Meine sehr verehrten Damen und Herren, am vergangenen Sonntag, dem 26. April 2015, ist unser früherer Kollege Gerhard Günther nach sehr langer und sehr schwerer Krankheit im Alter von 59 Jahren verstorben. Gerhard Günther gehörte dem Thüringer Landtag als direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Saalfeld-Rudolstadt I von 2004 bis 2014 an. Er war Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit sowie im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, in dem er während der vierten Wahlperiode auch als stellvertretender Vorsitzender fungierte. Über sein landespolitisches Engagement hinaus war Gerhard Günther auch lange Jahre in der Kommunalpolitik aktiv, unter anderem als Mitglied des Kreistags SaalfeldRudolstadt, als Kreisbeigeordneter und Beigeordneter seiner Heimatstadt Königsee. Von seinen zahlreichen weiteren Ehrenämtern erwähne ich nur die Präsidentschaft des Landesverbands des Deutschen Roten Kreuzes in Thüringen. Mit seinem Werben für die Organspende setzte er sich im Geist christlicher Nächstenliebe unermüdlich für andere schwer erkrankte Menschen ein. Mit Gerhard Günther verlieren wir einen allseits geschätzten, überaus engagierten Kollegen und Weggefährten und auch Freund, dem seine Heimat am Herzen lag und der sich um unseren Freistaat verdient gemacht hat. Lassen Sie uns dem verstorbenen Kollegen ein ehrendes Andenken bewahren und hierzu bitte ich Sie, sich von den Plätzen zu erheben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf noch auf ein anderes Ereignis hinweisen: Hilfe für Nepal, eine Spendenaktion der Abgeordneten des Thüringer Landtags. Sie alle wissen, dass in diesen Tagen Bilder um die Welt gehen, die uns alle sehr erschüttern. Ein gewaltiges Erdbeben im Himalaya hat die Menschen in dem kleinen und ohnehin sehr armen Land Nepal in ein unvorstellbares Elend gestürzt. Nach Angaben der Behörden wurden bis heute circa 5.000 Tote geborgen. Weitere 8.000 Menschen sind teils schwer verletzt. Es ist wahrscheinlich, dass noch mehr Menschen durch die Katastrophe ihr Leben verloren haben. Ganze Stadtgebiete und Landstriche gleichen Trümmerfeldern. Die Menschen frieren, weil ihre Häuser zerstört sind, sie leiden an Hunger, Durst, sind von Krankheiten bedroht. Obwohl die internationale Hilfe bereits angelaufen ist, sind hier weitere Spenden nötig, um die Menschen in diesem armen Land mit dem Nötigsten zu versorgen und später auch den Wiederaufbau zu ermöglichen. Ich glaube, Thüringen lässt das Schicksal dieser Menschen nicht ungerührt, es lässt uns nicht kalt. Die Abgeordneten der SPD-Fraktion haben mich gebeten, auf eine Aktion hinzuweisen, die sie gemeinsam mit anderen
Kollegen aus allen Fraktionen des Thüringer Landtags am 1. Mai starten wollen, nämlich in Erfurt und in Arnstadt am 1. Mai ab 11.00 Uhr mit Mitarbeitern des Technischen Hilfswerks wie auch des Deutschen Roten Kreuzes um Spenden für die Menschen in Nepal zu bitten. Die Abgeordneten der anderen Landtagsfraktionen bitte ich jetzt noch einmal, sich zu überlegen, sich dieser Aktion anzuschließen. Ich glaube, das ist ein Zeichen der Mitmenschlichkeit, was von dieser Aktion ausgeht. Es wäre auch ein gutes Zeichen für uns alle. Helfen Sie den Menschen in Nepal, zeigen Sie Mitgefühl und Mitmenschlichkeit! Herzlichen Dank auch dieser Initiative der SPD-Fraktion.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich heiße Sie jetzt noch einmal herzlich willkommen zur heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch die zahlreichen Gäste auf der Zuschauertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer Herr Abgeordneter Tischner neben mir Platz genommen, die Redeliste wird von Frau Abgeordneter Rosin geführt.
Für die heutige Sitzung gibt es eine Reihe von Entschuldigungen: Herr Abgeordneter Emde, Frau Abgeordnete Annette Lehmann, Frau Abgeordnete Tasch und Frau Abgeordnete Lieberknecht sind entschuldigt, aus der Regierung sind Herr Minister Tiefensee sowie Ministerin Klaubert zeitweise entschuldigt.
Für die ehemaligen Abgeordneten, Herrn Bodo Ramelow und Frau Dr. Birgit Klaubert, die ihre Mandate niedergelegt haben, gehören jetzt Frau Abgeordnete Dr. Iris Martin-Gehl und Herr Abgeordneter Ronald Hande dem Thüringer Landtag an. Ich begrüße Sie recht herzlich und freue mich auf die Zusammenarbeit.
Eine weitere Veränderung betrifft Herrn Abgeordneten Siegfried Gentele. Mit Schreiben vom 15. April hat mir die Fraktion der AfD mitgeteilt, dass Herr Gentele nicht mehr Mitglied der Fraktion der AfD ist. Herr Abgeordneter Gentele gehört somit dem Thüringer Landtag nunmehr als fraktionsloser Abgeordneter an. Er ist jetzt kein neuer Abgeordneter.
Der Ältestenrat hat gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für Stefan Heine, Jörg Uhe, Mona Torbohm, Marius Clemens Bacza vom MDRFernsehen, Maik Wolfer vom MDR-Fernsehen und
Hörfunk, Mario Gentzel vom pictureteam sowie Stephan Witthöft und Larissa Isabelle Kurz vom Salve TV Dauerarbeitsgenehmigungen für Ton- und Bildaufnahmen im Plenarsaal für die 6. Wahlperiode erteilt.
Die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben mich darüber informiert, dass Mitarbeiter ihrer Fraktionen Bilder machen, die gemäß dem Ältestenratsbeschluss von 2009 keiner Genehmigung unterliegen. Die Mitteldeutsche Medienförderung hat für heute Abend zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 19.00 Uhr beginnen soll. Ich hoffe, ich kann Sie da auch alle begrüßen.
Nun zur Tagesordnung: Die Fraktionen sind im Ältestenrat übereingekommen, die Tagesordnungspunkte 5 a, b und c am Donnerstag als erste Punkte und die Wahlen in den Tagesordnungspunkten 13 und 14 am Donnerstag nach der Fragestunde aufzurufen.
Weiterhin sind die Fraktionen im Ältestenrat übereingekommen, in der morgigen Plenarsitzung alle 31 anstehenden Mündlichen Anfragen abzuarbeiten.
Zu TOP 1 wurde ein Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/551 verteilt.
Zu TOP 2 wird ein Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/552 gerade verteilt oder müsste auf den Tischen liegen. Die Beschlussempfehlung zu TOP 2 hat die Drucksachennummer 6/538.
TOP 6 „Mindestlohnregelung unbürokratisch gestalten“ wurde von der Tagesordnung abgesetzt, da der mitberatende Ausschuss noch nicht abschließend beraten hat.
Zu TOP 15, der Fragestunde, kommen die Mündlichen Anfragen in den Drucksachen 6/505, 6/512, 6/519, 6/520, 6/522, 6/524, 6/526, 6/527, 6/528, 6/529 und 6/531 hinzu. Die Mündliche Anfrage in Drucksache 6/497 wurde vom Fragesteller in eine Kleine Anfrage umgewandelt.
Die Landesregierung hat mitgeteilt, zu den Tagesordnungspunkten 7, 9 und 10 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.
Ich frage: Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Herr Blechschmidt, dann Herr Primas.
Danke, Herr Präsident. Entgegen Ihren Hinweisen aus dem Ältestenrat heraus, beantragen die Koalitionsfraktionen mit Blick auf den TOP 15 „Fragestunde“, zwei Fragestunden abzuarbeiten – die Zusammenziehung von Donnerstag und Freitag –, und nicht die Abarbeitung aller Mündlichen Anfragen.
Für die CDU-Fraktion beantrage ich, den Tagesordnungspunkt „Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren evaluieren“ mit auf die Tagesordnung zu setzen, und zwar nach den bisherigen Anträgen.
Okay. Dann kommen wir zunächst einmal zu den Ergänzungen zu meiner Ausführung zu der Tagesordnung in der Fragestunde. Ich frage jetzt: Gibt es dagegen Widerspruch, dass wir am Donnerstag nur zwei Fragestunden aufrufen, dann hintereinander? Ich sehe hier keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so und würden dann nach zwei Stunden abbrechen. Alle anderen Fragen – das ist dann das üblichen Verfahren.
Jetzt hat die CDU-Fraktion die Aufnahme des Antrags „Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren evaluieren“ in der Drucksache 6/510 beantragt. Ich frage: Wird jetzt noch mal das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? Wenn das nicht der Fall ist, frage ich: Wer ist für die Aufnahme dieses Tagesordnungspunkts in die Tagesordnung? Vielen Dank. Das sind Stimmen aus allen Fraktionen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit wird er so aufgenommen und entsprechend in die Tagesordnung eingeordnet.
Weitere Anträge zur Tagesordnung sehe ich nicht, sodass ich den Tagesordnungspunkt 16 – Aktuelle Stunde – aufrufe. Alle Fraktionen haben jeweils eine Aktuelle Stunde eingereicht. Jede Fraktion hat in der Aussprache eine Redezeit von 5 Minuten für das Thema. Die Redezeit der Landesregierung beträgt grundsätzlich 10 Minuten für jedes Thema. Bei fraktionslosen Abgeordneten beträgt die Gesamtredezeit in der Aktuellen Stunde 5 Minuten. Diese Gesamtredezeit kann durch den fraktionslosen Kollegen auf die beantragten Themen zur Aktuellen Stunde auch aufgeteilt werden.
a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Struktur und Zukunft der Flüchtlingserstaufnahme in Thüringen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/479
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Gäste, wir haben das Thema „Erstaufnahme von Flüchtlingen in Thüringen“ zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht, weil es ein Thema ist, das derzeit, ich glaube, in fast aller Munde ist. Wir alle haben wahrgenommen, wie Tag für Tag Meldungen in den Nachrichten erscheinen, dass wieder viele Menschen im Mittelmeer beispielsweise ertrinken, weil sie sich auf der Flucht in viel zu kleinen Booten auf die gefährliche Reise machen. Etliche von ihnen kommen auch hier bei uns in Thüringen an. Es sind allerdings nur sehr wenige, gemessen an der Gesamtzahl derjenigen, die weltweit zur Flucht gezwungen sind. Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass kein Mensch freiwillig flieht. Kein Mensch verlässt freiwillig seine Heimat. Auch das ist für uns Verpflichtung, diese Menschen, die hier ankommen, in Würde willkommen zu heißen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich ausdrücklich bedanken bei der Landesregierung, die erst letzten Donnerstag zu einem Flüchtlingsgipfel in das Augustinerkloster eingeladen hatte. Wenn man sich anschaut, wie viele Interessierte dorthin gekommen sind, glaube ich, kann man diesen Gipfel tatsächlich als einen Erfolg bezeichnen. Ich glaube, was aber noch wichtiger ist, ist, dass er nur ein Beginn für das ist, was nunmehr folgen muss, nämlich eine fortlaufende Debatte darüber, wie wir mit Flüchtlingen auf Augenhöhe auch in Thüringen leben, wie wir Flüchtlinge menschenwürdig unterbringen und wie wir die Asylpolitik insgesamt an Menschenrechten orientiert gestalten, so wie wir es uns als Koalitionsfraktionen auch vorgenommen haben.
Da sind wir nun beim aktuellen Thema, nämlich der Erstaufnahme. Unsere Landesregierung geht in aktuellen Prognosen davon aus, dass etwa 11.000 Asylsuchende in diesem Jahr nach Thüringen kommen werden, und wir wissen, dass wir daher etwa 2.000 bis 2.500 Plätze in Erstaufnahme
einrichtungen brauchen. Darauf war das Land lange nicht vorbereitet. Das muss man auch so deutlich sagen. Die Erstaufnahmestelle in Eisenberg platzt seit Langem buchstäblich aus allen Nähten. Wir haben dort Umstände, die man Menschen kaum zumuten kann, unter denen sie dort leben müssen.
Privatsphäre ist faktisch nicht gegeben. Es wurde von Schwarz-Rot dann zunächst eine Übergangslösung in Suhl angestrebt, die sich nun als eine doch längerfristige Aufgabe erweist, weil immer mehr Menschen kamen, die wir dort unterbringen müssen. Etwa 1.200 Menschen leben derzeit in Suhl. Die Landesregierung hat sich auf die Suche nach einer geeigneten weiteren Möglichkeit gemacht, um Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen in den ersten drei Monaten, in denen das Land genau dafür zuständig ist. Das Kabinett hat am 21. April nach einer an Kriterien geleiteten Prüfung durch das Landesverwaltungsamt eine Entscheidung vorgenommen, nämlich für die Görmar-Kaserne in Mühlhausen. Ich glaube, das ist eine gute Entscheidung. Eine gute Entscheidung deshalb, weil sich Mühlhausen zum einen bereit erklärt hat, die Flüchtlinge gut bei sich aufzunehmen, und weil wir dort zum anderen auch die Möglichkeit haben, etwas ganz Neues auszuprobieren, nämlich eine Landratsverwaltung, eine Flüchtlingsunterbringung und eine gewerbliche Nutzung quasi unter ein Dach zu bringen und damit zu zeigen, dass es ein gutes Miteinander auch – und gerade so – geben kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wie geht es denn nun in Mühlhausen weiter? Am 11. Mai wird der Kreistag im Unstrut-Hainich-Kreis über die Voraussetzungen für einen Haushalt beraten und damit wird auch entschieden, ob tatsächlich Teile der Verwaltung mit in die Kaserne einziehen können. Wir würden das sehr begrüßen, weil wir glauben, dass so ein Miteinander nur gut sein kann. Ab dem Herbst könnten dann voraussichtlich die ersten Asylsuchenden in der Erstaufnahme untergebracht werden. Wie viele Menschen das sein werden, hängt natürlich auch davon ab, ob die Verwaltung mit einzieht und wenn ja, mit wie vielen Beschäftigten.
Ich will auch einen kleinen Ausblick wagen. Ich habe es schon in meinen ersten Sätzen heute gesagt, dass es darum gehen muss, überall möglichst gute Bedingungen in der Flüchtlingsaufnahme und -unterbringung zu gewährleisten. Wir wissen, dass es bislang keine Mindeststandards für die Unterbringung und Betreuung in der Erstaufnahme gibt. Insofern sind wir sehr froh, dass das Ministerium auf dem Flüchtlingsgipfel angekündigt hat, auch hierfür
Standards zu entwickeln. Ganz besonders wichtig ist es uns aber, dass auch die Netzwerke vor Ort – zivilgesellschaftliche Initiativen, Vereine, Bündnisse – gestärkt werden. Dass die entsprechenden Haushaltsstellen im Haushaltsentwurf für das Jahr 2015 aufgestockt werden, ist daher auch nur folgerichtig. Damit die Integration in den Arbeitsmarkt verbessert werden kann, sollen zudem bereits in der Erstaufnahmestelle künftig schulische, berufliche und sprachliche Qualifikationen erworben und erfasst werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe hier auf ein gutes Angebot für die Asylsuchenden und hoffe, dass wir dies auch alle gemeinsam so vertreten werden. Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Am Umgang mit Flüchtlingen und der Integration von Migrantinnen und Migranten bemisst sich die Humanität einer Gesellschaft.“ Das steht im Koalitionsvertrag, den Rot-Rot-Grün im Dezember vorgelegt hat.