Birgit Pelke

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Last Statements

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber ganz besonders, liebe Angehörige und Opfervertreter! Ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie heute hier sind und die Diskussion verfolgen. Und ich darf Ihnen eins versprechen: Wir werden nicht vergessen, wir werden weiter aufarbeiten.
Einige wenige Sätze noch kurz zu Herrn Kellner, der noch mal das Thema der Zeugen angesprochen hat, die sich teilweise nicht erinnern wollten. Ich will Ihnen noch mal ganz deutlich an dieser Stelle sagen: Die Beweggründe dafür, dass sich jemand nicht erinnern will und nicht aufklären will, müssen aufgearbeitet werden. Und es muss nachgefragt werden, warum es so ist. Das hat bitte nichts mit einem Generalverdacht gegen alle Behördenvertreter zu tun, wo es viele gab, die mithelfen wollten. Das noch mal zur Klarstellung.
Ansonsten möchte ich mich den Dankesworten der Vorsitzenden Marx anschließen und auch all denen danken, die sie bereits aufgelistet hat. Und ich möchte mich auch noch mal bei den Fraktionskolleginnen und -kollegen, insbesondere von Rot-RotGrün und der CDU, bedanken, also bei den demokratischen Parteien.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, als ich 1994 hier in diesem Landtag meine Arbeit begonnen habe, war unter anderem Rechtsextremismus schon damals mein Thema, speziell im Jugendbereich. Und es gab damals auch schon ganz schlimme Entwicklungen. Keiner konnte aber damals ahnen, was noch an furchtbaren Verbrechen offenkundig wird. Und so war es dann schlussendlich auch notwendig, dass in der vergangenen Legislaturperiode der Untersuchungsausschuss 5/1, NSUUntersuchungsausschuss, eingerichtet worden ist und wir uns hier mit der Aufarbeitung und mit den Fragen, was denn geschehen war und warum was geschehen war, beschäftigt haben.
Es war dann auch notwendigerweise eine richtige Folgeentscheidung, den Untersuchungsaus
schuss 6/1 einzurichten. Dankenswerterweise hat das dieser Landtag getan, weil die Ergebnisse des letzten Untersuchungsausschusses 5/1 Defizite aufgezeigt haben und die Möglichkeit von Kooperationen der rechtsextremen Szene mit der organisierten Kriminalität nahelegten. Diese Facetten waren aber nicht durch den damaligen Einsetzungsbeschluss abgedeckt. In den Untersuchungen des ersten Ausschusses wurden die Mängel im Einsatz von menschlichen Quellen offenbar. Daher wurde formal der weitere Untersuchungsausschuss nötig, um eben diese Zusammenhänge zu beleuchten. Davon unabhängig bin ich aber auch persönlich der Auffassung, dass die Aufarbeitung einer Fortsetzung bedurfte, denn die Todesumstände am 4. November 2011 und der schnelle Abtransport des Wohnmobils haben nicht nur bei mir Zweifel aufkommen lassen, ob denn die Behörden tatsächlich nach Vorschrift vorgegangen sind oder eben andere Erwägungen eine Rolle spielten. Dafür sprachen auch verschiedene Aussagen couragierter Polizeibeamter, die ihr Wissen dem Untersuchungsausschuss offenbart haben. Daneben gab es auch durch journalistische Recherchen Hinweise auf Unterstützerstrukturen. Denn die von der Generalbundesanwaltschaft vertretene These, nur die drei Personen, Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, seien verantwortlich für die Taten, hat nicht in die ersten Ergebnisse des Ausschusses gepasst, nach denen eine deutlich engere Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen, rechtsextreme und kriminelle, wahrscheinlich war.
Jetzt am Ende der Untersuchungsausschussarbeit hat sich die Notwendigkeit auch bestätigt. Die Aufarbeitung des 4. November, die in dem Zusammenhang durchgeführten polizeilichen Maßnahmen und die Ermittlungen waren mit Fehlern behaftet, die nicht nur das Handeln einzelner Personen betreffen, sondern eben auch strukturelle Defizite in der polizeilichen Arbeit aufzeigten. Statt einer durchgängigen Tatortarbeit gab es Phasen mit teils langen Pausen und dazu mit unterschiedlichem Personal. Und statt auf die Expertise der eingesetzten Beamten vor Ort zu hören und das BKA mit einzubeziehen, wurde der Tatort wie eine Trophäe behandelt und nach außen abgeschottet.
Ebenso war die Arbeit des Verfassungsschutzes hinsichtlich der Beobachtungsobjekte aus der rechten Szene und der organisierten Kriminalität geprägt von unzureichender Verknüpfung der verschiedenen beschafften Informationen und stattdessen einem Schubladendenken. Einzelinformationen wurden nicht zu einem zusammenhängenden Bild zusammengefügt, es fehlte schlicht an einer tiefer gehenden Analyse der jeweiligen Erkenntnisse.
Deswegen noch mal ein Satz zum Thema „Verfassungsschutz“. Wir Sozialdemokraten stehen nun nicht gerade im Verdacht, den Verfassungsschutz abschaffen zu wollen, aber es muss doch klar festgestellt werden: Wenn verschiedenste Personen vor sich hin arbeiten, einen Bericht verfassen, ihn möglicherweise auch noch unterschreiben lassen und dann legt jeder den jeweiligen Bericht in irgendeine Schublade und es wird überhaupt nichts zusammengeführt, was möglicherweise ein Gesamtbild erkennen lassen würde, dann kann es auch zu keinen Erkenntnissen kommen. Ich glaube, das ist auch das, was Kollegin König-Preuss eben gesagt hat. Dann ist eben die Frage, inwieweit eine solche Arbeit notwendig ist oder ob da nicht anders strukturiert werden müsste.
Im Untersuchungsausschuss 6/1 wollten wir Aufklärung wegen des Abtransports des Wohnmobils, wir wollten Aufklärung wegen der Todesumstände von Michèle Kiesewetter. Wir wollten aber vor allem wissen, wie es sein konnte, dass trotz der vielen menschlichen Quellen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt 13 Jahre lang im Untergrund unentdeckt verschwinden und ihre Taten planen und durchführen konnten.
Tino Brand war eine der treibenden Kräfte in der rechtsextremen Szene. Er war V-Person des Landesamts für Verfassungsschutz. Es bestand der begründete Verdacht, dass nicht nur dieser in die Unterstützung des Untertauchens involviert war und die Thüringer Beamten davon Kenntnis hatten oder hätten haben können und diesen Erkenntnissen nicht nachgingen.
Aus all diesen Gründen ist für mich, für meine Fraktion und ich denke auch für Rot-Rot-Grün der Fall NSU lange noch nicht aufgeklärt.
Der Untersuchungsausschuss 6/1 hat gezeigt, dass der Einsatz von V-Personen und menschlichen Quellen im Polizei- und Verfassungsschutz Probleme aufwirft, angefangen bei rechtlichen Grundlagen, auf denen ein solcher Einsatz fußt bis hin zum tatsächlichen Einsatz. Das ist Auftrag und Verpflichtung für die nächste Legislatur, hier tätig zu werden.
Wir haben leider auch feststellen müssen, dass Kooperationen zwischen den Behörden und der Informationsaustausch innerhalb der betreffenden Behörde selbst nicht den Stand hatten, den wir uns in unserer Zeit wünschen würden, weil zum Beispiel Informationen nicht mit anderen relevanten Informationen des betroffenen Bereichs verknüpft wurden und so – ich hatte es eben schon angesprochen – kein komplettiertes Gesamtbild entsteht. Da
mit werden eben Beamte nicht in die Lage versetzt, adäquat eine Gefahreneinschätzung oder gar Gefahrenabwehr abzugeben bzw. aufzubauen.
Bei all dem, was festgestellt worden ist, konnten wir trotzdem nicht gänzlich aufklären. Wir sind an Grenzen geraten und wir brauchen andere Bedingungen, um weiter aufzuklären. Dass es gemeinsame Empfehlungen von den demokratischen Fraktionen in dem Bericht gibt, darüber bin ich sehr froh, aber es gab auch weitere Empfehlungen der anderen Fraktionen. Ich will mich auf die Empfehlungen der Abgeordneten von Rot-Rot-Grün noch mal kurz konzentrieren.
Wir haben unter anderem auch noch mal festgehalten, dass die Auswertung von Altfällen ein wesentlicher Punkt ist. Der Thüringer Landtag hat am 9. November 2018 eine wissenschaftliche Überprüfung von sieben in zivilgesellschaftlichen Statistiken als rechts motiviert geführten Tötungsdelikten sowie zweier weiterer Todesfälle durch die Landesregierung erbeten, um die Anpassung der Statistik staatlich anerkannter Todesopfer rechter Gewalt in Thüringen vorzunehmen. Wir empfehlen an dieser Stelle – und das auch ganz deutlich – eine zügige Umsetzung dieses Beschlusses und die Vergabe des Prüfauftrags noch in diesem Kalenderjahr.
Was weitere Gesetze angeht: Es wird ja jetzt oft bei Dokumentationen und bei Bewertungen und Diskussionen, wenn es um die Entwicklung des Rechtsextremismus in diesem Land geht, davon geredet, dass die gewaltbereite rechtsextreme Szene aufrüstet, und da ist ja einiges dran. Deswegen haben wir in unserem Sondervotum festgehalten, dass wir mit Blick auf die hohe Gewaltaffinität der extrem rechten Szene und der zugleich vorhandenen Möglichkeiten, sich Waffen zu verschaffen, dringenden Handlungsbedarf im Bereich des Waffenrechts sehen. Das Beispiel der Entwaffnung der Reichsbürgerszene zeigt dabei, dass allein mit Prüfungen der waffenrechtlichen Erlaubnis im Einzelfall kein umfassender und zügiger Erfolg zu erreichen ist. Es sind daher alle Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, Waffenbesitz bei Personen der extrem rechten Szene zu unterbinden. Dazu können Auswertungen der Kontroll- und Dokumentationspflichten ebenso gehören wie eben die generelle Beschränkung der privaten Verwahrung von Waffen.
Wir wollen dringend die Erinnerungsstätte umsetzen. Der Thüringer Landtag beauftragte die Landesregierung mit Beschluss vom 29. September 2017 mit der Konzeptionierung und Errichtung einer
Stätte der Erinnerung und Mahnung für die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds. Ausweislich der Unterrichtung durch die Landesregierung vom 12. Dezember 2018 sollte eine Übergabe in 2019 erfolgen. Von einer Einhaltung dieses Zeitplans ist natürlich im Moment nicht auszugehen. Wir erwarten eine Umsetzung des beschlossenen Antrags ohne weiteren Verzug und die Übergabe an die Öffentlichkeit spätestens im Jahr 2020. Ich glaube, das sollte uns Verpflichtung sein.
Wir wollen keinen Schlussstrich, wir wollen Aufklärung möglich machen. Unter Bezugnahme auf die gemeinsame Empfehlung in Nummer 6 fordern wir weitergehend, dass die Regeleinstufung von Akten des Landesamts für Verfassungsschutz im Archiv herabgesetzt werden soll, sodass diese für Forschung und Wissenschaft sowie Journalistinnen zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht muss in der nächsten Legislatur weiter aufgearbeitet werden. Das ist Grundlage, um Schlüsse zu ziehen, und dazu braucht es transparente Bedingungen für parlamentarische Gremien, Akten einsehen zu können. Ich schließe mich den Worten der Vorsitzenden an: Es darf keine kontrollfreien Zonen geben.
Es ist Aufgabe dieses Landtags und natürlich der Gesellschaft, gegen Rassismus und Rechtsextremismus einzutreten. Dafür braucht auch der nächste Landtag viel Kraft – in welcher Form auch immer, ob es ein Untersuchungsausschuss sein wird oder in Form von anderen Gremien. Wir können es uns nicht leisten und wir wollen es uns nicht leisten, zu vergessen. Wir werden weiter aufarbeiten und wir werden uns immer und kontinuierlich gegen Rassismus und Rechtsextremismus stellen. Und wenn ich es dann nicht mehr an dieser Stelle machen kann, mache ich es von anderer Stelle und werde diesen Landtag weiter begleiten. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst mal möchte ich der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für diese Aktuelle Stunde danken, die Sie uns hier vorgegeben haben, sodass wir noch mal die Möglichkeit haben, hier im Plenum zu diskutieren. Ich will auch gar nicht weiter auf die Vorrednerin Frau Herold eingehen. Es hätte mich jetzt nur mal wirklich interessiert, wo Sie denn zu dieser Zeit, über die Sie jetzt gesprochen haben,
demonstriert haben, wo Sie sich eingesetzt haben, wo Sie mitgetan haben, wenn Sie sich hier an diesem Rednerpult anmaßen, über die Intentionen von damals Bündnis 90 oder vom Demokratischen Aufbruch
oder vielleicht auch von der SDP zu diskutieren. Ich glaube, all diejenigen, die damals dabei gewesen sind und die zu dieser friedlichen Revolution beigetragen haben, finden das schon ein ganzes Stück anmaßend, was Sie hier von sich gegeben haben.
Zur friedlichen Revolution vor 30 Jahren, zu den Ereignissen: Die gefälschten Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989, die ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990, die gesamte Einbettung in die europäische Entwicklung – die Solidarność-Bewegung in Polen und die Perestroika – sind bereits angesprochen worden, aber ich will insbesondere noch mal den Beitrag der Thüringerinnen und Thüringer zur Überwindung der SED-Diktatur ansprechen. Auch diesen haben wir in der letzten Zeit hier im Plenum schon diskutiert, aber ich glaube, auch an dieser Stelle ist dieses noch mal besonders hervorzuheben. Auch über das Engagement der Landesregierung bei der Aufarbeitung der Diktatur und ihrer Folgen haben wir schon gesprochen, zuletzt im Zusammenhang mit dem Aufarbeitungsbericht 2019. Also all das, was wir schon beraten haben, glaube ich, brauchen wir nicht noch mal wiederholen.
Ich will nur so viel auch im Namen meiner Fraktion sagen: Unser jetziges modernes und demokratisches Thüringen verdanken wir eindeutig dem Mut derjenigen, die 1989/1990 für die Freiheit auf die Straßen gegangen sind.
Und ich sage ganz deutlich: Für die Thüringer Sozialdemokratie und natürlich auch für die rot-rot-grüne Koalition, die insgesamt auch ihre Wurzeln in der friedlichen Revolution haben, und für mich ganz persönlich bleibt dieser Freiheitswunsch und diese friedliche Revolution eine Verpflichtung völlig unabhängig von irgendwelchen Jahrestagen und geht für mich weit über die jetzige Legislaturperiode hinaus.
Der zweite Aspekt, den die Grünen in dem Antrag zur Aktuellen Stunde mit angesprochen haben, nämlich die Dreistigkeit, mit der die AfD die friedliche Revolution für sich vereinnahmt und ihre eigene – und ich sage das ganz deutlich – antidemokratische und gesellschaftsspaltende Agenda als Vollendung der Wende propagiert – darüber muss man schon mal zwei Minuten nachdenken. Ich kann gar nicht sagen, wie unverschämt und wie anmaßend das ist.
Das Ganze hat zugegebenermaßen mittlerweile schon bizarre Züge, nämlich dann, wenn Björn Höcke, der 1989 Schüler in Rheinland-Pfalz war, gemeinsam mit seinem Gesinnungsgenossen Kalbitz, der 1989 Schüler in München gewesen ist, öffentlich darüber diskutiert, wie denn so das Leben in der DDR gewesen sei und wie beide damals quasi im Alleingang an vorderster Front mitgemacht haben, das SED-Regime zu stürzen. Da fällt mir nichts mehr ein. Das muss mir jetzt mal jemand erklären!
Das würde ich mir nicht mal anmaßen, die ich zu DDR-Zeiten regelmäßig meine Großeltern in Brandenburg besucht habe.
Ich hätte mir trotzdem nicht angemaßt zu behaupten, ich wisse, wie das Leben hier läuft, wenn man einmal eine Woche oder vierzehn Tage – sehr viel länger durfte man ja gar nicht da sein – hier gewesen ist. Moralisch ist es auch nur schwer erträglich und politisch geradezu unanständig, wenn es so weit ist, dass die AfD die 1989 im Osten errungene Demokratie mit der SED-Diktatur in eins setzt. Wenn eine Partei wie Sie, die die Menschheit tagtäglich in den Medien ungestraft mit ihren Hasstiraden fertigmacht, bombardiert und behauptet – wie Sie es tun –, es gäbe heute keine Meinungs- und Pressefreiheit,
und Sie behaupten, Sie seien der selbst ernannte Hüter der Wende, kann ich nur sagen: Sie sind diejenigen, die zum Widerstand und zum Aufstand gegen demokratisch gewählte Volksvertreter aufrufen.
Sie sind diejenigen – was in der letzten Aktuellen Stunde diskutiert wurde –, Sie sind nämlich diejenigen, die das Feuerchen legen und hinterher fragen: Mein Gott noch mal, warum ist jetzt was passiert? Sie sind es! Und ich will Ihnen noch einmal ganz deutlich sagen: Die Menschen, die hier in Thüringen 1989 für die Freiheit auf die Straße gegangen sind, die haben das nicht für eine nationale Diktatur gemacht – wie Sie das, nicht Sie persönlich, wie das Herr Höcke in seinem Buch propagiert –, die Menschen wollten auch keinen Faschismus. Sie wollten eine demokratisch verfasste Gesellschaft und die Menschen wollten offene Grenzen und
wollten keinen neuen Schießbefehl. Auch der wird bei Ihnen ja von Frau von Storch diskutiert. Das sind diese Dinge, die man nicht will.
Ich will mit den Worten schließen, mit denen Heino Falcke das Selbstverständnis zur friedlichen Revolution vor zehn Jahren auf den Punkt gebracht hat, den ich jetzt nicht mehr ganz zitieren kann. Aber er hat gesagt: Wo Mauern gefallen sind und nicht neue Mauern aufgebaut werden und neue Scheuklappen aufgesetzt werden, das ist Demokratie, und so wollen wir leben. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kießling als Abgeordneter dieses Landtags. Ich gehöre eigentlich zu den Menschen, die immer versuchen, mit Andersdenkenden vernünftig zurande zu kommen. Ich habe leider akustisch nicht gehört, was Sie gesagt haben – vielen Dank, Herr Prof. Hoff, dass Sie das noch mal deutlich gemacht haben –, Ihre Aussage gegenüber der SDP bzw. der SPD. Aber was Sie hier behaupten und was Sie hier an diesem Rednerpult losgelassen haben, das ist ekelhaft, das ist pervers, das ist populistisch – ich weiß gar nicht mehr, was ich sonst noch sagen soll.
Jetzt sage ich Ihnen mal was: Ich wünschte mir immer, dass mein Vater noch leben würde, das wünsche ich mir sehr. Mein Vater saß, weil er Flugblätter der SPD für das Ostbüro 53 verteilt hat, schon in Brandenburg in Haft, zum 17. Juni, und war dann vier Jahre in Waldheim. Ein politisches Urteil von 25 Jahren, das nach vier Jahren aufgehoben wurde. Er hat aufgrund dieser Erfahrung dann – nicht freiwillig – noch vor dem Mauerbau seine Heimat hier verlassen, in Hessen ein neues Leben aufgebaut, meine Mutter ist hinterhergegangen, meine Großeltern lebten in Brandenburg, die ganze Familie. Trennung einer Familie, die über solche Dinge zustande gekommen ist, dazu könnte ich Ihnen jetzt eine Geschichte erzählen. Aber dass Sie damit all die Menschen, die inhaftiert waren, aus welchen Gründen – aus parteipolitischen Gründen oder aus anderen Gründen –, diskreditieren und beleidigen, das halte ich für das Dreckigste, was ich je hier in diesem Haus gehört habe.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, wir haben hier schon sehr oft über das Thema „Pflege“ gesprochen und wir alle wissen, dass etwas verändert werden muss, dass etwas neu strukturiert werden muss, denn wir alle wollen eine gute Pflege für die Eltern, für die Großeltern, für die Familie, für den Lebenspartner, die Lebenspartnerin. Es kann unter allen Bedingungen dazu kommen, dass jemand von Pflege und Unterstützung abhängig ist. Deswegen wollen wir natürlich gute Arbeitsbedingungen für unsere Pflegekräfte und wir wollen deshalb auch einen verlässlichen Personalschlüssel, um die Pflegenden zu entlasten und natürlich auch den Gepflegten mehr Zeit zu geben.
Die Entlohnung der Beschäftigten in Thüringen muss zeitnah deutlich steigen. Ich glaube, das ist auch Übereinstimmung, das ist hier angesprochen worden, denn jeder, der im Bereich der Pflege arbeitet, möchte zum einen natürlich eine adäquate Entlohnung haben und zum anderen aber auch vernünftige Arbeitsbedingungen, die es ermöglichen,
Beruf und Familie ordentlich miteinander zu verbinden. Auch Zeit und das Durchatmen gerade für Beschäftigte sowohl im ambulanten als auch in der stationären Pflege sind, glaube ich, ganz wichtig. Wir müssen uns auch deshalb der Entlohnung widmen, weil wir ansonsten – denken meine Fraktion und ich – den Kampf um die Nachwuchskräfte verlieren, vor allem eben im Pflegefachbereich. Das hat auch etwas mit der generalistischen Ausbildung zu tun; das ist von meinen Vorrednern schon angesprochen worden. Wir müssen die Pflegeberufe attraktiver machen, weil wir sonst wissen, dass bei der Entscheidung, wo ich denn nach der generalistischen Ausbildung – also Kinderpflege bzw. Kranken- oder Altenpflege – hingehe, dass sich dann die meisten für etwas anderes und nicht für die Altenpflege entscheiden, weil es dort eine bessere Entlohnung gibt. Deswegen wollen wir Branchentarifverträge auch in der Pflege und müssen schauen, dass wir den Bedarf an Fachkräften in Thüringen abdecken können, der nach einer IAW-Studie im Jahr 2035 mit bis zu 47.000 beziffert wird. Da haben wir noch einiges zu tun. Deswegen ist das hier sehr oft Thema gewesen.
Ich sagte es schon. Um den künftigen Bedarf zu decken, brauchen wir bessere Arbeits- und Einkommensbedingungen. Aber – auch das ist das große Thema – wir können das nicht zulasten der pflegenden bzw. der zu pflegenden Personen und deren Angehörigen machen. Das wissen wir und das ist die Krux, das ist schon von allen Vorrednern angesprochen worden. Wir können diese Verlagerung nicht wollen, weil wir dann Altersarmut verstärken würden. Deswegen wollen wir, dass die Pflegeversicherung neu gestaltet wird, weil jeder nach seiner individuellen Situation darüber nachdenken können soll, ob er in eine Einrichtung gehen muss, ob er einen ambulanten Pflegedienst braucht oder ob es noch weitere Möglichkeiten gibt. Wir wollen das nicht von der Angst abhängig machen, irgendetwas nicht bezahlen und sich irgendetwas nicht leisten zu können. Es muss sich an der individuellen Notwendigkeit orientieren. Wir hören mittlerweile schon von Menschen, die aus Angst vor hohen Heimkosten und aus Angst vor der Überforderung ihrer Kinder beispielsweise darauf verzichten, in ein Heim zu gehen, auch wenn es möglicherweise medizinisch notwendig wäre und die Angehörigen es sich einfach nicht leisten können, unabhängig davon, dass jeder gern bis zum Schluss – wie es schon angesprochen wurde – zu Hause bleiben möchte.
Deshalb muss die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung ausgebaut werden – das haben wir alle hier schon sehr deutlich gemacht –, damit wenigstens die Personalkosten voll getragen werden. Damit würde möglicherweise – oder wahrscheinlich
sichergestellt, dass notwendige Verbesserungen beim Personalschlüssel und der Entlohnung der Beschäftigten eben nicht mehr zu zwei Dritteln von den zu pflegenden Personen bzw. deren Angehörigen oder den Kommunen getragen werden müssen.
Perspektivisch muss es – das sehe ich ganz genauso – eine Bürgerversicherung geben, was die Pflege anbetrifft, in die jeder einzahlt. Pflege ist eine Verantwortung für alle. Deswegen müssen wir genau diesen Bereich umgestalten.
Möglicherweise – du hast das angesprochen, Jörg Kubitzki – muss es dann auch ein Mix sein aus verschiedensten Varianten. Aber auf jeden Fall können wir es uns nicht leisten, nichts zu tun. Wie eine Gesellschaft mit alten Menschen umgeht, ist auch eine Frage der Achtung vor den Menschen. Ich glaube, deswegen müssen wir einfach schauen, dass wir jetzt neu strukturieren. Wir brauchen da natürlich die Unterstützung der Bundesebene.
Im Übrigen – ganz kurz noch, letzter Satz – gibt es ja auch das Angehörigenentlastungsgesetz, das auf den Weg gebracht worden ist, was ich auch schon für einen ganz wichtigen Aspekt halte.
Es wird eine ganze Menge getan, es ist noch nicht genug und ich glaube, es wird Zeit, im Bereich der Pflegeversicherung neu nachzudenken. Wir müssen im Interesse der Menschen, die pflegen und die gepflegt werden, Geld in die Hand nehmen und insgesamt umstrukturieren. Herzlichen Dank.
Illegaler Tierhandel in Thüringen
Der illegale Handel mit Tieren boomt. Vor allem der Handel mit Hundewelpen ist ein lukratives Geschäft. Um die Kosten für die Vermehrung zu minimieren, werden Muttertiere unter grausamen Bedingungen gehalten, kaum gefüttert und die Welpen ohne lebenswichtige Impfungen viel zu früh im Alter von nur wenigen Wochen von ihren Müttern getrennt. Die Folge sind traumatisierte und kranke Tiere, die oftmals nach kurzer Zeit versterben. Vor allem Online-Plattformen wie eBay Kleinanzeigen bieten unseriösen Händlern eine Plattform, da hier meist neben einer E-Mail-Adresse keine weiteren persönlichen Daten abgefragt werden. Aber auch andere Tierarten werden illegal gehandelt und leiden dabei Qualen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Gibt es eine zuständige zentrale Stelle in Thüringen zur Meldung und Ahndung von Fällen illegalen bzw. tierschutzwidrigen Tierhandels und wenn ja, welche ist es?
2. Wie viele Fälle illegalen Online- und Offline-Tierhandels wurden bei den zuständigen Behörden gemeldet?
3. Wie viele Fälle von illegalem bzw. tierschutzwidrigem Tierhandel wurden in den vergangenen zehn Jahren in Thüringen aufgedeckt?
4. Wie viele Strafverfahren wegen illegalen Tierhandels wurden in den letzten zehn Jahren in Thüringen eingeleitet?
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Antwort. Ich wollte nur mal nachfragen, weil das ein Problem sowohl thüringenweit als auch in anderen Ländern und auch europaweit ist: Österreich und die Schweiz haben mittlerweile da schon besondere Regelungen und Erfassungsmöglichkeiten. Hielten Sie es für sinnvoll, dass es eine länderübergreifende Stelle gäbe – vielleicht auch beim Bund angesiedelt, wie auch immer –, um solche Delikte festzuhalten und bestimmten Dingen dann auch Einhalt zu gebieten?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu Ihnen, Herr Höcke: Ich frage mich jetzt wirklich, haben Sie es denn so nötig, dass Sie diese demokratische Platt
form immer für Wahlkampfpopulismus nutzen müssen? Das können Sie doch draußen machen. Sie sind doch viel unterwegs, machen Sie das doch da.
Aber ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie bei jedem Tagesordnungspunkt in irgendeine Wahlkampfkiste greifen und hier Populismus verbreiten. Es ärgert mich deshalb ganz besonders, weil ich Sie, verehrter Herr Höcke, im Bildungs- und Sportausschuss nie gesehen habe, wenn es um dieses Thema ging. Nie!
Das haben Sie dann immer Ihrer Kollegin Frau Muhsal überlassen, die aber eigentlich mehr für die schulpolitischen Themen im Ausschuss sitzt. Sie haben nicht einen Antrag gestellt, Sie haben nicht eine Idee gehabt, wie Sie den Sport in Thüringen unterstützen wollen.
Und dann stellen Sie sich jetzt hierher und sagen, wir sind der Retter des Sports und Sie haben alles verkehrt gemacht. Ich finde das peinlich. Das ist oberpeinlich.
Ich hoffe, dass sich diese Debatte im Nachgang viele Menschen, viele Sportlerinnen und Sportler, Trainer, Übungsleiter anschauen und mal sehen, was Wahrheit, Ehrlichkeit und Offenheit sind und was einfach nur Scheinpopulismus ist.
Wir haben die Anregungen der Verbände aufgenommen – dazu komme ich gleich –, weil diese Regierungskoalition tatsächlich ein verlässlicher Partner des Thüringer Sports ist, nicht nur des Thüringer Sports, sondern auch der Thüringer Kommunen. Das haben wir beim neuen Sportfördergesetz, was wir im letzten Jahr hier im Landtag auf den Weg gebracht haben, ganz deutlich gezeigt, darauf ist ja von den Vorrednern schon hingewiesen worden. Es ist ab 2020 eine unentgeltliche Bereitstellung von Sport- und Spielanlagen öffentlicher Träger für die Zwecke des organisierten Sports vorgesehen. Gleichzeitig erhalten die Kommunen künftig für die Einnahmenreduzierungen, die ihnen durch die neue Regelung entstehen, eine jährliche Erstattung in Höhe von 5 Millionen Euro in Form einer
Landespauschale. Über diese Summe haben wir nicht nur geredet, sondern die haben wir auch dezidiert im Landeshaushalt 2020 eingestellt. Also: Versprochen, gehalten, eingestellt!
Jetzt sage ich Ihnen noch mal eines: Ärgerlich ist – die Diskussion haben wir, auch wenn wir immer an der Seite der Kommunen stehen, mit den Kommunen geführt –, dass die Kommunen eigentlich schon nach dem alten Gesetz gar keine Entgelte hätten nehmen dürfen. Dann habe ich auch so manchen Aufschrei nicht verstanden, denn sie haben eigentlich ein Gesetz nicht als Gesetz betrachtet, sondern sie haben gehandelt, wie sie wollten. Das war ein Teil, ein Teil, der dann in Größenordnungen – Knut, du weißt das immer auswendig: knapp 40 Prozent – einfach gesagt hat, wir nehmen jetzt mal Entgelte. Andere haben den Sport in anderer Form unterstützt.
Mit dem neuen Sportfördergesetz ist es uns gelungen, die berechtigten Interessen des organisierten Sports und der Kommunen fair auszubalancieren. Genau darum geht es jetzt auch bei dieser Verbesserung. Herr Korschewsky hat es schon angesprochen. Es sind in den vergangenen Monaten drei Spezialfälle an uns Sportpolitiker herangetragen worden, bei denen Ausnahmen von der Entgeltfreiheit nötig sind, weil es sonst zu Nachteilen für den Sport oder auch die Kommunen kommen könnte. Wir haben uns natürlich auf die Fahnen geschrieben, dass wir das nicht zulassen wollen. Demzufolge haben wir beraten. Es gab noch eine Anhörung. Wir haben dann den entsprechenden Änderungspassus vorgelegt.
Da ist zum einen das Problem, dass die neuen Gesetzesbestimmungen einer Vereinbarung der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit der Stadt Jena im Weg stehen, wonach die Universität für die Nutzung der neu zu errichtenden Leichtathletikhalle in der Wöllnitzer Straße Entgelt zahlt. Herr Korschewsky hatte schon darauf hingewiesen. Da gibt es zweitens und drittens die Schwierigkeit, dass die Entgeltfreiheit auch die Nutzung öffentlicher Sportanlagen durch die Spezialgymnasien in Trägerschaft des Landes und den Übungsbetrieb im Nachwuchsleistungssport in Verantwortung der Sportfachverbände am Sitz eben dieser Spezialgymnasien beeinträchtigen würde. So, jetzt noch mal ganz genau so beschrieben, wie wir es auch erfahren haben und es Herr Korschewsky schon gesagt hat. Dann ist es doch eine logische Konsequenz, dass wir, die wir für den Sport stehen und für ein Sportland Thüringen einstehen, natürlich auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen.
Das haben wir gemacht. In diesen drei eng umgrenzten Fällen müssen wir daher von den neuen Gesetzesbestimmungen abweichen und einen weiteren Interessenausgleich zwischen dem Sport und den Kommunen vornehmen. Genau dieses tun wir mit dem heute in zweiter Lesung beratenen Gesetzentwurf. Und – es ist schon gesagt worden, selbst Sie, Herr Höcke, haben es zugestanden – diese Änderung ist mit Unterstützung des Landessportbundes und der Sportfachverbände im Anhörungsverfahren noch mal leicht verändert worden. Dann haben wir es eben entsprechend vorgelegt.
Nun hält diese Novelle ganz genau das fest, was Koalitionsfraktionen von Anfang an gewollt haben, nämlich dass das Land die für die Spezialgymnasien und für den Übungsbetrieb im Nachwuchsleistungssport anfallenden Nutzungsentgelte natürlich selbst trägt. Diese Diskussion hätten Sie im Übrigen auch mitverfolgen können, denn diese Diskussion hatten wir in Anhörungen, in den Ausschüssen. Ich kann mich sogar noch entsinnen – Herr Korschewsky, Herr Kobelt, Sie müssen mir jetzt noch mal helfen –, wir waren bei einer gemeinsamen Veranstaltung, ich glaube, es war in Oberhof, wo die sportpolitischen Sprecher – auch Sie – mit dabei gewesen sind. Auch dort wurde das Thema mit angesprochen. Insofern war uns immer klar, dass wir möglicherweise auch noch mal in bestimmten Bereichen nacharbeiten müssen.
Im Übrigen, auch das ist schon angesprochen worden: Auch für diese Situation, über die wir jetzt hier und heute entscheiden, haben wir im Landeshaushalt 2020 entsprechende Vorsorge getroffen. Da ist es ein guter Umstand, dass Bildung und Sport in einem Ministerium beheimatet sind und wir deshalb auch die Möglichkeit haben, im entsprechenden Haushalt dafür Sorge zu tragen.
Natürlich, Herr Grob, gebe ich Ihnen und den Vorrednern recht, die darauf hingewiesen haben, dass wir auf die Richtlinie warten, gar keine Frage. Die detaillierte Ausarbeitung dessen, was dann auch für kleine Vereine ganz wichtig ist, soll in einer Richtlinie weiter festgelegt werden. Darüber haben wir uns auch immer verständigt. Und, liebe Kollegen von der CDU, werter Kollege und Sportsfreund Grob, wir haben das auch immer mit der CDU gemeinsam besprochen, auch schon im Vorfeld. Sie wissen ganz genau, was wir auch alles an gemeinsamen Überlegungen hatten, was in diese Richtlinie mit hineinkommen soll. Darauf warten wir jetzt.
Der Verabschiedung unserer überschaubaren Korrektur des neuen Sportfördergesetzes steht daher aus unserer Sicht nichts im Weg. Die Koalitionsfraktionen haben darauf Wert gelegt, bei diesen
drei Spezialfällen ein weiteres Mal die Interessen des Sports
in fairer Weise zu berücksichtigen. Ich wünsche mir auch in Zukunft
allerletzter Satz –, dass Thüringen ein Sportland bleibt. Ich wünsche dem Sport insgesamt und allen, die damit zu tun haben, alles Gute und in diesem Sinne das Beste für die sportliche Entwicklung in diesem Land, auch mit diesem Gesetz. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst erst mal anknüpfend an die Rede des Ministers: Heute ist ein guter Tag für Thüringen, das ist von Ihnen schon ausgesprochen worden.
Ich möchte mich den Dankesworten anschließen, die Sie hier ausgesprochen haben. Dank an alle, die beteiligt waren, um wieder ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen. Und ich will mich auch mal
bei der Bundesebene bedanken. Frau Rosin, falls Ihnen das entgangen ist: Es gibt noch eine Große Koalition auf Bundesebene. Ich finde, die Familienministerin hat das in Absprache mit dem gesamten Kabinett mit einem wunderbaren Gesetz relativ gut gemacht. Wir waren im Übrigen, wenn ich nicht ganz verkehrt liege, das elfte Land, das mittlerweile unterschrieben hat. Dann braucht man auch hier nicht noch mal sehr seltsame Zeitaspekte auf den Tisch zu bringen. Aber jedenfalls ein herzliches Dankeschön für diese gute Zusammenarbeit, die zeigt, dass es auch zwischen Bund und Ländern vernünftig funktionieren kann,
wenn man es denn will und ein Interesse daran hat. Deswegen noch mal herzlichen Dank. Ich glaube, die Unterzeichnung des Vertrags in der Staatskanzlei hat das auch deutlich gemacht, auch das hat der Minister schon angesprochen. Bei allen Dankesworten – er kann sich ja nicht selbst danken –, möchte ich auch mal dem Ministerium ein ganz herzliches Dankeschön sagen. Ihnen insbesondere, weil Sie derjenige sind, der gerade auch in dieser Frage immer zugehört hat und aus dem, was er gehört hat, entsprechende Schlussfolgerungen gezogen hat und dann gemacht hat – dafür ein ganz herzliches Dankeschön.
Ich will nur mal in die Richtung sagen, Frau Rosin: Wenn es einer gewesen ist, der immer Gespräche mit Trägern, mit Verbänden, mit den Eltern, mit Erzieherinnen und Erziehern geführt hat, dann hat er es gemacht. Und ich weiß ja nicht, ob man vergessen hat, es in Ihr Redekonzept mit reinzuschreiben: Auch die Arbeitsgruppen – es ist die Arbeitsgruppe „Zukunft Kindergärten“ angesprochen worden – und diese Gespräche haben vorher schon stattgefunden. Ich meine, wenn Sie vielleicht persönlich nicht angesprochen worden sind, das kann sein. Aber die, die es wissen müssen, die waren mit dem Minister im Gespräch.
Deswegen finde ich es ein bisschen schade, liebe Kollegin Rosin, dass Sie da jetzt noch mal so richtig in die Wahlkampfmottenkiste gegriffen haben. Wenn es eine Veranstaltung in der Staatskanzlei gibt, eine Ministerin, Franziska Giffey als Familienministerin hier herkommt, ein Vertrag unterschrieben wird, alle, die damit zu tun haben, auch anwesend sind und sich positiv dazu äußern, dann weiß ich nicht, wieso Sie da wieder eine Wahlkampfebene daraus machen. Unverständlich! Das, was Sie
hier immer versuchen deutlich zu machen, dass es ausschließlich Ihnen um die Verbesserung der Qualität geht: Himmel noch mal, wenn man beides machen kann, dann soll man beides tun!
Wir wollen Qualitätsverbesserung und wir wollen Entlastung der Eltern – darum geht es uns. Wenn Sie ständig meinen, dass die Mutter der Weisheit die Wiederholung sei, dann gibt es auch eine Abwandlung des Sprichworts: „Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens.“ Deswegen werde ich jetzt noch einiges wiederholen, in der Hoffnung, dass Sie lernen, dass wir beides tun wollen: Das eine tun, ohne das andere zu lassen.
Also: In dieser Landtagssitzung wird zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode das Thüringer Kindergartengesetz novelliert, das in Zukunft nicht mehr Kita-, sondern Kindergartengesetz heißen wird; das haben Sie bereits angesprochen. Ich bin ja richtig hin und weg, dass Sie gut finden, dass es Kindergartengesetz heißt. Das ist doch schon mal positiv und an diesem Punkt können wir doch auch zusammen diskutieren.
Ja, natürlich, der Regierungskoalition geht es allerdings bei der Novellierung nicht nur darum, im eben genannten Fröbelland Thüringen ein deutliches Zeichen zu setzen, um den weltweit bekannten, von Bad Blankenburg ausstrahlenden Begriff „Kindergarten“ an prominenter Stelle des Gesetzes zu verankern. Wir setzen – und ich sagte es eben – mit der zweiten Änderung des Gesetzes unseren Weg fort, eine Verbesserung der frühkindlichen Bildungsqualität mit Entlastung für Thüringer Familien zu verknüpfen.
Jetzt komme ich ein bisschen zu der Wiederholung – Herr Minister hat dankenswerterweise schon vieles angesprochen –: Es ist gerade zwei Jahre her, als Rot-Rot-Grün mit der ersten Reform des Thüringer Kindergartengesetzes eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels in der Altersgruppe der dreibis vierjährigen Kindergartenkinder auf den Weg gebracht hat. Ab diesem Jahr werden so in den Einrichtungen über 500 zusätzliche Stellen geschaffen; das Land wendet hierfür jährlich rund 31 Millionen Euro auf. Mit der Verbesserung der Personalausstattung ist die Einführung der Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenbesuchsjahr vor der Einschulung einhergegangen. Seit 2018 werden Thüringer Eltern dadurch finanziell um insgesamt etwa 28 Millionen Euro im Jahr entlastet und jede Familie mit Kindergartenkindern hat so im
Durchschnitt rund 1.440 Euro jährlich mehr zur Verfügung. Ich finde das gut, weil mir bislang sowieso noch keiner erklären konnte, warum gerade im wichtigsten Teil dessen, was für Kinder gegeben werden muss, nämlich in der frühkindlichen Bildung, ausgerechnet Gebühren anfallen und Eltern bezahlen müssen,
während das in anderen Bereichen nicht der Fall ist. Wir wollen – und das wurde gesagt – langfristig die vorschulische Bildung gänzlich beitragsfrei gestalten, das ist unser Ziel.
Mithilfe des Bundes setzen wir diesen Kurs nun entschlossen fort. Mit dem neuen Gesetz unternehmen wir einen weiteren Schritt bei der Entlastung der Familien und dehnen genau diese Beitragsfreiheit weiter aus: Ab 1. August 2020 wird auch das vorletzte Besuchsjahr der Kinder zwischen viertem und fünftem Geburtstag beitragsfrei sein. Hierfür werden wiederum rund 31 Millionen Euro aus Mitteln des – da heißt es noch so – Gute-KiTa-Gesetzes eingesetzt. Die Thüringer Familien mit Kindergartenkindern haben dadurch wiederum jährlich circa 1.500 Euro mehr in der Tasche.
Und – auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, Frau Rosin – mit der Novellierung ist auch eine weitere Verbesserung der Betreuungssituation in den Einrichtungen verbunden: Wir senken den Personalschlüssel in der Altersgruppe der vier- bis fünfjährigen Kindergartenkinder ab 01.08.2020 von 1 zu 16 auf 1 zu 14 ab. Wir verbessern den Mindestpersonalschlüssel der Kindertagesstätten um 3 Prozent, denn dadurch können die Ausfallzeiten durch Urlaub und Krankheit personell besser kompensiert werden und für die einzelnen Erzieher/-innen bleibt spürbar mehr Zeit für die unmittelbare Arbeit am Kind. Auch das war immer Thema in den Anhörungen und genau das haben wir aufgenommen und mit umgesetzt. Beide Maßnahmen zusammengenommen entsprechen einem Personalplus von rund 530 Erzieher/-innen-Vollzeitstellen, das ab Beginn des Kindergartenjahrs 2020 den Einrichtungen zur Verfügung stehen wird.
Ich wiederhole mich und hoffe immer noch auf den Lerneffekt: Familienentlastung durch Beitragsfreiheit und eine Verbesserung der Betreuungssituation in den Kindergärten schließen sich also nicht aus, auch wenn Frau Rosin das immer wieder fälschlicherweise behauptet.
Sie lassen sich gemeinsam denken und sie lassen sich gemeinsam auf den Weg bringen. Wir haben das auch im Landeshaushalt 2020 gezeigt und dort die Maßnahmen zur personellen Entlastung der Kindertagesstätten verankert, nicht einfach mal so drüber geredet, es ist fest verankert.
Ich will noch darauf hinweisen, dass insbesondere auch die Realisierung eines Modellprojekts zur sozialindikatorengestützten Personal- und Sachausstattung von bis zu 100 Kindereinrichtungen bzw. Kindergärten auch mit einbezogen ist. Das sind Einrichtungen in sozialen Brennpunkten oder mit erhöhten Förderbedarfen, die ab 2020 zusätzliches Personal und zusätzliche Sachmittel erhalten, um leichter multiprofessionelle Teams bilden zu können – ein Anliegen, das auch wir als Koalition immer deutlich gemacht haben. Dafür stellen wir rund 7 Millionen Euro bereit und lassen Kindergärten mit besonderen Bedarfen zielgerichtet insgesamt bis zu 100 zusätzliche Stellen zukommen.
Wenn man das alles zusammenfasst, dann kann man ein Resümee der Kindergartenentwicklung in dieser Legislaturperiode ziehen. Dann hat die Regierungskoalition auf der Habenseite Personalverbesserungen an den Einrichtungen im Umfang von über 1.100 Vollzeitstellen vorzuweisen –
ja, ich denke, da kann man auch ruhig mal applaudieren; Frau Rosin, tun Sie mir den Gefallen und schreiben Sie diese Zahl noch mal auf, dass das im nächsten Redemanuskript vielleicht irgendwann einmal erscheint – und eine finanzielle Entlastungen der Thüringer Familien mit einem Volumen von rund 62 Millionen Euro im Jahr.
Ich glaube schon, das kann sich sehen lassen, und ich schließe mich dem Minister an: Ja, darauf bin ich mit meiner Fraktion und mit der gesamten Koalition stolz.
Wenn man jetzt noch mal nachfragt, was war denn so das Konzept der Opposition – wenn ich Opposition sage, meine ich die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion.
Ich sage ja, wenn man da nachfragt. Ich meine bei Opposition dann die CDU und keine andere Oppositionspartei. Ich habe gehört – und das haben viele andere auch gehört –, dass Herr Tischner vor wenigen Tagen gefordert hat, Thüringen müsse die Mittel aus dem Gute-KiTa-Gesetz des Bundes eins zu eins in Qualitätsverbesserungen stecken. Das sagt er immer, das hat Frau Rosin jetzt auch wieder so verklausuliert gesagt. Aber wenn man genau nachfragt, dann kommt nichts.
Sie sagen nicht, was Sie wollen, aber mehr oder weniger ungefragt hat Ihr Fraktionsvorsitzender Mike Mohring noch mal darauf hingewiesen, die CDU verstehe darunter eine Essengeldbefreiung in den Kindergärten. Ja, man kann natürlich die Essenverpflegung im Kindergartenbereich kostenfrei gestalten. Das ist – glaube ich – meines Wissens eine Summe von rund 100 Millionen Euro, die dann für dieses Land fällig werden. Dann wäre ich Ihnen dankbar gewesen, Sie hätten dazu einen Antrag gemacht
oder Sie hätten mal irgendwas gesagt oder Sie hätten es untersetzt und hätten gezeigt, dass Sie es denn tatsächlich wollen.
Die Essenverpflegung in Kindereinrichtungen ist sehr wichtig. Aber was das jetzt unmittelbar mit einer Verbesserung der Betreuungsrelation zu tun hat, was Sie ja immer einfordern, erschließt sich mir im Moment nicht, aber vielleicht kann es irgendjemand noch einmal irgendwann erklären. Also ich finde, da müssten Sie, was diese Gesetzgebung angeht, noch einmal konzeptionell nachbessern, hoffe ich wenigstens, dass das irgendwann mal kommt. Aber ich hoffe, dass das dann nicht wieder so schiefgeht wie bei der Familienoffensive, die ein Teil der Abgeordnetenkollegen hier in diesem Hause ja miterleben durfte. Da kann man an dieser Stelle noch mal ganz herzlich danken, dass nicht nur die Politik, sondern insbesondere die Eltern und Bürgerbewegungen das alles zum Stocken gebracht haben und wir dann wieder ein gutes Gesetz hier im Thüringer Landtag – damals parteiübergreifend – beschließen konnten.
Damit komme ich zum Schluss. Wir Sozialdemokraten und die Koalition haben einen klaren Kurs, der unser Handeln in dieser Legislaturperiode bestimmt hat, und das wollen wir auch weiter fortsetzen und das wollen wir auch nach der Wahl fortsetzen: schrittweise Ausdehnung der Beitragsfreiheit auf alle Kindergartenbesuchsjahre sowie perspektivisch
auch auf den Hortbesuch und dies jeweils begleitet von weiteren Verbesserungen bei der frühkindlichen Bildungsqualität. Dafür stehen wir nach wie vor, dafür standen wir, dazu werden wir stehen, dafür ist auch das neue Kindergartengesetz eine gute Grundlage und mit diesen Inhalten ist dieses Kindergartengesetz auch geprägt. Deshalb wird meine Fraktion und natürlich die Koalition diesem Gesetz zustimmen und nochmals den Stolz und die Zufriedenheit bekunden. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kollegin Rosin, es wäre an dieser Stelle besser gewesen, Sie hätten geschwiegen,
dann wäre diesem Haus eine Riesenpeinlichkeit erspart geblieben. Ich frage Sie jetzt mal ganz konkret: Wie steht die CDU-Fraktion und wie stehen Sie zur Frage „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“?
Ich frage Sie: Wie steht die CDU dazu, dass Kinder genau aus Problembereichen – genau die müssen im Kindergarten sein, um entsprechend betreut zu werden, die Gemeinschaft zu erleben und mit Kindern da zu sein. Und jetzt sage ich Ihnen noch eines: Jedes Mal wieder das Getue, dass sich die Eltern in Thüringen nicht frei entscheiden können. Das machen die seit Beginn an – natürlich.
Die Eltern entscheiden selbst, ob sie ein Kind in die Einrichtung geben oder ob es zu Hause bleibt. Aber ich habe Sie jetzt so verstanden, als ob Sie den Eltern unterstellen, sie wollen nicht, sie können nicht.
Vielleicht haben Sie auch Karrieristinnen gemeint oder was weiß ich wen – ich weiß nicht, was Sie gemeint haben. Die Kinder gehen in den Kindergarten und das haben ihre Eltern entschieden. Wer sein Kind zu Hause erziehen will, der tut das. Ich weiß gar nicht, wo das Problem ist. Das machen Sie schon seit dieser berühmt-berüchtigten Offensive, dass Sie diesen Quatsch erzählen, dass die Eltern nicht selbst entscheiden können. Also so doof sind Thüringer Eltern bei Gott nicht. Die wissen ganz genau, was sie wollen.
Das tut einem schon in der Seele weh, dass Sie so daherreden, da gibt es Eltern, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, die Probleme mit der Erziehungsleistung haben und deswegen verlängern sich die Betreuungszeiten. Ich kriege zu Hause regelmäßig dreimal täglich Besuch von einem Pflegedienst. Die haben alle Kinder. Die brauchen solche Betreuungszeiten und da muss auch das Kind mal eine Stunde länger bleiben, wenn die Mutter noch am Patienten arbeitet. Wollen Sie das verhindern?
Wollen Sie, dass eine Mutter mit schlechtem Gewissen irgendwo unterwegs ist, weil sie nicht weiß, wie es um ihr Kind steht? Also ich muss einmal sagen, dass eine Abgeordnete, eine Frau, eine Mutter der Christlich Demokratischen Union hier so ein Ding abzieht
ja, wahrscheinlich noch nicht lange genug, vielleicht braucht es noch ein paar Lehrgänge bei der Adenauer-Stiftung –,
ich muss einmal sagen, das trifft mich dermaßen. Ich kann mich eigentlich gegenüber den Eltern nur entschuldigen. Wissen Sie, das hat ja auch der Minister gesagt – in Ihrem Namen, nicht in meinem –, die Thüringerinnen und Thüringer, die Eltern, die Großeltern, die Erzieherinnen, die, die bei Trägern beschäftigt sind, die wissen genau, was sie möchten, und die wollen vernünftige, qualitätsvolle Kindereinrichtungen und die wollen auch, dass Bildung
und das hat der Minister noch mal sehr deutlich gesagt –, frühkindliche Bildung freigestellt ist, weil sie fast noch wichtiger ist – Entschuldigung! – als die Schule, die anschließend kommt. Frühkindliche Bildung ist das Wichtigste, was wir unseren Kindern mitgeben.
Frau Hennig-Wellsow hat das auch noch mal ganz genau beschrieben, was es bedeutet und wie man Ausgrenzungen verhindern kann. Die Menschen hier in Thüringen haben schon einmal per Bürgerentscheid entschieden, dass sie Ihre „Danke-Dieter/ Danke-CDU“-Familienoffensive nicht haben wollten. Und diese Menschen werden auch bei dieser Wahl darüber entscheiden, wie sie ihre Kinder betreut wissen wollen. Und da sind wir mit diesem Gesetz verdammt noch mal auf dem richtigen Weg. Wenn dann noch alle gemeinsam mitspielen, Bund, Land und Kommunen – und jetzt ist Ihnen mehrfach gesagt worden, dass die Finanzierung gesichert ist, dass sie verstetigt ist, sowohl von uns aus als auch von der Bundesebene. Das Einzige, was Ihnen jetzt noch einfallen kann – Sie wollen immer ehrlich zu den Menschen sein, dann seien Sie so ehrlich und sagen Sie, dass Sie das nicht wollen. Dann wissen die Leute da draußen genau, wie sie zu entscheiden haben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 9. Mai 2019 wurde der Gesetzentwurf zum Thüringer Gesetz zur Stärkung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Senioren an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen. Der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit hat den Gestzentwurf in seiner 61. Sitzung am 10. Mai 2019, in seiner 64. Sitzung am 27. Juni 2019 sowie in seiner 65. Sitzung am 5. September 2019 beraten und es wurde ein mündliches Anhörungsverfahren zu dem Gesetzentwurf gemäß § 79 der Geschäftsordnung durchgeführt. Es waren neun Verbände bzw. Organisationen anwesend. Der Gesetzentwurf wurde mit zwei Änderungen durch den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit am 5. September angenommen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Anbetracht dessen, was die Vorrednerinnen – in dem Fall Frau Holzapfel und auch Frau Leukefeld – gesagt haben, bemühe ich mich, relativ kurz zu sprechen, weil wir uns, glaube ich, an vielen Punkten einig sind. Nicht ganz einig waren wir insbesondere bei dem, was Frau Holzapfel angesprochen hat, dass auf Initiative eines CDU-Antrags das neue Gesetz bereits 2021 evaluiert werden sollte. Wir haben uns dann auf einen Kompromiss im Jahr 2023 geeinigt. Ich glaube, das zeichnet auch den Ausschuss für Soziales aus, dass wir uns auch immer auf einen Kompromiss einigen konnten. Wir haben das im Übrigen auch begründet und gesagt, wir wollen erst mal das Gesetz wirken lassen. Es nützt ja
nichts, nach einem halben Jahr schon wieder eine Überprüfung, eine Evaluation durchzuführen.
Ich freue mich, dass wir das Gesetz heute hier beraten. Es ist schon angesprochen worden: Das alte Gesetz wurde evaluiert. Daran anschließend gab es auch lange Beratungen mit Verbänden und Vereinen. Ich finde, es war eine sehr transparente Diskussion. Das Ministerium hat uns auch immer darüber informiert. Ich glaube, es war notwendig, dass diese intensiven Gespräche stattgefunden haben, sodass wir nun endlich dieses Gesetz verabschieden können.
Wir wollen mit dem Gesetz dazu beitragen, dass sich Menschen noch mehr in politische Entscheidungen einbringen, aber auch natürlich in gesellschaftspolitische Entscheidungen im Rahmen von Verbänden, von Beiräten, von Vereinen – wo auch immer. Wir wissen, dass das in vielen Teilen Thüringens schon sehr gut klappt. Das klappt auch in vielen Themenbereichen – Frau Holzapfel hat aufgelistet –, wo ältere Menschen sehr aktiv sind. Es klappt auch in den Städten und Gemeinden sehr gut, in denen es bereits Seniorenbeiräte und Seniorenbeauftragte gibt.
Es ist auch schon gesagt worden, dass es nur in fünf Thüringer Städten bzw. Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern noch keinen Seniorenbeirat gibt. Es gibt aber leider nur in 13 Thüringer Landkreisen und kreisfreien Städten Seniorenbeauftragte. Genau das ist von Ihnen, Frau Leukefeld, angesprochen worden. Dort wollen wir mit dem Gesetz Sorge dafür tragen, dass sich dies verbessert und dass wir das intensivieren. Wir wollen das ändern und wollen mehr Seniorenbeauftragte vor Ort haben.
Frau Holzapfel hat es schon gesagt: Menschen, die älter als 60 Jahre sind, sind die am schnellsten wachsende Altersgruppe in Thüringen. Jetzt könnte man sagen, das ist auch gut so, weil sie Zeit mitbringen, sich einbringen, der menschliche Aspekt, was die Frage von Großeltern angeht, die notwendigerweise die Familie unterstützen, und was die Frage von anderen Tätigkeiten im Ehrenamt angeht, ob es Schöffentätigkeit ist usw. All das wissen wir und da können wir auch froh und dankbar sein und können – und da bin ich dankbar, dass das noch mal so deutlich gesagt worden ist – von der Erfahrung der älteren Menschen profitieren. Das sollten wir nicht ungenutzt lassen.
Wir wissen – und es ist gesagt worden –, dass viele Seniorinnen und Senioren auch bereits in politischen Gremien, in Stadträten und in anderen Bereichen mitarbeiten. Dass sie gewählt werden, hat etwas damit zu tun, dass sie möglicherweise auch
schon länger in diesen Gremien mitarbeiten, einen bestimmten Bekanntheitsgrad haben, dass sie Erfahrungen mitbringen und sich einbringen können. Jeder von uns weiß, dass Stadtratssitzungen und Ausschusssitzungen auch erstens in vielen Fällen hinter verschlossenen Türen stattfinden und es zweitens auch viele Vorgespräche mit den betroffenen Vereinen und Verbänden braucht. Da sind gerade auch die älteren Menschen ganz wichtig, die die Zeit mitbringen und die dann ihren Erfahrungsschatz mit einbringen können. Aber die Argumentation, dass ältere Menschen in Stadträten, Kreistagen und Gemeinderäten schon gut vertreten sind und wir deshalb kein gutes Seniorenmitwirkungsgesetz brauchen, lasse ich nicht gelten, weil wir auch trotz alledem Unterstützung brauchen. Nicht jeder möchte ein politisches Amt, manche haben auch Interesse daran, in bestimmten Beiräten mitzuarbeiten, wo noch Hindernisse und Hürden aufgebaut sind. Wir brauchen natürlich auch eine gute Landesseniorenvertretung insgesamt, also in den Kommunen vor Ort und natürlich auch auf Landesebene.
Wir haben nach der Anhörung vieles mit eingebracht und den Gesetzentwurf noch ergänzt. Wir wollen, dass die Menschen in großen Städten, in kleineren Städten und in Dörfern alle gute Lebensbedingungen vorfinden. Wir wollen, dass die Menschen von Beginn an an der Erreichung dieser guten Lebensbedingungen beteiligt werden. Deswegen ist es auch wichtig, dass die Generationen gemeinsam und gut miteinander arbeiten, und wir wollen natürlich gerade die Erfahrungen von Seniorinnen und Senioren nicht ungenutzt lassen.
Ich glaube, mit diesem Gesetz gehen wir einen Schritt in die richtige Richtung. Die Bedarfe, die vor Ort bestehen, werden auch mit dem Gesetz und durch das Gesetz noch besser erkannt und sie können entsprechend eingefordert und benannt werden. Genau deswegen wollen wir Seniorenbeiräte und Seniorenbeauftragte. Wir wollen auch, dass die verschiedenen Regionen Thüringens im gleichen Maße im Landesseniorenrat repräsentiert werden und deswegen haben wir auch einen Passus in die Beschlussempfehlung aufgenommen, der bei der Mitgliederbesetzung auf ein ausgeglichenes Verhältnis der Regionen abzielt.
Ich würde mich sehr freuen, wenn auch dieses Gesetz heute eine breite Zustimmung finden würde. Den Termin der Evaluation hatte ich bereits genannt, auch der ist mit eingebunden worden. Ja, bitte stimmen Sie diesem Gesetz zu!
Das war jetzt der eine Part und vielleicht ist heute der Tag der Dankesworte. Nein, aber ich möchte noch zwei, drei ganz persönliche Worte als Aus
schussvorsitzende an Sie richten: Ich möchte mich ganz herzlich für eine wunderbare kollegiale und tolle Zusammenarbeit im Ausschuss für Soziales, Arbeit und – Frau Ministerin, helfen Sie mir – Familie bedanken.
Ich will stellvertretend Herrn Zippel nennen, der als mein Stellvertreter auch in schwierigen Zeiten immer eingesprungen ist, als ich aus privaten Gründen Probleme terminlicher Art hatte. Insgesamt war die Zusammenarbeit in diesem Ausschuss sehr gut, weil sie inhaltlich durch ein gutes Miteinander geprägt war.
Ich möchte mich stellvertretend ganz herzlich beim Ministerium bedanken, stellvertretend bei Frau Ministerin Werner und Staatssekretärin Feierabend. Es war eine sehr gute Zusammenarbeit. Und natürlich, last, but not least, dürfen wir die Landtagsverwaltung nicht vergessen, auch hier stellvertretend – und bitte geben Sie den Dank weiter – den Herren Burfeind und Riemann. Ich war stolz, die Vorsitzende sein zu dürfen, und mit so einem Team in diesem Ausschuss war es auch eine gute, eine schöne Arbeit und eine tolle Erfahrung. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Gäste und Zuhörer und Zuhörerinnen! Ein langer Prozess der Erarbeitung des Thüringer Gesetzes zur Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen geht heute – so hoffe ich doch, und wenn, dann mit den Stimmen der Koalition und eben nicht mit den Stimmen der Opposition – mit der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs und den dazugehörigen Änderungen zu Ende. Ziel des vorliegenden Gesetzes sind die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Thüringen und die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das macht noch einmal deutlich, was wir als Koalition für einen wesentlichen Anspruch an dieses Gesetz haben. Es ist ein großer Anspruch und wir wissen sehr wohl, dass wir nicht allem und nicht jedem bislang gerecht werden konnten – selbstverständlich. Aber wir haben mit diesem Gesetzentwurf und mit dem, was wir aufgenommen haben als Änderungen aus Anhörungen, denke ich, einen richtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht – und jetzt, sehr verehrte Frau Meißner, seien Sie mir nicht böse, ich zeige auch nicht allein mit dem Finger auf Sie, wir waren gemeinsam in einer Großen Koalition –, aber so ein Gesetz ist uns seinerzeit nicht gelungen, da haben Sie Ihren Teil dazu beigetragen,
wir sicherlich auch. Aber diese Koalition hat es jetzt geschafft und da nehmen Sie das einfach zur Kenntnis. Da kann man darüber reden und das hatte ich auch schon in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs gesagt. Natürlich hätten meine Fachsprecherinnen aus den Koalitionsfraktionen und ich uns sehr darüber gefreut, wenn wir schon früher oder im Jahr zuvor – oder wann auch immer – das Gesetz hätten verabschieden können. Aber – auch das hatten wir schon in den Beratungen hier andiskutiert – es gab gewichtige Gründe für die Länge
der Beratungen. Es hat unter anderem länger gedauert – und das habe ich auch immer schon geäußert –, dankenswerterweise auch in Richtung Ministerium, weil von Beginn an die Interessenvertreter und ‑vertreterinnen und Vereine und Verbände mit einbezogen worden sind. Dann dauert es nun mal ein bisschen länger, wenn die Leute aus der Praxis für die Praxis sich zu einem Gesetz äußern.
Dann haben wir – das wissen Sie auch – im letzten Jahr noch den Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention diskutiert. Er ist dann auch erstellt worden und ich habe auch immer darauf hingewiesen, dass das Gleichstellungsgesetz und der Maßnahmenplan 2.0 zusammen gedacht werden müssen. Deshalb macht es auch Sinn, das Gesetz erst nach der Erstellung des Maßnahmenplans zu diskutieren. Das vorliegende novellierte Gesetz sieht schon zahlreiche Verbesserungen vor, ich sage immer: als einen ersten Schritt in die richtige Richtung.
Die Ansiedlung des Beauftragten beim Landtag, das ist wohl die wichtigste Erneuerung, die wir hier beschlossen haben. Das war eine der zentralen Forderungen der Betroffenen und der Verbände gewesen und es ist kontrovers diskutiert worden.
Jetzt komme ich wieder an einen anderen Punkt. Auch das haben wir schon einmal in der Großen Koalition kontrovers diskutiert und auch in der neuen Koalition. Wir müssen uns grundsätzlich mit der Frage der Beauftragten, ihrer Stellung und ihrer Entlohnung auseinandersetzen. Das haben wir im Zusammenhang mit diesem Gesetz gewollt. Wir haben es nicht geschafft. Demzufolge haben wir dann im Interesse des Behindertenbeauftragten auch die Ansiedlung beim Landtag mit eingebunden. Aber wir haben an dieser Stelle eine grundsätzliche Diskussion. Das ist eine Aufgabe für den nächsten Landtag.
Ich kann nur herzlich bitten, dass das auch gemacht wird, damit da auch keine Ungerechtigkeiten und keine unterschiedlichen Wertungen entstehen. Alle Beauftragten haben wichtige Arbeitsfelder zu bearbeiten und demzufolge müssen wir uns auch diesem Thema noch einmal ganz besonders widmen.
Der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen ist mit weitreichenderen Rechten ausgestattet worden als bisher, damit er auch noch vehementer für die Rechte der Menschen mit Behinderungen streiten kann und natürlich auch der Regierung und auch dem Parlament auf die Finger schauen kann und den Finger in die Wunde legt.
Eine weitere zentrale Änderung ist die Einführung des Verbandsklagerechts. Menschen mit Behinderungen müssen nun bei Benachteiligungen nicht mehr selbst den Klageweg beschreiten, sondern anerkannte Verbände können dies an ihrer Stelle tun. Ich halte das auch für einen ganz wesentlichen Punkt. Und wir haben – auch das wurde schon angesprochen – den Finanzvorbehalt gestrichen, da er der UN-Behindertenrechtskonvention widerspricht.
Die Erstellung von Maßnahmenplänen zur Inklusion haben wir festgeschrieben und damit, liebe Kollegin Meißner, geben wir den Kommunen ein einheitliches Instrument an die Hand, um Barrieren zu erkennen und abzubauen.
Das sind nur einige Verbesserungen. Wir haben auch Verbesserungen finanziell untersetzt.
Wir haben im Sozialausschuss eine mündliche Anhörung durchgeführt und die dort gemachten Änderungswünsche haben wir sehr ernst genommen. Im Nachgang der Anhörung haben wir einen umfangreichen Änderungsantrag erarbeitet, der viele geäußerte Wünsche aufgenommen hat.
Schade ist, dass Sie Ihren Änderungsantrag erst heute oder gestern – oder wann auch immer er im Fach gewesen ist – auf den Tisch legen. Ich finde es gut, dass Sie auch zugehört haben in den Anhörungen, aber dann komme ich wieder an den Punkt: Das hätten wir alles schon einmal haben können. Wir haben das, was wir im Moment ableisten können als regierungstragende Koalition, auch gemacht und da bin ich sehr zufrieden mit dem, was hier auf dem Tisch liegt.
Wir haben die Festlegungen zur Verwendung von Kommunikationshilfen durch Behörden ausgeweitet, die Vorschriften zur Verwendung leichter Sprache. Auch hier ist an uns herangetragen worden, dass es bei der Kostenübernahme für Kommunikationshilfen im Rahmen von Elterngesprächen in Kindertagesstätten immer wieder zu Problemen kommt. Deswegen haben wir in einem Änderungsantrag nochmals auf das geltende Recht verwiesen, nachdem die Jugendämter die Kosten übernehmen müssen. Die Rechte des Beauftragten haben wir ausgebaut und ja, so soll der Beauftragte einmal in der Legislaturperiode dem Landtag mündlich und schriftlich Bericht erstatten. Ich denke, das ist ein wesentlicher Aspekt. Das würde natürlich die Arbeit dieses Beauftragten und auch möglicherweise anderer Beauftragter stärken, die Arbeit stärker in den Fokus bringen und natürlich eine Anerken
nung für die Arbeit sein. Es ist eine andere Wertigkeit, wenn dieses Plenum über diese Berichte diskutiert. Ich halte das für einen wesentlichen Aspekt, auch für die Zukunft. Die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder im Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen haben wir auf Anregung der Verbandsvertreter auf zwölf erhöht. Also bleibt abschließend zu sagen, wir haben es uns mit diesem Gesetz nicht leicht gemacht, wir wissen, dass vieles noch weiter zu verbessern ist unter dem Grundsatz der UN-Behindertenrechtskonvention „Nicht ohne uns über uns“ und dieser Grundsatz war im gesamten Erarbeitungsprozess wirklich ein Punkt. Ich komme sofort zum Ende. Es hat gedauert, aber es hat sich gelohnt. Der vorliegende Gesetzentwurf bringt uns einen guten Schritt auf dem Weg zur Inklusion weiter. Ich danke allen Verbandsvertretern für ihre Anregungen und die Geduld, die sie mit uns hatten, und ich hoffe, dass Sie weiter an unserer Seite sind, für weitere Verbesserungen kämpfen. Im Jahr 2024 soll das Gesetz evaluiert werden und dann können wir auch noch viele Dinge weiter mit einbinden. Herzlichen Dank und ich bitte um Zustimmung.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst, Herr Minister Hoff, ganz herzlichen Dank für Ihren Bericht. Ich freue mich auch immer wieder, dass wir einen solchen Bericht hier in diesem Hause in großer Offenheit diskutieren können und auch anfänglich, wie Kollegin Mitteldorf schon gesagt hat, noch engerer Zusammenarbeit, was die demokratischen Parteien angeht. Aber trotz alldem, glaube ich, gibt es hier doch ein Übereinkommen und ein Verständnis für die Notwendigkeit dieser Berichte. Dafür bin ich froh und dankbar.
Ende März hat die Landesregierung den aktuellen Bericht über ihre Aktivitäten bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen vorgelegt. Das ist mittlerweile der vierte Rechenschaftsbericht dieser Art und damit auch der letzte Bericht in dieser Legislaturperiode – darauf ist schon hingewiesen worden. Wenn wir heute über diesen Bericht diskutieren, dann tun wir dies vor einem besonderen historischen Hintergrund, und deswegen wollte ich den Fokus heute noch mal auf einen etwas anderen Aspekt in dieser Diskussion und in diesem Kontext legen. Wir tun dies vor einem besonderen histori
schen Hintergrund. Es ist 30 Jahre her, dass das SED-Regime mit den gefälschten Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989 einen letzten Pyrrhussieg errungen hat, der sich aber relativ rasch als Beginn des eigenen Untergangs erwiesen hat. Was mit den Kommunalwahlfälschungen einsetzte und mit der ersten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 seinen Abschluss fand, beschreiben und würdigen wir auch heute als Friedliche Revolution von 1989/1990.
Ich möchte hier nur einige Stichworte noch mal nennen, die eine Dynamik deutlich machen und wozu sich vielleicht der eine oder andere noch an ganz besondere und persönliche Ereignisse und Bilder erinnert: Die Kommunalwahlfälschungen und die Proteste der Bürgerrechtler dagegen, die Ausreise- und Fluchtwelle im Sommer 1989, die Besetzung der Prager Botschaft, die Montagsdemonstrationen in Leipzig, die Gründung des Neuen Forums und die Wiedergründung der Sozialdemokratie, die niedergeschlagenen Proteste in Ostberlin am 7. Oktober, der Sturz Honeckers, der Mauerfall, die Grenzöffnung, die Bildung Runder Tische – wo aus meiner Fraktion seinerzeit eine ganze Menge von ersten „Urgesteinen“ der neuen Sozialdemokratie mit dabei gewesen sind –, die Stürmung und Besetzung von Stasi-Einrichtungen und schließlich die erste und gleichzeitig letzte freie Wahl des DDRParlaments. Was zunächst mit Protesten einzelner begonnen hat, wurde bald zu einer Massenbewegung. Überall erhoben sich Menschen gegen Diktatur, sie haben ihre Angst überwunden, sie gingen sehr selbstbewusst auf die Straßen, sie forderten Reformen ein, sie beteiligten sich aktiv an vielen politischen Initiativen, Gruppierungen und Parteien, die damals quasi aus dem Nichts entstanden, hielten den Druck so lange aufrecht, bis dann die SEDHerrschaft zu Ende war. Das war auch in Thüringen so, und deshalb fühlt sich diese Regierungskoalition der Aufarbeitung der SED-Diktatur in all ihren Facetten verpflichtet. Dafür will ich Danke sagen und darauf bin ich auch stolz.
Es zeigt sich insbesondere in unserem Koalitionsvertrag, in vielen Parlamentsinitiativen und -beschlüssen seit 2014, auch im kontinuierlichen Regierungshandeln seit dem Landtagsbeschluss vom 29. Mai 2015, wo wir festgelegt haben, dass alljährlich ein Rechenschaftsbericht der Landesregierung vorgelegt und auch diskutiert wird. Das zeigt auch der diesjährige Bericht, den die interministerielle Arbeitsgruppe „Aufarbeitung“ zusammengestellt hat, der – wie ich schon sagte – vierte Bericht der Landesregierung.
Ich bin Kollegin Mitteldorf dankbar, dass sie darauf hingewiesen hat, dass es unser Wunsch wäre,
dass in dieser Arbeitsgruppe auch die demokratischen Fraktionen dieses Hauses mit vertreten wären. Ich glaube, das wäre auch noch mal eine gegenseitige Unterstützung und eine Unterstützung der jeweiligen Arbeit auf der jeweiligen Ebene. Vielleicht könnte das dann auch im nächsten Landtag so sein.
Wie schon in den vorangegangenen Rechenschaftsberichten, wenn ich sie mal so nennen darf, wird immer sehr differenziert alles dargestellt, was in einzelnen Politikbereichen schon gemacht worden ist. Es wird noch mal auf übergreifende Fragestellungen eingegangen, auf Schwerpunktthemen und Projekte und Aktivitäten. Dankbar bin ich eigentlich auch dafür, dass eben nicht nur auf das Gelungene hingewiesen wird, sondern auch auf das, was sich noch in Arbeit befindet und auch darauf, was in den nächsten Jahren noch umgesetzt werden muss. Im Detail muss ich auf die einzelnen Dinge nicht mehr eingehen, das haben der Minister und auch die Vorredner schon gemacht. Aber ich will an dieser Stelle auch noch mal ein ganz herzliches Dankeschön an die Landesregierung richten für all das, was sie nicht nur hier in diesem Land, sondern auch auf Bundesebene getan und angeregt hat, und auch für das, was immer wieder angesprochen wird, was getan werden muss.
Ich bin dankbar, dass auch noch mal sowohl von Herrn Wirkner als auch von Frau Mitteldorf das Thema „Zwangsausgesiedelte“ angesprochen worden ist. Ich kann mich noch sehr gut erinnern – die entsprechenden Sprecher der Koalitionsfraktionen und auch Herr Wirkner waren bei der Konferenz des Bundes der Zwangsausgesiedelten dabei, als es erstmals in diesem Land passiert ist, dass ein Ministerpräsident zugegen war, und dafür bin ich heute noch sehr dankbar.
Er hat sich der Problematik gestellt und gewidmet. Die Dinge, die zu tun waren, sind auch angegangen worden – der Minister ist darauf schon mit eingegangen. Trotz alledem bleibt eine gewisse Trauer. Frau Mitteldorf hat gesagt, wie oft wir mit Frau Tröbs reden. Frau Tröbs weist in allen möglichen Veranstaltungen immer wieder auf das Thema hin. Selbstverständlich weiß sie – deswegen richtet sich ihr Blick auch oftmals nach Berlin zur Bundesebene –, dass genau dort auch noch notwendige Entscheidungen fallen müssen. Menschlich traurig macht es schon: Wenn man schon lange Zeit in diesem Hause sein durfte, dann fällt einem doch bei dieser Gelegenheit auf, das man genau diese Thematik schon mit dem Vorgänger von Frau Tröbs besprochen hat. Das war ihr Vater, der mittlerweile
verstorben ist und der all das, was noch zu klären ist oder vielleicht irgendwann einmal geklärt wird, dann auch nicht mehr erleben kann. Ich hoffe, dass Frau Tröbs auf jeden Fall noch diesen Erfolg für ihre Begleiter umsetzen kann und dass wir auch als Landesregierung und als Parlament hier mit unterstützen können.
Die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur ist eine Aufgabe, die wir natürlich weiter verfolgen müssen, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass sich hier jeder sicher ist, dass dieser vierte Rechenschaftsbericht der letzte in dieser Legislaturperiode ist, aber – bei Gott – kein Abschlussbericht, sondern dass diese Aufarbeitung auch im nächsten Landtag weiter vorgenommen wird.
Diese Aufarbeitung wird, soll und sie muss auch alle Thüringerinnen und Thüringer und insbesondere uns als Politikerinnen und Politiker über das Jubiläumsjahr der Friedlichen Revolution hinaus beschäftigen. Wir haben jetzt ein modernes, ein weltoffenes und ein demokratisches Thüringen. Darauf können wir alle stolz sein. Aber auch an dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Dieses verdanken wir dem Mut derjenigen, die 1989/1990 für ihre Freiheit und für dieses moderne, weltoffene, demokratische Thüringen auf die Straße gegangen sind. Dafür an dieser Stelle auch noch einmal ein herzliches Dankeschön.
Wenn ich das an dieser Stelle auch noch mal erwähnen darf – ich habe das auch immer zum 17. Juni angesprochen: Die Vorkämpferinnen und Vorkämpfer derjenigen, die 1989/1990 auf die Straße gegangen sind, waren diejenigen, die es bereits am 17. Juni 1953 versucht haben. Auch dafür ein herzliches Dankeschön.
Lassen mich abschließend darauf hinweisen, dass für die Thüringer Sozialdemokratie – die, wie ich es auch beschrieben habe, eine ihrer Wurzeln in der Friedlichen Revolution hat –, auch für mich ganz persönlich, die Aufarbeitung des SED-Unrechts eine Verpflichtung weit über den heutigen Tag hinaus bleibt. Ich hoffe – und gehe auch davon aus –, dass das alle demokratischen Fraktionen in diesem Hause sehen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, in Ergänzung dessen, was mein Kollege Thomas Hartung schon ausgeführt hat: Zum Schulbereich möchte ich hier von dieser Stelle ausführen, dass der Landeshaushalt 2020 für mich ganz viele wesentlich gute Aspekte hat. Zum Sozialbereich werde ich nachher an anderer Stelle zum entsprechenden Einzelplan auch noch mal sprechen können. Aber speziell steht dieser Landeshaushalt 2020 für mich vor allem im Zeichen der Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes – das heißt eben „Gute-KiTa-Gesetz“, Entschuldigung, sonst hätte ich Kindergarten gesagt, aber der Name ist nun mal so gegeben worden. Die Regierungskoalition nutzt die Bundesmittel, um einerseits ab 01.08.2020 ein zweites beitragsfreies Kita-Besuchsjahr zu ermöglichen. Gleichzeitig nehmen wir
aber auch weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Betreuungsqualität in den Einrichtungen und zur Entlastung der Erzieherinnen in Angriff. Wir, die Regierungskoalition, senken den Betreuungsschlüssel in der Altersgruppe der Vier- bis Fünfjährigen von 1 zu 16 auf 1 zu 14 und verbessern den Mindestpersonalschlüssel um 3 Prozent. Dadurch können natürlich auch die Ausfallzeiten durch Urlaub und Krankheit besser kompensiert werden und es bleibt für die Erzieherinnen mehr Zeit für die unmittelbare Arbeit am Kind. Ich kann Sie von der Opposition wirklich nur herzlich bitten, mit den Lügen aufzuhören und so zu tun, als wollten wir nur das eine und das andere nicht. Wir wollen beides, wir wollen Beitragsfreiheit für den vorschulischen Bereich und wir wollen eine hervorragende qualitative Ausstattung. Das ist unser Ziel. Sie rennen durch das Land und erzählen das krasse Gegenteil. Ich finde das unredlich.
Ebenso wollen wir den Krippen und Kindergärten rund 530 zusätzliche Erzieherinnen in Vollzeitstellen zur Verfügung stellen. Wir nutzen die Mittel dieses Gute-KiTa-Gesetzes auch, um bis zu 100 Einrichtungen in sozialen Brennpunkten mit einem erhöhten Förderbedarf sozusagen passgenau mit zusätzlichem multiprofessionellen Personal und zusätzlichen Sachmitteln auszustatten. Und wir starten ein mehrjähriges Modellvorhaben – darüber haben wir hier auch schon diskutiert – zur praxisintegrierten Erzieherinnenausbildung, das uns helfen wird, mehr junge Menschen für die Arbeit in diesem Bereich, speziell in der frühkindlichen Bildung zu gewinnen. All das ist nicht nur Gerede oder Versprechung oder möglicherweise Wahlkampf, wie Sie immer so gern sagen wollen, nein, all das ist im Landeshaushalt abgebildet und es ist ausfinanziert.
Also: Rot-Rot-Grün hat geliefert. Von der Opposition kann man das zurzeit leider nicht sagen. Die CDU hat zwar erklärt, sie habe grundsätzlich andere Vorstellungen zur Umsetzung dieses Bundesgesetzes. Welche das aber konkret sind und was Sie dahinter versteckt haben oder möglicherweise meinen, das weiß niemand so genau, denn entsprechende Haushaltsanträge zu diesem Thema liegen nicht vor. Das ist schade, Sie beschränken sich auf Kritik, aber haben keine Alternativen.
Auch für den Sport setzt der Landeshaushalt 2020 sehr positive Akzente. Es ist schon angesprochen worden: Wir haben zum einen die 5 Millionen Euro
zur Gegenfinanzierung des neuen Sportfördergesetzes, wie versprochen, verankert. Kollege Wolf hat es schon gesagt, es war eigentlich eine Summe von 3,8 Millionen Euro als notwendige Grundlage vorgegeben und wir haben 5 Millionen Euro daraus gemacht. Sie tun jetzt immer noch so, als wäre es nicht ausreichend, anstatt einfach mal zu sagen: Nein, es ist eine Landesgesetzgebung, die die Kommunen auch finanziell unterstützt, aber die damit genau dem Rechnung trägt, dass Vereine dann auch die Sportanlagen kostenfrei nutzen können, so wie es im Gesetz steht.
Zum anderen kommt es zu einem Investitionsschub bei den Sportanlagen, also 4 Millionen Euro zusätzlich – auch das ist schon erwähnt worden. Und mit einem 14-Millionen-Euro-Sonderpaket legen wir ein deutliches Bekenntnis zur Zukunftsfähigkeit des Wintersportorts Oberhof ab. Was ich ganz besonders wichtig finde – die dabei waren, haben das ja auch erleben können, als die sportpolitischen Sprecher in einer Podiumsdiskussion zusammensaßen: Rot-Rot-Grün hebt die Vergütung der Nachwuchstrainer von E 9 auf E 11 an. Wir haben das, wie gesagt, in Bad Blankenburg mit den entsprechenden Fachleuten diskutiert, was dort sehr akzeptiert war und als notwendig betrachtet wurde. Deshalb setzen wir damit ein wichtiges Anliegen des organisierten Sports um.
Von der CDU hingegen gab es auch zu diesem Themenkomplex keine Haushaltsanträge, insbesondere im Sportbereich – also auch hier wiederum in diesem Fachbereich Fehlanzeige.
Deshalb aus unserer Sicht folgendes Fazit: Die skizzierten Schwerpunkte des Landeshaushalts zeigen erneut auf, dass die Regierungskoalition handelt, die Opposition an diesen genannten Punkten nur redet. Ich finde es schade, dass Sie dann teilweise mit Unwahrheiten durchs Land laufen. Aber das wird sich an der einen oder anderen Stelle dann zeigen, wie der Wähler damit umgeht. Herzlichen Dank. Ich hoffe, dass Sie dem zustimmen können.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden mir nachsehen, da ich sehr viel weniger Redezeit als die Kollegin Vorrednerin habe, kann ich leider nicht auf alles eingehen, was Sie angesprochen haben, was mir jetzt richtig Spaß machen würde. Aber Sie haben ja von Anfang an Klage gegen diesen Haushalt angedroht, verfassungsmäßig alles infrage gestellt, Gutachten eingefordert und, und, und. Insofern ist es ja schon fast eine Überraschung, dass Sie doch noch ein bisschen mitgespielt haben. Es ist ein Sammelsurium von Überlegungen, die aber letztendlich das, was unsere Zielsetzungen sind, konterkarieren. Auf diese Zielsetzungen des Haushalts möchte ich noch mal relativ kurz eingehen.
Viele Dinge haben wir schon an anderer Stelle intensiv diskutiert. Sie haben sich für den Bereich der Behindertenpolitik noch mal viel Zeit genommen, das haben wir hier in diesem Hause und auch im Ausschuss intensiv diskutiert. Die Auseinandersetzung über die Frage der Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes haben wir hier auch geführt. Insofern will ich aus Zeitgründen darauf nicht eingehen.
Vielleicht noch mal einige Erläuterungen, was den Sozialbereich und den Sozialhaushalt angeht. Es wird ja immer so gesagt, es gibt ganz viele Spielräume im Sozialhaushalt – die Ministerin guckt schon gleich entsetzt. Dem ist natürlich nicht so. Der Sozialhaushalt enthält leider nicht immer so viele Spielräume, wie wir sie uns wünschen würden. Viele Haushaltstitel, die im Moment ganz groß aussehen, wo andere meinen, Soziales bindet unheimlich viel Geld, sind Erstattungen des Bundes, beispielsweise über das Unterhaltsvorschussgesetz oder auch die Frage der Grundsicherung im Alter und andere Dinge. Nichtsdestotrotz haben wir Spielräume genutzt und haben Ansätze erhöht, wo es uns als Koalition wichtig ist, um deutlich zu machen, welche Bereiche besondere Aufmerksamkeit
verdienen und für ein aus unserer Sicht lebenswertes und liebenswertes Thüringen unerlässlich sind.
Dann lassen Sie mich auch noch mal eine Bemerkung hier loswerden, denn es wird den Sozialpolitikern und -politikerinnen immer unterstellt, das seien diejenigen, die immer nur Geld ausgeben wollen. Das ist eine Kritik, die wir von Finanzministerund -ministerinnenseite eigentlich auch gewohnt sind. Das wird uns immer gesagt. Aber natürlich vergessen auch diejenigen nicht – und alle wissen es –, dass genau der soziale Bereich entscheidend ist, wenn es darum geht, Städte und Dörfer lebenswert zu machen.
Nur wenn Menschen sich in ihrer Umgebung wohlfühlen, wenn sie gute Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder haben, wenn sie eine gute Gesundheitsversorgung haben, wenn Menschen mit Pflegebedarf versorgt werden können, dann wollen Menschen auch an diesen Orten leben. Dann gehen sie ihrer Arbeit nach, dann gehen sie auch einkaufen und zahlen Steuern. Ich will das einfach nur mal gesagt haben, weil wir Sozialpolitiker, die sich im Übrigen auch oftmals parteiübergreifend sehr einig sind, dann immer mal mit diesen Vorurteilen zu kämpfen haben.
Aber einige wenige Schwerpunkte aus diesem Bereich – und ich will nicht wiederholen, was schon gesagt worden ist –: Für uns ist die Fortführung einer erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik ganz besonders wichtig, also genau das Landesarbeitsmarktprogramm und die öffentlich geförderte Beschäftigung,
die Maßnahmen zur Integration und zur Prävention im Rahmen des Operationellen Programms des Europäischen Sozialfonds – auch hier wird es aus unserer Sicht keine Abstriche geben. Wer immer anders denkt, der möge das denken, dann müssen wir darüber diskutieren und letztendlich abstimmen. Denn selbst wenn es so ist, dass sich der Arbeitsmarkt hier in den letzten Jahren in Thüringen gut entwickelt hat – das wissen wir alle –, und dass wir mit 5,2 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote in den neuen Ländern haben, haben wir es trotzdem immer noch mit einer großen Zahl von Langzeitarbeitslosen zu tun. Die liegt immer noch etwa bei 20.000 Personen. Genau für diese Menschen, die wir nicht zurücklassen wollen, brauchen wir eine aktive Arbeitsmarktpolitik.
Deshalb wollen wir hier diese erfolgreichen Programme fortsetzen.
Und einige wenige Sätze: Das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ ist in vielen Orten bereits erfolgreich angelaufen und – auch darüber haben wir schon viel diskutiert – wir werden es noch umfangreicher mit Finanzmitteln ausstatten, denn gerade der Unterstützungsbedarf bei der Sozialplanung, der Erfüllung der Bedarfe usw. in vielen Regionen ist enorm. Wir haben deshalb einen entsprechenden Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf erarbeitet. Auch der Ausbau von Kindertageseinrichtungen zu Eltern-Kind-Zentren, nämlich ThEKiZ – das haben wir auch oft hier beraten und diskutiert –, soll fortgeführt und mit zusätzlichen Mitteln unterstützt werden.
Mit unserem Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ und dem Programm „ThEKiZ“ investieren wir eben genau in die sozialen Strukturen vor Ort, da, wo die Menschen wissen, was gemacht werden muss. Damit unterstützen wir eine leistungsfähige soziale Infrastruktur in ganz Thüringen, die allen Menschen, egal welchen Alters, eine gute Wohn- und Lebenssituation ermöglicht.
Zur Förderung dieser sozialen Strukturen gehört auch die verstärkte Förderung der Thüringer Familienverbände. Hier haben wir bereits im letzten Jahr das Gesetz zur Neustrukturierung der Familienförderung verabschiedet, in dem wir die Landespauschale in Höhe von 10 Millionen Euro festgeschrieben haben. Wir haben auch als Rot-Rot-Grün einen Änderungsantrag zum Haushalt 2020 eingebracht, der die Förderung der Arbeit der Familienverbände mit 280.000 Euro zusätzlich unterstützt. Mit diesen zusätzlichen Mitteln, was die Thüringer Familienverbände angeht, wollen wir natürlich deren Arbeit intensiv unterstützen und wir ermöglichen auch die Aufnahme zusätzlicher Verbände in die Förderung. Das ist längst überfällig. Wir müssen uns an diesem Punkt nicht einschränken.
Die Geschäftsstelle des einzurichtenden Landesfamilienrats soll mit 120.000 Euro gefördert werden. Letztendlich eine Familienpolitik, der eben ein moderner und breit angelegter Familienbegriff zugrunde liegt. Auch über den haben wir sehr lange diskutiert, der muss auf professionelle Strukturen zurückgreifen können und wir wollen dieses sicherstellen.
Ein weiterer Bereich, der uns besonders wichtig ist, ist natürlich die Pflege, die Versorgung der zu Pflegenden und die Sicherung des hohen Fachkräftebedarfs. Neben zusätzlichen 1,9 Millionen Euro, die im Haushaltsentwurf zur Unterstützung von Pfle
gestrukturen im ländlichen Raum eingestellt sind, haben wir auch einen Änderungsantrag eingebracht, der im Bereich Pflege weitere 2,5 Millionen Euro im Haushalt einstellt. Die eben sind notwendig, um Anstrengungen in diesem Bereich für die Weiterbildung zu verstärken und die Umsetzung des Pflegeberufegesetzes zu begleiten. Es geht hier zum Beispiel um die generalisierte Ausbildung, um einen verstärkten Bedarf an Praxisanleitern, einen erhöhten Koordinierungsbedarf der Ausbildungsstätten untereinander und auch um die Abschaffung – und das ist mir ganz besonders wichtig – des Schulgelds, und zwar bevor die Bundesregelung greift. Genau das tun wir.
Sie sehen also, wir investieren in Strukturen. Die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, sollen nach dem Willen von Rot-Rot-Grün allen Menschen in Thüringen zugutekommen. Das ist dann der Fall, wenn man in Strukturen investiert, und zwar in allen Regionen in Thüringen und für alle Menschen. Ich komme zum letzten Satz: So machen wir Thüringen lebenswert und ermöglichen es Menschen jeden Alters, in Thüringen zu leben, zu arbeiten, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen und auch hilfsbedürftige Angehörige gut zu versorgen und betreuen zu lassen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zum Haushalt. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auch sehr, dass wir heute endlich zu dieser Gesetzesnovelle im Plenum reden können. Ja, ich weiß, dass wieder wie auch an anderen Punkten immer mal gesagt worden ist: Es hat alles sehr lange gedauert und wir hätten das alles gern früher gehabt. Ja, das ist alles richtig, aber ich glaube – sowohl die Ministerin als auch meine Vorrednerin Frau Meißner haben schon darauf hingewiesen –, dass manche Dinge auch ihre Zeit brauchen, insbesondere die Evaluation.
Die Novelle des Seniorenmitwirkungsgesetzes ist als eines der wichtigsten Ziele im aktuellen Koalitionsvertrag von 2014 festgeschrieben worden. Deswegen haben wir uns natürlich mit diesem ursprünglichen Seniorenmitwirkungsgesetz, jetzt Mitwirkungs- und Beteiligungsgesetz, beschäftigt. Dementsprechend wurde das bis jetzt geltende Gesetz von einem unabhängigen Institut evaluiert. Die Ergebnisse dieser Evaluation sind in den aktuellen Gesetzentwurf eingeflossen. Genau deshalb hat es auch etwas länger gedauert, als wir uns das vielleicht selbst erhofft und gewünscht haben.
Nichtsdestotrotz möchte ich mich den Dankesworten anschließen und sagen: Herzlichen Dank an den Landesseniorenrat zum einen, der intensivst mitgearbeitet und begleitet hat, und an alle Senioren, die ihre Ideen mit einfließen lassen haben und diesen Prozess begleiteten! Es ist immer mal wieder wichtig, auf den Satz, der oft bemüht wird, hinzuweisen: Gründlichkeit geht oftmals vor Schnelligkeit. Das sollte auch bei diesem Gesetz gültig sein. Ich glaube, wir sind hier auf dem richtigen Weg.
Die wichtigsten Neuerungen im Gesetzentwurf sind bereits genannt worden. Ich will sie auch noch mal ganz kurz zusammenfassen und noch mal erwähnen: die Verpflichtung von Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern zur Bildung eines Seniorenbeirats und eine Verpflichtung für Landkreise und Städte zur Wahl eines Seniorenbeauftragten und eines Stellvertreters. Insbesondere wichtig, weil es eine wesentliche Forderung des Landesseniorenrates gewesen ist, dass der Landesseniorenrat neu
geordnet wird. Es ist schon festgestellt worden, die grundlegende Änderung im Gesetz ist der Wegfall der Unterscheidung zwischen stimmberechtigten und beratenden Mitgliedern im Landesseniorenrat. Das heißt, dass sich alle einbringen können und ihre Stimme nicht nur gehört, sondern auch gezählt wird. Ich halte das für eine ganz wesentliche Sache.
Ich glaube schon, dass wir uns in diesem Haus alle einig sind, dass es einfach wichtig und notwendig ist, den Sachverstand und die Erfahrungen von Seniorinnen und Senioren zu nutzen – das klingt vielleicht ein bisschen böse –, aber einfach auch in die politische Arbeit mit einzubinden. Genau das – das ist ja auch gesagt worden – wollen Seniorinnen und Senioren. Sie sind aktiv, sie sind fit, sie beteiligen sich an ganz vielen ehrenamtlichen Aktivitäten, ob das in den schon genannten Sportvereinen ist, ob das in Sozialverbänden ist, ob das in ganz anderen Bereichen ist. Oftmals, gerade wenn Ehrenamtspreise vergeben werden, ist es immer wieder wunderschön zu erleben, wie aktive Seniorinnen und Senioren Aufgaben erledigen, sich beteiligen, Dinge ableisten – oftmals in schwierigen Situationen, wenn sie selbst krank sind oder auch kranke Angehörige zu Hause pflegen usw. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Aspekt.
Ich kann vielleicht in diesem Teil, weil ich auch darum gebeten worden bin, von einer ehemaligen Landtagsabgeordneten grüßen, von Frau Bechthum, die nun mit 75 Jahren auch schon weit im Seniorenalter ist. Sie arbeitet ganz aktiv im Großelterndienst mit und unterstützt dort, dass Enkelkinder von Familien mitbetreut und begleitet werden. Da gibt es ein sehr umfassendes Programm und das ist eine ganz tolle Aufgabe. Ja, und das tut sie, obwohl sie drei eigene Enkel hat. Insofern sage ich immer wieder: Das sind Dinge, die Seniorinnen und Senioren machen. Das ist nur ein Beispiel, man könnte ganz viele nennen. Sie bat mich aber und sagte, ich könne an diesem Punkt auch mal darauf hinweisen.
Manchmal ist es dann auch die Frage, wieso man Dinge, die eigentlich selbstverständlich sind – wie Mitwirkung und Beteiligung von Senioren –, überhaupt auch noch gesetzlich festlegen sollte. Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und man wäre schlecht beraten – sowohl in der Politik als auch in vielen anderen Bereichen –, die Erfahrungen von älteren Menschen nicht zu nutzen und sie nicht miteinzubinden.
Selbstverständlich ist es enttäuschend, dass nur 13 Thüringer Landkreise und kreisfreie Städte bislang Seniorenbeauftragte haben. Ich glaube schon, dass wir noch eine intensive Diskussion, auch mit
der kommunalen Ebene, bekommen werden, dessen bin ich mir auch bewusst. Aber das ist überhaupt nicht der Punkt, wir wollen dann auch über diesen Gesetzentwurf intensiv reden.
Was mir auch noch mal wichtig ist: Die Ministerin ist darauf eingegangen, dass es Projektförderungen für Projekte von Seniorenbeiräten gibt und damit wieder das Landesprogramm Solidarisches Zusammenleben noch mal miteingebunden worden ist, um einfach deutlich zu machen, wie vielfältig auch dieses Landesprogramm ist und wie viele unterschiedliche Dinge wir unterstützen können. Wenn das dann auch noch die Seniorenbeiräte vor Ort, die die Situation vor Ort am besten einschätzen können, mitgestalten und dafür auch unterstützt werden, dann – denke ich – sind wir auf dem richtigen Weg, ich glaube, gerade auch deshalb, weil Frau Ministerin erwähnt hatte, dass sich der Landesseniorenrat auch positiv zum Gesetz geäußert hat.
Ich bin mir natürlich sicher, liebe Kollegin Meißner, dass Sie noch weitere Ideen haben und dass es noch viel mehr gibt, was mit eingebunden werden soll. Das haben wir ja bei anderen Gesetzen auch. Wir hatten am Dienstag eine Veranstaltung mit dem Außerparlamentarischen Bündnis für Menschen mit Behinderungen hier im Haus. Natürlich wird bei allen Vorhaben immer noch aufgelistet, was noch weitergehend mit eingebunden werden muss. Deswegen ist es auch – und auch da stimme ich der Ministerin zu – eine fortwährende Aufgabe. Wir werden nicht das letzte Mal dieses Gesetz evaluiert haben, sondern wir werden daran weiterarbeiten. Insofern freue ich mich sehr, dass wir diesen Entwurf im Sozialausschuss weiterdiskutieren. Selbstverständlich werden wir auch eine Anhörung in die Diskussion einbeziehen. Deswegen bin ich froh und dankbar, dass wir ohnehin morgen in der Mittagspause eine Sondersitzung des Sozialausschusses haben, sodass wir dann auch dort gleich bereden können, wen wir denn zur Anhörung einladen. In diesem Sinne bitte ich um Überweisung und danke für das Zuhören.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste, ich schließe mich, was die Begrüßung der Gäste angeht, der Begrüßung von Kollegin Stange an. Damit habe ich alle herzlich begrüßt, die heute der Diskussion folgen.
Ich freue mich sehr, dass wir heute abschließend über den Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention Version 2.0 reden. Ich möchte mich an dieser Stelle bei