Protocol of the Session on October 19, 2007

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 130. Sitzung im 45. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages.

Die Beschlussfähigkeit werde ich zu gegebener Zeit feststellen.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit der Fragestunde, Tagesordnungspunkt 27. Es folgt dann die Fortsetzung von Punkt 2: Eingaben. Anschließend erledigen wir die Tagesordnungspunkte in der Reihenfolge der Tagesordnung, wobei der gestern zurückgestellte Tagesordnungspunkt 20 nach Tagesordnungspunkt 37 behandelt wird.

Die heutige Sitzung soll gegen 14.55 Uhr beendet sein.

Erinnern möchte ich Sie alle an die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst.

Nun folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin Frau Langhans.

Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Wulff, Herr Umweltminister Sander sowie der Minister für Wissenschaft und Kultur Herr Stratmann, von der Fraktion der CDU Frau Schröder, Herr Prof. Dr. Brockstedt und Herr Dr. Stumpf, von der Fraktion der SPD Frau Krämer, Frau Tinius und Herr Lowin, von der Fraktion der FDP Herr Prof. Dr. Dr. Zielke und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Janßen.

Herzlichen Dank. - Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 27: Mündliche Anfragen - Drs. 15/4115

Ich stelle fest: Es ist 09.02 Uhr.

Ich rufe auf

Frage 1: Erneut verunreinigtes Saatgut - Genrapssaatgut in Niedersachsen

Herr Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im August dieses Jahres ereigneten sich zum wiederholten Mal die Auslieferung und Aussaat von durch gentechnisch veränderte Organismen verschmutztem Saatgut. Dieses Mal handelt es sich um die besonders sensible, weil koexistenzunfähige Pflanze Raps, von der es keine anerkannte und in Europa angebaute gentechnisch veränderte Sorte gibt. Ein hoher Prozentsatz des deutschen Honigs ist Rapshonig, weil die Rapspflanze eine hohe Attraktivität für Bienen darstellt. Aus den genannten Gründen stellt dieses Ereignis einen schweren Gentechnikunfall dar, der nicht zu weiteren Kontaminationen führen darf. Wie das nordrheinwestfälische Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mitteilte, handelt es sich um Raps der Sorte Taurus. Das Saatgut enthält nicht zugelassene gentechnisch veränderte Bestandteile, die auf eine gentechnisch erzeugte Herbizidresistenz gegen Glufosinat - Handelsname Basta - hinweisen, und stammt vom Saatguthersteller Deutsche Saatgutveredelung AG in Lippstadt. Von den Lieferungen betroffen sind die drei Bundesländer MecklenburgVorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

(Unruhe)

Einen Moment! - Ich bitte um etwas mehr Ruhe, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es werden nun die drei Fragen gestellt. - Herr Kollege Klein, Sie können fortfahren.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wo sind in Niedersachsen Betriebe von der Auslieferung und Aussaat des gentechnisch verunreinigten Rapssaatgutes betroffen gewesen - mit Angabe der Flurstücke -, und wer haftet für die entstandenen Schäden?

2. Welches sind im Wortlaut die Maßnahmen, die das Land Niedersachsen zur Eindämmung der Folgen dieses Gentechnikunfalls vorschreibt, und wie kontrolliert es deren Einhaltung?

3. Wo hat es in Niedersachsen zwischen 1997 und 2001 Freisetzungen von gentechnisch verändertem Raps gegeben, und in welchem Abstand dazu hat es gegebenenfalls Rapssaatgutvermehrungsflächen gegeben?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Klein. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Ehlen. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei einer Routineuntersuchung in NordrheinWestfalen wurde in einer Partie der Winterrapssorte Taurus der Nachweis einer gentechnischen Beimengung in konventionellem Saatgut erbracht. Das Ergebnis wurde gemäß der vorgegebenen Methode der LAG Gentechnik ermittelt. Bei der gentechnischen Beimengung handelt es sich um Samen, die das Gen p35S-pat enthalten. Dieses Gen führt zu einer Herbizidresistenz der Pflanzen gegenüber nicht selektiven Herbiziden mit dem Wirkstoff Glufosinat und hat in der Europäischen Union derzeit keine Zulassung für den Anbau. Damit liegt eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach dem Gentechnikgesetz nicht vor. Ein Anbau dieses Rapses ist daher nicht zulässig.

In Niedersachsen wurden auf 221 ha Saatgut der Sorte Taurus ausgesät. 29 Landwirte sind betroffen. Die Betriebe wurden behördlicherseits durch die Gewerbeaufsicht informiert, ferner vom Saatgutunternehmen selbst und von der Landwirtschaftskammer. Zunächst erfolgte eine verfahrensrechtliche Anhörung durch die Gewerbeaufsichtsämter. In der Folge sind gentechnikrechtliche Anordnungen erfolgt, mit denen der Flächenumbruch bewirkt wird, bzw. es wurde bereits umgebrochen.

Wie Sie hieraus erkennen können, haben die niedersächsischen Behörden die Angelegenheit im Griff. Von einem „schweren Gentechnikunfall“ kann in keiner Weise die Rede sein. Bitte unterlassen

Sie deshalb diese Panikmache! Denken Sie daran, dass die Funde gentechnischer Bestandteile in der Probe in Nordrhein-Westfalen unter 0,1 % lagen, sehr wahrscheinlich in einem Bereich um 0,03 %! Das gefundene Konstrukt ist kein Gift, sondern eine gentechnische Veränderung, die in anderen Ländern außerhalb Europas eine Zulassung besitzt. Vom Robert-Koch-Institut wurde das Konstrukt als gesundheitlich unbedenklich eingestuft. Eine Freisetzungsgenehmigung nach Gentechnikgesetz wurde erteilt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Betroffene Betriebe befinden sich in den Landkreisen Cuxhaven, Wolfenbüttel, Goslar, Nienburg, Hildesheim, Hameln-Pyrmont und Schaumburg. Aus datenschutzrechtlichen Gründen kann ich die Flurstücke nicht benennen. Zur Regulierung der Kosten, die bei den Landwirten durch den Umbruch entstanden sind, befindet sich das Pflanzenzuchtunternehmen DSV in Verhandlungen mit den Landwirten.

Zu 2: Der Wortlaut der Anordnungen, die die Gewerbeaufsichtsämter Braunschweig und Hildesheim vorgenommen haben, ergibt sich aus der Veröffentlichung im Ministerialblatt vom 10. Oktober 2007. Die inhaltlich ähnlichen Anordnungen der GAA Cuxhaven und Hannover erfolgen in Kürze. Den Anordnungen beigefügt ist ein Merkblatt zum Umbruch der Rapsflächen. Die Einhaltung der Maßnahmen wird von den zuständigen Gewerbeaufsichtsämtern kontrolliert.

Zu 3: In Niedersachsen waren im Zeitraum von 1995 bis 2007 an insgesamt 15 Standorten Freisetzungsexperimente mit gentechnisch verändertem Raps genehmigt. Die gentechnischen Veränderungen umfassten neben Pilzresistenz, verändertem Fettsäurespektrum, männlicher Sterilität vorwiegend Herbizidresistenzen gegen GlufosinatAmmonium und Glyphosat.

An zehn Standorten, nämlich Gehrden/Ditterke, Gersten, Braunschweig (FAL), Ilsede-Solschen, Neuenkirchen, Neuhaus/Oste, Neustadt am Rübenberge, Sickte, Warberg und Wendhausen wurden Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten glufosinatresistenten Rapspflanzen durchgeführt, die den p35S-pat-Genbereich aufweisen.

Der jeweils genehmigte Freisetzungszeitraum wurde jedoch seit 2002 von den Betreibern in der Re

gel nicht weiter genutzt. In der Vegetationsperiode 2002/2003 hat in Niedersachsen nur noch eine Freisetzung mit gentechnisch verändertem Raps am Standort Braunschweig stattgefunden.

Pro Jahr werden in Niedersachsen 300 bis 500 Vermehrungen mit Winterraps angelegt. Bei den Vermehrungen sind Auflagen einzuhalten, wie z. B. der Abstand zu anderen Rapsflächen, um Einkreuzungen zu vermeiden. Diese Abstände betragen für Hybridraps im Minimum 200 m, für Liniensorten 100 m und werden von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kontrolliert.

Wegen der Vielzahl der Vermehrungen ist eine Beantwortung der Frage mit einer detaillierten Angabe der Abstände zwischen Freisetzungen und Vermehrungsflächen nicht möglich.

Es sei aber der Hinweis erlaubt, dass das Saatgutmonitoring, das von Niedersachsen mit initiiert und ab dem Jahr 2000 durchgeführt wird, genau das Ziel hat, Beimengungen gentechnischer Bestandteile im konventionellen Saatgut zu ermitteln und eine Aussaat zu verhindern. Dies hat in den letzten Jahren trotz des engen Zeitfensters zwischen Aussaat und Ernte bei Winterraps sehr gut funktioniert. Für die Zukunft müssen wir gewährleisten, dass die Laboruntersuchungen immer vor der Aussaat des Rapses vorliegen, um Umbrüche zu vermeiden.

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Für die erste Zusatzfrage gebe ich Herrn Kollegen Meihsies das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Minister Ehlen, Ihr Kollege auf Bundesebene, Landwirtschaftsminister Seehofer, vertritt die Auffassung, dass gentechnisch veränderter Raps nicht koexistenzfähig ist. Teilt die Landesregierung diese Auffassung - das ist meine erste Frage -, und wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass gentechnisch veränderter Raps nicht ausgebracht werden darf?

Herzlichen Dank, Herr Kollege Meihsies. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Ehlen. Sie haben das Wort.

Herr Kollege Meihsies, ich muss Ihnen antworten, dass der Raps grundsätzlich koexistenzfähig ist. Da der Raps aber ein Fremdbestäuber ist, ist es bei ihm sehr viel schwieriger, dies auch einzuhalten. Raps ist auch eine sehr sensible Fruchtart, bei der man alle Vorsichtsmaßnahmen ergreifen muss, um die Einkreuzungsmöglichkeiten auszuschöpfen.

Sie haben zu Recht auf eine Frage abgestellt, die wir auf Bundesebene diskutieren. Inwieweit man beim Raps noch besondere Vorsichtsmaßnahmen einbauen muss, ist noch in der Diskussion. Die Aussage von Bundesminister Seehofer ist, gemessen an der Art und Weise, wie er sie getroffen hat, mehr eine Fragestellung als eine klare Aussage gewesen.

(Andreas Meihsies [GRÜNE]: Die zweite Frage auch noch! Es fehlt noch eine Antwort auf meine zweite Frage, Frau Präsidentin!)

Danke schön. - Die nächste Frage stellt Herr Kollege Klein. Bitte schön!

Ich halte es in diesem Fall für sehr wichtig, dass man weiß, wo diese verunreinigte Saat ausgebracht worden ist. Wir wissen, dass Rapssaatgut bis zu 15 Jahre keimfähig ist. Das heißt, man muss sehr lange beobachten, ob es zu Durchwuchs kommt. Insofern wundert es mich wirklich, warum sich der Minister hier weigert, die Flächen zu nennen, auf denen dieses Saatgut ausgebracht worden ist. Er tut dies mit dem Hinweis auf Datenschutz. Deswegen frage ich Sie: Wenn man einmal das Recht auf Umweltinformation dagegenhält, aufgrund welcher rechtlichen Bestimmungen machen Sie dann den Datenschutz geltend? Ich kann nicht erkennen, dass hier in irgendeiner Art und Weise einzelbetriebliche Interessen oder Ähnliches verletzt sind.

Die Frage ist gestellt, Herr Kollege Klein. Sie dürfen eine Vorbemerkung machen, aber nicht im Nachhinein noch weitere Bemerkungen. - Für die

Landesregierung antwortet Herr Minister Ehlen. Bitte schön!

Herr Kollege Klein, es sind alle vorgeschriebenen Maßnahmen ergriffen worden. Wir haben sofort einen Umbruch angeordnet, und es ist auch kein Raps als Nachbau möglich. Wir können davon ausgehen, dass wir hier alles gemacht haben, um ein Durchwachsen und Verschleppen zu verhindern. Wenn wir von 0,03 % ausgehen, dann handelt es sich um Korn unter 30 000 - um das einmal klarzustellen.

Zu Ihrer Frage, ob man hier wissen muss, wo die Flächen waren, die umgebrochen worden sind: Ich glaube nicht, dass es gut wäre, schuldlose Landwirte der Willkür von sogenannten Gentechnikgegnern auszusetzen. Wir haben auch die Verpflichtung, die Landwirte zu schützen, die hier nun einmal mit diesem kontaminierten Saatgut versorgt worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Briese. Sie haben das Wort.

Niemand greift in dieser Frage unschuldige Landwirte an. Wir wollen einfach nur wissen, wo die entsprechenden Betriebe sind, damit die Bürgerinnen und Bürger Klarheit darüber haben. Einen Angriff auf Landwirte konnte ich in der Frage von Herrn Klein überhaupt nicht erkennen. Aber darum geht es mir in meiner Zusatzfrage nicht.