(SPD) Vizepräsidentin Ulrike K u h l o (FDP) Vizepräsidentin Silva S e e l e r (SPD) Vizepräsidentin Astrid V o c k e r t (CDU) Schriftführer Lothar K o c h (CDU) Schriftführerin Georgia L a n g h a n s (GRÜNE) Schriftführer Wolfgang O n t i j d (CDU)
(CDU) Schriftführerin Isolde S a a l m a n n interjection: (SPD) Schriftführerin Bernadette S c h u s t e r - B a r k a u interjection: (SPD) Schriftführerin Brigitte S o m f l e t h interjection: (SPD) Schriftführerin Irmgard V o g e l s a n g interjection: (CDU) Schriftführerin Anneliese Z a c h o w interjection: (CDU)
Minister für Inneres und Sport Staatssekretär Dr. Roland K o l l e r , Uwe S c h ü n e m a n n (CDU) Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport
Finanzminister Staatssekretär Dr. Lothar Hagebölling , Hartmut M ö l l r i n g (CDU) Niedersächsisches Finanzministerium
Minister für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Hans-Heinrich E h l e n (CDU)
Staatssekretär Gert L i n d e m a n n Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Justizministerin Staatssekretär Dr. Jürgen O e h l e r k i n g , Elisabeth H e i s t e r - N e u m a n n Niedersächsisches Justizministerium
Umweltminister Staatssekretär Dr. Christian E b e r l , Hans-Heinrich S a n d e r (FDP) Niedersächsisches Umweltministerium
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 75. Sitzung im 26. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode.
Zur Tagesordnung. Die heutige Sitzung beginnen wir mit der Fragestunde, Tagesordnungspunkt 31. Es folgt Punkt 3, hier die Beratung der strittigen Eingaben. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.
Guten Morgen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung der Ministerpräsident, Herr Wulff, der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Hirche, die Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Frau Dr. von der Leyen, von der Fraktion der CDU Herr Behr, Herr Gansäuer, Frau Philipps und Herr Dr. Winn, von der SPD-Fraktion Herr Lenz.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der hannoversche Kriminologe Professor Dr. Christian Pfeiffer wird in der BILD-Zeitung vom 22. September 2005 mit den Worten zitiert, die Jugendgewalt werde immer schlimmer. Tatsächlich wird nicht nur in der BILD-Zeitung, sondern auch in der übrigen Presse in letzter Zeit gehäuft über Jugendliche berichtet, denen zum Teil bereits im Alter von 14 Jahren zahlreiche schwer wiegende Straftaten wie Körperverletzung, Raub oder räuberische Erpressung zur Last gelegt werden. Professor Pfeiffer wird in der BILD-Zeitung hierzu weiter mit dem Satz zitiert: „Besonders junge Türken, Russlanddeutsche und Jugendliche aus dem früheren Jugoslawien schließen sich zusammen und begehen Gewalttaten - oft gegen Angehörige anderer Gruppen.“ Auch die Landesregierung hat im Rahmen der Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 15. Februar 2005 in der Drucksache 15/1721 auf einen Anstieg der Jugendgewalt hingewiesen und gesetzgeberische Initiativen für notwendig gehalten.
1. Hat sie Erkenntnisse darüber, dass junge Ausländer und Aussiedler mehr Gewaltdelikte begehen als Jugendliche deutscher Nationalität?
2. Beabsichtigt sie, ihre Gesetzesinitiative zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes erneut in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In letzter Zeit ist in den Medien über einzelne Aufsehen erregende Straftaten von Jugendlichen ausländischer Herkunft oder jugendlichen Aussiedlern berichtet worden. Die in der Anfrage
genannte Berichterstattung der BILD-Zeitung vom 22. September 2005 ist ein Beispiel dafür. Berichte über spektakuläre Einzelfälle können allerdings leicht zu einem subjektiv verzerrten Wahrnehmungsbild der Bevölkerung führen. Vorauszuschicken ist daher, dass sich die überwiegende Mehrheit der Ausländerinnen und Ausländer, Aussiedlerinnen und Aussiedler gesetzestreu verhält.
Der Landesregierung ist daran gelegen, die Fakten kritisch zu hinterfragen und vorurteilsfrei zu analysieren.
Festzustellen ist, dass die Tatverdächtigenzahlen der deutschen und nichtdeutschen Jugendlichen bei den Rohheitsdelikten, zu denen auch Körperverletzung und Raub gehören, seit 2000 einen kontinuierlichen Anstieg erfahren haben. Gegenüber den Zahlen des Jahres 2000 ist in der Polizeilichen Kriminalstatistik Niedersachsens für 2004 ein durchschnittlicher Anstieg der Rohheitsdelikte jugendlicher Tatverdächtiger um etwa 29 % festzustellen.
Bei der Analyse der Polizeilichen Kriminalstatistik und der amtlichen Strafverfolgungsstatistik ist allerdings zu beachten, dass nur die registrierte Kriminalität erfasst werden kann. Das Dunkelfeld schätzen die Kriminologen gerade bei Gewalttaten Jugendlicher als sehr hoch ein. Ein Anstieg der Zahl der registrierten Tatverdächtigen ist daher nicht zwingend gleichbedeutend mit einem tatsächlichen Kriminalitätsanstieg. Es kann sich auch um eine Aufhellung des Dunkelfeldes durch eine gesteigerte Anzeigebereitschaft handeln.
Um die Frage nach einer höheren Kriminalitätsbelastung von jungen Ausländern im Vergleich zu deutschen Jugendlichen und Aussiedlern zu beantworten, müssen die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik mit den Zahlen der entsprechenden Bevölkerungsanteile in Relation gesetzt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Bevölkerungsstatistik, anders als die Polizeiliche Kriminalstatistik und die Strafverfolgungsstatistik, nicht Ausländer mit nur vorübergehendem Aufenthalt in Deutschland erfasst, wie z. B. Durchreisende, Grenzpendler, Touristen, und selbstverständlich auch nicht die Ausländer, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Und diese begehen sehr häufig weitere Straftaten.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass Jugendkriminalität viele Ursachen haben kann. Die Faktoren, die jugenddelinquentes Verhalten begünstigen, dürften bei deutschen und nichtdeutschen Jugendlichen fast identisch sein. Bei Nichtdeutschen und Aussiedlern können durch besondere Problemlagen, z. B. durch besondere Gewalterfahrungen in der Familie oder im Herkunftsland, mangelnde Deutschkenntnisse, schulische Defizite und mangelhafte Integration entstehen und mit ursächlich für delinquentes Verhalten sein.
Zu Frage 1: Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik Niedersachsens für das Jahr 2004 ergibt sich, dass nichtdeutsche Jugendliche im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil überrepräsentativ als Tatverdächtige registriert sind.
In der Polizeilichen Kriminalstatistik werden Straftaten unter dem Oberbegriff „Rohheitsdelikte“ - das sind Raub, Körperverletzungsdelikte sowie Straftaten gegen die persönliche Freiheit - z. B. Bedrohung, Nötigung - zusammengefasst. Es handelt sich hierbei um diejenigen Straftaten, die überwiegend dann auch in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Sie beeinflussen in erheblichem Maß das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.
In der Polizeilichen Kriminalstatistik sind als Tatverdächtige mit Rohheitsdelikten für das Jahr 2004 erfasst 7 134 deutsche Jugendliche, darunter 743 jugendliche Aussiedler, und 1 698 nichtdeutsche Jugendliche. Im Vergleich der Tatverdächtigenzahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik von 2000 bis 2004 betreffend die Rohheitsdelikte ist eindeutig festzustellen, dass innerhalb der Gruppe der deutschen Jugendlichen die Aussiedler den prozentual stärksten Anstieg zu verzeichnen haben. In Zahlen bedeutet das: deutsche Jugendliche plus 30,87 %, darunter jugendliche Aussiedler plus 48 %, und nichtdeutsche Jugendliche plus 22,59 %.
Der Anteil der Aussiedler wird zwar seit 1998 in der niedersächsischen Polizeilichen Kriminalstatistik, aber nicht in der Bevölkerungsstatistik gesondert erfasst. Aussiedler mit deutscher Staatsangehörigkeit sind in den Zahlen der deutschen Bevölkerung enthalten. Die Frage nach der höheren Kriminalitätsbelastung junger Aussiedler im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Wohnbevölkerung kann daher
Das statistische Material lässt aber einen Vergleich der Tatverdächtigenzahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik mit den Bevölkerungszahlen deutscher und nichtdeutscher Jugendlicher zu. Im Jahr 2004 hatten von insgesamt 367 686 Jugendlichen 337 012 die deutsche Staatsbürgerschaft; das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 91,7 %. Die nichtdeutschen Jugendlichen stellen mit 30 674 Personen 8,3 % des Bevölkerungsanteils der Jugendlichen. Von 30 375 tatverdächtigen Jugendlichen in der Polizeilichen Kriminalstatistik sind 25 792 deutsche Jugendliche - das sind 84,9 % und 4 583 nichtdeutsche Jugendliche - das sind 15,1 %. Die nichtdeutschen Jugendlichen sind also im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil deutlich häufiger Tatverdächtige.
Weitere Erkenntnisse ergeben sich aus der Strafverfolgungsstatistik der niedersächsischen Justiz. Auch hier ist jedoch eine Unterscheidung von Deutschen und deutschen Aussiedlern nicht möglich. Im Jahr 2004 wurden 8 139 Jugendliche verurteilt. Davon waren 1 360 nichtdeutsche Jugendliche. Dies entspricht einem Anteil von 16,7 %.
Die Strafverfolgungsstatistik gibt auch Auskunft über Verurteilungen wegen bestimmter Deliktsgruppen. Im Jahr 2004 wurden beispielsweise wegen Körperverletzungsdelikten 1 580 Jugendliche insgesamt verurteilt. 336 von ihnen waren nichtdeutsche Jugendliche; das entspricht einem Anteil von 21 %. Im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil von 8,3 % ergibt sich also auch nach der Strafverfolgungsstatistik eine höhere Verurteilungsziffer.
Zu Frage 2: Die Landesregierung beabsichtigt, sich für die Wiedereinbringung der Gesetzesinitiative zur Stärkung des Jugendstrafrechts und zur Verbesserung und Beschleunigung des Jugendstrafverfahrens einzusetzen. Die Landesregierung hält es nach wie vor für angezeigt, insbesondere den Warnschussarrest neben Bewährungsstrafen einzuführen, um den Jugendgerichten die Möglichkeit zu geben, deutlich und spürbar Grenzen setzen zu können. Auch die Einführung des verkehrsdeliktunabhängigen Fahrverbots ist meines Erachtens eine sinnvolle Erweiterung des Sanktionensystems. Die Erhöhung der Jugendstrafe von 10 auf 15 Jahre, die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende im Regelfall, die Stärkung des Opferschutzes und die Stärkung des