Protocol of the Session on May 3, 2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am vergangenen Samstag ist unser ehemaliger Kollege Hans-Jürgen Döring plötzlich und unerwartet im Alter von 65 Jahren verstorben. Hans-Jürgen Döring gehörte dem Thüringer Landtag von 1990 bis 2014 an. Von 1998 bis 1999 hatte er das Amt des Vizepräsidenten hier im Landtag inne. Hans-Jürgen Döring war Mitglied in den Ausschüssen für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie für Soziales, Familie und Gesundheit. In der 2. und 4. Wahlperiode war er Vorsitzender des Bildungsausschusses. In der 3. Wahlperiode war er Vorsitzender der Enquetekommission „Erziehung und Bildung in Thüringen“. Neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter war Hans-Jürgen Döring Mitglied des Eichsfelder Kreistags. Zudem war er Mitglied des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung und Vorsitzender des Thüringer Schriftstellerverbands. Nach seinem Ausscheiden aus dem Thüringer Landtag war Hans-Jürgen Döring weiter kommunalpolitisch aktiv, widmete sich aber auch verstärkt seinem künstlerischen Engagement in Lyrik und Kunst. Als Parlamentarier der ersten Stunde und langjähriger Abgeordneter hat Hans-Jürgen Döring den demokratischen Neuanfang in unserem Freistaat maßgeblich mitgestaltet und in den Folgejahren die Thüringer Landespolitik mit seiner aufrichtigen und geradlinigen Art geprägt und beeinflussen können. Das gilt für sein kultur- und bildungspolitisches Wirken ebenso wie für sein unermüdliches Engagement bei der Aufarbeitung des SED-Unrechts. Als enger Freund und Weggefährte von Jürgen Fuchs war Hans-Jürgen Döring ein wichtiger Wegbereiter der Erinnerung an Jürgen Fuchs im Thüringer Landtag – und das auch nach seinem Ausscheiden. Erst letzte Woche noch hat er einen Abend mit dem Dichter Reiner Kunze im Thüringer Landtag mit organisiert. Wir werden Hans-Jürgen Döring als einen Politiker und Menschen in Erinnerung behalten, der sich um das Wohl unseres Landes und seiner Menschen in besonderer Weise verdient gemacht hat. Unsere Gedanken und Gebete sind in diesen Tagen bei seinen Angehörigen und Freunden. Wir, die Abgeordneten des Thüringer Landtags, werden Hans-Jürgen Döring und mit ihm alle anderen verstorbenen Kolleginnen und Kollegen ehrend im Gedächtnis behalten. Lassen Sie uns nun gemeinsam in einer Schweigeminute innehalten. Hierzu bitte ich Sie, sich von den Plätzen zu erheben.

Vielen Dank.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich heiße Sie nun herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich habe auch eine freudige Pflicht. Am Wochenende ist klammheimlich und am Ende doch irgendwie öffentlich Frau König in den

bürgerlichen Stand der Ehe eingetreten. Frau König-Preuss, ich darf Sie herzlich beglückwünschen – Jetzt ist sie auch noch hinausgegangen. Nein, doch nicht. –: Herzlichen Glückwunsch! Alles Gute für diese wichtige Lebensentscheidung und die Ehe! Alles Gute Ihnen.

(Beifall im Hause)

Ich begrüße auch unsere Gäste auf der Zuschauertribüne, die Gäste am Livestream usw. Ich freue mich, dass für die Plenarsitzung als Schriftführerin Frau Dr. Martin-Gehl neben mir Platz genommen hat und dass die Rednerliste heute von Frau Abgeordneter Floßmann geführt wird. Für die heutige Sitzung haben sich einige Kollegen entschuldigt: Frau Abgeordnete Holbe, Frau Abgeordnete Lukin, Herr Abgeordneter Wirkner, Frau Staatssekretärin Ohler, Herr Abgeordneter Emde und Herr Abgeordneter Fiedler. Den erkrankten Kollegen wünschen wir alles Gute und eine baldige Genesung.

(Beifall im Hause)

Seit unserer letzten Sitzung im Monat März hat es eine Veränderung gegeben. Die Fraktion der CDU hat mit Schreiben vom 26. April 2017 mitgeteilt, dass sie Frau Abgeordnete Rosin in ihre Fraktion aufgenommen hat. Die entsprechenden Umbaumaßnahmen wurden in Abstimmung mit der CDUFraktion bereits realisiert, wie Sie unschwer erkennen können.

Ich darf allgemein darauf hinweisen, dass das Universitätsklinikum Jena heute Abend zum parlamentarischen Abend eingeladen hat, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 19 Uhr beginnen soll.

Der Ältestenrat hat gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für Herrn Ludwig Bundscherer von MDR Aktuell, Herrn Wolfgang Hentschel von MDR Thüringen und Herrn Raphael Bergmann von Radio F.R.E.I. Dauerarbeitsgenehmigungen für Bild- und Tonaufnahmen im Plenarsaal für die 6. Wahlperiode erteilt.

Ich darf zur Tagesordnung darauf hinweisen, dass die Fraktionen im Ältestenrat übereingekommen sind, heute die Aktuelle Stunde und die Fragestunde, den Tagesordnungspunkt 1 am Donnerstag als ersten Punkt und den Tagesordnungspunkt 8 am Freitag aufzurufen.

Die Tagesordnungspunkte 2, 3 und 4 werden von der Tagesordnung abgesetzt, da die Ausschüsse noch nicht abschließend beraten haben. Zu Tagesordnungspunkt 25 wurde eine berichtigte Fassung in der Drucksache 6/3808 verteilt.

Zum neuen Tagesordnungspunkt 27, der Fragestunde, liegt eine Mündliche Anfrage in der Drucksache 6/3812 vor. Das dürfte ein Novum sein, hat sicher etwas mit den Fristen zu tun.

Die Landesregierung hat mitgeteilt, zu den Tagesordnungspunkten 13, 24 und 26 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Jetzt frage ich: Gibt es weitere Ergänzungswünsche zur Tagesordnung? Herr Blechschmidt, bitte.

Danke, Herr Präsident. Ich würde gerne im Namen der Koalitionsfraktionen beantragen, dass der Tagesordnungspunkt 11, der inhaltlich mit der Regierungserklärung übereinstimmt, und TOP 1 gemeinsam abgearbeitet werden.

Gut. Weitere Wünsche? Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich das zur Abstimmung. Wer also für die gemeinsame Beratung von Tagesordnungspunkt 11 und Tagesordnungspunkt 1 am morgigen Tag, morgen früh, ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion, der AfD-Fraktion und der fraktionslosen Abgeordneten bis auf den Abgeordneten Gentele. Gegenstimmen? Enthaltungen? Mit 1 Enthaltung, also mit großer Mehrheit so beschlossen.

Dann treten wir in die Tagesordnung ein und ich rufe auf die Aktuelle Stunde als neuen Tagesordnungspunkt 28. Alle Fraktionen haben eine Aktuelle Stunde eingereicht. Jede Fraktion hat in der Aussprache eine Redezeit von 5 Minuten für ein Thema und die Landesregierung grundsätzlich 10 Minuten. Ich eröffne den ersten Teil

a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Aussetzen von Abschiebehaft für ausreisepflichtige Straftäter beenden – bedarfsgerechte Anzahl von Abschiebehaftplätzen durch den Freistaat Thüringen gewährleisten“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/3810

Das Wort erhält als Erster Abgeordneter Herrgott für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die derzeitige Situation der Sicherstellung von Abschiebehaft in Thüringen ist nicht nur bedenklich, sie ist schlichtweg eine Katastrophe, denn es gibt keine verfügbaren Plätze für Abschiebehaft in diesem Land oder bei unseren

Nachbarn. Kommunale Ausländerbehörden versuchen seit Monaten Plätze für Abschiebehaft zu bekommen, um entsprechend vorbereitete Haftbefehle endlich zu vollstrecken und damit die entsprechenden Anordnungen umzusetzen, damit diejenigen, die sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit einer Abschiebung entziehen werden, sich durch das Mittel der Abschiebehaft eben nicht der Abschiebung entziehen können, sondern zum Termin das Flugzeug ins Heimatland auch tatsächlich besteigen werden. Von den mir nachfolgenden Kolleginnen hier vorn werden wir sicher gleich neben abwegigen Ausführungen über die grundsätzliche Unzumutbarkeit von Abschiebehaft wieder das Hohelied auf die freiwillige Ausreise hören, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja!)

Das ist jedoch völlig an der Realität vorbei. Dass eine freiwillige Ausreise immer das bessere und vor allem kostengünstigere Mittel der Rückführung in die entsprechenden Heimatländer ist, ist unbestritten. Dass diese Personen, über die wir heute reden, die vollziehbar ausreisepflichtig sind und für die eine Abschiebehaft beantragt wird, in irgendeiner Form freiwillig ausreisen werden, können Sie jedoch getrost vergessen. Einen aktuellen Fall dazu können Sie heute in der TLZ ganz prominent nachlesen, wo ein aufgegriffener, schon einmal abgeschobener und dann illegal wieder eingereister ehemaliger Asylbewerber aufgrund fehlender Plätze nicht in Abschiebehaft genommen werden konnte. Bei der anschließenden versuchten Abschiebung konnte der Herr nicht mehr angetroffen werden. Ach nein! Glaubt denn in diesem Haus irgendjemand bei klarem Verstand, dass dieser schon einmal abgeschobene ehemalige Asylbewerber nun an einer der Polizei und der Ausländerbehörde bekannten Adresse sitzt und gelassen auf die nächste Abschiebung wartet? Glaubt das irgendeiner hier ernsthaft? Ich glaube das nicht. Und dies ist auch kein Einzelfall, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie haben doch keine Ah- nung!)

Abgelehnte Asylbewerber haben in der Mehrheit der Fälle der Anordnung von Abschiebehaft alle Fristen zur freiwilligen Rückkehr in ihre Heimatländer bewusst verstreichen lassen oder in der Minderheit der Fälle Straftaten begangen. Daher sind die Abschiebehaft und die angeordnete Sicherungshaft die richtigen Mittel, um die Ausreise in unserem Rechtsstaat konsequent zu vollziehen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, dies ist in Thüringen jedoch nicht möglich, denn in unserem Bundesland

(Präsident Carius)

ist die Situation derzeit die folgende: Seit Februar gibt es in der einzigen Abschiebehafteinrichtung Ostdeutschlands, in Eisenhüttenstadt, in welcher Thüringen nach einer Vereinbarung mit dem Land Brandenburg ein Kontingent an Plätzen hat, keine neuen Aufnahmen mehr. Nach meinen Informationen zwang der mit angeblich 50 Prozent doch sehr hohe Krankenstand des Vollzugspersonals in der Haftanstalt die Leitung zur Verhängung eines Aufnahmestopps. Inzwischen kursieren sogar Gerüchte, die Anstalt würde womöglich ganz geschlossen. Dieser Aufnahmestopp dauert nun immer noch an und die nach langem Zögern vom Ministerium angebotene Ausweichhaftanstalt in Ingelheim ist leider auch wie die anderen Hafteinrichtungen in Deutschland für Abschiebehaft vollständig belegt.

Meine Damen und Herren, es kann trotzdem nicht sein, dass in unserem Rechtsstaat ein sicheres und notwendiges Instrument wie die Abschiebehaft im Fall Thüringens seit nunmehr vier Monaten nicht mehr angewendet werden kann, weil Thüringen nicht in der Lage ist, für ausreichende Abschiebehaftplätze zu sorgen.

Sehr geehrter Herr Minister Lauinger, dass es sich hier nur um eine zweistellige Fallzahl in der Vergangenheit handelte, ist lediglich Beschwichtigung. Mit der zunehmenden Abarbeitung der neuen und vor allem der alten und komplizierten Fälle beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird aller Voraussicht nach die Zahl der Fälle von notwendiger Abschiebehaft zukünftig steigen, ganz ähnlich wie die Zahl der Fälle vor den Thüringer Verwaltungsgerichten auch sprunghaft angestiegen ist. Wenn Thüringen für sich allein diese Plätze nicht schaffen kann oder will, so sollten wir mit unseren Nachbarn endlich richtig kooperieren, kurzfristig durch Abordnung von Personal nach Eisenhüttenstadt, um dort wieder Neuaufnahmen zu ermöglichen, und mittelfristig mit der Schaffung neuer Haftplätze für Abschiebehaft. Unsere Nachbarn Sachsen und Sachsen-Anhalt beispielsweise werden über kurz oder lang vor den gleichen Problemen stehen wie wir. Und mit den Sachsen kooperieren wir ja bereits sehr gut beim Neubau einer Haftanstalt.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren vonseiten der Regierung, die Menschen in Thüringen erwarten, dass Recht und Gesetz umgesetzt werden.

(Beifall CDU)

Dies gilt insbesondere auch für die Abschiebehaft. Also tun Sie einfach Ihren Job und machen Sie dies, wie die Bürger es wünschen. Mehr verlangen die Menschen in diesem Land nicht. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Nun hat Abgeordnete Berninger für die Fraktion Die Linke das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Herrgott, zuerst: Recht und Gesetz werden bei uns hier im Freistaat Thüringen und auch durch die Landesregierung hier im Freistaat Thüringen umgesetzt.

Ihre Aktuelle Stunde begründen Sie, meine Damen und Herren der CDU, mit der Behauptung, derzeit häuften sich Meldungen, dass ausreisepflichtige Straftäter nicht in Abschiebehaft genommen werden könnten. Herr Herrgott hat das gerade noch mal mit der Behauptung bekräftigt, seit vier Monaten sei es nicht möglich, für Thüringen Abschiebehaftplätze zu finden.

Sehr geehrter Herr Herrgott, ich nehme an, dass Sie die Antworten der Landesregierung auf Kleine Anfragen der Abgeordneten hier im Landtag zur Kenntnis nehmen, sicherlich auch die in der Drucksache 6/3707, die am 31.03. ausgefertigt wurde, also 26 Tage vor Ihrer Aktuellen Stunde, in der die Landesregierung berichtet, dass in 2017 bisher insgesamt sieben Personen in Abschiebungshaft genommen wurden. Also nichts mit Ihrer Behauptung, in den letzten vier Monaten habe es gar keine Abschiebehaft gegeben. Sie sollten schon wirklich aufpassen, was Sie hier in der Öffentlichkeit erzählen und wie das rüberkommt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„Derzeit häuften sich Meldungen“, behaupten Sie in Ihrer Begründung. Ich habe mal gegoogelt, und zwar die Stichworte „Thüringen“ und „ausreisepflichtige Straftäter“. Ich bin auf mehrere Meldungen gekommen, und zwar auf eine von „RP ONLINE“ vom 20.04. und auf eine vom „FOCUS“ vom 21.04., die allesamt auf Meldungen der „Thüringer Allgemeinen“, OTZ, TLZ vom 19.04. beruhten und sich um einen Fall drehten, nämlich den des aufgegriffenen Ausländers, der illegal eingereist war, nachdem er vorher schon mal nach einer Haftstrafe von fünf Jahren abgeschoben worden war, der in NRW aufgegriffen wurde und der nicht aufgrund eines fehlenden Abschiebehaftplatzes nicht in Abschiebehaft genommen wurde. Es gab einen Abschiebehaftplatz in Baden-Württemberg, wenn ich mich nicht täusche, aber die zuständige Ausländerbehörde hatte keine Haftanordnung beim zuständigen Richter beantragt, weil der Transport nicht sichergestellt werden konnte.

Das hat aber alles nichts damit zu tun, was Sie hier in Ihrer Begründung zur Aktuellen Stunde aufgeführt haben. Ich nenne das „Fake News“ und ich nenne das „alternative Fakten“.

(Abg. Herrgott)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Sie als CDU davor warnen, mit solchen alternativen Fakten, mit Meldungen, Behauptungen, die nicht stimmen, Vorurteile und Ängste zu schüren – nicht mal, wenn es sich um Wahlkampf handelt, und auch nicht, weil Sie jetzt Opposition sind.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Wir haben es nicht nötig, jetzt schon Wahlkampf zu ma- chen!)

So, mein sehr geehrter Herr Herrgott, geht Opposition nicht, auch nicht, wenn man sich im Wahlkampf befindet, es sei denn, man heißt AfD.

(Unruhe AfD)