Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen, denn ich würde gern Herrn Adams zu seinem Geburtstag gratulieren vor dem Plenum, und dafür eröffne ich jetzt die Plenarsitzung. Für die Gratulation wäre es aber notwendig, dass der Rest sich setzen und nicht in Schlange anstehen würde.
Jetzt versuchen wir es noch einmal: Herzlichen Glückwunsch, Herr Adams! Als Geburtstagskind wünschen wir Ihnen alles Gute zum Geburtstag.
Ja, dass Sie einen ausgeben, ist auch noch schön – wunderbar. Da freuen sich sogar die Besucher. Aber es sind keine da. Alles gut! Also alles Gute zu Ihrem Geburtstag!
Für die heutige Plenarsitzung darf ich Sie alle herzlich begrüßen. Herr Abgeordneter Gruhner hat neben mir als Schriftführer Platz genommen und Abgeordneter Kräuter übernimmt die Redeliste.
Für die heutige Sitzung haben sich leider einige Kollegen entschuldigt: Frau Abgeordnete Floßmann, Herr Abgeordneter Gentele, Frau Abgeordnete Annette Lehmann, Frau Abgeordnete Muhsal, Frau Abgeordnete Walsmann und Herr Abgeordneter Walk zeitweise.
Zur Tagesordnung gab es keine weiteren Punkte, außer dass die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Krumpe in der Drucksache 6/5727 in Abstimmung zwischen Fragesteller und Landesregierung in den Plenarsitzungen im Monat Juni beantwortet wird.
Herr Präsident, ich möchte bitten, den Tagesordnungspunkt 15 a und b heute nach der Fragestunde aufzurufen.
TOP 15 a und b nach der Fragestunde aufrufen – gibt es da gegenteilige Meinungen? Dann lasse ich das abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDUFraktion, der Koalitionsfraktionen und der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit rufen wir dann TOP 15 a und b nach der Fragestunde auf.
Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2017 Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/5739
Ich freue mich, dass der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Herr Abgeordneter Heym, den Bericht dem Landtag gibt. Herr Heym, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Gäste auf der Tribüne – das ist auch noch überschaubar –, aber auch liebe Zuschauer an den Bildschirmen!
Gestern hat ein Kollege, den ich im Übrigen hier heute Morgen auch noch nicht sehe, darum gebeten, er möge von lustigen Petitionen berichtet bekommen. Da ist mir eingefallen – die ist zwar schon etwas älter –, es hat mal jemand geschrieben, wir mögen uns darum kümmern, dass Weihnachten abgeschafft wird, weil ja eh nur gekauft wird und weil es den Weihnachtsmann nicht gäbe. Ich habe die deshalb so lustig gefunden, weil man ja damit feststellt, dass es tatsächlich noch welche gibt in diesem Land, die nicht an den Weihnachtsmann glauben.
Aber ich möchte einsteigen in den Bericht und ich freue mich, Ihnen heute gemäß § 103 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags über die Arbeit des Petitionsausschusses aus dem Jahr 2017 zu berichten.
Der Bericht dokumentiert einmal mehr die umfangreiche Arbeit dieses Ausschusses. Mit der heutigen Berichterstattung möchte ich beispielhaft einige ausgewählte Aspekte der Ausschussarbeit vorstellen. Ich werde versuchen, mich kurzzufassen, obwohl es natürlich genügend Problempunkte gibt, die es verdient hätten, näher dargestellt zu werden.
Artikel 14 der Thüringer Verfassung ermöglicht jedermann, sich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Die an den Ausschuss gerichteten Eingaben kann man als „das Spiegelbild der Sorgen und Nöte der Menschen im Freistaat“ bezeichnen.
Wenn auch der Petitionsausschuss nicht allen an ihn herangetragenen Anliegen abhelfen kann, so versuchen die Mitglieder des Ausschusses doch stets, sachgerechte Lösungen im Interesse der Petenten zu entwickeln. Der Petitionsausschuss bietet den Petenten damit eine Plattform zum Austausch von Informationen und Argumenten mit der Verwaltung. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass der Ausschuss bei der Bearbeitung der an ihn herangetragenen Anliegen nicht nur auf eine rechtliche Prüfung beschränkt ist, sondern die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme auch dann noch prüfen kann, wenn vielleicht sogar schon ein rechtskräftiges Urteil in einer Angelegenheit vorliegt.
Die Mitglieder des Ausschusses erhalten mit der Petition oft auch wertvolle Anregungen für ihre parlamentarische Arbeit. Treten beispielsweise im Rahmen der Bearbeitung einer Petition mögliche Mängel einer gesetzlichen Regelung oder Gesetzeslücken zutage, so können durch die Einbeziehung der zuständigen Fachausschüsse über den jeweiligen Einzelfall hinaus mögliche grundsätzliche Verbesserungen erreicht werden.
Die Menschen setzen großes Vertrauen in den Petitionsausschuss. Auch im Berichtszeitraum haben den Petitionsausschuss wieder mehr als 1.100 Petitionen erreicht. Insgesamt 1.125 neue Eingaben wurden an den Ausschuss herangetragen. Nach dem Jahr 2015 mit 1.130 neuen Petitionen war dies die höchste Zahl in den vergangenen fünf Jahren. Seit 2013 lag die Zahl der Neueingaben dabei kontinuierlich über 1.000 Petitionen.
Zwar gibt es Petenten, die sich gleich mit mehreren Anliegen an den Petitionsausschuss wenden, andererseits gibt es auch immer wieder sogenannte Sammelpetitionen, die von einer größeren Zahl von Bürgerinnen und Bürgern mitgezeichnet werden, sodass die tatsächliche Zahl der Menschen, die sich Hilfe von dem Ausschuss erhoffen, deutlich höher liegen dürfte, als die 1.125 Neueingaben ausweisen.
Natürlich sagen die Zahlen letztlich wenig über die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit der Menschen mit ihrer Landesregierung aus. Ebenso wenig wie man aus der vorgenannten großen Zahl von Petitionen eine grundsätzliche Unzufriedenheit der Bürger erkennen kann, wäre es zulässig, aus rückläufigen Zahlen zu schließen, dass die Bürgerinnen und Bürger mit der gesamten Arbeit der Landesregierung und unseren Behörden zufrieden wären und keinerlei Anlass für Kritik sähen.
Wie bei einem Seismografen, der aufzeigt, wie Gesetze funktionieren und wie diese von der Verwaltung umgesetzt werden, zeigt sich vielmehr, wie die Bürgerinnen und Bürger im Einzelfall mit der Verwaltung zurechtkommen.
Oftmals fehlt es den Behörden insoweit leider einfach an der Bereitschaft, mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Anstatt zunächst nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, wird der Bürger nicht selten auf den Rechtsweg verwiesen, was oft sehr teuer ist und im Instanzenzug darüber hinaus Jahre in Anspruch nehmen kann und nebenbei – wie gesagt – auch oft viel Geld kosten kann.
Lassen Sie mich an dieser Stelle beispielhaft einen aktuellen Fall schildern, in dem sich der Petitionsausschuss den Interessen der Bürger angenommen hat, die sich von den zuständigen öffentlichen Stellen zu Recht mit ihren Sorgen alleingelassen fühlen: Die Bewohner der Siedlung Schern, eines Ortsteils der Gemeinde Werther bei Nordhausen, hatten sich mit der Bitte um Hilfe an den Petitionsausschuss gewandt, weil das Wasser, das sie aus eigenen Brunnen beziehen, in hohem Maße nitratbelastet ist und als Trinkwasser nicht verwendet werden darf. Die Betroffenen beklagen, dass der zuständige Zweckverband „Wasserverband Nordhausen“ sich seiner Verantwortung entziehe und weder zu einem Anschluss der Siedlung an die zentrale Trinkwasserversorgung noch zu einer sonstigen akzeptablen Lösung des Problems bereit sei. Der Fall ist gestern bei der Debatte um die Novellierung des Wassergesetzes auch schon angesprochen worden. Der Petitionsausschuss unterstützt das Anliegen der Anwohner und sieht den Zweckverband in der Pflicht, im Rahmen der Daseinsvorsorge sicherzustellen, dass die Haushalte des Ortsteils mit gesundheitlich unbedenklichem Trinkwasser versorgt werden. Vor etwa zwei Jahren hat das Gesundheitsamt festgestellt, dass das Trinkwasser aus den Brunnen auf den Grundstücken der Siedlung extrem hohe Nitratwerte aufweist und aufgrund der davon ausgehenden Gesundheitsgefahr nicht für die Zubereitung von Speisen und Getränken geeignet ist. Seitdem sind die Anwohner gezwungen, ihren Trinkwasserbedarf mit Flaschenwasser aus dem Handel zu decken. Ursache für die hohen Nitratwerte ist wahrscheinlich der ehemalige intensive Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft. Gleichwohl lehnt der Zweckverband einen Anschluss der Siedlung Schern an sein Trinkwassernetz unter Hinweis darauf ab, dass dies aufgrund der geringen Anzahl der Haushalte und der Länge der erforderlichen Versorgungsleitung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar sei. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Ein Zweckverband hält es für unwirtschaftlich, Anstrengungen zu unternehmen, um Menschen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen, und das in Deutschland, in diesem modernen, reichen Land. Der Petitionsausschuss hat den Zweckverband daher aufgefordert, den Bewohnern eine annehmbare Alternativlösung anzubieten. In diesem Zusammenhang hat er auch einen ersten Ortstermin durchgeführt, um sich über die Situation zu informieren und mit den Bewohnern und Vertretern des Zweckver
bands das Petitionsanliegen zu erörtern. Im weiteren Verlauf zeichnete sich die Möglichkeit ab, die Siedlung über einen an geeigneter Stelle anzulegenden zentralen Brunnen zu versorgen, sofern hierfür ein Standort mit möglichst wenig belastetem Grundwasser gefunden werden kann. Der Zweckverband geht aber nach wie vor davon aus, sich an den dafür erforderlichen Investitionen und auch an den Kosten einer zunächst benötigten Probebohrung nicht beteiligen zu müssen, da die Finanzierung Sache der Anwohner sei. Für den Petitionsausschuss ist die Haltung des Zweckverbands weder nachvollziehbar noch akzeptabel. Der Ausschuss ist fraktionsübergreifend der Auffassung, dass die Abgeordneten die Einwohner der Siedlung mit ihren Problemen nicht im Stich lassen dürfen und dass alle Haushalte im Verbandsgebiet in die Lage versetzt werden müssen, zu vertretbaren Bedingungen sauberes Trinkwasser zu beziehen. In diesem Zusammenhang hat der Ausschuss auch auf die jährlich seitens des Zweckverbands erwirtschafteten Gewinne hingewiesen. Man muss sich das vorstellen: Auf der einen Seite wird gesagt, die Investition ist nicht wirtschaftlich, auf der anderen Seite erwirtschaftet der Zweckverband Gewinne und schüttet die an seine Mitgliedsgemeinden aus. Die geschilderte Petition ist noch nicht abgeschlossen. Der Ausschuss wird vielmehr am 29. Juni dieses Jahres ein weiteres Gespräch mit allen Beteiligten führen. Die Mitglieder des Ausschusses hoffen, dass auch die zuständigen Minister an dem Gespräch teilnehmen werden und dass der Zweckverband letztlich dazu bewegt werden kann, seine starre Haltung aufzugeben und die Bewohner der Siedlung bei der Suche nach einer Lösung für sauberes Trinkwasser zu unterstützen.
Der Petitionsausschuss hätte sich hier ein bürgerfreundlicheres Verhalten der beteiligten Behörden gewünscht. Dies umso mehr, als diese Petition den Ausschuss bereits seit zwei Jahren beschäftigt. Glücklicherweise haben die Menschen ihre Hoffnung auf eine Lösung noch nicht aufgegeben. Gerade dieser Fall beweist, wie wichtig es ist, dass es mit dem Petitionsausschuss eine unabhängige Stelle gibt, die die Betroffenen mit ihren Sorgen und Nöten im Umgang mit den Behörden unterstützt. Leider fehlt es den Behörden oftmals an Mut, eine eigene Entscheidung einmal zu überdenken und auch das eigene Handeln infrage zu stellen. Bei den Behörden das Bewusstsein zu entwickeln, Menschen ernst zu nehmen und auch Bürgernähe zu vermitteln, wo Problemlösungen scheinbar an den Hürden der Bürokratie scheitern, sieht der Petitionsausschuss als eine seiner wesentlichen Aufgaben an.
Nicht selten handelt es sich bei den Anliegen, die an den Ausschuss herangetragen werden, um existenzielle Probleme. Deren Lösung ist oftmals wenig öffentlichkeitswirksam, nicht selten aber zeitaufwendig. Wichtig ist es dennoch stets, dass die Menschen das Gefühl haben, mit ihren Fragen ernst genommen zu werden.
Das gilt nicht zuletzt auch für Petitionen von Strafund Untersuchungsgefangenen oder Patienten aus dem Maßregelvollzug. Das Thüringer Petitionsgesetz sieht vor, dass sich diese Menschen ohne Kontrolle durch die Anstalt oder die verwahrende Einrichtung direkt an den Petitionsausschuss wenden können. Gerade hier zeigt sich, wie Anliegen oder Befindlichkeiten, die von Menschen in Freiheit eher als Bagatellen angesehen werden, eine ganz besondere Bedeutung haben können. Denken wir dabei an den Strafgefangenen, der in seinem Haftraum einen Vogel halten möchte, was ihm seitens der Justizvollzugsanstalt verwehrt wird. Hier sind besonderes Einfühlungsvermögen und hohe Sensibilität der Mitglieder des Petitionsausschusses gefordert.
Mit 340 Petitionen kamen im Übrigen auch die meisten Eingaben im Berichtszeitraum aus dem Bereich Straf- und Maßregelvollzug. Alles in allem waren dies für den Bereich des Straf- und Maßregelvollzugs noch einmal knapp 30 Prozent mehr Anliegen als im Jahr 2016.
Die Mitglieder des Petitionsausschusses sowie der Strafvollzugskommission werden nicht müde, immer wieder die schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe der im Strafvollzug tätigen Bediensteten zu betonen. Natürlich auch für sie haben die Abgeordneten bei ihren Besuchen in den Vollzugsanstalten stets ein offenes Ohr. So hatten einige Bedienstete der zum Jahresende 2017 geschlossenen JVA Gera gegenüber den Mitgliedern der Strafvollzugskommission beklagt, erst wenige Tage vor dem Besuch der Kommission darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dass noch im laufenden Jahr mit der Schließung der Anstalt gerechnet werden müsse. Manche Bedienstete äußerten ihr Unverständnis hinsichtlich der Entscheidung, die JVA Gera aufzugeben, wobei die Höhe der von dem Ministerium angeführten erforderlichen Investitionskosten ebenso bezweifelt wurde wie die von dem Ministerium genannte Zahl der noch in der JVA Gera untergebrachten Gefangenen. Beklagt wurden überdies die mit der Renovierung zumindest eines Hafthauses in der JVA Hohenleuben verbundenen Kosten, die infolge einer Überführung einer größeren Zahl von Gefangenen aus der JVA Gera in die JVA Hohenleuben befürchtet wurde. Viele Bedienstete befürchteten darüber hinaus nicht zuletzt private Nachteile aufgrund eines absehbaren erforderlichen Wechsels ihres Arbeitsplatzes bzw. ihres Dienstortes.
Ich will mich insoweit kurzfassen, da ich schon im vergangenen Jahr über die mit der seinerzeit noch beabsichtigten Schließung der JVA Gera verbundenen Schwierigkeiten berichtet habe. Letztendlich muss wohl konstatiert werden, dass sich der Betrieb der JVA Gera schon aufgrund ihrer innerstädtischen Lage bereits seit Jahren schwierig gestaltete und auch immer wieder zu Petitionen von Strafgefangenen geführt hat. Die Zukunft wird zeigen, wie es in der JVA Hohenleuben gelingt, die dorthin gewechselten Bediensteten zu integrieren und die aus der JVA Gera übernommenen Gefangenen zu betreuen.
Die bis zu ihrer Schließung von der JVA Gera wahrgenommene Funktion als umlaufleitende Transportbehörde für Gefangenensammeltransporte des Freistaats wird im Übrigen bereits seit dem 23. Oktober 2017 von der JVA Goldlauter wahrgenommen. Wie sich im Ergebnis der Prüfung der Petitionen zeigte, hat die Landesregierung insoweit allerdings durchaus große Anstrengungen unternommen, um die Auswirkungen für die betroffenen Bediensteten der JVA Gera, die an einen neuen Arbeitsplatz wechseln mussten, in einem vertretbaren Rahmen zu halten. So wurde nicht zuletzt versucht, erforderliche Versetzungen in die JVA Hohenleuben oder die JVA Suhl-Goldlauter zunächst auf freiwilliger Basis zu vollziehen. Auch Einsatzmöglichkeiten im allgemeinen Justizdienst wurden insoweit in Betracht gezogen.
Bei allem Verständnis für die wirklich nicht einfache Arbeit im Strafvollzug dürfen wir aber nicht die Verantwortung für die Resozialisierung straffällig gewordener Menschen außer Acht lassen. Nicht zuletzt von der Qualität der dabei geleisteten Arbeit hängt es ab, ob und inwieweit Strafgefangene nach ihrer Haftentlassung in alte kriminelle Verhaltensweisen zurückfallen und erneut straffällig werden.
Gestatten Sie mir, an dieser Stelle zwei Fälle anzuführen, die nicht nur zu deutlicher Kritik an der Arbeit der betreffenden Justizvollzugsanstalten, sondern auch an der Arbeit der Aufsichtsbehörde, also des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Veranlassung geben.
In einem Falle beklagte ein noch jugendlicher Gefangener gegenüber dem Petitionsausschuss, dass ihm trotz einer entsprechenden mündlichen Zusage die Aufnahme einer externen beruflichen Ausbildung unter Gewährung entsprechender Vollzugslockerungen verwehrt worden sei. Die JVA beabsichtige vielmehr, ihn in eine andere Einrichtung zu verlegen, wo die Möglichkeiten für die Aufnahme einer Ausbildung deutlich schwieriger seien. Im Laufe der Prüfung des Anliegens stellte der Ausschuss fest, dass die Verlegung des Petenten aus Sicherheitsgründen erfolgen sollte, da er über ein halbes Jahr zuvor Opfer eines gewaltsamen Übergriffs von Mitgefangenen geworden war. Der Petent hatte zu
nächst selbst aus Sicherheitsgründen seine Zustimmung und sein Interesse an einer Verlegung in eine andere JVA bekundet. In der Folge ist es jedoch nicht zu einer Verlegung gekommen. Vielmehr wurden mehrere Anträge des Gefangenen mit dem Ziel der Durchführung seiner Straftataufarbeitung unter Hinweis auf die immer noch mögliche Verlegung in eine andere JVA zurückgestellt.
In der Folge dann wurden dem Petenten die für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung erforderlichen Lockerungsmaßnahmen seitens der JVA nicht gewährt, weil er aufgrund der noch fehlenden Straftataufarbeitung als nicht lockerungsgeeignet angesehen wurde. Nach Auffassung des Ausschusses war es absolut unangemessen, dem Petenten die nicht erfolgte Straftataufarbeitung, die er mehrmals beantragt hatte, im Hinblick auf seinen Lockerungsantrag vorzuhalten und entsprechende Lockerungsmaßnahmen abzulehnen. Dass der Petent noch keine Straftataufarbeitung durchführen konnte, war nicht von ihm, sondern einzig und allein von der Anstaltsleitung zu verantworten.
Ein weiteres Kuriosum war, dass dem Petenten die Teilnahme an einem Vorstellungsgespräch hinsichtlich seiner beabsichtigten Berufsausbildung im Wege eines unbegleiteten Ausgangs ermöglicht wurde. Gleichwohl wurden, nachdem der Petent die Aufnahmeprüfung bestanden hatte und einen Ausbildungsvertrag unterzeichnet hatte, weitere Lockerungsmaßnahmen mit dem Hinweis auf eine mögliche Missbrauchsgefahr verwehrt. Vielmehr wurde dem Petenten, nachdem er sich zwischenzeitlich an den Ausschuss gewandt hatte, eröffnet, dass er nunmehr aus Sicherheitsgründen kurzfristig in eine andere JVA verlegt werden müsse. Nachdem die Verlegung zuvor über ein halbes Jahr nicht realisiert wurde, im Übrigen während dieses Zeitraums auch keine weiteren Übergriffe auf den Petenten erfolgten, war es für den Petitionsausschuss nicht nachvollziehbar, dass nunmehr kurzfristig eine mit entsprechenden Sicherheitsgründen begründete Verlegung vorgenommen werden sollte. Trotz der Bitte des Petitionsausschusses, die Verlegungsmaßnahme bis zu einer endgültigen Prüfung des Ausschusses zurückzustellen, wurde der Petent umgehend verlegt, nachdem ein Mitglied des Petitionsausschusses vor Ort Gespräche mit der Anstaltsleiterin und dem Petenten geführt hatte. Erst nachdem sich der Petitionsausschuss in mehreren Sitzungen mit dieser Angelegenheit befasst und gegenüber dem zuständigen Ministerium mehrfach seine Verwunderung über das Vorgehen in dieser Angelegenheit zum Ausdruck gebracht hatte, wurde schließlich seitens des Ministeriums mitgeteilt, dass dem Petenten auch in der JVA Hohenleuben die Aufnahme einer Berufsausbildung ermöglicht worden sei und er die insoweit erforderlichen Lockerungsmaßnahmen erhalten werde. Zwar konnte die Petition letztendlich erfolgreich im Sinne des Pe
tenten abgeschlossen werden, gleichwohl bleibt festzuhalten, dass dem Petenten offensichtlich auch bereits in der Jugendstrafanstalt in Arnstadt die entsprechende Möglichkeit hätte eingeräumt werden können. Seitens des Petitionsausschusses wurde die starre Haltung der Anstaltsleitung und die geringe Bereitschaft des Ministeriums als Aufsichtsbehörde, sich überhaupt mit den Interessen des Petenten auseinanderzusetzen, sehr bedauert.
Immer wieder gibt es auch Fälle, in denen sich Strafgefangene darüber beklagen, bei Ausführungen außerhalb der JVA sowohl an Händen und Füßen gefesselt zu werden. In diesem Zusammenhang hat der Petitionsausschuss regelmäßig gegenüber dem Justizministerium betont, dass eine solche Doppelfesselung nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig ist. Gleichwohl wurden Fesselungen an Händen und Füßen nach wie vor mit dem einfachen Hinweis auf eine mögliche Fluchtgefahr begründet.
In einem entsprechenden Fall hat ein Strafgefangener neben der Einbeziehung des Petitionsausschusses auch um gerichtlichen Rechtsschutz ersucht. Im Rahmen der gerichtlichen Prüfung hatte das Thüringer OLG in einer Leitentscheidung schließlich die Auffassung des Petitionsausschusses im Wesentlichen bestätigt. Das Oberlandesgericht stellte klar, dass eine Fesselung an Händen und Füßen nur unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Betracht kommt und auf besondere Ausnahmefälle beschränkt sein muss. Eine mögliche Fluchtgefahr reicht als Begründung für eine Doppelfesselung also nicht aus. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Annahme einer Fluchtgefahr vielmehr die Voraussetzung, um einen Gefangenen überhaupt fesseln zu dürfen. Im Weiteren gab der Petent gegenüber dem Petitionsausschuss an, er habe vor einem Gefangenentransport im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die angeordneten Sicherheitsmaßnahmen überprüfen lassen. Das angerufene Landgericht Gera habe daraufhin festgelegt, dass eine Doppelfesselung nicht erfolgen dürfe und eine Fesselung während der Unterbringung in der Zelle des Transportfahrzeugs zu unterbleiben habe. Der Petent beklagt jedoch gegenüber dem Petitionsausschuss, trotz der gerichtlichen Anordnung während des gesamten Transports gefesselt worden zu sein. Dieses Versäumnis wurde im Rahmen der Beratung der Petition seitens der Landesregierung eingeräumt und lapidar damit begründet, der zuständige Transportbeamte habe keine Kenntnis von dem Gerichtsbeschluss gehabt. Im Übrigen hätte das Landgericht in erster Instanz ebenfalls eine andere Rechtsauffassung vertreten.