Meine Damen und Herren, ich eröffne die 9. Sitzung im 4. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode und bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben. Das Gleiche gilt auch für die Damen und Herren Besucher.
Meine Damen und Herren, am 22. Mai 2003 verstarb im Alter von 99 Jahren der frühere Innenminister und ehemalige Landtagsabgeordnete Otto Bennemann. Herr Bennemann, der aufgrund seiner politischen Überzeugung sieben Jahre seines Lebens im Exil verbrachte, setzte sich nach seiner Rückkehr 1945 in verschiedenen Ämtern und Positionen für den Aufbau eines sozialen demokratischen Staates ein. Er war neun Jahre lang Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Braunschweig, gehörte dem ernannten Braunschweiger Landtag und dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der SPD-Fraktion von 1946 bis 1974 an und war von 1959 bis 1967 Innenminister des Landes Niedersachsen.
Herr Bennemann hat sich mit seiner Sachlichkeit und persönlichen Integrität ein hohes Maß an Anerkennung erworben. Für seine Verdienste wurden ihm das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und die Landesmedaille verliehen.
Am 8. Juni 2003 verstarb nach einer schweren Krankheit der ehemalige Abgeordnete Heinrich Biermann im Alter von 64 Jahren. Heinrich Biermann war von 1990 bis 1998 Mitglied der CDUFraktion des Niedersächsischen Landtages. Während dieser Zeit war er in den Ausschüssen für Rechts- und Verfassungsfragen und für Städtebau und Wohnungswesen tätig und darüber hinaus Mitglied im Ältestenrat.
Zur Tagesordnung. Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen wie gewohnt vor. Für die Aktuelle Stunde liegen drei Beratungsgegenstände vor. Es liegen drei
Im Ältestenrat sind für die Beratung einzelner Punkte bestimmte Redezeiten gemäß § 71 unserer Geschäftsordnung vereinbart worden. Diese pauschalen Redezeiten sind den Fraktionen und den Abgeordneten bekannt. Sie werden nach dem im Ältestenrat vereinbarten Verteilerschlüssel aufgeteilt. Ich gehe davon aus, dass die vom Ältestenrat vorgeschlagenen Regelungen für die Beratungen verbindlich sind und darüber nicht mehr bei jedem Punkt abgestimmt zu werden braucht. - Ich stelle fest, dass das Haus mit diesem Verfahren einverstanden ist.
In der Wandelhalle ist die vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft in Kultur in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig konzipierte Ausstellung „Wo ist Minerva - Wegbeschreibungen erfolgreicher Frauen“ zu sehen.
In der Portikushalle wird die von der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft in Zusammenarbeit mit der Antistalinistischen Aktion Berlin-Normannenstraße e. V. konzipierte Ausstellung „Mauern – Gitter - Stacheldraht“ präsentiert. Diese Ausstellung würdigt die Opfer der kommunistischen Diktatur in der damaligen DDR und macht deutlich, wie schnell jeder mit dem Unrechtsstaat in Konflikt geraten und welches erschreckende Ausmaß und welche persönlichen Folgen die politische Verfolgung annehmen konnte. Damit fordert sie zugleich auf, sich der Bedeutung des Rechtsstaates für das eigene Leben bewusst zu werden, und kann dazu animieren, Verantwortung für unser demokratisches Gemeinwesen zu übernehmen.
Zu Beginn der Mittagspause wird Herr Minister Hirche im Repräsentationssaal die „Fahrradfreundlichste Kommune“ in Niedersachsen 2003 auszeichnen. Die Einrichtung dieses Landespreises geht zurück auf einen Beschluss des Niedersächsischen Landtages der 14. Wahlperiode. Ich empfehle diese Veranstaltung ebenfalls Ihrer Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, schlussendlich möchte ich noch bekannt geben, dass nach der Sommerpause das Projekt „Schülerinnen und Schüler begleiten Abgeordnete“ fortgesetzt wird. Die näheren Einzelheiten werden Ihnen in den nächsten Tagen per Rundschreiben mitgeteilt.
An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst - bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr - wird erinnert.
Es haben sich entschuldigt von der CDU-Fraktion die Kollegin Klopp und von der SPD-Fraktion ab 12 Uhr der Kollege Gabriel.
Ich möchte, gerade weil wir uns am Beginn der Legislaturperiode befinden, noch einmal auf § 49 Abs. 4 der Geschäftsordnung aufmerksam machen. Ich lese ihn besser vor. Er lautet:
a) Atomendlager Niedersachsen: Wulff räumt den Weg frei! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/278
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen will den Standort Gorleben zu einem zentralen Endlager für hochradioaktive Abfälle der Atomindustrie weiterentwickeln. Der Ministerpräsident hat am 21. Juni bei dpa wörtlich gesagt:
“Einen anderen Standort in Deutschland wird man nur ernsthaft in Erwägung ziehen, wenn sich Gorleben als ungeeignet erweist.”
Meine Damen und Herren, das heißt nichts anderes, als dass sich das Land Niedersachsen als einziges Land in Deutschland quasi darum bewirbt, den Atommüll aus der Republik ausschließlich in dieses Land zu bekommen,
und dass der Minsterpräsident in der Frage der nuklearen Entsorgung alles auf eine Karte setzt. Herr Ministerpräsident, Sie spielen nach meinem Eindruck da so etwas wie Atompoker und glauben allen Ernstes, Gorleben sei Ihr Ass im Ärmel.
Meine Damen und Herren, man muss sich fragen: Warum macht das ein Ministerpräsident, der Chef einer Landesregierung, obwohl alle anderen Länder eine andere Haltung dazu einnehmen, im Gegenteil, sogar froh sind, wenn sich das ausschließlich in Niedersachsen realisieren lässt? Ich glaube, dass man einiges dazu festhalten muss.
Erstens. Wer jetzt den Standort Gorleben als einzigen Standort festklopfen will, der schmeißt wirklich Geld zum Fenster raus.
Ich finde es vernünftig, dass sich die Bundesregierung in einem komplexen Prozess mit Experten auch aus Wissenschaft, aus Umweltverbänden, auch aus der Atomindustrie auf neue Kriterien verständigt hat, die in diesem Jahr gemeinsam mit einem neuen Verfahren zur Endlagersuche erarbeitet werden sollen und die bis zum Jahr 2006 in ein Gesetz gegossen werden sollen.
Wenn man sich jetzt bereits, ohne dass man die Kriterien kennt, auf einen Standort festlegt, dann kann das im Zweifel bedeuten, dass man im wahrsten Sinne des Wortes nicht auf Salz, sondern auf Sand gebaut hat und weiter Geld in diesem Salzstock versenkt. Das Gegenteil wäre also richtig, statt hier weiter Geld auszugeben.
Es gibt auch keine Not in dem Bereich; das sagt auch die Atomindustrie selbst, jedenfalls nicht bei der Entsorgung jetzt produzierten nuklearen Mülls. Allerdings ist das anders, wenn man darauf setzt, dass man neue Atomkraftwerke bauen will. Ich finde, dass es vernünftig wäre, diese Kriterien abzuwarten.
Zweitens. International wird inzwischen die Rückholbarkeit von nuklearem Müll für erforderlich gehalten. Andere Länder - Finnland, Schweden, die Schweiz - setzen auf andere Gesteinsarten, weil im Salz die Rückholbarkeit nicht möglich ist. Wer also im Salz endlagern will, setzt scheinbar auf den niedrigsten Sicherheitsstandard. Andere sagen, wir wollen die Rückholbarkeit garantieren.
Drittens. Es ist doch nichts anderes, als dass wir uns Bayern und Baden-Württemberg, den Ländern, in denen ständig im Wesentlichen Atommüll produziert wird – aber nicht nur dort, sondern auch bei uns -, in denen das Geld verdient werden soll, den Ländern, welche die Atomenergie weiter ausbauen wollen, als Müllschlucker anbieten, statt auch dort, wo es Granit gibt, zu suchen, meine Damen und Herren.
Klar ist: Wir müssen für Endlager sorgen. Auch Niedersachsen darf sich nicht verweigern. Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie das Land ein bisschen kennen, wissen Sie, dass wir uns heute schon nicht verweigern. Wir haben hier ein Endlager, nämlich das Ergebnis der Versuchsendlagerung in Asse. Wir haben hier ein Zwischenlager mit großen Konflikten. Sie werden übrigens jetzt, nachdem Sie Gorleben wieder in der politischen Debatte hochzoomen, dort die Konflikte wieder verschärfen. Wir waren froh, dass wir sie auf ein erträgliches Maß herunterbekommen haben. Sie säen dort Wind und werden Sturm ernten, meine Damen und Herren!
Meine Damen und Herren, ich halte das wirklich für eine verheerende Politik für das Land. Wir brauchen ein Endlager und nicht mehrere, wie es diese Landesregierung offensichtlich will. Wer übrigens mehrere Endlager einfordert, wie diese Landesregierung, der sagt dann gleichzeitig, dass er auch Schacht Konrad genehmigen will. Also 100 % des deutschen und dann vielleicht doch, Herr Ministerpräsident, des europäischen Atommülls nach Niedersachsen - das kann wirklich nicht wahr sein.
Wir sind dann für ein Endlager, wenn es um den Ausstieg aus der Kernenergie geht, meine Damen und Herren. Aber wenn man die Genehmigung von Gorleben dafür missbrauchen will, den Wiedereinstieg in eine Technologie zu organisieren, die inzwischen von der Mehrheit nicht mehr gewünscht wird, übrigens auch von der Mehrheit der Industrie nicht, dann ist das die Politik von vorgestern; und die wollen wir nicht mitmachen.