Protocol of the Session on March 7, 2007

Geburtstag haben heute die Abgeordnete Dr. Andretta

(Beifall im ganzen Hause)

und der Abgeordnete Dr. Winn. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 21: Abgabe einer Regierungserklärung. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 19.45 Uhr enden.

In der Portikushalle wird Ihnen zu Beginn der Mittagspause der Spielmannszug des TSV Lüthorst eine kurze musikalische Darbietung vortragen. Ich empfehle Ihnen diese Veranstaltung.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.

Es folgen jetzt geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin.

Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Wulff, von der SPDFraktion Frau Bührmann und von der Fraktion der Grünen Frau Polat und Frau Janssen-Kucz.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, da es jetzt etwas ruhiger geworden ist, rufe ich auf den

Tagesordnungspunkt 21: Abgabe einer Regierungserklärung zum Thema „Niedersachsen im globalen Wettbewerb - Innovationen entfalten, stärken und zeigen“ - Unterrichtung - Drs. 15/3589

Herr Minister Hirche, Sie haben das Wort.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Innovation hat eine zentrale Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen, für wettbewerbsfähige Unternehmen, für sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze - -

(Anhaltende Unruhe)

Herr Minister, einen Augenblick, bitte! - Meine Damen und Herren, ich bitte diejenigen, die an der Plenarsitzung teilnehmen wollen, jetzt Platz zu nehmen. Vor allem bitte ich alle darum, dem Redner zuzuhören. Diejenigen, die nicht zuhören wollen, sollen hinausgehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich habe das ernst gemeint. Wenn nicht Ruhe einkehrt, werde ich die Sitzung unterbrechen. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Innovationen sind die einzige Chance, Antworten zur Lösung drängender Weltprobleme zu finden. Beispielhaft erwähnen möchte ich den Klimawandel und Ernährungsfragen. Innovationen sind unabdingbar als Antwort auf Probleme von heute für den Wohlstand von morgen und für die Welt der kommenden Generationen.

Die Landesregierung hat gestern die Bildung eines Zukunfts- und Innovationsfonds beschlossen. Damit einher geht die Gründung einer Stiftung „Zukunfts- und Innovationsfonds Niedersachsen“.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Zudem haben wir in der letzten Woche die Innovationskampagne „Innovatives Niedersachsen“ gestartet. Beide Maßnahmen sind neu für Niedersachsen.

Meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen Firmen von Weltruf und Produkte, die Weltspitze sind. Aber weder im Lande noch außerhalb ist das wirklich bekannt. Das muss sich ändern. Die deutsche Wirtschaft profitiert im globalen Wettbewerb bisher von ihrem technologischen Vorsprung und davon, dass sie ihren Mitbewerbern einen Innovationsschritt voraus ist. Wir alle wissen: Wir müssen besser sein, weil wir teurer sind. Die Exporterfolge sichern den Beschäftigten ihr Lohnund Wohlstandsniveau. Hierzu bedarf es insbesondere einer stärkeren Aufgeschlossenheit der Gesellschaft gegenüber neuen Technologien.

Idee der Stiftung und der Kampagne ist es, dass Politik und Wirtschaft gemeinsam Antworten auf die Herausforderungen von heute - der Übergang zur Wissens- und Informationsgesellschaft, den demografischen Wandel und die Klimaveränderungen - geben. Mit der Gründung der Stiftung „Zukunfts- und Innovationsfonds Niedersachsen“ legen wir - bildlich gesprochen - einen Grundstein für das „Mehrgenerationenhaus der Innovationen“.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt wird mit der Schaffung eines Kapitalstocks zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit künftiger Generationen begonnen und ein Paradigmenwechsel im politischen Handeln eingeleitet. Im nächsten Schritt soll der Fonds auf 100 Millionen Euro anwachsen. Über weitere Jahre sollen Teile von Verkaufserlösen aus Landesvermögen für den Fonds genutzt werden. Die Innovationskampagne ergänzt diesen Ansatz in strategischer Weise. Sie soll aber auch deutlich machen, dass wir in Niedersachsen nicht bei null anfangen. Meine Damen und Herren, ich meine das im wahrsten Sinne des Wortes; denn der Mann, der die heutige Computerwelt überhaupt möglich gemacht hat, Gottfried Wilhelm Leibniz, hat in Hannover das binäre Zahlensystem erfunden und damit die Rechnung mit Eins und Null möglich gemacht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Niedersachsen verfügt über hervorragende innovative Potenziale zur Lösung der drängenden Zukunftsfragen. Erstens möchte ich das am Beispiel der globalen Herausforderung Klimawandel deutlich machen. Niedersachsen hat erhebliche An

strengungen unternommen, um die Potenziale für die Nutzung erneuerbarer Energien auszuschöpfen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Dies stärkt gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und schafft oder sichert Arbeitsplätze in Niedersachsen. Schon Ende der 80er-Jahre hat Niedersachsen unter der damaligen CDU/FDP-Koalition dafür die richtigen Weichen gestellt. Die damaligen Gründungen des Institutes für Solarforschung in Hameln, des Deutschen Windenergieinstituts in Wilhelmshaven und des Clausthaler Umwelttechnikinstituts sind nur wenige Beispiele dafür. Ich bin stolz darauf, dass wir diese Entscheidungen so früh getroffen haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

4 600 Windkraftanlagen sind in Niedersachsen mittlerweile installiert - ein Viertel aller Anlagen in Deutschland. Mit Enercon in Aurich und der GE Wind Energy sind die führenden Unternehmen in Niedersachsen beheimatet, die annähernd 40 % der bundesdeutschen Windkraftanlagen produzieren. Emden und Cuxhaven werden als Basishäfen für Offshore-Windanlagen ausgebaut. Allein in Cuxhaven entstehen so 600 neue Arbeitsplätze.

In der Solarenergieforschung sind wir mit dem Institut für Solarenergieforschung in Emmerthal bei Hameln und dem Fraunhoferinstitut für Schichtund Oberflächentechnik in Braunschweig auf einem guten Weg.

An der Verbesserung der Produktionstechnik arbeiten das Laser Zentrum Hannover und die Firma LPKF. STIEBEL ELTRON liefert Solarkollektoren und die erforderlichen Wärmepumpen, für deren Produktion gerade in Holzminden eine neue, 10 Millionen Euro teure Fabrikationshalle gebaut wird. Nach Fertigstellung werden die Holzmindener dort jährlich 25 000 Wärmepumpen produzieren.

Im Biogasbereich hat Niedersachsen mit 37,6 % der in Deutschland installierten elektrischen Leistung die Spitzenposition in Deutschland und Europa inne. Das Programm „Modellvorhaben zur Förderung des Anbaus und der Verwertung nachwachsender Rohstoffe“ ist vor Längerem angelaufen.

Eine Landesinitiative Brennstoffzelle wurde zusammen mit Volkswagen, EWE, der Göttinger Sartorius AG und der H. C. Starck aus Goslar auf den Weg gebracht. Meine Damen und Herren, hier ist noch viel zu tun, obwohl das Prinzip Brennstoffzelle seit 150 Jahren bekannt ist. Man sieht daran,

wie lange manchmal gearbeitet werden muss, um effiziente und leistungsstarke Lösungen zu finden.

Als zweites Beispiel für Innovation in Niedersachsen nenne ich auf dem Feld der Herausforderungen in der Gesundheit die Bio- und Medizintechnik. Niedersachsen gehört laut biotechnologie.de - einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung - bundesweit zu den fünf wichtigsten deutschen Biotechnologie-Regionen. Beispielhaft erwähne ich hier nur die mosaiques diagnostics, die z. B. bei Tests für den Nachweis von Krebs Spitzentechnologie produziert.

Das besondere Potenzial Niedersachsens im Gesundheitssektor liegt in dem einzigartigen Dreiklang der Stärken in den Bereichen Medizin, Biotechnologie und Ingenieurwissenschaften. Biomedizintechnik gibt Menschen mit Krankheiten und Behinderungen neue Lebensqualität. So ist die Firma QualiMed aus Winsen/Luhe im Landkreis Harburg, die ich vor kurzem besucht habe, weltweit sehr erfolgreich im Bereich Herzkatheter und Stents. Aber auch künstliche Herzen, im Reagenzglas gezüchtete Herzklappen, Knochenimplantate aus selbst auflösenden Magnesiumlegierungen und Hörimplantate für Gehörlose verhelfen den Patienten zu einer zweiten Chance, am normalen Leben teilzunehmen.

Das weltweit führende Unternehmen der Orthopädietechnik Otto Bock mit Sitz in Duderstadt sorgt mit seinen ausgeklügelten Arm-, Hand- und Beinprothesen immer wieder für Aufsehen in der Fachwelt. Allein im DynamicArm, einer neuartigen Armprothese, stecken 30 Patente.

Ein weltweit führender Standort für Implantationsmedizin ist die Medizinische Hochschule Hannover. Oldenburg hat sich als Kompetenzzentrum für Audiologie spezialisiert mit dem Hörzentrum als einzigartigem Forschungs- und Entwicklungsdienstleister.

Ein drittes Beispiel ist die Herausforderung Mobilität. Hier nenne ich als Beispiel die Luftfahrtindustrie. Sie ist - das haben wir gestern diskutiert - für Niedersachsen eine strategische Industrie. Daher engagieren wir uns seit Jahren im CFK-Valley in Stade. Ziel dieses CFK-Valley ist es, durch Entwicklung neuer Produktionsverfahren die Produktionskosten drastisch zu senken und die Anwendungsbreite von CFK über die Luftfahrt hinaus zu erweitern, z. B. in den Automobilbereich. Über 500 neue Arbeitsplätze sind in Stade in den letzten drei

Jahren schon entstanden. Ab Herbst werden in Stade CFK-Ingenieure in engem Praxisbezug mit der Industrie ausgebildet. Das ist ein in Europa einzigartiger Ausbildungsgang zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Region und im Übrigen auch der jüngste Beweis für die enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium bei der Weiterentwicklung von Innovationsvoraussetzungen im Lande.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Der Forschungsflughafen Braunschweig/Wolfsburg verfügt mit rund 2 000 meist hoch qualifizierten Mitarbeitern über eine einzigartige Konzentration von Kompetenzen im Bereich der Luftsicherheit. Das zurzeit wichtigste Entwicklungsprojekt am Forschungsflughafen ist das Europäische GalileoForschungszentrum für sicherheitskritische Anwendungen, Zertifizierungen und Dienstleistungen, das wir nach dem niedersächsischen Mathematiker „GAUSS“ benannt haben. Neue Märkte und neue Arbeitsplätze werden mit Galileo entstehen. Die EU-Kommission rechnet mit der Schaffung von 150 000 Arbeitsplätzen in Europa. Jahresumsätze bis zu 300 Milliarden Euro werden von Experten als möglich erachtet.

Ein viertes Beispiel ist die maritime Wirtschaft. Die Küste mit ihren Häfen ist Gewinner der Globalisierung im Logistikbereich. Dazu gewinnt die Küste mit der Offshore-Energiegewinnung. Wir wollen Ressourcen des Meeres sowohl bei Energie und Rohstoffen als auch für die Gewinnung von Nahrungs- und Arzneimitteln nutzen. Eine mit dem Logistikbereich vergleichbare Landesinitiative wird vorbereitet. Das hervorragende technologische und geologische Know-how, u. a. in der Erdöl- und Erdgastechnik, der Speichertechnik und der Bohrund Fördertechnik - ich nenne nur die Firmen Baker Hughes in Celle und Bornemann Pumps in Obernkirchen -, ist innovative Weltspitze.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen verfügt zum einen - das habe ich dargestellt - über hervorragende Potenziale. Zum anderen ist die Innovationspolitik in Niedersachsen klar strategisch ausgerichtet, um diese Potenziale zu nutzen. Die Umsetzung dieser Politik findet dabei in enger Zusammenarbeit mit dem Innovationszentrum Niedersachsen und der NBank statt. Das Innovationszentrum berät bei der strategischen Ausrichtung der Innovationspolitik. Es ist Kundschafter für die

technologischen Zukunftsfelder, auf die sich unser politisches Handeln konzentriert.

Zurzeit stehen folgende Schwerpunkte im Fokus unserer Innovationspolitik: Biotechnologie mit der BioRegio Niedersachsen, Brennstoffzellentechnologie Niedersachsen, Telematik Niedersachsen und Satellitennavigation, Mikrosystemtechnik Niedersachsen, Nano- und Materialinnovationen Niedersachsen und schließlich Adaptronik. In diesen Bereichen besitzt Niedersachsen bereits gute und entwicklungsfähige Potenziale.

Die gezielte Unterstützung insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen sowie des Handwerks durch die Förderung einzelner Innovationsprojekte, unabhängig von Branche und Technologiefeld, dient der Verbesserung von Markt- und Wettbewerbschancen. Es dient auch dazu, die Betriebe dabei zu unterstützen, sich selbst zu modernisieren und an den Notwendigkeiten von morgen auszurichten.