrei
bungsunterlagen beträgt die Bauzeit fast vier Jahre, wenn das Wetter gut ist. Wenn wir, optimistisch gesehen, den Baubeginn für morgen unterstellen, dann liegt die Fertigstellung Ende 2011/Anfang 2012. So viel zu Ihrem Ziel. Da sind Sie butterweich, und Sie wissen auch, warum.
Nun zu der Feststellung „Bananenrepublik“ einige kleine Hinweise, die das sehr gut belegen. Druck von Herrn Erdmann gegenüber Herrn Ehmen: „Der Staatssekretär erwartet Ihre Unterschrift“, ist - so der Zeuge Ehmen - von Herrn Erdmann gegenüber Herrn Ehmen gesagt worden. Oder Druck von Herrn Erdmann gegenüber Herrn Starke: Die VOB ist außer Kraft gesetzt.
Druck gegenüber dem Anwalt van Dyk, durch Vermerk über den entsprechenden Tag festgehalten: Die in Papierform vorliegende Unterlage ist nicht die Vergabeakte. - Das ist Bananenrepublik pur, Herr Dinkla!
Das war auskömmlich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr McAllister, wer vorliegende Beweise für Rechtsbrüche partout nicht wahrhaben will, ist Teil des Problems und nicht Teil der Aufklärung.
Herr Minister Hirche, Hochmut kommt vor dem Fall. Die Empfehlung der Bußfertigkeit, die Sie uns gegenüber geäußert haben, fällt in voller Schwere auf Sie zurück.
Herr Hirche, Sie haben uns gerade wieder erklärt, wie sehr Sie den Zusagen von Herrn Wendt glauben, was den Stahl und die Termine angeht. Glauben Sie ihm denn auch die Mehrkosten in Höhe von 65 Millionen Euro, die er Ihnen berechnen will? Rechnet man diese Mehrkosten und die Kosten aus den anderen Verfahrensverzögerungen zusammen und berücksichtigt dabei, dass die EUMittel dafür nicht fließen, kommt man sehr schnell auf einen Betrag von 100 Millionen Euro, der aus unserer Sicht schon jetzt beim Hafenbau verloren ist.
Dass die Bundesmittel in Höhe von 89 Millionen Euro nicht fließen, haben Sie zu verantworten. In der Zeit, in der Sie hier regieren, haben die Hamburger für die Zufahrt zu ihrem Hafen einen 220Millionen-Euro-Zuschuss beim Bund durchgesetzt. Sie hingegen haben einen bereits angekündigten Zuschuss des Bundes von 89 Millionen Euro für die Zufahrt zu unserem Hafen verloren. Das nenne ich schlechtes Verhandeln gegenüber dem Bund!
Wenn wir, Herr Minister Hirche, die Zurückhaltung der Landesregierung - damit meine ich Ihre Zurückhaltung und die des Ministerpräsidenten - kritisieren, dann kritisieren wir Sie genau in Bezug auf den Moment, zu dem von bremenports mit dem Ausschluss von Bunte und der Ankerlösung vergaberechtsschädlich interveniert wurde. Zu dem Zeitpunkt hätten Sie als Eigentümer Land Niedersachsen - der Ministerpräsidenten, der Minister, Herr Werren - bei Bremen intervenieren müssen. Sie hätten Bremen sagen müssen: Eure Vertreter, nämlich bremenports, versuchen, ins Vergabeverfahren einzugreifen, und dagegen verwehren wir uns. - Aber das Gegenteil ist passiert.
- Am 20. April - -
Das reicht auch.
Frau Präsidentin! Herr Minister Sander, auch wenn es nicht in Ihr ultraliberales Weltbild passt, haben wir bei uns in Deutschland zum Glück - ähnlich wie
in allen anderen entwickelten Industriegesellschaften - für den Bereich Atom- und Giftmüll längst das, was Sie einen Überwachungsstaat nennen. Alles, was an Gift- und Atommüll produziert wird, ist - ebenso wie in seiner Verwendung, Lagerung und Entsorgung - minutiös dokumentiert.
Für mich ist es weder nachvollziehbar noch glaubwürdig, dass 1 650 t - also 66 Lkw-Ladungen - in einem solchen Betrieb schlichtweg nicht dokumentiert sind, zumal dann nicht, wenn anderthalb Jahre vorher entsprechende Hinweise bestanden und Ihr Gewerbeaufsichtsamt dort nachfragt.
Von der Herkunft und dem Verbleib der 66 LkwLadungen soll nichts gefunden worden sein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Busemann, überschlägig sind bereits
40 % der Gymnasien und 50 % der Gesamtschulen untersucht worden. Mithin ist die Quote, die Sie eben in Ihrer Antwort genannt haben, für diese Schulformen praktisch schon erreicht worden.
Deshalb frage ich Sie, Herr Minister Busemann, wann Sie aufgrund der offensichtlichen Schwächen, die in bestimmten Bereichen festgestellt worden sind, anfangen wollen, die Mängel zu beheben und den Unterricht zu verbessern. Wie viele Schulen müssen untersucht werden, bevor Sie Reaktion zeigen?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade erst in dieser Woche klagte wieder einmal Industriepräsident Jürgen Thumann über den steigenden Fachkräftemangel in
Deutschland. Anlass war der IT-Gipfel in Hannover. Mehr als 10 000 Fachkräfte würden allein in dieser Branche fehlen. Das Fehlen von hochqualifizierten Arbeitskräften würde die Industrie in
Deutschland ausbremsen, fürchtet Thumann. Er bekam von der Kanzlerin Unterstützung. Angela Merkel appellierte dabei gerade auch an die Mädchen, Berufschancen in der Informations- und Kommunikationstechnologie zu ergreifen.
Wir haben dort ein Potenzial, aus dem wir bisher viel zu wenig schöpfen. Unsere schulisch und an Universitäten hoch ausgebildeten und überdurchschnittlich abschließenden Mädchen und Frauen nutzen wir für die Wirtschaft bisher viel zu wenig. Was erwartet die Frauen denn schließlich nachher auf dem Arbeitsmarkt, in der Partnerschaft und in den Unternehmen? - Eine Ungleichbehandlung und Benachteiligung im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Das ist übrigens auch in der Politik der Fall, und zwar nicht nur auf der Landesliste der FDP. Das kann schließlich niemanden motivieren. Es benachteiligt eine noch so engagierte und ehrgeizige Frau und Mutter, wenn ihr männlicher Kollege den Rücken durch ein traditionelles Familiengefüge frei gehalten bekommt und sie Beruf und Familie unter einen Hut bringen muss.
Jede noch so kreative Organisation von Familie und Beruf stößt an ihre Grenzen, wenn nicht genügend qualitativ hochwertige Betreuungsplätze vorhanden sind oder die Betreuungszeiten nicht mit den Arbeitszeiten übereinstimmen.
Weil Frauen hierzulande doppelt und dreifach gefordert sind, fehlen sie uns bei den Fachkräften. Der Anteil der hochausgebildeten Frauen ist in Deutschland mit 20 % unterdurchschnittlich. Laut OECD verfügen in Skandinavien rund doppelt so viele Frauen über einen akademischen Abschluss. Weil Familie und Kinderbetreuung noch immer eher privat und weiblich sind, arbeiten mehr als zwei Drittel der Mütter, aber nur 5 % der Väter in Teilzeit.
Weil Frauen bei gleicher Qualifikation und Position in Deutschland mindestens ein Viertel weniger verdienen als Männer, sitzt in keinem der 100 größten Unternehmen Deutschlands eine Frau in der Chefetage. Nur 4 % aller Jobs mit Macht in Großunternehmen sind bei uns mit Frauen besetzt. Niedersachsen hat eine einzige Orchidee, wo es anders ist. Das liegt an den Juniorprofessuren an den Universitäten. Juniorprofessuren sind weiblich. Deshalb haben wir viele weibliche Professoren, natürlich gerade die schlecht bezahlten Professoren. Dadurch haben wir an dieser Stelle einen einzigen Peek nach oben.
Es wäre gut gewesen, den Antrag der SPDFraktion heute zu beschließen. Die Fraktionen der CDU und der FDP verpassen auch diese allerletzte Chance in dieser Wahlperiode, um sich dort zu korrigieren. Sie tun uns leid. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Tiefwasserhafen komme ich später noch.
Zunächst einmal möchte ich Herrn Hoppenbrock an einem seiner größten Irrtümer festmachen, kurz: an der Arbeitslosigkeit. Sie haben die Entwicklung in Niedersachsen gelobt. Ich habe die aktuellen Zahlen hier. Danach sind wir in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum letzten Monat und im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in allen Feldern ebenso wie bei den Jugendlichen unter 25 Jahren schlechter als der Bundesdurchschnitt. Ich kann Ihnen die einzelnen Zahlen vorlegen. Das ist die Auswertung vom November 2007. Wenn Sie mir nicht glauben, glauben Sie vielleicht der Arbeitsagentur. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Minister Hirche ist ein Meister im Verschwenden von Geld. Ihm passiert eine Katastrophe nach der anderen.
Mit der Erlebniswelt Renaissance versenkte er Millionen. Beim teuren Prestigeprojekt Snow-Dome verschleuderte er öffentliche Gelder, und im wackelnden Projekt JadeWeserPort gipfelt sein
Missmanagement.
Der Tiefwasserhafen kann wegen der dubiosen Vergabepraxis nicht so schnell gebaut werden wie geplant.
Sie haben noch vor einem Jahr darauf gedrängt, die Vergabe sofort zu machen, damit Sie sofort bauen können. Damals waren die gleichen Verfahren vor Gericht anhängig. Sie verstecken sich jetzt hinter dem Gericht, um Ihre eigenen Versäumnisse zu vertuschen, Herr Thümler. Nichts anderes ist der Fall.
Wieder werden dem Land Fördergelder in Millionenhöhe verloren gehen. Allein im Jahr 2008 drohen rund 50 Millionen Euro an EU-Mitteln zu verfallen. Minister Hirche hat mehr als vier Jahre gebraucht, um den seit 2003 angekündigten Innovationsfonds einzurichten. Aber es ist kein Fonds geworden, sondern nur eine Vernichtungsanlage für Steuergeld, für öffentliches Geld. Aktuell verfügt der Fonds über 32 Millionen Euro an Schuldenvermögen. 2008 sollen weitere 20 Millionen Euro Landesgeld auf Schuldenbasis hinzukommen.
Die Idee, auf Innovation zu setzen, wäre zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Gerade Neuerungen, die unser Klima schützen, müssen wir unterstützen. Aber Ihr Innovationsfonds hält nicht, was er verspricht, Herr Minister Hirche.
Er ist fast fünf Jahre nach Antritt der CDU/FDPRegierung noch immer nicht handlungsfähig, noch
kein einziger Euro ist vergeben, aber er kostet schon Geld, Frau König. Im kommenden Jahr haben wir dann sogar 52 Millionen Euro an totem Kapital herumliegen, das jeden Tag Schuldzinsenzahlungen verursacht.
Das führt mich zu der Frage: Herr Minister Hirche, was verstehen Sie eigentlich unter guter Wirtschaftsförderung? In den vergangenen Jahren
haben alte, traditionsreiche Unternehmen in Niedersachsen ihre Sachen gepackt und sind gegangen. Ich erinnere nur an die Käserei Loose mit ihrem Harzer Roller oder an den Helmhersteller Schuberth aus Braunschweig. Dann wieder hatten Sie, Herr Hirche, offenbar kein Händchen, neue Unternehmen zu überzeugen, sich bei uns niederzulassen. Wie haben Sie dafür geworben, dass sich die Solarfabrik in Clausthal-Zellerfeld ansiedeln möge; Sie haben sich schon vorher fast gefeiert. Aber bisher ist das leider alles Pustekuchen. Auch INEOS in Wilhelmshaven wollte Ihnen nicht glücken.
Was läuft in Ihrem Ministerium schief? Warum laufen Ihnen die Unternehmen weg? Nur wenn es ganz viel Steuergeld gibt und von Ihnen an lukrativen Standorten Exklusivrechte verschleudert werden, wie beim Snow-Dome am Autobahnkreuz dort, wo die vielen Urlauber sind, wollen Sie den Leuten mit sehr viel Energie auch im Sommer noch ein Schneevergnügen gönnen - oder im Falle der Bavaria Alm im Harz, können Sie neue Unternehmen halten. Kein Wunder, wenn es so viel Geld vom Staat dazu gibt. Diese Erfolge à la Hirche haben weder Glanz noch Zukunftsperspektive.
Der aktuelle Niedersachsen-Monitor zeigt, dass wir mit Ihrer Politik von der positiven Konjunkturentwicklung in Deutschland allenfalls mitgeschleppt werden, aber leider ist Niedersachsen hierbei kein Schrittmacher.
12,6 % mehr Hartz-IV-Empfänger als 2005, Herr Thümler: Ist das etwa eine Vorreiterrolle oder ein Erfolg? 12,6 % mehr als 2005! Die Bruttolöhne stiegen bei uns so wenig wie in keinem anderen Bundesland. Wie soll denn da die Binnenkonjunktur bei uns anspringen? Unterdurchschnittliche
Qualifikationen im gesamten Bereich des Arbeitsmarktes. Unterdurchschnittliche Gründungsbereitschaft, Herr Thümler, und bei den Erfindungen
liegen wir ganz weit hinten. Die Negativliste der Bilanz Ihrer Regierungsjahre ist lang. Auch durch Kaputtreden kriegt man die Statistik nicht so
schlecht.
- Entschuldigung, das sind objektive Zahlen des Landesamtes für Statistik, auf die Sie sich selber berufen. Die müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen, die können Sie ja nicht nach dem Motto „Was ich nicht lesen und hören will, ist auch nicht wahr!“ unterdrücken. So geht das nicht!
Auch bei der Arbeitsmarktförderung hapert es. Schon jetzt steht fest, dass wir außerhalb des früheren Regierungsbezirks Lüneburg in Zukunft
wesentlich weniger Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds haben werden. Im wesentlichen Teil Niedersachsens, in den drei übrigen ehemaligen Regierungsbezirken, fehlt jetzt also Geld. Wie wollen Sie das Angebot qualifizierter Förderung dort aufrechterhalten, wenn für eine große Zahl von Programmen in den nächsten Jahren das Geld nicht mehr in der bisherigen Höhe da ist? Da fehlen bislang die Konzepte. Bei uns keimt der Verdacht, dass Sie sich einmal mehr nicht ausreichend Gedanken über Veränderungen und nötige Anpassungen machen, Herr Hirche.
Heute bleiben aufgrund Ihrer Politik bereits viel zu viele junge Leute auf der Strecke und kommen nicht in Ausbildung und Beruf. Das droht uns zukünftig weiterhin, und zwar mit zunehmender Tendenz. Nach Ihren vielen Misserfolgen ist ein „Weiter so!“ nicht das richtige Rezept.
Auch mit Ihren immer wieder verkündeten Autobahnbauprojekten wie dem Wolkenkuckucksheim A 22, das auch Herr Hoppenbrock hier wieder zum Besten gegeben hat, locken Sie schon lange keine Investoren mehr hinter dem Ofen hervor. Dass Sie diese Küstenautobahn auch weiterhin als für den Tiefwasserhafen besonders notwendig erklären, widerspricht sämtlichen Gutachten, die zum Verkehr in Bezug auf diesen Hafen gemacht worden sind.
Zwei Lkw pro Stunde in Ost-West-Richtung: dafür brauchen Sie eine Autobahn? Das ist doch wohl lächerlich!
- Auch hier gilt, Herr McAllister: Sie glauben nur die Statistiken, die Sie selbst gemacht und aufgezeichnet haben. Sie nehmen auch die Grundlagen und Gutachten, die die Landesregierung erstellen lässt, nicht ernst.
Wir brauchen endlich eine zielgenauere Wirt
schaftsförderung, eine, die auf die wirklichen Zukunftsbranchen setzt, eine, die sich den Schutz unseres Klimas zum wesentlichen Leitkriterium nimmt. Das sind die Märkte der Zukunft. Dazu gehört auch, die Fördermittel nicht zu verschenken, sondern jeden Euro in einem Kreislauf mehrmals einzusetzen. Wir wollen deshalb einen Klimainnovationsfonds einrichten. Im ersten Schritt werden wir z. B. 40 Millionen Euro für die Förderung von Klimaschutzinvestitionen von kleineren und mittleren Unternehmen bereitstellen, für Hand
werksbetriebe, die Häuser energetisch besonders intelligent auf Vordermann bringen,
besser, intelligenter und effizienter, als das heute gemacht wird, und für neue Entwicklungen im Bereich erneuerbarer Energien.
Noch weniger scheint Ihnen die Verkehrspolitik zu liegen, Herr Hirche.
Da hilft Ihnen auch nicht, dass die Fraktionen von CDU und FDP im Wahlkampffieber 10 Millionen Euro mehr für den Straßen- und Radwegebau einstellen.
Dabei können wir Ihre Argumente für die Radwege durchaus nachvollziehen, Herr McAllister. Ich kann auch nachvollziehen, dass die Straßen wegen Ihrer Sparmaßnahmen in den letzten Jahren zu verfallen drohen. Das stimmt! Aber was wir nicht verstehen: Was für die Straße gilt, gilt bei Ihnen offensichtlich nicht für die Schiene; denn auch das ist ein wichtiger Verkehrsweg der Zukunft.
Auch hier haben wir einen massiven Investitionsstau. In den vergangenen drei Jahren hat die Zahl der Langsamfahrstrecken nach Angaben der Gewerkschaft Deutscher Bundesbahnbeamter bei uns in Niedersachsen um ein Drittel zugenommen. Dennoch sorgt diese Landesregierung dafür, dass unser Schienennetz weiter verkommt. Wir haben das bereits gestern intensiv behandelt, deshalb will ich das nicht noch einmal erläutern. Die
30 Millionen Euro, die wir hierzu in den Haushalt 2008 einbringen, sind dringend erforderlich, um keinen enormen Investitionsstau auflaufen zu lassen und um in Zukunft - sukzessive in den nächsten Jahren - nicht einen weiteren massiven Abbau - über die 1,5 Millionen Zugkilometer hinaus, die in Niedersachsen schon heute gegenüber 2006 weniger gefahren werden - in Kauf nehmen zu müssen. Deswegen muss hier dringend gegengesteuert werden.
Der von Ihnen ausgelöste Investitionsstau führt natürlich zu explodierenden Kosten und zu noch mehr Leistungsabbau.
Geld ist allerdings nicht das einzige, was an dieser Stelle fehlt. Noch immer haben Sie und Ihr Ministerium es versäumt, zusammen mit der Bahn ein bedarfsgerechtes Konzept für den Hafenhinterlandverkehr zu entwickeln.
- Lassen Sie sich doch einmal vorrechnen, wie viele Züge mit wie vielen Containern abgefahren werden können. Das kann die Bahn Ihnen immer noch nicht sagen. Mit den entsprechenden Überlegungen hat sie auch erst angefangen, nachdem die Bauindustrie anstelle Ihrer Regierung ein Gutachten in Auftrag gegeben hat. Da erst sind Sie aus Ihrem Tiefschlaf erwacht. Das ist doch eine Blamage! Das ist doch unglaublich!
Sie haben keinerlei Lösung dafür, wie diese - mit dem unglücklichen Bild des Containertsunamis ja
tatsächlich richtig beschriebene - Welle des zunehmenden Containerverkehrs an allen deutschen Häfen - Hamburg, Bremerhaven, zukünftig irgendwann auch, wenn es dann geschafft ist, auch in Wilhelmshaven - angelandet und weiter ins Binnenland transportiert werden kann. Dafür fehlen die Konzepte. Das ist Ihnen diese Regierung, dieser Minister schuldig geblieben.
Herr Hirche, Sie hätten Ihre Hausaufgaben in den vergangenen fast fünf Jahren anständig machen sollen. So geht es jedenfalls nicht. So geht es mit Niedersachsen nicht voran. Vor allem darf es so nicht weitergehen. Gut, dass die Menschen in Niedersachsen in sechs Wochen erneut die Wahl haben. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr McAllister und Frau König, „Weniger direkt, aber miese Anschlüsse“ - das titeln die Osnabrücker Nachrichten zum Fahrplanwechsel. Dies ist die Position dazu, wie sich der Schienenpersonennahverkehr in Niedersachsen in der Fläche darstellt.
- Eine Schwalbe bzw. eine S-Bahn macht noch keinen Sommer, Herr McAllister. In Ihrer Region ist gerade etwas Nettes passiert. Schön! Aber dazu komme ich noch.
Die Themensetzung für Aktuelle Stunden vonseiten der Regierungskoalition wird mit dem näherkommenden Wahltermin von Mal zu Mal plumper und erzwungener rosarot, Herr McAllister.
Wie Sie ausgerechnet darauf kommen, Ihr Stiefkind, nämlich den Schienenverkehr, heute verbal hochzujubeln, vermag sicherlich nicht nur ich nicht nachzuvollziehen. Seit Regierungsantritt nehmen
Sie, Herr McAllister, sehenden Auges in Kauf, dass der ÖPNV in Niedersachsen auf Verschleiß gefahren wird. Sofort kam Ihr Griff in die Kasse des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes. Der bis dahin vorübergehende Sündenfall der SPD-Alleinregierung, den SPNV mit nur 40 % aus der GVFGKasse zu versorgen, wurde von Ihnen zur Dauerungerechtigkeit. Schrittweise haben Sie dann noch die Regionalisierungsmittel des Bundes geplündert, holen sich nun bis zu 90 Millionen Euro jährlich aus diesem Topf für Ihre originäre Landesaufgabe, nämlich für die Finanzierung der Schülerbeförderung, und verhindern damit die nötigen strukturellen Verbesserungen im SPNV in Niedersachsen.
Vor dem Hintergrund dieses finanziellen Aderlasses, Herr McAllister, ist es sicherlich eine reife Leistung der Landesnahverkehrsgesellschaft, durch gutes Ausschreibungsmanagement in einigen Regionen Niedersachsens dennoch Angebotsverbesserungen erzielt zu haben.
Mit dem Haller Willem, dem Metronom von Cuxhaven bis Göttingen und der neuen S-Bahn zwischen Stade und Harburg konnten in den letzten Jahren trotz Ihrer ÖPNV-feindlichen Politik, Herr McAllister, noch einige Angebotsverbesserungen in Niedersachsen erzielt werden. Aber wie viele Versprechen mussten wegen Ihrer finanziellen Aushöhlung des Schienenverkehrs schon gebrochen werden? Wie viele Projekte wurden in Ihrer Verantwortung endlos verzögert oder sogar ganz vertan, Herr McAllister? - Die RegionalStadtBahn Braunschweig ist weiter eine Hängepartie.
- Die kommt schon seit fünf Jahren, Herr Kollege.
Die ganze Region ist inzwischen ein offener Steinbruch Ihrer Sparmaßnahmen. Der Ausbau der Heidebahn stockt, die Strecke Göttingen - Bodenfelde wird nicht modernisiert, und das Ausbauprogramm für Bahnhöfe liegt auf Eis. Wer selbst so wenig investiert, hat auch gegenüber der Bahn AG
wenig Argumente, wenn sie die niedersächsischen Schienenwege verkommen lässt. Das Ergebnis: In den vergangenen drei Jahren hat der Umfang der Langsamfahrstrecken, Herr McAllister, in Niedersachsen um ein Drittel zugenommen. Im Frühjahr warnte sogar Ihr Verkehrsminister Hirche vor dem zunehmenden desolaten Zustand der Schieneninfrastruktur in Niedersachsen. Nun wollen Sie das kurz vor der Wahl zu Ihrer Erfolgsgeschichte umdefinieren? - Das ist doch lächerlich.
- Herr McAllister, schauen Sie auf die objektiven Zahlen. Niedersachsen hat den unrühmlichen zwölften Platz unter den Bundesländern in der Nutzung des SPNV. Damit sollten wir nun wirklich nicht zufrieden sein. Das ist ein Armutszeugnis. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben die mit der weitgehenden Durchreichung der Kürzung der Regionalisierungsmittel für die Bahn an die Aufgabenträger und die ÖPNV-Kunden verbundenen Lasten dort abgeladen, anstatt die zugleich vom Bund zugesagten Mittel aus der Mehrwertsteuer dafür selbst einzusetzen.
Trotz der gerade neu im Ausschreibungswettbewerb eröffneten S-Bahn-Strecke Stade - Hamburg und dem verbesserten Metronomangebot Cuxhaven - Hamburg werden mit dem vorgestern begonnenen neuen Fahrplan in Niedersachsen mehr als 1,5 Millionen Zugkilometer weniger pro Jahr als noch in 2006 angeboten. Das spricht ja wohl eine deutliche Sprache, welche Auswirkungen diese Mittelkürzung letztendlich in der Fläche hat. Die größten Kürzungen sind trotz der jetzt überpropor
tional dort ergriffenen Notausgleichsmaßnahmen weiter in der Region Braunschweig und im Harz zu verzeichnen.
Noch tiefgreifender ist allerdings der massive Rückgang der investiven Mittel insbesondere bei der Landesnahverkehrsgesellschaft, die damit ihre bisher erfolgreiche effizienzsteigernde Steuerung bei den Ausschreibungsverfahren der vergangenen Jahre nicht mehr in der bisherigen Form fortführen kann. Auch dringend nötige investive Programme wie „Niedersachsen ist am Zug“ werden durch diese einseitige Kürzung von CDU und FDP nicht mehr in der bisherigen Form aufrechterhalten werden können.
Mit Ihren viel zu klein geratenen Wahlgeschenken, nun doch mit 15 Millionen Euro in 2008 und 2009 einen Teil der Kürzungen auszugleichen, haben Sie bewusst lange gewartet.
Denn in der Zwischenzeit haben sich verantwortungsvolle Kommunalpolitiker in der Quadratur des Kreises geübt. Sie haben aus ihren eigenen klammen Haushaltskassen Mittel entnommen, um ihre ÖPNV-Nutzer in der Region nicht an verwaisten Linien und Stationen stehen zu lassen und ihnen keine steigenden Preise zuzumuten. Das, was dort trotz kommunal defizitärer Kassen schon zugeschossen worden ist, darf mit den 15 Millionen Euro Landesmitteln - so, wie Sie es jetzt bestimmt haben - nicht ausgeglichen werden. Das ist zutiefst ungerecht. Damit die Lücke im Verkehrsangebot in den kommenden Monaten bis zur Wahl wenigstens kurzzeitig so weit wie möglich geschlossen wird, haben Sie Ihr Wahlgeschenk nämlich mit der Bedingung verbunden, dass diese Mittel zweckgebunden nur für andernfalls entfallende Schienenpersonenverkehrsleistungen bereitgestellt werden dürfen.
Im privaten Miteinander, liebe Kollegin, wäre damit sicherlich der strafbewehrte Tatbestand der Nötigung erfüllt. Politisch einklagbar ist das leider noch nicht. Allerdings können die Wähler ihr Urteil über diese Art des Tricksens und Täuschens in einigen Wochen fällen.
Als wäre das noch nicht genug an Zumutungen für die Aufgabenträger, kommt jetzt noch die Tragödie zweiter Teil mit der wertgleichen Umsetzung der Einsparungen aus der Kürzung der Regionalisierungsmittel in den Zuweisungen aus dem Nahverkehrsgesetz, das heute zu beschließen ist. Wir werden es in allen Punkten ablehnen, weil wir das für falsch halten. Das wird nämlich zwangsläufig zusätzlich zu weiteren Einschränkungen beim Ausbau und bei der Qualität des ÖPNV führen. Die Kommunen können auch dort zukünftig weniger zuschießen.
Die Kürzung der Regionalisierungsmittel des Bundes macht im kommenden Jahr weniger als 70 Millionen Euro aus, also knapp 10 % der Mehrwertsteuermehreinnahmen, die Sie vom Bund einstreichen. Dass CDU und FDP in Niedersachsen dennoch 2008 wieder über 84 Millionen Euro für die Schülerbeförderung aus dem Regionalisierungsmitteltopf entnehmen und einen viel zu kleinen Betrag von nur 15 Millionen Euro aus den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer dafür generös für den Schienenpersonennahverkehr zurückgeben, ist schlicht politischer Betrug am Fahrgast. Die Quittung dafür erhalten Sie hoffentlich in sechs Wochen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einem allgemeinen Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen würden wir von jetzt auf sofort so viel CO2 einsparen, wie mehrere Kohlekraftwerke produzieren.
Die Einsparung von jährlich 2,5 Millionen t Kohlendioxyd ist natürlich kein Allheilmittel gegen den Klimawandel und den steigenden Meeresspiegel. Aber die 8 %, die an CO2 dann weniger auf Autobahnen ausgestoßen würden, wären einer von vielen nötigen Beiträgen zum Erhalt unseres Klimas.
Bei der rückwärtsgewandten Debatte im letzten Plenum habe ich kein einziges vernünftiges Argument gehört, das gegen die Einführung eines generellen Tempolimits spricht. Was ich jedoch gehört habe, war das Nörgeln großer Jungs, die sich dagegen wehren, dass man ihnen das Spiel Geschwindigkeitsrausch wegnehmen will.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie daran erinnern: Unsere Autobahnen sind kein Spielplatz. Ein Menschenleben gilt hierzulande mehr als ein individuelles Freiheitsgefühl, das möglicherweise durch einen Geschwindigkeitskick entsteht. Man muss schon äußerst abgebrüht oder sehr schlicht sein, wenn man die Einführung eines Tempolimits als Ideologie eines Ökospießertums bezeichnet. Schließlich sterben auf deutschen Autobahnen jedes Jahr 600 Menschen.
Schon 1984 belegte die Bundesanstalt für Straßenwesen, dass ein Tempolimit die Zahl der Toten um 20 % reduzieren könnte, Herr Albrecht. Eine aktuelle Studie aus Brandenburg spricht davon, dass ein Viertel der Menschen gerettet werden könnte. Das sind 150 Menschen in jedem Jahr, die nicht sterben müssten, wenn wir ein Tempolimit einführen würden. Das zu Ihren Zwischenrufen.
- Natürlich. Erst gestern kam auf der A 2, also hier vor der Haustür in Hannover, wieder ein 35-Jähriger um. Er ist mit 200 km/h aus der Kurve getragen worden und dann unter einem Lkw gelandet. Mit Tempo 130 wäre er nicht unter dem Lkw gelandet, Herr Albrecht.
Das Thema eignet sich ganz schlecht für Zwischenrufe, Herr Albrecht.
Ich glaube, da sollten Sie halblang machen.
An dieser Stelle sprechen die Gegner immer wieder gern von der Freiheit der Autofahrer, die nicht beschnitten werden dürfe. Von welcher Freiheit sprechen wir hier? - Ich habe noch gelernt, dass mit meiner eigenen Freiheit an der Stelle Schluss ist, wo ich die Grenze des anderen mit meinem Tun überschreite und dessen Grenze verletze, Herr Albrecht.
Meine Damen und Herren, ich frage Sie, wo hätte die Freiheit des Mercedes-Testfahrers - auch als Turbo-Rolf bekannt - enden müssen, der vor drei Jahren auf der Autobahn aggressiv einen Kleinwagen bedrängte? - Die Fahrerin des Wagens, eine 21-jährige Mutter, verzog vor Schreck das Lenkrad. Der Wagen geriet ins Schlingern. Sie und ihre zwei Jahre alte Tochter starben. Nur sieben Mona
te später ereignete sich einmal mehr das Unfassbare, Herr Albrecht.
Diesmal stirbt eine 45-jährige Frau und zweifache Mutter, weil ein Testfahrer von Mercedes gerast ist. Wo hört die Freiheit eines Autofahrers auf, der gern einmal das Gaspedal durchdrückt, Herr Albrecht?
Meine Damen und Herren, verabschieden Sie sich endlich aus der verkehrspolitischen Steinzeit! Unterstützen Sie uns, damit wir wie alle anderen kultivierten Nationen ein Tempolimit für mehr Sicherheit und mehr Klimaschutz bekommen! Die Menschen würden es Ihnen danken.
Laut einer Studie des Instituts TNS Infratest lehnt die Mehrheit der Deutschen unbegrenztes Rasen auf Autobahnen ab und befürwortet ein generelles Tempolimit. 82 % der Befragten sprachen sich für eine gesetzliche Beschränkung der Geschwindigkeit aus. Wenn die Mehrheit der Bevölkerung so viel Vernunft zeigt, sollte endlich auch die Mehrheit in den Parlamenten diesem Beispiel folgen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag ist durch die Umformu
lierung von CDU und FDP ein klassischer Anscheinserweckungsantrag geworden
mit dreifacher Prüfungsausflucht.
- Herr Kollege Bode, dieser Entschließungsantrag enthält in der dritten Zeile, in der sechsten Zeile und in der elften Zeile das schöne Wort „prüfen“.
Da ist vom Beschluss nichts mehr übrig geblieben.
Den frommen, völlig weich gespülten Wünschen, die hier noch formuliert werden, fehlt damit jede Glaubwürdigkeit.
Das Wirtschaftsministerium hat bei der Beratung im Ausschuss schon zu Protokoll gegeben, dass es mit dieser Prüfung ziemlich klar umgehen wird nämlich: prüfen zum Abheften. Ich möchte aus der öffentlichen Sitzung zitieren. Der Mitarbeiter Herr Keppler hat dazu gesagt:
„Wir sind der Auffassung, dass wir das Vergaberecht nicht mit solchen weiteren Anforderungen befrachten sollten.“
Hier geht es um den Ausschluss der Kinderarbeit bei für das Land Niedersachsen zu beschaffenden Gütern. - Ich zitiere weiter:
„Es handelt sich hier um vergabefremde Zwecke. Das Vergaberecht hat eigentlich zum Ziel, den wirtschaftlichen Einkauf der öffentlichen Hand zu garantieren und zu fördern. Das wird erschwert, wenn vergabefremde Zwecke wie z. B. Umwelt und Frauenförderung berücksichtigt werden sollen.“
Da ist ja wohl klar, wie die Prüfung enden wird, Herr Hoppenbrock.
Das ist ein Anscheinserweckungsantrag, den Sie heute beschließen wollen und mit dem Sie das Problem nicht beheben wollen.
Ich zitiere weiter:
„Wir“
- das Wirtschaftsministerium
„sind also der Ansicht, dass das Vergaberecht diese Problematik nicht lösen kann. Wir empfehlen deshalb, das Vergaberecht mit solchen Dingen nicht weiter zu befrachten, zumal es das Ziel ist, das Vergaberecht zu vereinfachen.“
- Genau, da setzt sich wieder die FDP durch.
Der Schwanz wackelt mit dem Hund. Es geht hier nicht mehr um die gut gemeinten Worte auch von Ihnen, Herr Hoppenbrock, in der Ausschusssitzung: Auch Ihnen gehe das Problem sehr nahe, wie groß der Anteil von Kinderarbeitsprodukten am Welthandel sei, dass man das ja gar nicht merken könne.
Es ist deutlich, dass Ihre Haltung von der Landesregierung einfach abperlen und folgenlos bleiben wird.
Unsere Initiative ist damit gestrandet. Es ist gut, dass wir und auch die SPD dieser Beschlussempfehlung nicht zustimmen werden.
Denn solche Deklarationen, die so tun, als tue man etwas, in Wirklichkeit aber festschreiben, dass auf keinen Fall etwas getan wird, gehören überhaupt nicht hier abgestimmt. - Vielen Dank.
Herr Minister Hirche, sollten wir, da diese barocke Art der Umsetzung des Vergaberechts der bayerischen Wirtschaftsentwicklung bisher offensichtlich nicht geschadet hat, insofern nicht ein bisschen von Bayern lernen und - -
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In jüngster Zeit ging durch die Presse, dass in Niedersachsen der Bereich Korruption trotz Ihrer Maßnahmen, Herr Minister, stark zugenommen hat. Ich frage Sie deswegen, auch weil wir ja immer noch kein Korruptionsregister haben, ob Sie uns zumindest sagen können, wie groß der öffentliche Schaden ist, der durch höhere Preise als Folge von Korruption verursacht wird.
Frau Präsidentin! Herr Minister, der Glatteisunfall des Schulbusses im vorigen Jahr im Harz ist ja dadurch eingetreten - dies haben die Antworten auf die Anfragen hier im Parlament ergeben -, dass trotz Glatteiswarnung der dort privatisierte Winterdienst mit zu wenig Fahrzeugeinsatz gestartet war. Offenbar ist gerade der Winterdienst naturbedingt nicht nach rein wirtschaftlichen Kriterien und Effizienzgesichtspunkten zu organisieren, wenn man nicht Abschläge bei der Sicherheit in Kauf nehmen will.
Sind in die Gutachten, die der Landesregierung vorliegen, diese Aspekte mit eingeflossen, und was war das konkrete Ergebnis und was die Empfehlung des Gutachtens, das bei der Landesregierung zur Privatisierung vorliegt?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Derartige mit öffentlichem Geld gespeiste Stiftungen sind Verschwendung von Steuergeld. Das belegen die Beispiele aus anderen Bundesländern, die ähnlich, wie es Niedersachsen bisher ergangen ist, kaum privates Geld akquirieren konnten. Außerdem muss man natürlich sehen, dass hier festgelegtes Steuergeld eine direkte Mittelkonkurrenz zu wichtigen Landesaufgaben
darstellt. Da sind für nächstes Jahr 52 Millionen Euro an Steuergeld festgelegt, während gleichzeitig im ÖPNV eingespart wird.
Nun wissen wir hier alle, um dort 52 Millionen Euro Steuergeld festlegen zu können, muss das Land erhebliche Zinsen auf dem Kreditmarkt zahlen. Dem stehen natürlich geringere Erträge des dort festgelegten Geldes am Kapitalmarkt gegenüber. Natürlich kostet eine solche Stiftung auch Verwaltungsgeld.
Ich frage die Landesregierung: Wenn wir die Erfahrungen anderer Bundesländer vor Augen haben
und wenn nächstes Jahr keine privaten Gelder eingeworben werden, wie viel Kapital von den 52 Millionen Euro, die im nächsten Jahr in dieser Stiftung festgelegt sind, ist bis zum Jahresende verzehrt?
Frau Präsidentin! Auch der engagierte Beitrag des Ministerpräsidenten konnte nicht die eklatanten Schwächen der von der FDP erzwungenen Stiftung in Niedersachsen überdecken. Diese Stiftung wird in Niedersachsen schuldenfinanziert vom
Staat eingerichtet. Das Wirtschaftsministerium versucht - vielleicht nutzt es dabei die Tatsache aus, dass im Moment der Finanzminister nicht da ist -, uns hier einen Bären aufzubinden. Wenn es wirklich so wäre, Herr Minister Hirche, dass Sie mit 40 Millionen Euro an eingebrachten Steuergeldern, was einer entsprechenden Schuldenaufnahme entspricht, 4,5 % Zinsertrag erzielen können - von 40 Millionen Euro sind 1,8 Millionen nun einmal 4,5 %; diese Größenordnung haben Sie für das nächste Jahr als Ertrag vorausgesagt -, dann würde ich Ihrem Finanzminister raten, in Zukunft nur noch Schulden aufzunehmen und von dem Gewinn - der Staat kann auch heute noch Geld günstiger als zu 4,5 % aufnehmen - alle Sozialleistungen dieses Landes zu finanzieren. Einen solchen Bären müssen Sie uns hier also nicht aufbinden.
Deswegen frage ich Sie erneut: Was sind denn die tatsächlichen Kosten, die diese Stiftung im nächsten Jahr von der Schuldenlast und den Verwaltungskosten her dem Land Niedersachsen verursachen wird, und zwar für die gesamten 52 Millionen Euro, die im nächsten Jahr für diese Stiftung vom Land aufgebracht worden sind?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der SPD-Antrag war für uns eine notwendige Reaktion auf die Darstellung der mehr als mäßigen Strategievorstellung des Wirtschaftsministeriums gegenüber den Fraktionen im Wirtschaftsausschuss letzten Freitag.
Der Unterschied zu den markigen Forderungen des Ministerpräsidenten in der Öffentlichkeit war einfach zu eklatant. Zunächst hieß es vom Wirtschaftsministerium, auch eine vergleichbare Firma in Frankreich sei gerade in Konkurs gegangen. Nischenmodelle würden von den großen Autokonzernen derzeit eben weltweit wieder selbst gebaut. Das heißt doch nichts anderes, Herr Hoppenbrock, als dass das hiesige Wirtschaftsministerium die Kraftfahrzeugsparte bei Karmann praktisch schon aufgegeben hat. Das finden wir völlig inakzeptabel.
Es kam aber noch krasser! In der Sitzung, an der Sie gar nicht teilnahmen, Herr Bode, wurde vom Wirtschaftsministerium beruhigend gesagt, die
Probleme durch die drohenden Entlassungen seien nach den positiven Erfahrungen mit der bereits 2006 für die vorangegangene Entlassungswelle eingerichteten Transfergesellschaft wegen des
guten regionalen Wirtschaftswachstums auffangbar. Ich bitte Sie, Herr Bode! Ist das eine engagierte Haltung, um Arbeitsplätze im Unternehmen zu sichern? Oder zeigt das Ministerium mit derartigen Positionen nicht eigentlich, dass es nicht an eine Zukunft mit Karmann im bisherigen Beschäftigungsumfang glaubt? Das konnte und durfte nicht so stehenbleiben. Deshalb waren wir Grüne froh, dass die SPD mit einem Vorschlag zu einem gemeinsamen Antrag in dieses Plenum gegangen ist.
Es ist wichtig, dass wir nach innen, in die Landesregierung und in die Verwaltung, aber auch nach außen klar machen, dass es sich bei Karmann
nicht um einen Sanierungsfall handelt, sondern um einen modernen, konkurrenzfähigen Betrieb.
Darauf und nur darauf muss sich unsere Arbeit in den nächsten Wochen konzentrieren, um das
Know-how und die hohe Fertigungskapazität möglichst in vollem Umfang am Standort zusammenzuhalten.
Deshalb ist es nötig, dass der Antrag im ersten Punkt eine stärkere Verpflichtung der Landesregierung bzw. des Landes als Anteilseigner von VW einfordert. Herr Ministerpräsident Wulff, Ihre eigene Forderung an die deutschen Automobilunternehmer richtet sich letztlich auch an Sie selbst, nicht - wie es Herr Hoppenbrock in seinem Beitrag darstellen wollte - vorrangig an die Verantwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Natürlich handelt es sich um eine Unternehmensentscheidung.
Da braucht es einen neuen Anlauf. Auf der Demonstration am 3. September in Osnabrück haben Sie, Herr Wulff, bei Licht betrachtet gegen Ihr eigenes, bisher erfolgloses Arbeiten bei VW demonstriert. Für Karmann erwarte ich, dass das in Zukunft besser wird. Der Niedersächsische Landtag fordert das heute geschlossen ein. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich freuen auch wir uns, dass seit unserer Antragstellung im Mai dieses Jahres Bewegung in den Arbeitsmarkt gekommen ist. Unser Antrag und seine Umsetzung sind aber leider nach wie vor dringend nötig. Zwar bekommen auch Langzeitarbeitslose jetzt wieder Jobangebote - wir begrüßen auch die überfälligen Initiativen, mit denen die Bundesregierung Langzeitarbeitslose in Arbeit bringen will -, aber bisher ist das alles noch Stückwerk. Es gibt keinen Grund, sich zurückzulehnen.
Zwar ist die Langzeitarbeitslosigkeit auch in Niedersachsen seit Jahresbeginn gesunken. Doch der Schein trügt. In den wenigsten Fällen haben die Menschen eine reguläre Arbeit aufgenommen,
sondern sie sind aus anderen Gründen aus der Statistik herausgefallen. Mehr als 20 000 Menschen gehen aktuell einer Arbeitsgelegenheit, ei
nem 1-Euro-Job nach. Das bedeutet: Sie haben keine dauerhafte und vor allen Dingen keine sozialversicherungspflichtige Arbeit. Den wenigsten
von ihnen gelingt im Anschluss der Sprung in den ersten Arbeitsmarkt. Statistisch gelten diese Menschen allerdings als versorgt. Sie werden nicht mehr in der Statistik erfasst.
Dass die Regionaldirektion für Arbeit leider weiterhin monatlich vermelden muss, dass Langzeitarbeitslose unterdurchschnittlich vom Aufschwung profitieren, zeigt, dass der Aufschwung nicht bei allen angekommen ist. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Gesamtarbeitslosigkeit stagniert weiter bei einem Drittel und damit auf hohem Niveau. Der Rückgang fällt weit schwächer aus als bei den Kurzzeitarbeitslosen. Bundesweit ist seit 2005, als die Arbeitsmarktreformen von Rot-Grün Wirkung entfalteten, die Zahl der Erwerbslosen, die ALG I beziehen, um 39 % zurückgegangen, während die Zahl der ALG-II-Bezieher in derselben Zeit leider nur um 8 % zurückging.
Meine Damen und Herren, das sind Fakten. Welche Lösung haben Sie?
Das Projekt Niedersachsen-Kombi erreicht mit
2 600 Menschen leider nur einen Bruchteil derjenigen, die in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden müssten. Es ist offensichtlich zu bürokratisch und zu wenig attraktiv. Darüber hinaus gibt es noch das Ost-Programm des ehemaligen Arbeitsministers Müntefering. Es hat so gut wie keine Bedeutung für unser Land. Über einen längeren Zeitraum muss eine Kommune eine Arbeitslosenquote von mindestens 15 % haben. Erst dann übernimmt der Bund dort die Hälfte des Bruttolohns von Langzeitarbeitslosen. Das trifft in Niedersachsen zum Glück nur auf Emden zu. Die vielen Langzeitarbeitslosen im Rest des Landes gehen bei diesem Programm leider leer aus.
Zielführender ist da schon die aktuelle Änderung des Sozialgesetzbuches II, die im Oktober in Kraft getreten ist. Rein rechnerisch könnten damit in Niedersachsen 10 000 Arbeitsplätze entstehen, die der Bund mit bis zu 75 % bezuschusst. Doch das reicht bei einer Langzeitarbeitslosenzahl von weit mehr als 100 000 in unserem Bundesland nicht aus. Allerdings ist zur erfolgreichen Umsetzung - selbst für diese 10 000 - das in unserem Antrag vorgeschlagene Vorgehen möglichst zügig im
Land einzurichten. Dazu müssten wir das heute beschließen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend diese zusätzlichen Maßnahmen. Und wir brauchen strukturelle Veränderungen, weil wir es mit Menschen zu tun haben, die in der Regel einfachere Tätigkeiten verrichten können und weil Langzeitarbeitslose nicht zu den Wunschkandidaten der Wirtschaft gehören, die wegen Fachkräftemangel händeringend Personal sucht. Wir haben es mit einer besonderen Klientel zu tun, die wir in unserem Antrag sehr genau beschreiben. Wir nennen auch die Maßnahmen, die geeignet sind, ihnen zu helfen. Wir haben zeitgleich immer weniger Jobs, die Menschen mit geringer Qualifizierung ausführen können, wofür sie gesucht und gebraucht werden.
Es ist deshalb grundfalsch, dass sich die Bundesregierung weigert, die Mittel der passiven Leistungen mit denen der Eingliederungsförderung aus einem Topf zu bewirtschaften. Da wird eine künstliche Grenze hergestellt. Gäbe es sie nicht, würden mehr Arbeit und weniger Arbeitslosigkeit finanziert werden.
Wir haben hier eine Gerechtigkeitslücke: Während der normale Arbeitslose mittlerweile durchaus
Hoffnung schöpfen kann, relativ rasch wieder in Arbeit zu kommen, resignieren Langzeitarbeitslose, weil sie trotz des Aufschwungs nur in 1-EuroJobs ohne Perspektive geparkt werden - wenn sie denn überhaupt einen 1-Euro-Job bekommen.
Unverständlich ist mir auch, warum man in Berlin einerseits das Arbeitslosengeld I verlängern will und gleichzeitig wieder verstärkt Arbeitslosigkeit statt Arbeit finanziert. Das passt auch nicht gerade zur wieder entdeckten sozialen Gerechtigkeit der SPD rund um Herrn Beck.
Weder die Große Koalition im Bund noch die Regierungskoalition hier in Niedersachsen schöpfen bisher ihre Möglichkeiten zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen aus. Das muss sich dringend ändern.
Meine Damen und Herren, Sie lehnen unseren Antrag vermutlich genauso wie im Ausschuss auch hier im Plenum heute ab. Wir bleiben aber im Interesse der Betroffenen weiter dran und werden das Thema hier wieder vorbringen. - Vielen Dank.
Herr Minister, geben Sie mir recht, dass ein Antrag, der im Mai gestellt worden ist, eine Regelung, die der Bund zum Oktober umsetzt, noch nicht enthalten konnte und dass insofern der Bund in einem Teilschritt etwas, was in dem Antrag enthalten ist, umgesetzt hat, damit aber noch lange noch nicht umgesetzt ist, dass in Niedersachsen eine entsprechende Struktur hinterlegt ist, um die Bundesmittel hier in Niedersachsen zur Anwendung zu bringen, und dass der Antrag darauf abzielt, möglichst viele dieser Bundesmittel - es soll für insgesamt 100 000 Arbeitsplätze etwas zur Verfügung stehen - hier in Niedersachsen zu behalten?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die fehlende Einigung beim Postmindestlohn ist eine riesige Blamage für die Große Koalition im Bund und auch ein öffentlich sichtbar gewordener Wortbruch der Kanzlerin.
Mit dem Scheitern des Mindestlohns wird sich die Situation für die Beschäftigten nach der Liberalisierung des Postmarktes zum 1. Januar weiter verschlechtern. Die zahlen die Zeche, Herr Hillmer, und das ist das Unsoziale am Verhalten der CDU in der Großen Koalition. Es wird zu einer Verschärfung des Verdrängungswettbewerbs kommen.
Weiteres Lohndumping ist die Folge. Noch mehr anständig bezahlte und sichere Vollzeitarbeitsplätze werden vom Markt verschwinden und durch schlecht bezahlte, befristete Teilzeitjobs ersetzt werden.
Schon jetzt müssen viele Briefzusteller zu so niedrigen Löhnen arbeiten, Herr Hoppenbrock, dass sie zusätzlich auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Die Steuerzahler subventionieren so die Gewinne der Unternehmen im Postbereich, die keinen existenzsichernden Lohn zahlen. Den Kostenvorteil erzielen die neuen Lizenznehmer zulasten der Beschäftigten. Dies belegt eine Studie von Input
Consulting Stuttgart aus dem Sommer dieses Jahres. Die Studie ergab, dass seit der Liberalisierung der Briefdienste die Beschäftigung um 10 % oder eben 15 000 Vollzeitkräfte zurückgegangen ist. Die Vollzeitkräfte werden abgebaut, Herr Hillmer. - So viel zur Liberalisierung ohne Mindestlohn!
Bei den Lizenzbriefdienstleistern sind von den 34 400 Beschäftigten ganze 62,3 % geringfügig Beschäftigte, während es bei der Deutschen Post im Briefdienst nur 1 % ist.
Die Studie hat ergeben: Der durchschnittliche
Stundenlohn, der von den neuen Briefdienst
leistern an ihre Beschäftigten gezahlt wird, beträgt nach den Erhebungen in Westdeutschland 7 Euro, in Ostdeutschland 5,90 Euro.