Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 8. Sitzung im dritten Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode.
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit der Fragestunde, Tagesordnungspunkt 39. Danach setzen wir den Tagesordnungspunkt 8 - Eingaben - fort. Anschließend behandeln wir den noch verbleibenden Tagesordnungspunkt 40.
Entschuldigt haben sich von der Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Hirche, der Umweltminister, Herr Sander, von der Fraktion der CDU Frau Klopp, von der Fraktion der SPD Frau Dr. Andretta und von der FDP-Fraktion Herr Hans-Werner Schwarz.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-geführte Landesregierung hat im Rahmen des Landeshaushaltes 2003 für viele Vorhaben im Bildungsbereich keinerlei Vorsorge durch Bereitstellung zusätzlicher Lehrerstellen getroffen. Zwar sind noch 300 Stellen für allge
mein akzeptierte Vorhaben wie Hochbegabtenförderung, mehr Naturwissenschaften an Gymnasien sowie Ganztagsschulen vorhanden. Für die weiter steigenden Schülerzahlen auch zum Schuljahresbeginn 2003/2004 wurde jedoch keinerlei Vorsorge getroffen. Gleiches gilt für die 700 Lehrerstellen, die im November besetzt wurden. Diese sind offensichtlich im Landeshaushalt 2003 nicht durch entsprechende zusätzliche Landesmittel abgesichert.
1. Wie hoch ist der zusätzliche Lehrerbedarf zum Schuljahresbeginn 2003/2004 durch die weiter steigenden Schülerzahlen an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen?
2. Welche Finanzierungslücke ergibt sich im Rahmen des Landeshaushaltes 2003 durch die im November 2002 besetzten 700 Lehrerstellen, die im Landeshaushalt 2003 an keiner Stelle finanziert sind?
3. Welcher weitere zusätzliche Lehrerbedarf ergibt sich etwa durch die weitere Einführung der Verlässlichen Grundschule und andere Maßnahmen, der im Landeshaushalt 2003 seitens der Vorgängerregierung nicht durch zusätzliche Lehrerstellen abgedeckt ist?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beantworte diese Frage gerne. Die Vorgängerregierung hat im Bereich des Kultushaushalts eine äußerst defizitäre Abschlussbilanz hinterlassen. Sie hat im Rahmen des Haushalts 2003 keine hinreichende Vorsorge im Hinblick auf den erhöhten Bedarf an zusätzlichen Lehrerstellen getroffen. Dieser zusätzliche Lehrkräftebedarf war aber absehbar.
Die noch steigenden Schülerzahlen in den allgemein bildenden Schulen und die Einführung weiterer Verlässlicher Grundschulen mit dem verpflichtenden Englischunterricht erfordern fast 500 zusätzliche Lehrkräfte. Keine dieser Stellen findet sich im Haushalt 2003. Die Schülerzahlen an den berufsbildenden Schulen steigen deutlich an. Wegen des Ausbildungsplatzmangels werden
Vollzeitbildungsgänge verstärkt nachgefragt. Auch die Ende 2002 eingestellten so genannten November-Lehrer waren im Haushaltsjahr 2003 von der Vorgänger-Regierung nicht finanziert worden. Das für die Arbeit der Hauptschule geradezu unverzichtbare Projekt der Sozialarbeiterstellen ist nur bis zum Ende des Haushaltsjahres 2003 finanziell angesichert worden.
Zu Frage 1: An den allgemein bildenden Schulen entsteht durch die weiter steigenden Schülerzahlen zum Schuljahresbeginn 2003/04 ein Mehrbedarf von rund 360 Stellen. Für die berufsbildenden Schulen werden ab dem Schuljahr 2003/2004 2 653 Schülerinnen und Schüler zusätzlich erwartet. Aus dieser steigenden Schülerzahl erwächst ein zusätzlicher Lehrerbedarf von 86 Theorie- und 25 Fachpraxislehrkräften.
Herr Minister, ich bitte Sie um eine kurze Unterbrechung. - Auf der einen Seite wird gefordert, dass lauter gesprochen wird. Auf der anderen Seite ist es hier im Raum sehr unruhig. Ich bitte um etwas mehr Ruhe.
Zu Frage 2: Zur Finanzierung der im November 2002 einstellten 700 Lehrkräfte werden für 2003 insgesamt 26,7 Millionen Euro veranschlagt, die von der neuen Landesregierung in den Entwurf des zweiten Nachtragshaushalt 2003 eingestellt wurden.
Zu Frage 3: Für die weitere Einführung der Verlässlichen Grundschule werden 50 Lehrerstellen benötigt, für den verpflichtenden Unterricht in Englisch im 4. Schuljahrgang der Grundschulen 35 Lehrerstellen. Für neue und erweiterte regionale Integrationskonzepte entsteht ein zusätzlicher Bedarf von 33 Stellen.
Herr Minister, liegen Ihnen bereits Zahlen darüber vor, wie viele zusätzliche Lehrerstellen Sie benötigen werden, wenn Sie die Aufteilung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium vornehmen? Ich muss das noch präzisieren: Natürlich ab Klasse 5; denn die Aufteilung haben wir ja schon.
Davon gehen wir auch aus, verehrte Frau Kollegin. Wir haben natürlich gewisse Proberechnungen durchgeführt, auch im Zusammenhang mit der bevorstehenden Schulstrukturreform. Die letzten Zahlen werden derzeit noch ermittelt. Ich darf aber dem Kultusausschuss in Aussicht stellen, dass das im Laufe der kommenden Woche geschehen wird. Wenn der Kultusausschuss das neue Gesetz in der dann, wie ich annehme, letzten Fassung zu beraten hat, ist ja auch eine haushaltsmäßige Abschätzung vorzunehmen, inwieweit das aus laufenden Mitteln, aus vorhandenen Stellen bewältigt werden kann oder inwieweit zusätzliche Mittel erforderlich sind.
Ich darf Ihnen aber schon sagen: Wir werden über das Bekannte hinaus keine zusätzlichen Mittel benötigen. Diese großartige Situation, dass wir 2 500 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer unter Einbeziehung der sich ohnehin schon ergebenden Mehrbedarfe einstellen können, versetzt uns in die Lage, das aus der Substanz zu bewältigen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, der von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes hat ja den verfassungsrechtlichen Mangel, dass nichts über Folgekosten gesagt worden ist. Im Haushaltsausschuss ist dieser Tagesordnungspunkt abgesetzt worden. Wann und in welchem Ausschuss kann uns die Landesregierung die Folge
Herr Kollege Möhrmann, ich bin der gesicherten Auffassung und Erwartung, dass wir Ihnen keinen verfassungswidrigen Schulgesetzentwurf vorgelegt haben und auch in der Zukunft nicht vorlegen werden. Die entsprechende Abschätzung der Stellen und Kosten - das habe ich eben schon angedeutet werden Sie in der nächsten Woche rechtzeitig im Haushaltsausschuss haben. Ich möchte Sie auch darauf aufmerksam machen, dass durch die Nichteinführung der Förderstufe auch gewisse Ressourcen gewonnen werden.
Herr Minister, wie viele Lehrkräfte sind notwendig, wenn Sie, wie Sie im Wahlkampf versprochen haben, die Gesamtwochenstunden an den Grundschulen von 92 auf 100 erhöhen?
Das, verehrte Kollegin, ist keine unkomplizierte Berechnung. Wir haben deutlich gemacht, dass wir die jetzige Ausstattung unserer Grundschulen mit 92 Jahreswochenstunden nicht für ausreichend halten. Vier Stunden Deutsch in der Grundschule sind nicht genug. Die Stundenzahl müssen wir steigern. Aber bei all den Belastungen, die wir haben, und bei den Schreckensbotschaften, die wir aus Berlin vernehmen müssen, werden Sie mir Recht geben, dass unsere Einschätzung sachge
recht und vernünftig war, die Steigerung nicht gleich im ersten Haushalt der neuen Regierung vorzusehen, sondern einen Fahrplan für die nächsten Jahre, beispielsweise bis 2008, aufzustellen. Wir werden schrittweise die Stundenausstattung der Grundschulen verbessern.
Wenn an der Grundschule eine bessere Stundenausstattung erfolgt, dann bedeutet das mehr Lehrerstellen und mehr Kosten. Da haben Sie grundsätzlich Recht. Wir werden aber dadurch, dass der Bedarf an Betreuungskräften abnimmt, gewisse Gegengewinne haben. Eine Stunde mehr an den Grundschulen - die letzte Zahl kann ich jetzt nicht aus dem Ärmel schütteln - bedeutet, mehrere 100 Lehrer für das ganze Land einzuplanen. Es ist nicht so, dass einfach ein paar Stellen hingekleckert werden müssten, sondern die Zahl geht in die Hunderte. Wenn wir die Ausstattung um mehr als eine Stunde steigern, dann bewegen wir uns in einer Größenordnung von 1 000 bis 2 000 Stellen, um das einmal ungeschützt zu formulieren.
Herr Minister, Sie hatten eben auf die Frage von Herrn Möhrmann geantwortet, dass Sie 2 500 Lehrkräfte zusätzlich einstellen. Mit diesen 2 500 Lehrkräften soll ja die Unterrichtsversorgung verbessert werden. Die Abschaffung der Orientierungsstufe findet erst in einem Jahr statt. Somit haben wir auch erst dann den zusätzlichen Lehrerbedarf. Können wir damit rechnen, dass die Unterrichtsversorgung dann wieder sinkt, oder wie wollen Sie den Mehrbedarf durch die Abschaffung der Orientierungsstufe auffangen?