Protocol of the Session on April 25, 2007

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich eröffne die 115. Sitzung im 40. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich mich - wenngleich ich keinen Anteil daran habe - dafür entschuldigen, dass wir ein Raumklima haben, das eigentlich unerträglich ist.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich habe eine Dienstbesprechung noch für heute Vormittag anberaumt, die uns allerdings auch nicht weiterhelfen wird. Merkwürdig ist allerdings: Wenn ich unter der Woche Besuchergruppen hier hineinführe, ist die Luft in Ordnung. Aber präzise dann, wenn das Plenum zusammentritt, ist es umgekehrt. Wer hierfür Verantwortung trägt, werden wir klären. - Ich bitte Sie um Nachsicht. Ich werde das mir Mögliche tun.

Nun kommen wir zum eigentlichen Beginn der Plenarsitzung.

(Unruhe)

Ich wäre Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie jetzt die Unterhaltungen einstellen könnten. Wenn die Mitarbeiter das Gleiche täten, wäre ich auch ihnen sehr dankbar.

Meine Damen und Herren, ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Die Einladung ist Ihnen wie üblich zugeschickt worden und liegt Ihnen vor.

Für die Aktuelle Stunde liegen wieder vier Beratungsgegenstände vor. Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor.

Wie immer, meine Damen und Herren, haben wir im Ältestenrat die für die Beratung einzelner Punkte gemäß § 71 unserer Geschäftsordnung vereinbarten Redezeiten miteinander besprochen und den Verteilerschlüssel beschlossen. Ich hoffe, dass es keine Bemerkungen mehr dazu geben muss. Ich gehe also davon aus, dass diese Regelungen für alle verbindlich sind. - Ich stelle fest, dass das Haus damit einverstanden ist.

Die heutige Sitzung soll gegen 19.10 Uhr beendet sein.

Ich möchte Sie gern noch auf eine Ausstellung hinweisen, die ich persönlich für bemerkenswert halte: In der Portikushalle ist in der Reihe „Landesgeschichte im Landtag“ die vom Bischöflichen Generalvikariat Osnabrück konzipierte Ausstellung „‚Auch wir hatten einen Russen...‘ - Zwangsarbeit und Katholische Kirche“ zu sehen. Ich empfehle die Ausstellung Ihrer Aufmerksamkeit.

Im Rahmen der Initiative „Schulen in Niedersachsen online e. V.“ werden in den kommenden drei Tagen Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Josephinum aus Hildesheim wiederum mit einer Online-Redaktion aus dem Landtag berichten. Als Patin wird die Abgeordnete Frau Rübke erste Ansprechpartnerin der Nachwuchsjournalisten sein.

Des Weiteren und als Letztes mache ich Sie darauf aufmerksam, dass im Rahmen des von der Multimedia-Berufsbildende Schule initiierten Modellprojekts „Landtagsfernsehen“ wieder Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Humboldt-Schule Seelze Sendungen erstellen. Das haben wir schon mehrfach gehabt. Deshalb muss ich das nicht weiter ausführen.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag um 12 Uhr darf ich erinnern.

Es folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin. Bitte schön!

Guten Morgen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung die Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Frau Ross-Luttmann, von der Fraktion der CDU Herr Stünkel, von der Fraktion der SPD Herr Schack und von der Fraktion der FDP Frau Meißner.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Meine Damen und Herren, ich rufe wie vereinbart auf

Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde

Der erste Punkt lautet:

a) Wer Genmais sät, wird Proteststurm ernten - Kammerpräsident Stegen missachtet Interessen von Verbrauchern, Bauern und Imkern - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3734

Das Wort dazu erhält der Kollege Klein. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen wird zum Monsanto-Experimentierfeld und wir alle zu Monsanto-Versuchskaninchen. 13 Standorte sind in Niedersachsen mit rund 22 ha Anbaufläche für den Genmais MON810 registriert, alle übrigens von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen.

An einigen Stellen ist man zur Vernunft gekommen oder zur Vernunft gebracht worden, aber die meisten Freisetzungen sollen laufen. Worum geht es bei diesem Konstrukt? Schauen wir uns einmal an, womit wir es zu tun haben. - Es handelt sich um einen Dinosaurier der Gentechnikpflanzen. Die Zulassung stammt aus dem Jahre 1998 auf der Basis der damals gültigen, defizitären Vorschriften. Es geht um Insektengiftigkeit, d. h. dieser Genmais produziert ständig in der gesamten Pflanze über die gesamte Vegetationsperiode Gift.

Meine Damen und Herren, die Zulassung für diesen Mais ist am 17. April dieses Jahres ausgelaufen, d. h. wir reden also über Prüfungen für ein Auslaufmodell, das zudem noch die Eigenschaft hat, gegen einen Schädling, nämlich den Maiszünzler, zu wirken, den es bei uns gar nicht gibt. Entsprechend ist eine erneute Zulassung natürlich erheblich umstritten.

(Zurufe von der CDU: Das ist die Un- wahrheit!)

- Nein, das ist richtig. - Inzwischen hat es eine ganze Reihe von Studien nach der Zulassung dazu gegeben, die ein weites Spektrum von Risiken offenbart haben. Da geht es um die Bildung völlig unerwarteter Inhaltsstoffe, um die Schädigung von Nützlingen, da geht es um abweichende Geruchstoffmuster, die neue, andere Schädlinge anlocken können, da geht es um einen gestörten Stoffwechsel in der Pflanze und um einen Gifttransfer aus den Wurzeln in den Boden, mit dem erhebliche Beeinträchtigungen der Bodenorganismen verbunden sind. Immer wieder wird auch ein fehlender

Monitorplan bemängelt. Dazu passt, dass Monsanto auch in diesem Fall versucht hat, die Unterlagen, die für die Genehmigung erforderlich waren, nicht herauszugeben, sondern geheim zu halten. Das alles hat z. B. dazu geführt, dass es nationale Einfuhr- und Anbauverbote in Österreich, in Griechenland, in Ungarn und in Polen für diesen Mais gibt.

Nur, meine Damen und Herren, unsere Fachbehörden sind sich für diesen Mist nicht zu schade. Auch die Niedersächsische Landwirtschaftskammer baut diesen Genmais an - dabei geht der Kammerpräsident als Galionsfigur mit eigener Fläche vorneweg -, wobei ich eigentlich gar nicht sagen darf, dass er bzw. die Niedersächsische Landwirtschaftskammer anbaut: Mir ist gesagt worden, man baue diesen Genmais ja nicht an, sondern führe nur einen Sortenversuch für das Bundessortenamt durch.

Meine Damen und Herren, das ist nun wirklich ein klassischer Pilatus. Da glaubt man: Die Hände bleiben sauber, solange man nur Befehle ausführt und solange man die eigene Verantwortung leugnet und verdrängt. So geht es aber wirklich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dazu passt auch nicht ganz, wie Fritz Stegen in Rambo-Manier - einer gegen alle - dieses Projekt vorantreibt. Ob es gegen die Nachbarn im Dorf ist, gegen die Ortspolitik, gegen viele konventionelle Landwirte, gegen alle Biobauern und gegen alle Imker, er hat von Anfang an erklärt: Je größer der Protest ist, je stärker er wird, desto entschiedener wird er an diesem Anbau festhalten. Meine Damen und Herren, das ist die Attitüde eines feudalistischen Großagrariers,

(Zurufe von der CDU)

der dem gemeinen Volk mal zeigen will, was eine Harke ist. Wenn dieses Politmodell „harter Hund“ in Niedersachsen weiter Schule macht, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht Demokratie! So etwas hatten wir schon mal, so etwas brauchen wir nicht wieder.

(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Was ist das denn für ein Vergleich? Sie wollen doch nur Auf- merksamkeit erregen! - Clemens Gro- ße Macke [CDU]: Worum geht es hier überhaupt? - Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, die Landwirtschaftskammer ist eine öffentliche Einrichtung, die sich aus Steuergeldern und Bauernabgaben finanziert, die Gesamtverantwortung für die ganze Landwirtschaft und für die Gesellschaft trägt.

(Glocke des Präsidenten)

Die Landwirtschaftskammer ist kein Monsanto-Förderverein. Die Mehrheit der Verbraucher lehnt die Agro-Gentechnik ab.

(Clemens Große Macke [CDU]: Dar- über können wir sprechen, aber nicht in der Art und Weise!)

Auch in der Landwirtschaft, Herr Kollege, gibt es keine Mehrheit für diese Risikotechnologie. In der Nähe von Bokel gibt es einen Demeter-Saatgutzuchtbetrieb und einen Ökobetrieb. Fritz Stegen nimmt bewusst in Kauf, dass diese bäuerlichen Betriebe in ihrer Existenz gefährdet werden, und er zerstört möglicherweise jahrelang geleistete züchterische Arbeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Clemens Große Macke [CDU]: Möglicherwei- se!)

Ich frage Sie: Wer bezahlt die Analysen auf Gentechnikfreiheit, wenn die Handelspartner der Nachbarn so etwas einfordern? Wer steht für Verluste bei Direktvermarktern gerade, denen die Kunden wegbleiben, weil in der Region genmanipulierter Mais angebaut wird?

(Glocke des Präsidenten - Clemens Große Macke [CDU]: Wie hoch ist der Abstand?)

Dann ducken sich alle weg und waschen ihre Hände in Unschuld. Wie gesagt: Pilatus!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen. - Danke. - Das Wort hat der Herr Landwirtschaftsminister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin tief betroffen darüber, in welcher Form von Bündnis 90/Die Grünen und einigen Umweltverbänden in den letzten Wochen ideologisierte und unsachliche Politik gemacht wird,

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

in diesem Fall auf Kosten der Person von Herrn Kammerpräsident Stegen und seiner Familie. Das von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgebrachte Thema des Anbaus von transgenem Mais auf den Flächen des Betriebes von Herrn Kammerpräsident Stegen bedarf sofort und umgehend einer Klarstellung und Versachlichung. Ich bin froh, dass wir hier heute öffentlich und im parlamentarischen Rahmen die Gelegenheit dazu haben.

Zuerst möchte ich aber einige Fakten auf den Tisch legen. Fakt ist, dass Herr Kammerpräsident Fritz Stegen selbst keinen transgenen Mais anbaut. Auf dem Betrieb der Familie Stegen führt die Landwirtschaftskammer im Auftrage des Bundessortenamtes eine Wertprüfung durch, wie an vielen anderen Standorten in der Bundesrepublik auch. Die Aussaat ist am Dienstag, 17. April 2007, erfolgt.