Protocol of the Session on September 15, 2005

(CDU) Vizepräsident Ulrich B i e l (SPD) Vizepräsidentin Ulrike K u h l o (FDP) Vizepräsidentin Silva S e e l e r (SPD) Vizepräsidentin Astrid V o c k e r t (CDU) Schriftführer Lothar K o c h (CDU) Schriftführerin Georgia L a n g h a n s (GRÜNE) Schriftführer Wolfgang O n t i j d (CDU) Schriftführerin Christina P h i l i p p s (CDU) Schriftführer Friedrich P ö r t n e r (CDU) Schriftführerin Isolde S a a l m a n n (SPD) Schriftführerin Bernadette S c h u s t e r - B a r k a u (SPD) Schriftführerin Brigitte S o m f l e t h (SPD) Schriftführerin Irmgard V o g e l s a n g (CDU) Schriftführerin Anneliese Z a c h o w (CDU)

Auf der Regierungsbank:

Ministerpräsident Staatssekretärin Dr. Gabriele W u r z e l , Christian W u l f f (CDU) Staatskanzlei

Minister für Inneres und Sport Staatssekretär Dr. Roland K o l l e r , Uwe S c h ü n e m a n n (CDU) Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport

Finanzminister Staatssekretär Dr. Lothar Hagebölling , Hartmut M ö l l r i n g (CDU) Niedersächsisches Finanzministerium

Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Dr. Ursula von der L e y e n (CDU)

Staatssekretär Gerd H o o f e , Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit

Kultusminister Bernhard B u s e m a n n (CDU) Niedersächsisches Kultusministerium

Staatssekretär Joachim W e r r e n , Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Minister für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Hans-Heinrich E h l e n (CDU)

Staatssekretär Gert L i n d e m a n n Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Justizministerin Staatssekretär Dr. Jürgen O e h l e r k i n g , Elisabeth H e i s t e r - N e u m a n n Niedersächsisches Justizministerium

Minister für Wissenschaft und Kultur Staatssekretär Dr. Josef L a n g e , Lutz S t r a t m a n n (CDU) Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur

Umweltminister Staatssekretär Dr. Christian E b e r l , Hans-Heinrich S a n d e r (FDP) Niedersächsisches Umweltministerium

Beginn: 9.01 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 68. Sitzung im 24. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 9, den Dringlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Tagesordnungspunkt 18 wird abgesetzt, da die Fraktion der SPD ihren Antrag „Bericht zur ökonomischen Lage des Landes Niedersachsen“ in der Drucksache 1823 zurückgezogen hat. Die Beratung des Tagesordnungspunktes 27 entfällt, da die antragstellende Fraktion ihren Antrag auf Durchführung einer ersten Beratung im Plenum zurückgezogen hat. Der Beratungsgegenstand wird lediglich zum Zwecke der Ausschussüberweisung aufgerufen. Danach behandeln wir heute den für Freitag vorgesehenen Tagesordnungspunkt 38. Die heutige Sitzung wird somit gegen 18.55 Uhr enden.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst - bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr - wird erinnert.

Nun, meine Damen und Herren, ein technischen Hinweis: Wir alle haben gestern gemerkt, dass wir eine neue Mikrofonanlage haben, die Gott sei Dank gut funktioniert. Damit sie auch weiterhin gut funktioniert und jeder Redner gut zu hören ist, bitte ich Sie, nicht ins Mikrofon zu beißen, sondern einen gewissen Abstand zu halten. Dann kann man Sie auch gut hören. Wenn jemand zu dicht an das Mikrofon geht, dann kommt es hier zu Überschallungen, und man kann den Redner nicht hören. Also: normal reden.

Es folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin. Frau Saalmann, Sie haben das Wort.

Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Wulff für heute Vormittag und Herr Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Hirche, von der Fraktion der CDU Herr Nerlich, von der Fraktion der FDP Frau Peters und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Dr. Heinen-Kljajić für den Vormittag.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9: Dringliche Anfragen

Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor. Wir beginnen mit

a) Spielbankskandal in Hannover - Wie weiß sind die Westen der Minister Möllring und Schünemann wirklich? Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 15/2196

Die Dringliche Anfrage wird vom Abgeordneten Bartling eingebracht.

(David McAllister [CDU]: Und das am frühen Morgen!)

Das, Herr McAllister, müssen Sie ertragen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 28. August 2005 gab der Finanzminister per Pressemitteilung bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Hannover in der Nacht zum 28. August 2005 Räumlichkeiten der Spielbank Hannover, die Wohnung eines Finanzbeamten des Finanzamts Hannover-Mitte, dem die Finanzaufsicht über die Spielbank Hannover obliegt, und die Wohnungen von zwölf Mitarbeitern des Automatensaals der Spielbank Hannover durchsucht hat. Der Finanzminister wertete das Bekanntwerden der Manipulationen im Automatensaal der Spielbank Hannover als einen Erfolg für die staatliche Aufsicht im Spielbankenbereich. Bei dieser Einschätzung ist der Finanzminister ausweislich seiner Presseerklärung davon ausgegangen, dass die Manipulationen erst im Mai 2005 begonnen hatten. Doch am 1. September 2005 berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung, dass „die Betrüger, die im Automatensaal der Spielbank Hannover Geräte manipuliert haben“, schon vor Mai dieses Jahres aktiv gewesen seinen. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Hannover habe sich ein entsprechender Verdacht erhärtet. Der BILD Hannover konnte am 7. September 2005 entnommen werden, dass der Betrug möglicherweise bereits seit Herbst 2003 im Gange war. Doch nicht nur über

die Dauer, sondern auch über den angerichteten Schaden besteht Unklarheit. Obwohl der Finanzminister den Schaden in seiner Pressemitteilung vom 28. August noch auf 40 936,50 Euro beziffert hatte - -

(Minister Hartmut Möllring: 20!)

- 20. Entschuldigung, dann habe ich mich vertan, Herr Möllring. Ich korrigiere das gerne.

Der Gesamtschaden - so sagt es die Zeitung dürfte nach zwischenzeitlich publik gewordenen Erkenntnissen tatsächlich „eine sechsstellige Größenordnung“ haben. Klärungsbedürftig bleibt, ob dieser Schaden zu vermeiden gewesen wäre; denn Zeitungsberichten zufolge soll die Spielbankaufsicht bereits 2004 Hinweise auf Manipulationen im Automatensaal der Spielbank Hannover erhalten haben.

Am 8. Februar 2001 hatte die damalige CDU-Oppositionsfraktion einen Entschließungsantrag mit dem Titel „Spielbank - Spielwiese für Kriminelle? Neuordnung der landeseigenen Spielbankgesellschaft zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes in den Spielstätten dringend erforderlich!“ in den Landtag eingebracht. Mit dem Antrag beklagte die CDU angebliche Versäumnisse der Landesregierung. Unter anderem wurde die damalige SPD-Landesregierung aufgefordert, die nach Meinung der CDU als „ineffektiv und überfordert erwiesene zersplitterte Spielbank-Aufsicht“ des Landes neu zu ordnen und zu konzentrieren sowie die Spielbank-Aufsicht mit weit reichenden eindeutigen Kompetenzen zur Überprüfung und Kontrolle der einzelnen Spielstätten auszustatten. Redner für die CDU am 23. Februar 2001 waren der heutige Innenminister sowie der heutige Finanzminister. Beide hatten in ihren heutigen Ämtern hinreichend Zeit, den damals formulierten Ansprüchen an eine funktionierende Spielbankaufsicht gerecht zu werden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welches Ausmaß hat die jetzt bekannt gewordene Manipulation in der Spielbank Hannover, wie war sie möglich, wie viele Personen waren beteiligt, welche Funktionen hatten diese Personen inne, und welcher Gesamtschaden wurde angerichtet?

2. Wann und von wem hat die Landesregierung bzw. die Finanz- oder die Spielbankaufsicht Hin

weise auf Manipulationen im Automatensaal der Spielbank Hannover erhalten, und wie wurde auf diese Hinweise jeweils reagiert?

3. Welche konkreten Änderungen hat die Landesregierung seit dem Regierungswechsel an der Finanzaufsicht über die Spielbanken vorgenommen? - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung wird nun Herr Minister Möllring die Anfrage antworten. Zuvor kann ich die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Zwischenruf war falsch. Es waren 50 Cent. - Der heutige Innenminister Uwe Schünemann und ich haben bereits vor Regierungsübernahme im Februar 2003 am Ende unserer Koalitionsverhandlungen, die wir in Bad Zwischenahn im Jägerhof durchgeführt haben - Sie wissen ja, dass im gleichen Gebäude die dortige Spielbank untergebracht ist -, als möglicher künftiger Innenminister und als möglicher künftiger Finanzminister - entschieden war das damals noch nicht - die dortige Spielbank besichtigt. Dabei haben wir festgestellt, dass Sicherheitseinrichtungen, so genannte Videokameras, abgeklebt waren. Wir haben damals übereinstimmend gemeint, dass dies nicht in Ordnung sei.

(Heinz Rolfes [CDU]: Wer war damals eigentlich für die Aufsicht zuständig? - Walter Meinhold [SPD]: Das haben Sie doch vorher schon gewusst!)

- Das haben wir vorher schon gewusst. Schon als Oppositionspolitiker haben wir darauf gedrungen, dass diese Abklebungen beseitigt werden. Ich habe mich inzwischen belehren lassen, dass wir einer Täuschung unterlegen waren; denn es waren keine Videokameras abgeklebt, sondern nur Objektive, hinter denen gar keine Videokameras waren. Diese Abklebungen sind vorgenommen worden, damit die Gäste glauben, dass es tatsächlich Videokameras sind. Man dachte: Wenn man das Objektiv offen lässt, dann denkt man, dass möglicherweise eine Videokamera dahinter ist oder nicht. Inzwischen habe ich aber gemerkt, dass diese Klebestreifen unter der alten Landesregierung verwendet worden ist, um den Gästen zu simulie

ren, dass es sich um eine Videokamera handelt, die aber abgeklebt worden ist, damit nicht alles gefilmt werden kann. Das zur Richtigstellung. Das habe ich bisher auch nicht gewusst. Ich habe es erst im Laufe der dieser Ermittlungen erfahren. Schon zwei Monate nach Übernahme der Regierungsverantwortung haben sowohl CDU als auch FDP

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

anlässlich einer Aktuellen Stunde am 14. Mai 2003 - im Februar haben wir die Regierungsverantwortung übernommen zum Antrag „Spielbanken schnellstens privatisieren“ unmissverständlich ihre Absicht klargestellt, die Anteile des Landes an der Spielbanken Niedersachsen GmbH zu veräußern. Beide Fraktionen haben sich dabei von der Überzeugung leiten lassen, dass gerade angesichts der Erfahrungen in der Vergangenheit ein privater Betreiber einen wirtschaftlichen und einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb besser gewährleisten kann als eine Gesellschaft, die unter unmittelbarem Landeseinfluss steht. Dies deckte sich mit den Zielsetzungen der neuen Landesregierung. Ich habe das damals wie folgt ausgedrückt - ich zitiere aus dem Protokoll -:

„Die Verstaatlichung der ehemals privaten Spielbanken ist missglückt, wie wir feststellen müssen. In den 80erJahren hat es Schwierigkeiten mit privaten Spielbanken gegeben. Das war nicht zu übersehen. Seit sie sich in staatlicher Hand befinden, hat sich ihre Situation aber leider nicht verbessert.“

Dieser Ankündigung sind umgehend und ohne zeitliche Verzögerung unsere Maßnahmen Schlag auf Schlag gefolgt. Anlässlich der Haushaltsklausur der Niedersächsischen Landesregierung am 7. und 8. Juli 2003 auf Burg Warberg hat die Landesregierung die Privatisierung der Spielbanken Niedersachsen GmbH beschlossen und das Finanzministerium ermächtigt, in Abstimmung mit dem Ministerium für Inneres und Sport die erforderlichen Schritte zur Privatisierung der Spielbanken Niedersachsen GmbH vorzubereiten. Wie Sie wissen, finden im Vorfeld solcher Kabinettsentscheidungen Gespräche zwischen den Fachministern statt. Das ist auch hier geschehen.

Von November 2003 bis März 2004 erfolgte ein europaweites Ausschreibungsverfahren zur Auswahl

der externen Beratungsunternehmen, die den Privatisierungsprozess begleiten sollten. Von Mai bis Dezember 2004 haben wir dann in enger Zusammenarbeit in einem europaweiten Interessenbekundungsverfahren das Veräußerungsverfahren durchgeführt und zugleich durch die Novellierung des Niedersächsischen Spielbankengesetzes die gesetzlichen Grundlagen für die Privatisierung geschaffen. Gerade die Novellierung des Niedersächsischen Spielbankengesetzes war ein außerordentlich komplexes Gesetzgebungsverfahren.