Protocol of the Session on March 21, 2018

Meine Damen und Herren, bevor wir in die heutige Sitzung eintreten, freue ich mich, Herrn Prof. Manfred Aschke zu seinem 68. Geburtstag zu gratulieren. Er ist heute nicht anwesend, aber ich denke, wir sind lange Zeit mit ihm verbunden gewesen und sind es vielleicht auch noch. Mit seinem Geburtstag scheidet Herr Aschke aus seiner Tätigkeit als Präsident des Thüringer Verfassungsgerichtshofs aus und tritt nach über 35 Jahren im Richteramt in den Ruhestand ein. Herr Prof. Aschke kam 1993 nach Thüringen, wo er seit 1995 Vorsitzender Richter beim Thüringer Oberverwaltungsgericht war. Er leistete dabei wichtige Aufbauhilfe für die noch junge Thüringer Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für viele Bürger brachten die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Klarheit und Rechtssicherheit. Hierzu zählen gerade die schwierigen Verfahren zur Gleichstellung von Bildungsabschlüssen oder zu den offenen Vermögensfragen nach dem Ende der DDR. Ich danke Herrn Prof. Aschke für seine Dienste in der Thüringer Justiz,

(Beifall im Hause)

insbesondere in seiner Stellung als Präsident des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. In seine Zeit fallen die Verfahren zur Gebietsreform, zur Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft oder zur Neutralitätspflicht der Mitglieder der Landesregierung. Erst gestern fiel eine Entscheidung zum Wahlalter auf kommunaler Ebene.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine unabhängige Justiz und eine starke Verfassungsgerichtsbarkeit sind unerlässlich für unsere Demokratie und den Rechtsstaat. Manfred Aschke hat den Gerichtshof würdig repräsentiert. Viele wichtige und weitreichende Entscheidungen dieses Verfassungsorgans werden mit Herrn Aschkes Namen verbunden bleiben. Er hat sich um unseren Freistaat und um unsere Verfassung verdient gemacht. Herzlichen Glückwunsch noch mal, Herr Aschke, zu Ihrem Geburtstag.

(Beifall im Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch unsere Gäste auf der Zuschauertribüne, die Zuschauer am Livestream sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer Herr Abgeordneter Gruhner neben mir Platz genommen und die Redeliste führt Frau Abgeordnete Mühlbauer.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Krumpe, Frau Abgeordnete Lehmann, Frau Abgeordnete Marx, Herr Abgeordneter Primas, Frau Ministerin Keller.

Ich möchte am Anfang noch einige allgemeine Hinweise geben. Die UNICEF-Arbeitsgruppe Erfurt führt heute im Foyer ihren traditionellen Verkauf von Osterkarten sowie Grußkarten zugunsten der UNICEF-Kinderhilfsprojekte durch.

Aufgrund der Eilbedürftigkeit ist für Herrn Martin Pfützenreuter vom ZDF für diese Plenarsitzung eine Genehmigung für Bild- und Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung erteilt worden. Außerdem ist Herrn Martin Lejeune, SABAH tv, für die heutige Plenarsitzung eine Genehmigung für Bild- und Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringende Fälle erteilt worden.

Noch einige Hinweise zur Tagesordnung: Wir sind bei der Feststellung der Tagesordnung am gestrigen Tage übereingekommen, Tagesordnungspunkt 4 am Donnerstag als ersten Punkt und den Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Gesetz über die Regulierungskammer des Freistaats Thüringen, in Drucksache 6/4816 als neuen Tagesordnungspunkt 5 a aufzunehmen.

Zu Tagesordnungspunkt 3 wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/5460 verteilt.

Zu Tagesordnungspunkt 14 wurde ein Alternativantrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/5461 verteilt.

Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Das kann ich nicht erkennen.

Dann steigen wir in die Tagesordnung ein und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3

Siebtes Gesetz zur Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/4802 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit - Drucksache 6/5439

dazu: Nachteilsausgleich und Barrierefreiheit für Menschen mit Sinnesbehinderungen in Thüringen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/5460

ZWEITE BERATUNG

Ich möchte Sie noch darauf hinweisen, dass diese Beratung in Gebärdensprache übersetzt wird und über Monitor im Raum F125 sowie über „Plenum Online“ übertragen wird.

Das Wort hat Frau Abgeordnete Meißner aus dem Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit zur Berichterstattung.

(Beifall CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, sehr geehrte Zuschauer und Zuhörer, durch die Novellierung des Thüringer Blindengeldgesetzes erhalten erstmals alle sinnesbehinderten Menschen in Thüringen einen finanziellen Nachteilsausgleich. Der zugrunde liegende Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes wurde vom Landtag in seiner 103. Sitzung am 13. Dezember 2017 erstmals beraten und an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit federführend und den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.

Der federführende Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit hat den Gesetzentwurf in seiner 40. Sitzung am 14. Dezember 2017, in seiner 43. Sitzung am 22. Februar 2018 und in seiner 44. Sitzung am 15. März 2018 beraten sowie ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Aufgrund eines Änderungsantrags in Vorlage 6/3671 wurde noch ein ergänzendes schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt.

Der mitberatende Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 55. Sitzung am 16. März 2018 beraten.

Letzte Woche, in seiner 44. Sitzung am 15. März 2018, wurde der Gesetzentwurf im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit abschließend beraten. Die Empfehlung lautet, den Antrag mit den Änderungen gemäß Beschlussempfehlung in Drucksache 6/5439 anzunehmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Ich danke Frau Meißner für die Berichterstattung und frage: Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung zu Ihrem Entschließungsantrag? Frau Abgeordnete Meißner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir haben heute hier zu diesem Gesetzentwurf einen Entschließungsantrag vorge

legt, denn wir denken, der finanzielle Nachteilsausgleich für Menschen mit Sinnesbehinderung kann nicht alles sein. Wir wollen ihnen eine umfassende Barrierefreiheit und damit gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Deswegen haben wir in unseren drei Punkten auf Beratungsangebote, Begleitungsmöglichkeiten und Barrierefreiheit Bezug genommen. Wir wollen Menschen mit Sinnesbehinderungen die umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Deswegen ist es zu diesem Antrag gekommen, der von Gesprächen getragen wird, unter anderem mit den Betroffenen, aber auch beispielsweise mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen, mit der Thüringer Stiftung Hilfe für blinde und sehbehinderte Menschen und auch mit dem Behindertenbeauftragten des Landes Thüringen.

Im Punkt a) fordern wir eine finanzielle Absicherung der Beratungsstellen. Dazu muss man wissen, dass die Beratungsstellen über die GFAW nur noch mit 70 Prozent über die Richtlinie zur Förderung nichtinvestiver sozialer Maßnahmen an Vereine und Verbände für Aufgaben der Betreuung von Menschen mit Behinderung sowie zur Förderung von Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung im Freistaat Thüringen gefördert werden. Das führt dazu, dass Beratungsstellen des BSVT von Weimar und Heiligenstadt, aber auch der THEPRA, zwar gefördert werden, aber ein übriger Teil von 30 Prozent nicht getragen wird, auch nicht die Landesgeschäftsstelle des BSVT. Diese restlichen Mittel werden häufig über die Stiftung für blinde Menschen beantragt. Da ist jetzt wieder ein Antrag für 30.000 Euro gestellt worden, die können aber nicht komplett übernommen werden, weil die Stiftung selbst nicht so viele freie Mittel zur Verfügung hat. Die Stiftung leistet eine hervorragende Arbeit. Beispielsweise kann sie Menschen mit Behinderung über Einzelanträge eine Unterstützung bieten. So ist das vor vier Jahren geschehen, als man ein Mobilitätstraining für eine Schülerin förderte, die mittlerweile die Beste ihrer Klasse ist. Das heißt, man kann dort mit wenig Geld viel erreichen. Aber es ist zu wenig Geld da, um die Beratungsstellen vollständig zu finanzieren.

Deswegen ist es wichtig, diese Richtlinie zu ändern. Das hat die Landesregierung getan. Allerdings hat sie die Änderungsvorschläge des BSVT nicht aufgenommen, die da zum Beispiel lauteten, die Fördersätze zu erhöhen, die Landesgeschäftsstelle in die Förderung aufzunehmen oder eben auch – und damit komme ich zum zweiten Punkt unseres Antrags – für ehrenamtlich arbeitende Blinde Honorare für Assistenzkräfte vorzusehen. Ehrenamt braucht für diese betroffenen Menschen Begleitung und Unterstützung. Deswegen hatten wir das bereits im Jahr 2016 mit einem Antrag hier gefordert und greifen es an dieser Stelle mit auf, weil es auch zu dieser Thematik gehört.

(Vizepräsidentin Jung)

Im dritten Punkt unseres Antrags fordern wir endlich die Umsetzung der EU-Richtlinie aus dem Jahr 2016 über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen. Ich möchte ergänzen: Die Nichtumsetzung, die bis September dieses Jahres eigentlich noch erfolgen muss, ist strafbewehrt. Ich erkenne nicht wirklich, dass die Landesregierung an einer Umsetzung arbeitet. Deswegen haben wir dies erneut hier in diesem Antrag niedergeschrieben. Wir wollen, dass die Landesregierung die Umsetzung der Richtlinie ernst nimmt. Wenn sie das getan hätte – das muss man an dieser Stelle sagen –, dann hätte dieses Thema auch deutlichen Niederschlag in der Digitalisierungsstrategie des Landes Thüringens gefunden, die letztes Jahr veröffentlicht wurde.

(Beifall CDU)

Gibt man dort das Wort „Behinderte“ oder „Sinnesbehinderung“ ein, findet man keinen einzigen Treffer. Deswegen möchten wir uns an dieser Stelle auch den Forderungen des Behindertenbeauftragten anschließen, der sagt, dass für die Umsetzung eine Aufsichtsstelle geschaffen werden muss, um die inhaltsgleiche Umsetzung der Richtlinie in Thüringen zu gewährleisten. Diese Überwachungsstelle in der Landesregierung und damit eine unabhängige Durchsetzungsstelle über die Landesfachstelle über Barrierefreiheit wäre eine Möglichkeit, dieser Richtlinie endlich Rechnung zu tragen und damit in Thüringen Barrierefreiheit für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und Sinnesbehinderungen insbesondere zu schaffen.

(Beifall CDU)

Die Begründung unseres Entschließungsantrags möchte ich mit einem Satz schließen, der mich sehr berührt hat und der vielleicht auch noch mal deutlich macht, warum das Parlament heute hier diesem Antrag nur zustimmen kann: Eine barrierefreie Homepage ist für mich wie Sehen. Das sagt eigentlich alles. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Beratung und als erste Rednerin hat Abgeordnete Stange, Fraktion Die Linke, das Wort.

Werte Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuhörer und Zuschauer – egal an welcher Stelle –, wir haben heute einen Gesetzentwurf zu verabschieden, auf den ich mich zuerst konzentrieren möchte. Das ist der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Siebten Gesetzes des Thüringer Blindengeldgesetzes. Eine sehr sperrige Gesetzesüberschrift, aber sie beinhaltet wunderbare Dinge, die seit Langem durch die Behinderten

verbände von den Landesregierungen in den letzten Legislaturen gefordert wurden. Er beinhaltet nämlich – und das will ich hier ausdrücklich sagen – die Einführung des Thüringer Gehörlosengelds erstmals seit 28 Jahren hier im Thüringer Landtag. Das haben wir Rot-Rot-Grün zu verdanken.

(Beifall DIE LINKE)

Rückwirkend zum 01.07.2017 werden circa 1.900 Menschen mit einem Merkzeichen Gl – das steht für Gehörlosigkeit – 100 Euro pro Monat als Nachteilsausgleich erhalten. Diese 100 Euro sind sicher nicht allzu viel, aber sie sind ein erster Schritt für zusätzliche Aufwendungen für Elektronik, Computertechnik etc. Wir haben uns in den Beratungen zu dem Gesetzentwurf dahin gehend verständigt – das wurde bereits in der Beschlussempfehlung dargelegt –, dass wir keine Klassifizierung oder noch einmal eine Differenzierung der unterschiedlichsten Grade der Behinderung bei gehörlosen Menschen einführen, sondern dass alle Thüringerinnen und Thüringer, die Gehörlose sind, mit dem Merkzeichen Gl ausgestattet sind, diesen Nachteilsausgleich bekommen. Ich denke, da haben uns die Gehörlosenverbände und der Verband der Schwerhörigen noch mal mit guten Argumenten ausgestattet, um hier eine Änderung vorzunehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir als Rot-Rot-Grün sind in den Diskussionen mit den Verbänden darauf eingegangen und haben genau dies geändert. Wir haben den Gesetzentwurf dahin gehend angepasst, dass das Thema der Taubblinden nochmals verändert wird. Mit Einführung des Bundesteilhabegesetzes im letzten Jahr wurden die Merkzeichen von taubblinden Menschen noch mal angepasst, sodass perspektivisch alle Menschen in Thüringen, die bereits blind sind und ein Merkzeichen Gl bzw. einen Grad der Behinderung von 70 Prozent haben, Anspruch auf das Taubblindengeld haben.

Wir sagen auch – und das will ich hier noch mal deutlich für die Koalition und vor allem auch für meine Fraktion darlegen –, dass das Sinnesbehindertengeld, das perspektivisch so heißen wird, nicht als Einkommen angerechnet wird. Das war den Betroffenen und uns besonders wichtig, dass dies nicht angerechnet wird – eventuell bei Wohngeld oder bei Bezügen, falls Menschen im SGB-XII-Bezug sind. Es ist also einkommens- und vermögensunabhängig und darum wirklich für den Nachteil, den sie aufgrund der Behinderung haben, voll umfänglich zu nutzen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir werden uns mit diesem Gesetzentwurf auch in die Reihe der Bundesländer einreihen, die bereits viele Jahre vor uns dieses Merkzeichen Gl genutzt haben, um Gehörlosengeld auf den Weg zu bringen. Wir werden dieses Thema für Menschen mit Behinderungen,

(Abg. Meißner)

mit Sinnesbehinderungen, erst einmal gemeinsam zur Zufriedenheit geklärt haben. An dieser Stelle sage ich aber auch – und das ist in den zurückliegenden Monaten auch schon bereits mehrfach diskutiert worden –: Das ist für diese Legislatur an diesem Punkt des Nachteilsausgleichs der Abschluss. Aber in einer neuen Legislatur, in einer neuen Landesregierung wird man sicher auch schauen müssen, wie man diese Thematik weiterhin begleitet.

Lassen Sie mich jetzt, werte Kolleginnen und Kollegen, zu dem Antrag der CDU-Fraktion kommen. Ich bin schon etwas irritiert, werte Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, dass Sie noch mal alte Anträge aufwärmen, die bereits vor Monaten hier besprochen und auch anders beschlossen worden sind. Das macht es nicht besser, wenn man aufgewärmte Anträge hier noch mal zur Diskussion stellt, das will ich auch ausdrücklich formulieren.