Protocol of the Session on September 15, 2006

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen. Ich eröffne die 99. Sitzung im 34. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode.

Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu gegebener Zeit fest.

Zur Tagesordnung möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir die heutige Sitzung mit der Fragestunde - Tagesordnungspunkt 28 - beginnen wollen. Es folgt Punkt 3 - Fortsetzung der Beratung der Eingaben. Anschließend erledigen wir die Tagesordnungspunkte in der Reihenfolge der Tagesordnung.

Die heutige Sitzung soll gegen 13 Uhr enden.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst wird erinnert.

Es folgen nun geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin. Frau Schuster-Barkau, bitte schön!

Guten Morgen! Für heute Morgen haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Wulff, Herr Wirtschaftsminister Hirche, Herr Innenminister Schünemann ab 10 Uhr, von der CDU-Fraktion Frau Schröder, von der SPDFraktion Herr Bachmann, Herr Lenz, Frau WörmerZimmermann und Herr Schack, von der FDPFraktion Frau Kuhlo, Herr Dr. Rösler und Herr Hans-Werner Schwarz.

Herzlichen Dank. - Bevor ich den Tagesordnungspunkt 28 aufrufe, hat sich Herr Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Herr Kollege Klein, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Antrag stellen, dass wir heute noch einmal dringlich über den aktuellen Gammelfleischskandal in Niedersachsen diskutieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die Dringlichkeit für diesen Antrag ergibt sich aus neuen Informationen, die wir gestern bekommen haben und die heute presseöffentlich geworden sind und die die Verhaftung von Herrn Bünnemeyer in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Es ist offensichtlich nicht die harte durchgreifende Maßnahme der Landesregierung oder der Behörden gewesen, wie es uns die Landesregierung hat glauben machen wollen, sondern es ist eher eine letzte Verzweiflungstat gewesen, um von monatelangen Versäumnissen abzulenken und diese Versäumnisse zu vertuschen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir haben gestern, kurz gesagt, erfahren, dass es sich bei dem Bünnemeyer-Coup nicht, wie dargestellt, um ein geheimes Komplott zwischen Bünnemeyer und dem Pförtner des Hamburger Lagerhauses gehandelt hat - das wäre schon suspekt genug -, sondern dass spätestens eine Woche, nachdem das Fleisch abgeholt worden ist, auch die niedersächsischen Behörden informiert waren. Dass das eine Woche gedauert hat, ist allein schon ein Skandal. Aber das, was dann kommt, setzt allem die Krone auf: Während die Staatsanwaltschaft und die sogenannten Verbraucherschutzbehörden in Niedersachsen entweder - ich weiß es nicht - in den vorgezogenen Sommerurlaub gegangen sind oder eine hochpeinliche Schnitzeljagd begonnen haben, verkauft Herr Bünnemeyer in aller Seelenruhe sein Gammelfleisch an vier Großküchen.

Das ist unglaublich, meine Damen und Herren,

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Was ist das jetzt? Eine Ge- schäftsordnungsdebatte?)

und wird einen dauerhaften Schaden im Verbrauchervertrauen zur niedersächsischen Lebensmittelsicherheit zur Folge haben, wenn wir heute nicht dringlich darüber sprechen, was in einem System schief gelaufen ist, das laut Landwirtschaftsminister angeblich funktioniert und vorbildlich in Deutschland ist. Außerdem müssen heute dringlich Ross und Reiter genannt werden. Denn ich will wie alle anderen Verbraucher wissen, welcher Großküchenchef von einem Bünnemeyer Fleisch kauft, der keine Zulassung hat, dessen Fleisch be

schlagnahmt ist und gegen den strafrechtlich ermittelt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weiterhin müssen wir dringlich über Sofortmaßnahmen sprechen, z. B. über die Verschärfung des Verbraucherinformationsgesetzes, dessen Weichenstellung in wenigen Tagen, am 22. September, erfolgt. Deshalb ist es dringlich. Wir müssen dringlich über die Einrichtung einer Taskforce in Niedersachsen und über die Kennzeichnung von nicht verkehrsfähigem Fleisch sprechen, damit so etwas wie im Fall Bünnemeyer nicht wieder passieren kann.

Und wir müssen auch über personelle Konsequenzen reden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich spreche hier nicht nur von personellen Konsequenzen auf der unteren Fachebene. Hier muss sich doch die Justizministerin fragen lassen, welche politische Verantwortung sie aus dem Handeln der Staatsanwaltschaft in ihrem Lande zieht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Gehört das zur Geschäftsordnung?)

Wir sind darüber hinaus auch der Meinung, dass wir über die Notwendigkeit sprechen müssen, den amtierenden Agrar- und Lebensmittelindustrieminister endlich durch einen Verbraucherschutzminister zu ersetzen, der diesen Namen auch verdient. - Schönen Dank.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Ach, nun hör doch auf!)

Bevor ich Herrn Möhrmann das Wort erteile, stelle ich die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Herr Möhrmann, Sie haben das Wort zur Geschäftsordnung. „Zur Geschäftsordnung“ heißt übrigens, dass eine sachliche Begründung des Antrages nach § 66 unserer Geschäftsordnung erfolgt,

(David McAllister [CDU]: Sachlich!)

wobei es nicht unterbleiben kann, dass der eine oder andere inhaltliche Satz zur Begründung erfolgt.

Herr Möhrmann!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist in der Tat erstaunlich, Herr Minister. Es gab am Mittwoch eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema. Gestern gab es eine Dringliche Anfrage von Ihrer eigenen Fraktion. Nach der Antwort der Landesregierung kam eine dpa-Meldung des Inhalts auf den Tisch, den Herr Klein hier vorgetragen hat. Wie gehen Sie eigentlich mit dem Parlament um?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir unterstützen den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; denn es kann nicht angehen, dass dieses Thema nicht hier im Plenum in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Wir hoffen, dass die Mehrheitsfraktionen - auch in Verantwortung vor dem Verbraucher - diesem Antrag der Grünen, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen, zustimmen.

Meine Damen und Herren, dieser Skandal hat - wenn alles stimmt, was in der Zeitung steht - ein Ausmaß, dass es sicherlich nicht sein Bewenden damit haben wird, dass wir hier nur darüber reden. Es muss geprüft werden, wer an welcher Stelle etwas gewusst hat und nicht gesagt hat. Es muss geprüft werden, wer an welcher Stelle etwas tun konnte und nicht getan hat. Es muss auch geprüft werden, wer an welcher Stelle dafür die politische Verantwortung zu tragen hat. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Der Antrag wird gerade verteilt, sodass er Ihnen allen zum Ende der Geschäftsordnungsdebatte vorliegen wird.

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Kollege Althusmann von der CDU-Fraktion gemeldet. Herr Althusmann!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ekelfleisch- bzw. Gammelfleischskandal ist ein ernst zu nehmendes Thema. Die CDU-Fraktion - ich denke, auch die FDP-Fraktion -, aber auch diese Landesregierung haben ein erhebliches Interesse daran, dass wir sämtliche Fragen, die in diesem Zusammenhang zu stellen sind, hier und in den zuständigen Fachausschüssen am Ende bis ins kleinste Detail klären werden.

(Beifall bei der CDU)

Denn Verbraucherschutz geht jeden an. Tagtäglich essen Millionen von Menschen in Deutschland Fleisch. Ich glaube, jeder von uns will sicher darin gehen, dass er auf dem Teller etwas vorfindet, was nicht in irgendeiner Form vergammelt ist. Verbraucherschutz hat für uns höchste Priorität. Aber, Herr Klein, ich will Ihnen auch sagen: Ich habe den Eindruck - auch die CDU-Fraktion steht voll dahinter -, dass der Verbraucherschutz in Niedersachsen bei unserem Landwirtschaftminister Heiner Ehlen in besten Händen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei den Grünen)

Sie können davon ausgehen, werter Herr Klein, dass wir unsere Tagesordnung in der Regel nicht an Bild-Zeitungsmeldungen oder anderen Zeitungsmeldungen orientieren. Da dieses Thema aber so ernst ist und nicht nur Niedersachsen, sondern eigentlich die gesamte Bundesrepublik Deutschland betrifft,

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Umso schlimmer!)

gibt es aus unserer Sicht überhaupt keinen Anlass, darüber nachzudenken, warum wir Ihren Antrag nicht am Ende auf die Tagesordnung nehmen sollten. Insofern verstehen Sie es bitte auch als ernsthaftes Interesse der CDU-Fraktion, dass wir uns heute durchaus noch einmal in aller Sachlichkeit, aber bitte schön auch in aller Fairness am Ende der Tagesordnung mit diesem Thema befassen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will aber auch noch erwähnen, Herr Klein, dass Ihre Wortmeldung zur Geschäftsordnung im Prinzip eine komplette Begründung Ihres Antrages war und dass dieser Antrag in sich eigentlich so nicht

auf die Tagesordnung gehört, weil er ganz bewusst falsche Wertungen enthält.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist hier im Parlament üblich! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie ganz grundsätzlich immer von einem Versagen aller Behörden, der Landesregierung oder wem auch immer ausgehen. Sie haben die Schuldigen ja schon ausgemacht, Herr Klein. Geben Sie dieser Landesregierung, geben Sie der Justizministerin und geben Sie auch dem Agrarminister Zeit, diese Dinge bis heute Nachmittag aufzuklären. Dann werden wir hier ganz fair und an der Sache orientiert bei dem wichtigen Thema Verbraucherschutz mit Ihnen darüber reden, ob es die Versäumnisse, die Sie in Ihrem Antrag beschreiben, überhaupt gibt. Ich gehe davon aus, dass es keine neuen Erkenntnisse gibt. Von daher glaube ich, dass wir dieses Thema heute Nachmittag fair miteinander besprechen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Ebenfalls zur Geschäftsordnung hat Herr Kollege Bode von der FDP-Fraktion das Wort. Bitte schön!