Protocol of the Session on October 1, 2015

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich begrüße Sie herzlich zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne.

Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführerin neben mir Platz genommen Frau Abgeordnete Rosin, die Rednerliste führt Herr Abgeordneter Tischner.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Frau Abgeordnete Schulze, Herr Abgeordneter Krumpe sowie Herr Abgeordneter Rudy.

Heute wird sich die Tagesförderstätte der Mühlhäuser Werkstätten e. V. mit einem kleinen Präsentationsstand vorstellen. Dies findet im Übergang zur Lobby des Plenarsaals statt. In diesem Bereich wird seit einigen Tagen auch eine künstlerische Arbeit der Tagesförderstätte ausgestellt.

Aufgrund der Eilbedürftigkeit habe ich eine Sondergenehmigung gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für Herrn Peter Endig, dpa, für die heutige und morgige Plenarsitzung erteilt.

Wir sind bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, den Tagesordnungspunkt 3 am Freitag nach der Regierungserklärung, die Tagesordnungspunkte 7, 8 und 9 gemeinsam und die Tagesordnungspunkte 6 a und b sowie den neuen Tagesordnungspunkt 6 c, Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Errichtung von Fonds zur Förderung des Städte- und Wohnungsbaus, nach Tagesordnungspunkt 9 aufzurufen.

Weiterhin sind wir bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, den Tagesordnungspunkt 10 in erster und zweiter Beratung zu beraten, soweit keine Ausschussberatung beantragt und beschlossen wurde.

Der Tagesordnungspunkt 21 wurde zurückgezogen.

Jetzt frage ich: Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung widersprochen?

Herr Blechschmidt.

Herr Präsident, ich widerspreche nicht der Tagesordnung, sondern ich möchte entsprechend § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags im Namen der Mitglieder des Ältestenrats der Koalition eine sofortige Beratung des Ältestenrats beantragen, Gegenstand „Vorkommnisse und tätliche Übergriffe von Teilnehmern der AfD-Veranstaltung am gestrigen Abend“.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gut, Herr Blechschmidt. Dann würde ich vorschlagen, dass wir uns in 5 Minuten im Ältestenratsraum treffen. Jetzt wäre noch die Frage: Wann können wir ungefähr fortfahren?

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Halbe Stunde!)

In einer halben Stunde, sodass wir dann voraussichtlich um 9.45 Uhr die Sitzung fortsetzen. Also in 5 Minuten tagt der Ältestenrat. Ich unterbreche damit die Sitzung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Plätze wieder einzunehmen, damit wir mit der Sitzung fortfahren können.

Ich darf Sie ganz kurz über den Ältestenrat informieren: Wir haben über Vorkommnisse im Umfeld der Demonstrationen des gestrigen Abends gesprochen, wo einzelne Mitglieder dieses Hauses oder Mitarbeiter von Fraktionen offenkundig auch zu Schaden kamen. Wir sind im Ältestenrat übereingekommen, dass wir selbstverständlich Gewalt als Ausdruck von politischer Meinung komplett ablehnen, dass wir das auch verurteilen. Wir sind auch übereingekommen, dass die Demonstrationsveranstalter – die AfD-Fraktion – heute im Laufe des Tages auch noch mal eine Reaktion veröffentlichen werden. Damit, glaube ich, habe ich das Ergebnis der Ältestenratssitzung hinreichend wiedergegeben.

Ich könnte noch das, was ich gestern gesagt habe, wiederholen. Das möchte ich jetzt aber an dieser Stelle nicht machen, sondern mit der Beratung so fortfahren, wie wir uns heute verständigt haben.

Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 7, 8 und 9:

Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für die Jahre 2016 und 2017 Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1096 ERSTE BERATUNG

Thüringer Gesetz zur Novellierung des Kommunalen Finanzausgleichs Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1097 ERSTE BERATUNG

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über die Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbssteuer Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1098 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte, Frau Ministerin Taubert.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Für die Landesregierung lege ich Ihnen heute den in der letzten Woche vom Kabinett beschlossenen Entwurf des Thüringer Landeshaushaltsgesetzes mit den Haushaltsplänen für die Jahre 2016 und 2017 zur Beratung vor. Mit diesem Landeshaushalt bekennt sich die Thüringer Landesregierung zu Investitionen für die Zukunft des Freistaats. Die Landesregierung unterstreicht auch haushalterisch ihre Ziele, das soziale Miteinander, die Rahmenbedingungen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung und ökologisch verantwortungsvolles Handeln im Freistaat zu stärken.

Meine Damen und Herren, es gibt viele Fragen zu beantworten. Was können wir leisten, damit Familien ein sicheres Einkommen haben? Wie können wir dafür sorgen, dass Thüringen eines der besten Bildungsländer bleibt? Wie können wir Unternehmen im Freistaat Thüringen fördern? Wie gewährleisten wir die soziale Infrastruktur im Freistaat? Wie können wir für eine saubere Umwelt sorgen? Was können wir tun, damit wir Hochwasser eindämmen und Schäden minimieren können? Wo können wir als Landesregierung das soziale und tolerante Miteinander fördern? Wie kann Thüringen einer der sichersten Orte in der Bundesrepublik bleiben? Welche Grundlagen brauchen die Verwaltung und die Bediensteten heute und in Zukunft? Gleichzeitig sehen wir uns mit nicht weniger als einer humanitären Katastrophe und ihren Auswirkungen konfrontiert. Die Landesregierung stellt gemeinsam mit den Kommunen und den Thüringer Bürgerinnen und Bürgern umfängliche Hilfe für Menschen in größter Not bereit. Gemeinsam helfen wir Menschen, die aus Krieg und Elend fliehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Haushalt beinhaltet wichtige Schritte und Impulse, um Thüringens Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben. Dabei hat sich die Landesregierung ein Ziel gesetzt: Gutes Weiterführen, das heißt auch, weiter zu finanzieren. Stabilität und Beständigkeit sind unverzichtbare Werte und wichtige Grundlagen für die notwendige Entwicklung des Freistaats Thüringen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vor diesem Hintergrund beschreitet dieser Haushalt bewusst einen Weg, der so einmalig ist. Dieser Haushalt stellt sich bewusst den zwei großen Herausforderungen. Zum Ersten: Thüringen heißt Flüchtlinge willkommen und finanziert ihre Versorgung.

(Beifall DIE LINKE)

Zweitens: Für die Thüringerinnen und Thüringer und die Zukunft des Freistaats Thüringen setzt dieser Haushaltsentwurf bewusst weitere gestalterische Impulse.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was mir dabei besonders wichtig ist: Zugleich bleibt dieser Haushalt in der Kontinuität der vorherigen Haushalte und kommt in beiden Jahren ohne neue Schulden aus.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist kein gering zu achtender Erfolg.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das demonstriert auch die Überzeugung der Landesregierung über die zwingende Notwendigkeit ausgeglichener Haushalte mit Blick auf die Schuldenbremse des Grundgesetzes und mit Blick auf die sich ab 2020 massiv verändernden Bund-Länder-Finanzbeziehungen.

Werfen wir einen Blick zurück. Vor 25 Jahren hat Thüringen im wiedervereinten Deutschland seinen Weg neu aufgenommen.

(Beifall CDU)

Auch finanz- und wirtschaftspolitisch ist dieser Weg mit seinen Auswirkungen zu beschreiben. So formuliert der jüngst erschienene Einheitsbericht der Bundesregierung: „Der Aufbau […] ist insgesamt gelungen.“ In der Tat, der gelungene Aufbau ist in Thüringen an vielen Stellen sichtbar und er ist für die meisten Menschen spürbar.

(Beifall CDU)

Der Zerfall in den Innenstädten ist gestoppt. Verkehrsinfrastrukturen sind neu und auf hohem Niveau entstanden. Und im gestern zu Ende gegangenen September verzeichnet Thüringen erstmals weniger als 80.000 Arbeitslose, eine Quote von weniger als 7 Prozent.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber der Aufbau ist noch lange nicht zu Ende. Insbesondere strukturschwache Regionen müssen im Blick bleiben, mahnt der Bericht. Dem kann ich nur

(Präsident Carius)

vollumfänglich zustimmen. In den letzten Jahren entwickelte sich eine lebhafte Zivilgesellschaft in Thüringen. Sie ist der wahre Schatz unseres Landes.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Zivilgesellschaft tritt heute dafür ein, das kulturelle, aber auch das ökologische Erbe dieses Landes zu bewahren und erlebbar zu machen.

Meine Damen und Herren, die jüngere Geschichte unseres Freistaats und der Aufbau wären natürlich ohne immense finanzielle Unterstützung und die Solidarität in Deutschland nicht möglich gewesen. Ende 2019 werden mehr als 40 Milliarden Euro aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ und den Solidarpakten I und II nach Thüringen geflossen sein. Diese Fördermittel haben den Aufbau eines mittelständig geprägten und leistungsfähigen Industrieund Dienstleistungssektors in unserem Freistaat unterstützt. Die Thüringer Wirtschaft gibt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern heute ein solides Einkommen. Dank Mindestlohn und zunehmend mehr Arbeitsangeboten für Fachkräfte entwickelt sich Thüringen in jüngster Zeit weg vom Image des Billiglohnlands. Thüringen ist immer stärker Gründungszentrum und Ideenschmiede. Für gute Ideen, meine Damen und Herren, muss man nicht groß sein!

Die Steuereinnahmen und Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich und allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen betragen im kommenden Jahr 6,734 Milliarden Euro. Im Jahr 2017 sind 6,948 Milliarden Euro im Haushalt veranschlagt. Die Steuerkraft selbst ist jedoch noch gering. Sie liegt bei etwa 55 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Deutschland braucht über 2019 hinaus einen fairen Länderfinanzausgleich, der Unterschiede zwischen den Ländern auf dem bisherigen Niveau ausgleicht und der allen Ebenen – Bund, Ländern und Kommunen – einen fairen und aufgabengerechten Anteil am gesamtstaatlichen Steueraufkommen sichert. Die Landesregierung lässt sich bei den BundLänder-Finanzverhandlungen nicht beirren. Ich habe in den letzten Wochen mehrfach und hartnäckig auf einen Ausgleich für die Sonder- und Zusatzrenten gedrängt. Das brachte mir kürzlich eine harsche Kritik des Bundesfinanzministers ein. Aber das ändert nichts an der Tatsache einer ungerechten Lastenverteilung an dieser Stelle.