Wulf Gallert
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Last Statements
Wir sind ein freies Land. - Es geht wieder nicht um Umwelt, sondern es geht um Schule. Frau Budde, Sie sagten gerade - ich habe das auch schon mehrfach über die Öffentlichkeit gehört -, in unsere Richtung geht klar die Warnung, dass es die Gemeinschaftsschule als einzige Regelschule nicht geben wird. Dazu frage ich jetzt einmal: Wo haben Sie bei uns gesehen, gelesen, gehört oder vermutet, dass wir die Gemeinschaftsschule zur einzigen Regelschule machen wollen?
Ich würde die Bitte von Frau Budde erfüllen.
Ich kann nicht 100-prozentig wortwörtlich, aber fast wortwörtlich die Passage aus unserem Wahlprogramm zitieren. Sie lautet: Wenn sich vor Ort Schüler, Eltern, Lehrer und der Träger
freiwillig dafür entscheiden, aus einem Gymnasium eine Gemeinschaftsschule zu machen, dann werden wir dem Träger und der entsprechenden Schulversammlung diesen Weg ermöglichen.
Nein, das geht - -
Ja, als ersetzende Schulform bedeutet - und das wäre der Unterschied, das wissen übrigens auch alle -, dass es dann die Möglichkeit gibt, dort praktisch den gymnasialen Weg zu gehen, und es gibt dann keine Verpflichtung des Schulträgers mehr, Kinder, die in diesem Ort wohnen, bis zum nächsten Gymnasium zu bringen. Das ist der Unterschied zur jetzigen Situation.
Genau.
Aber der ist nicht von uns.
Frau Brakebusch, Sie haben in Ihrer Rede nochmals auf das Agrarstrukturgesetz Bezug genommen. Sie haben gesagt, das müsse in der nächsten Legislaturperiode unbedingt beschlossen werden. Vor allem gehe es Ihnen um die Transparenz von Anteilsverkäufen und im Grundstücksverkehr.
Das hätte ich von Ihnen gern erläutert. Was wollen Sie in der nächsten Legislaturperiode regeln?
Das eigentliche Problem, das in den letzten Wochen und Monaten diskutiert worden ist, war, dass es Beschränkungen für juristische Agrarbetriebe geben soll, also zum Beispiel auch für Genossenschaften. Das war der eigentlich Punkt, zu dem es diese große Differenz gab.
Dazu frage Sie: Wollen Sie dieses Ziel in der nächsten Legislaturperiode weiter verfolgen?
Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, auch ich werde Sie vermissen, Herr Miesterfeldt. Wir haben schon vor unserer Zeit im Landtag miteinander zu tun gehabt. Wir haben damals, am Anfang unseres Kennenlernens, wegen des jeweils anderen beide meist mehr Bluthochdruck gekriegt als alles andere. Das hat sich seither, glaube ich, in eine deutlich andere Richtung entwickelt. Es war für mich eine interessante Erfahrung, wie zwei Menschen mit so extrem unterschiedlichen Erfahrungen und Geschichten in der DDR gegenseitiges Verständnis füreinander entwickeln konnten, weil sie miteinander gearbeitet haben. Das war für mich immer ein gutes Beispiel dafür, wie sich eine solche Gesellschaft nach 1990 entwickeln kann. Herzlichen Dank!
Die GRÜNEN haben eine Aktuelle Debatte mit einem Thema beantragt, das so aktuell wie kein anderes, aber auch so alt wie kein anderes ist. Es geht um die Frage: Welches Vertrauen haben die Menschen in Politik? - Jetzt müssen wir aufpassen, dass wir nicht selbstherrlich werden. Gemeint ist eher: Welches Vertrauen haben Menschen in politische Akteure und politische Institutionen? - Denn politisch sind alle, nicht nur wir.
Wir haben natürlich einen ganz konkreten und aktuellen Anlass für eine solche Fragestellung. Es gibt den alten Spruch: Nie wird so viel gelogen wie vor der Wahl und auf der Beerdigung. Natürlich sind wir jetzt in einer Situation - zum Glück nicht auf der Beerdigung, sondern vor der Wahl -, in
der wir alle mehr oder weniger gefordert sind, uns zu fragen, inwieweit wir diesem Klischee entsprechen oder inwieweit wir diesem Klischee widerstehen.
Ich glaube - das möchte ich aus meiner politischen Erfahrung nach 22 Jahren in diesem Landtag sagen -, es wird in diesem Jahr und in diesem Wahlkampf so wichtig sein wie zu keinem anderen Zeitpunkt, diesem Klischee zu widerstehen. Das ist meine Bitte an das ganze Haus.
Denn - darin stimme ich Claudia Dalbert ausdrücklich zu - wir haben es mit einem substanziellen Verlust an Vertrauen in die Handlungsfähigkeit, in die Erkenntnisfähigkeit und in die Ehrlichkeit der politischen Klasse zu tun. Das ist gefährlich, weil dieser Vertrauensverlust nicht nur uns als der Teil der politischen Klasse betrifft, sondern auch demokratische Abläufe und demokratische Institutionen und letztlich die Demokratie. Unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist es, das Vertrauen - nicht nur in uns, sondern vor allen Dingen in die Demokratie - nicht nur nicht weiter zu zerstören, sondern es wiederaufzubauen, es wiederzubeleben und zu stärken.
Ich möchte nur auf zwei Punkte eingehen, die aus meiner heutigen Sicht extrem wichtig sind. Erstens: Wie ehrlich gehen politische Institutionen und politische Akteure mit der jetzigen Herausforderung um? Damit möchte ich auf die Debatte um Flüchtlingsunterbringung und Flüchtlingsintegration zurückkommen.
Es ist zwei oder drei Tage her - Gerhard Miesterfeldt war dabei, Dieter Steinecke auch -, da saßen hier Schüler von Gymnasien, zum Teil aus Gommern, zum Teil aus Magdeburg. Der erste, der aufstand, stellte mir folgende Frage: Herr Gallert, wenn wir in Sachsen-Anhalt eine 12 000er-Grenze einführen, was soll dann mit dem 12 001. Flüchtling passieren? Können Sie mir das bitte einmal erzählen? Meine Antwort war, dass ich der falsche Ansprechpartner bin. - Nun haben wir alle in den letzten Wochen mitbekommen: Derjenige, der die These vertritt, ist bei kritischen Diskussionen ohnehin nie dabei.
Deswegen war meine Antwort eine andere. Ich hoffe, dass all die politischen Thesen, all die Forderungen, all die völlig kruden Ideen, die in diesem Kontext durch die Gegend gejagt werden, kritisch hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt werden, wie es dieser 17- oder 18-jährige Schüler getan
hat. Ich habe Vertrauen in die Demokratie, weil ich diesem Schüler vertraue.
Der Witz ist ja, dass wir in dieser Debatte keine Antwort bekommen. Was passiert denn nun mit dem 12 001. Flüchtling, von dem wir der Meinung sind, dass wir ihn nicht mehr integrieren werden können, weil wir die Ressourcen dafür nicht mehr haben? Was tun wir denn mit ihm, wenn er trotzdem kommt?
Wir haben eine Reihe von Vorschlägen. Der Herr Kollege Innenminister sagt: Dann stellen wir jemanden an die Grenze und der sagt: Du Flüchtling aus Syrien - oder egal, woher du kommst -, wir haben gerade die 12 000 erreicht; tut mir leid, nimm deinen Zettel und geh nach Hause! - Und das wird der dann auch tun! Er wird dann sagen: Oh, schade; das passt mir jetzt eigentlich nicht, aber das mache ich natürlich.
Nein, das wird nicht funktionieren. Natürlich werden die Flüchtlinge nicht nach Aleppo zurückgehen, wo die Bomben fallen oder von wo sie vor einem Massaker geflohen sind. Sie werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht in ein Schlauchboot setzen und zurück übers Mittelmeer nach Libyen fahren. Dies ist völlig falsch, und wir alle wissen, dass das falsch ist.
Was müsste also passieren? - Wir müssten einen Zaun bauen. Ja, wir müssten einen Zaun bauen und ihn bewachen, ansonsten funktioniert es nicht. Selbst die Grenzkontrollen, über die diskutiert wird, sind in ihrer Logik nicht durchzuhalten.
Wissen Sie, wenn mir jemand am Stammtisch irgendwo sagt, die müssen wir jetzt außen vor lassen, die Grenzen müssen geschlossen werden, dann kann ich damit noch leben. Wenn aber Politiker diese These vertreten, die klug genug sind, um genau zu wissen, dass das nie und nimmer funktionieren kann, dann ist das verantwortungslos und zerstört Vertrauen.
Ich komme auf ein zweites Problem zu sprechen. Ist Politik überhaupt noch in der Lage, ernsthaft - ernsthaft! - die wirklichen Bewegungen und Entwicklungen in der Gesellschaft wahrzunehmen?
Ich muss sagen, die Landesregierung und insbesondere der Ministerpräsident, der sich heute hat vertreten lassen - nicht besonders gut; aber das sei dahingestellt -, haben eine ganz eigenartige Wahrnehmung. Alle von uns, die sich intensiv mit den Dingen beschäftigt haben, kennen die ökonomischen Daten dieses Landes Sachsen-Anhalt im Vergleich mit allen anderen. Alle diejenigen, die sich mit der Arbeitsmarktentwicklung beschäftigt
haben, wissen, dass wir in fast allen Bereichen unter den ostdeutschen Bundesländern - auch in der Entwicklung - die rote Laterne haben.
Vor einigen Tagen kam die Meldung, dass sich bei uns die Schere zwischen Einpendlern und Auspendlern wieder weiter geöffnet hat. Wir hatten im Jahr 2015 zwar 500 Einpendler mehr als im Jahr 2014, gleichzeitig ist aber die Zahl der Menschen, die in Sachsen-Anhalt leben und woanders arbeiten, um 3 200 gestiegen.
Was sagte der Ministerpräsident beim IHK-Empfang zur wirtschaftlichen Entwicklung? - Bei fast allen wichtigen Daten liegen wir vorn oder mindestens im Mittelfeld. - Ein Raunen ging durch den Saal. Denn diejenigen, die dort saßen, kannten die wirkliche Entwicklung besser als er. Wer sich so hinstellt und leugnet, dass es diese Probleme gibt, wer sich so hinstellt und leugnet, dass es eine eigene Verantwortung auch für Fehlentwicklungen und Stagnation gibt, der verspielt ebenfalls Vertrauen in die Politik.
Ich nenne ein weiteres Beispiel. Der Wirtschaftsminister erzählt: Ist doch super, wenn die alle nach Wolfsburg fahren; dann verdienen sie halt mehr Geld; das ist doch schön. Wenn man nicht einmal im Ansatz erkennt, welches Problem sich hinter dieser Entwicklung verbirgt, wenn man nicht einmal im Ansatz erkennt, dass unsere Wanderungsbilanzen nicht nur mit Blick auf Niedersachsen, sondern auch mit Blick auf Sachsen, Thüringen und Brandenburg negativ sind - offensichtlich ist in jedem anderen Bundesland der Arbeitsmarkt attraktiver -, wenn das von dieser Landesregierung nicht einmal mehr als Problem erkannt, sondern geleugnet wird, verliert man Vertrauen in die Politik und in ihre Lösungskompetenz.
Deswegen gilt es, dabei ehrlich zu sein. Wir können uns lange über die Ursachen unterhalten. Eine zehnjährige wirtschaftliche Stagnation mit der aktuellen Ölpreisentwicklung zu begründen, ist allerdings eine Offenbarung, und zwar eine Offenbarung von wirtschaftspolitischer Inkompetenz. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sage ich mit aller Deutlichkeit.
Ich möchte am Ende doch noch auf den bemerkenswerten Redebeitrag des Kollegen Robra eingehen. Offensichtlich geht diese Koalition - nach seiner Interpretation - als Koalition unter der Führung des Kollegen Haseloff in den Wahlkampf. Offensichtlich hat sich diese Koalition darauf verstän
digt - zumindest hat er diesen Eindruck sehr deutlich vermittelt -, dass sie gemeinsam unter der erfolgreichen Führung des Kollegen Ministerpräsidenten in die nächsten fünf Jahre gehen will. - Das ist eine völlig neue Ansage. Ich kannte sie von den Sozialdemokraten so bisher nicht. Es kann sein, dass die Minister das so tragen. Aber dann müssen wir den Wählerinnen und Wählern klar sagen, was die eigentliche Wahloption ist.
Der Kollege Robra hat eben die gesamte Landesregierung in die Pflicht genommen, Wahlkämpfer für den Kollegen Haseloff zu sein. Das ist interessant. Darüber werden wir in der Öffentlichkeit diskutieren. - Danke.
Es gibt Leute, die sind enttäuscht, wenn ich Sie nicht frage. Wissen Sie, das ist eine gewisse Form der Achtung.
Nein, nein.
- Die eigene Fraktion darf ich nicht fragen, Kollege parlamentarischer Geschäftsführer.
- Ja, ja.
Folgendes, ganz einfach. Ich habe mehrmals versucht, dem Kollegen Haseloff diese Frage zu stellen. Er weicht solchen Debatten ja aus. Ich gebe einmal die Frage an Sie weiter, die mir der Schüler gestellt hat: Was tun wir mit dem 12 001.? Wollen wir den draußen lassen? Oder wollen wir den reinlassen und nicht integrieren? Wie wollen wir ihn loswerden? - Das ist meine Frage, die hätte ich gern beantwortet.
Ich habe zum x-ten Mal die Frage gestellt und ich habe zum x-ten Mal keine Antwort bekommen.
Herr Innenminister, die Kapriolen Ihres Ministeriums in den letzten Wochen zu diesem Thema sind erstaunlich.
Das müssen Sie mir bitte einmal erklären. Die Position des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Cottbus hat im Wesentlichen unsere Rechtsauffassung schon seit 2014 ganz maßgeblich bestätigt. Das war unsere Position. Als dieses Bundesverfassungsgerichtsurteil kam, war Ihr Staatssekretär sofort ganz eindeutig der Meinung, dass das mit Sachsen-Anhalt überhaupt nichts zu tun hat.
Weiter sagte er, jeder, der auch nur im Ansatz darüber nachdenke, mache falsche Hoffnungen. In den sozialen Netzwerken ist uns von der CDUFraktion Lüge vorgeworfen worden, als wir gesagt haben, dass dieses Urteil auch Auswirkungen auch auf Sachsen-Anhalt habe.
Jetzt haben Sie nach 14 Tagen und vor allem nach einem Antrag im Landtag von uns dazu schlagartig eine völlig andere Position. Man ist sich auf einmal unsicher, sagt, liebe Zweckverbände, macht das bitte nicht, kassiert das nicht ein. Und heute erzählen Sie, dass Sie sich eigentlich aber maßgeblich doch in Ihrer Rechtsauffassung sicher sind und nach den Landtagswahlen die Dinge wahrscheinlich doch durchziehen wollen.
Das ist eine gute Information für uns, mit der wir auch umgehen können; denn das macht klar, dass das, was Sie gegenüber den Abwasserzweckverbänden und vor allem gegenüber denjenigen, die die Bescheide erhalten haben, machen, nur eine taktische Variante ist. Nachher ist dann wieder die andere Wahrheit klar, dass alles in Ordnung ist und diese Ihre Rechtsauffassung schon immer gewesen ist.
Das haben wir offensichtlich besser getan als Sie.
Warum haben Sie denn Ihre Auffassung geändert?
Über die Motivlage im Jahr 2014 oder später kann man jetzt viel reden. Das ist wirklich verschüttete Milch. Zu dem, was ich als Einschätzung gehört habe, wie wir mit diesem Thema umgehen sollten, haben Sie im Grunde genommen das gesagt, was wir in den Antrag geschrieben haben, nur in andere Worte gekleidet.
Das ist im Grunde genommen das, was wir machen wollen. Meine Frage: Können wir dazu heute mit Ihrer Zustimmung rechnen, Herr Erben?
Herr Kolze, es ist interessant, dass Sie in drei Punkten aus Ihrer Perspektive nachweisen, dass der Erlass des Innenministeriums, der richtigerweise die Umsetzung unseres Antrages ist, völlig sinnlos ist, um dann im letzten Punkt zu sagen, dass Sie ihn doch gut finden. Das ist aber Ihr Problem. Ich habe ein anderes Problem.
Ihr Fraktionsvorsitzender hat an verschiedenen Stellen im Ältestenrat über die Verhaltensnormen des Auftritts von Abgeordneten und Fraktionen im Netz geredet. Ihre Fraktion hat uns über den Twitter-Kanal in diesem Zusammenhang vorgeworfen, wir würden lügen, als wir eingefordert haben, dass wir nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil für Sachsen-Anhalt eine neue Situation haben. Können Sie mir bitte sagen, an welcher Stelle wir gelogen haben sollen und an welcher Stelle Sie uns diese Dinge nachweisen können? - Ansonsten braucht sich hier niemand von der CDU-Fraktion noch irgendwie über den Begriff Wahlkampf aufzuregen.
Frau Professor Dalbert, könnte es vielleicht damit zu tun haben, dass wir in Baden-Württemberg tatsächlich eine völlig andere Schultradition haben, die noch viel stärker klassisch, und zwar über alle Generationen hinweg, auf ein ganz scharf getrenntes Schulsystem orientiert ist, und dass dies möglicherweise auf alle Parteien, die dort existieren, durchschlägt und dass sich daraus möglicherweise auch Unterschiede im Herangehen zwischen Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg erklären?
So ist es nämlich.
Ich will gar nicht viel zu der inhaltlichen Bewertung sagen. Das wird mein Fraktionskollege Knöchel tun.
Bemerkenswert ist aber schon, dass das Wahlkampfversprechen der CDU im Wesentlichen darin besteht, in fast allen Politikfeldern das, was man in den letzten zehn Jahren gemacht hat, in der nächsten Legislaturperiode wieder zu revidieren. Das mag an dieser Stelle schon stimmen und wäre vielleicht sogar gut.
Ich habe noch einen anderen Hinweis. Frau Feußner, wir haben in diesem Land - das ist völlig rich
tig - bis 2002 toleriert. Aber bei Ihnen scheint irgendwie angekommen zu sein, dass wir auch die Böhmer-Regierung danach noch toleriert haben.
Denn erst da sind diese Dinge gemacht worden - unter anderem ist das Weihnachtsgeld gekürzt worden -, weil wir erst danach die Föderalismusreform und überhaupt Rahmenbedingungen dafür hatten. Wenn Sie sagen, wir hätten mit unseren Beschlüssen das Weihnachtsgeld mit abgeschafft, dann gehen Sie davon aus, dass wir nach 2002 noch toleriert haben. Ich kann mich aber daran erinnern, dass das nicht so war. Glauben Sie es mir!
Nur eine Frage. Herr Robra, Sie haben ganz grundsätzlichen Änderungsbedarf im Verhältnis zwischen Beamten und Landesregierung begründet, und zwar nicht nur juristisch. Welche Rahmenbedingungen haben sich denn seit Anfang Dezember 2015, seit der Verabschiedung des Nachtragshaushaltes, bis zu dieser Landtagssitzung Ende Januar 2016 so fundamental verändert, dass man jetzt offensichtlich zu einer so fundamental anderen Einschätzung kommt?
Ja, ich habe echt überlegt.
Herr Erben, wir haben die Presseerklärungen Ihres Koalitionspartners ganz aufmerksam verfolgt. Die erste Presseerklärung war, dass die CDU-Fraktion beschlossen hatte, zu diesem Thema noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf einzubringen.
- Ich frage den Kollegen Erben. - Denn zumindest die Pressemitteilung hat diesen Eindruck vermittelt. Hat der Koalitionspartner mit Ihnen darüber gesprochen, einen solchen Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode vorzulegen?
Herr Leimbach, der Kollege Robra hatte schon Angst, dass ich ihn enttäusche und keine Frage stelle. Dann werde ich das natürlich auch bei Ihnen machen.
Sie sprachen in Ihrer Rede davon, es könne überhaupt keine Rede davon sein, dass durch die IBG ein Schaden in Höhe von 70 Millionen € auf das Land zukommen könnte. Wenn Sie das sagen, dann sind Sie schlauer als wir alle, Herr Leimbach. Meines Wissens ist sowohl die Agentur OLAF noch dran, als auch ist die Bewertung der Europäischen Kommission überhaupt nicht abgeschlossen, weil es eine Beantragung der Erstattung dieser Summe bei der Kommission bis heute überhaupt nicht gibt.
Woher wissen Sie eigentlich - haben Sie da geheime Drähte -, dass wir die gesamten dort eingesetzten europäischen Mittel wirklich von der EU erstattet bekommen? - Diese Aussage wäre mir neu.
Nein.
Herr Leimbach, ich habe Ihnen eine völlig andere Frage gestellt.
Ich habe noch eine Nachfrage, Herr Leimbach. Eigenartigerweise - so ist mein Kenntnisstand - hat die Landesregierung - wobei jetzt eigentlich alles klar sein müsste; es besteht überhaupt kein Risiko - die Erstattung dieser Mittel noch gar nicht beantragt. Dann sage ich: Entweder wissen Sie, dass sie beantragt wurden und dass die Europäische Kommission dem zugestimmt hat - dann wissen Sie mehr als ich -, oder es muss einen Grund geben, warum das alles noch nicht passiert ist. Ich frage Sie ganz interessiert. Das war nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses; darin haben Sie völlig Recht. Aber Sie haben es behauptet. Deswegen würde ich gerne wissen, wie Sie die Behauptung belegen können, dass es dieses Risiko nicht gibt.
Das glaube ich auch bei Ihrer Antwort.
Also, Sie wissen es nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten 14 Tagen in der politischen und gesellschaftlichen Debatte in der Bundesrepublik Deutschland etwas erlebt, was doch recht selten - auch in meiner schon recht langen Politikerkarriere - zu betrachten war: nämlich dass ein einziges Thema, und zwar die sexuellen Übergriffe, Belästigungen und sexualisierte Gewalt einer Silvesternacht von Köln, die gesamte politische Debatte in allen Facetten, in allen Diskussionsrunden und in allen Medien nahezu zu 100 % beherrschte.
Ich glaube, deswegen ist es wichtig, dass wir uns auch auf unserer letzten Landtagssitzung darauffolgend zu diesem Thema verständigen und politische Forderungen ableiten.
Die erste politische Forderung, die ich postuliere, ist: Sexualisierte Gewalt ist in jedem Fall zu verurteilen.
Es darf bei diesem Thema keine Relativierung geben. Egal, ob es sich um sexualisierte Gewalt in der Öffentlichkeit oder im häuslichen Umfeld handelt. Es gibt keine Entschuldigung für sexualisierte Gewalt im religiösen Bereich, nicht im ethnischen Bereich und auch nicht im kulturellen und sozialen Bereich.
Sexualisierte Gewalt ist überall und immer zu verurteilen. Deswegen sagen wir auch mit aller Deutlichkeit: Die Übergriffe in Köln, die massenhafte sexualisierte Gewalt gegenüber wehrlosen Opfern, ist zu verurteilen. Diese Vorgänge waren schrecklich, sie waren traumatisch aus der Perspektive der Opfer, und sie sind Dinge, die uns nicht kaltlassen dürfen.
Ich sage auf der anderen Seite allerdings auch, diese Vorgänge bieten die Chance, ein Thema, das in den letzten Jahrzehnten viel stärker hätte politisch und gesellschaftlich diskutiert werden müssen, jetzt mit einer neuen Sensibilität anzugehen.
Deswegen sind die Vorfälle von Köln - so schrecklich sie sind - für uns wiederum Verpflichtung und Anlass, darüber nachzudenken, was bei uns in der Gesellschaft falsch läuft, und welche Dinge wir dagegen tun können, dass sich die Dinge ausweiten.
Allerdings - das gehört zur Wahrheit dazu - haben wir in den letzten Wochen eine Debatte erlebt, die nicht nur die Opfer sexualisierter Gewalt beleidigt und instrumentalisiert, sondern die dazu angetan ist, neue Opfer zu schaffen. Es geht darum, sexualisierte Gewalt als Vorwurf ausschließlich und isoliert gegen eine einzige Personengruppe zu richten, nämlich gegen Flüchtlinge, und damit selbst rassistische Elemente zu bedienen. Das verurteilen wir auch in aller Deutlichkeit.
Insofern werden wir den Alternativantrag, den die Fraktionen CDU und SPD vorgelegt haben, durchaus unterschiedlich bewerten. Wir schließen uns aber auf jeden Fall dem Punkt 6 an, der besagt:
„Der Landtag begrüßt und unterstützt den Aufruf unter ‚#ausnahmslos‘, mit dem Frauen sich gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus positionieren …“
Beides gehört verurteilt, und das eine darf nicht zur Begründung des anderen dienen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nein, sexualisierte Gewalt ist ein Thema unter Flüchtlingen wie unter Einheimischen, unter Ausländern. Es ist ein Thema der gesellschaftlichen Debatte und der gesellschaftlichen Ächtung. Wenn es in den letzten Tagen und Wochen die Debatte gab, dass es einen Kulturkreis - nämlich den muslimischen - gibt, der offensichtlich eine besondere Affinität zur sexualisierten Gewalt hat; bei Muslimen müsse man von vornherein davon ausgehen, dass hier die Hemmschwelle niedriger sei, dann erinnere ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich, dass es keine 20 Jahre her ist, dass es in dieser Bundesrepublik Deutschland eine ernsthafte Debatte gab darüber, dass die Vergewaltigung nicht strafbar sein darf, nämlich die Vergewaltigung in der Ehe.
Es ist leider so, dass nicht wenige, die sich heute an der Spitze der Debatte der Verurteilung von kriminellen Ausländern befinden, sich damals vehement gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe positioniert haben, unter anderem der jetzigen Ministerpräsident Seehofer. Keine 20 Jahre ist es her, dass sogenannte Urdeutsche eine Vergewaltigung nicht als Straftat ansehen wollten. Das sollte uns Anlass sein, darüber nachzudenken, ob wir in der Lage und bereit sind und ob es gut ist, arrogant gegenüber Menschen zu reden, die zu uns kommen.
Wollen wir dieses Thema wirklich angehen, ist deswegen, das sagen wir mit aller Deutlichkeit, die „Stolberger Erklärung“ der CDU der grundfalsche Weg. Sie reagieren auf Köln und Sie haben ein klares Feindbild: der kriminelle Ausländer. Es gibt niemanden anderen, der in irgendeiner Art und Weise an der Stelle zur Debatte steht.
Und es gibt übrigens auch nur eine einzige Antwort, mit dem Thema umzugehen, nämlich diejenigen, die es betrifft, abzuschieben.
Da sage ich mit aller Deutlichkeit: Unsere Antwort ist eine andere. Jeder, egal ob Flüchtling, Ausländer oder welchen Status er auch immer hat, der sexualisierte Gewalt ausübt, gehört verurteilt, und zwar ohne Ausnahme,
und zwar nach unserem Strafrecht.
Die Debatte um die Ausweisung dieser Täter ist im Grunde genommen fern ab jeder Realität. Ich bitte
Sie, meine lieben Kollegen von der CDU, sich einmal mit den Praktikern zu unterhalten, die sich mit diesen Dingen auseinandersetzen müssen.
Jetzt gehen wir durchaus zu den Vorgängen in Köln. Die erste Variante, um die es ging, war, es seien im Wesentlichen syrische Flüchtlinge gewesen. - Falsch! Alles, was wir heute darüber wissen, ist, dass das, was dort passiert ist, im Wesentlichen
- das waren die ersten Debatten - organisiert worden ist von sehr wohl bandenmäßig strukturierten Leuten, jungen Menschen vor allen Dingen, die aus Marokko, Algerien und Tunesien kommen. Seit Jahren übrigens häufig dort leben. Wir wissen alle, die ein bisschen Ahnung haben, dass es so gut wie überhaupt keine Chancen gibt, Leute, die aus diesen Ländern kommen, dahin wieder abzuschieben.
Henriette Quade und ich haben übrigens ein solches Beispiel in Italien selbst erlebt. 150 Marokkaner kommen von Libyen mit einem Schiff nach Sizilien. Es gibt sogar ein Rückführungsabkommen zwischen Italien und Marokko. Da kommt der Gesandte von der Botschaft, guckt sich die 150 an und sagt: Von den 150 sind nur vier Marokkaner, die nehmen wir wieder zurück, den Rest müsst ihr behalten. Keine Chance irgendeiner Rückführung.
Was machen Sie eigentlich mit denen? - Das ist nicht die Ausnahme, das ist der Regelfall, dass sie überhaupt keine Abschiebung in die Herkunftsländer realisieren. Im Endeffekt passiert Folgendes: Abschiebung bedeutet letztlich Abschiebung in ein Drittland. Auf jeden Fall bedeutet Abschiebung, dass die Strafverfolgung nicht stattfinden wird.
Der sicherste Weg, um vor der Strafverfolgung zu fliehen, ist für einen Kriminellen, der hier zu uns kommt, abgeschoben zu werden. Als Nächstes reist der möglicherweise wieder ein und begeht dann wieder neue Straftaten. Deswegen ist das eine absolute Scheindebatte, sie ist schädlich, sie ist falsch und wir distanzieren uns davon.
Wer wirklich Strafverfolgung will in diesem Bereich, braucht nicht über Abschiebung zu reden, weil er in dem Augenblick natürlich in die Situation kommt, jemanden abzuschieben, der überhaupt nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird. Unterhalten Sie sich bitte einmal mit den Praktikern. Dann wissen Sie, dass das stimmt.
Das große Problem ist nur, dass diejenigen, die diese Abschiebung fordern, das zum großen Teil wissen, aber meinen, mit dieser Forderung am besten populistisch anzukommen, und darauf hoffen, dass nicht nachgefragt wird. Wollen wir das
Thema sexualisierte Gewalt auch von denen, die zu uns kommen, ernst nehmen, dann müssen wir diese Frage stellen und wir müssen die Antwort darauf geben.
Wir sagen aber auch mit aller Deutlichkeit, wir halten das aus einem anderen Grund für eine völlige Scheindebatte. Wir müssen über die wirklichen Ursachen von sexualisierter Gewalt reden. Die wirklichen Ursachen von sexualisierter Gewalt liegen eben nicht selten in einer mangelnden gesellschaftlichen Ächtung dieser.
Es war schon interessant, als im Kontext der Kölner Vorwürfe ein bayrischer Polizeibericht auftauchte, in dem berichtet wurde, dass der spaßhafte Griff unter den Rock einer Besucherin auf dem Oktoberfest zwar dazu führte, dass diese sich wehrte und den entsprechenden Akteur mit einem Bierkrug schlug. Das Problem war aber, dass nicht etwa der verurteilt wurde, der sexuell belästigt hatte, sondern die Frau, die sich gewehrt hat. Das ist das Problem.
Wir brauchen eine gesellschaftliche Verständigung und Debatte darüber, dass sexualisierte Gewalt kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verbrechen ist, und zwar in der gesamten Gesellschaft.
Wir sind diejenigen, die gefordert haben, dass übrigens auch Gewalt gegenüber LSBTI - das sind Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle - von vornherein Vermittlungsgegenstand in Schulen, ja sogar auch ein Stück weit in Kindergärten wird. Dagegen haben Sie sich, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, vor allem in Baden-Württemberg gewandt. Wir sind hier in Sachsen-Anhalt immer noch keinen richtigen Schritt weiter, weil die Dinge viel zu lange gestockt haben.
Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte, wir brauchen gesellschaftliche Aufklärung und wir brauchen eine gesellschaftliche Parteinahme, die sagt, wir wollen das Thema angehen und es nicht missbrauchen als Argument gegenüber Flüchtlingen, die zu uns kommen.
Ich möchte dazu noch die stellvertretende Vorsitzende des Verbandes deutscher Soldaten e. V. zitieren. Sie selbst ist hier geboren, hat aber einen marokkanischen Hintergrund. Sie sagt:
„Vergewaltigung ist auch in Marokko strafbar und die Entehrung einer Frau ist für Muslime eine sehr schwerwiegende und schlimme Tat.... Die Selbstverständlichkeit, dass man anderen Menschen kein Leid zufügt, ist
übrigens universell und auch im Ausland bekannt. Moral ist keine deutsche Errungenschaft, bei der man nochmal nachfragen müsste, ob sie schon bei uns Zugewanderten verfügbar ist.“
Das ist, glaube ich, die richtige Reaktion auf diese Debatte.
Dann will ich noch einmal klar sagen, ja, es gibt Verfehlungen des Gesetzgebers, es gibt Verfehlungen, die seit langem im Deutschen Bundestag und in dieser Bundesregierung bestehen. Es gibt seit dem Jahr 2010 die Debatte, dass es ein großes strafrechtliches Defizit bei uns in der Bundesrepublik Deutschland gibt, nämlich dass bei uns Vergewaltigung nur als solche bewertet wird, wenn sie mit einer Nötigung verbunden ist, also wenn mit Gewalt Widerstand überwunden wird.
Es gibt seit dem Jahr 2010 Vorstellungen und Überlegungen, diesen Passus herauszustreichen. Denn nicht selten ist es so, dass diese sexuellen Übergriffe überraschend stattfinden, sodass gar keine Chance besteht, sich zu wehren, oder, was noch schlimmer ist, dass solche sexuellen Übergriffe deswegen nicht mehr auf körperliche Gegenwehr der Frau trafen, weil sie einfach aus Angst nicht mehr dazu in der Lage war.
Seit dem Jahr 2010 gibt es diese Debatte. Es war die Bundesregierung und es war die CDU, die verhindert hat, dass diese Strafrechtsverschärfung durchgeführt wird. Wir fordern sie ja heute. Deswegen verlangen wir, dass es auch hierzu eine entsprechende Positionierung gibt.
Lassen Sie uns dieses Thema bitte ernsthaft angehen. Lassen Sie uns das Thema sexualisierte Gewalt in all seinen abscheulichen Facetten, in all seinen verästelten Ursachen bekämpfen. Aber tun wir uns bitte einen Gefallen: Lassen Sie es uns nicht in einer Art und Weise diskutieren, die als Argument und Unterstützung für rassistische Diskriminierung herhält. - Danke.
Frau Ministerin, ich bin ein wenig überrascht von Ihrem Vorwurf mir gegenüber, nichts Konkretes zu diesen Dingen beigetragen zu haben, und davon, dann von Ihnen das zu hören, was ich gerade vorher auch gesagt habe bzw. was in unserem Antrag steht.
Ich will den Vorwurf jetzt nicht zurückgeben, so unhöflich bin ich nicht. Im Grunde genommen haben wir parallele Forderungen aufgestellt, deshalb sollten wir solche Vorwürfe nicht erheben.
Aber wissen Sie, es geht mir um die Verschärfung des Sexualstrafrechtes, um die Nichteinhaltung der sogenannten Istanbul-Konvention. Sie sagen selbst, im Wesentlichen liegen seit 2010 Vorstellungen und Vorschläge vor, auf den Nötigungsvorbehalt bei sexuellen Übergriffen zu verzichten. Nun sind Sie nicht erst seit heute Justizministerin, auch nicht erst seit gestern. Woran lag es, dass seit fünf Jahren in diesem Bereich nichts passiert ist?
Ich möchte noch einmal zum Ausgangspunkt zurückkommen. Der Ausgangspunkt war die Verurteilung von sexualisierter Gewalt und nicht zuzulassen, dass es in irgendeiner Art und Weise eine religiöse, ethische, kulturelle oder soziale Differenzierung in dieser Frage geben darf.
Wenn Sie jetzt vermisst haben, Kollege Borgwardt, dass ich den Imam von Köln verurteile, dann kann ich das gern nachholen. Der Imam von Köln steht mit einer solchen Position leider nicht allein. Ich zitiere Ihnen einen anderen Kirchenvertreter:
„Frauen können verhindern, dass sie geschlagen werden, indem sie einfach das tun, was die Männer von ihnen verlangen“,
und nicht etwa anfangen, über Scheidung zu diskutieren. Das war kein Imam. Das war ein Erzbischof, und zwar ein katholischer Erzbischof aus Spanien.
- In diesem Monat, vor 14 Tagen etwa. - Das beweist sehr deutlich, dass die Aussage stimmt, dass die kulturellen Differenzen, die religiösen Differenzen mitnichten Ursache dafür sind, sondern ein
patriarchalisches, beleidigendes Geschlechterbild. Das ist das Problem.
- Die Vorwürfe wegen des Imams von Köln kamen doch von Ihnen. Dazu sage ich noch einmal ausdrücklich: Wenn ich sage, jede dieser Relativierungen, jeder Versuch der Begründung muss verurteilt werden, dann trifft das auf den Imam von Köln genauso wie auf den Erzbischof von Toledo zu. Das trifft auf Kirchenvertreter der christlichen Kirche genauso wie auf Muslime zu. Wir dürfen keine Differenz lassen.
Wie gesagt, Frau Kolb-Janssen, Ihren Vorwurf habe ich verstanden, die Differenz nicht - mit einer Ausnahme. Lassen Sie uns noch einmal über die Realitäten reden. Ist Abschiebung ein probates Mittel, um das Problem zu bewältigen? - Dazu sage ich, schon aus formaljuristischen Gründen - darüber muss ich mich mit der Justizministerin nicht streiten - lehnen wir das nach wie vor ab. Ich bin an dieser Stelle aber Pragmatiker.
Sagen Sie mir doch einmal: Wie soll das passieren? - Wie gesagt, der Großteil der Tätergruppe, die in Köln am Werke war, kommt aus Marokko, Algerien und Tunesien. In Tunesien dürfen sie das Land überhaupt nicht illegal verlassen. Dort werden die Leute eingesperrt, wenn man ihrer habhaft wird - wie zu DDR-Zeiten. Das wird übrigens ganz wesentlich von der Europäischen Union mitfinanziert.
Marokko nimmt die Leute nicht zurück. Algerien nimmt die Leute nicht zurück. In Libyen gibt es überhaupt niemanden, der sie zurücknehmen könnte. In Tunesien haben wir eine ähnliche Situation.
Die werden jetzt straffällig. Nun erzählen wir allen Leuten: Wir lösen das Problem, indem wir sie ausweisen. Wir wissen, dass 95 % dieser Täter überhaupt nicht ausgewiesen werden können. Die einzige Gegend, in die überhaupt noch Ausweisungen funktionieren, ist der Westbalkan.
Was wir nicht wissen, wenn wir wirklich jemanden ausweisen können - ich konzentriere mich auf die letzten 5 % -, ist - und die Wahrscheinlichkeit ist extrem gering -, dass derjenige dort für seine Straftaten im Bereich sexualisierter Gewalt wirklich in den Knast geht. Davon können wir überhaupt nicht ausgehen. Die Wahrscheinlichkeit ist relativ gering. Das bedeutet, nach einer Abschiebung wird ein Sexualstraftäter im Normalfall auf freiem Fuß bleiben, wenn eine Abschiebung überhaupt möglich ist.
Dann haben wir die Situation, dass es faktisch keine Strafverfolgung in diesem Bereich gibt. Die einzige Alternative dazu ist, und zwar egal woher er kommt, radikale Strafverfolgung. Polizei und Justiz müssen dazu in der Lage sein, personell und rechtlich, diese Strafverfolgung zu realisieren. Und dann müssen die Leute in den Knast. Das ist die Alternative dazu.
Das ist auch eine ehrliche Alternative. Die ist vielleicht ein bisschen schwieriger als zu erzählen: Wir schieben alle ab und dann haben wir das Problem nicht mehr. Nein, wir haben das Problem. Gerade Köln zeigt übrigens, wie substanziell das Problem ist. Diejenigen, die dort mit hoher Wahrscheinlichkeit am Werke waren, sind tatsächlich seit mehreren Jahren existierende Jugendgruppen aus dem nordafrikanischen Bereich - so können Sie sich die Sache heute beim Kollegen Lanz angucken; mit einem Experten wird darüber diskutiert, der sich damit beschäftigt -,
die natürlich kriminell werden, und zwar deswegen, weil das ihre einzige Alternative ist, hier irgendetwas zu sein, weil sie völlig illegal sind. Wer illegal ist, seinen Lebensunterhalt verdienen will und nicht zurückkehren kann, der wird in irgendeiner Art und Weise kriminell. Das ist das Kölner Problem. Das löst man aber nicht dadurch, dass man den Leuten erzählt, wir könnten sie irgendwohin abschieben und dann sei das Problem weg. Das funktioniert so nicht. Dabei müssen wir ehrlich sein.
Die einzige Alternative, richtig zu handeln, ist eine effektive Strafverfolgung bis hin zur gerichtlichen Verurteilung, bis hin zum Freiheitsentzug. Das ist die einzige Alternative. Deswegen ist diese ganze Abschiebedebatte eine völlige Scheindebatte. - Danke.
Herr Stahlknecht, in bin in Ihrer Rede über einen Satz gestolpert. Den müssen Sie mir jetzt noch einmal erläutern. Der Satz - ich glaube, er war an den Kollegen Erben gerichtet, gegebenenfalls können Sie mich korrigieren - lautete sinngemäß: Sie werfen mir ja vor oder lassen mir über die Gewerkschaften vorwerfen, dass die Verkehrskontrollen im Land unzureichend sind. Das müsste in etwa das sein, was Sie gerade gesagt haben.
Als engagierter Gewerkschaftsvertreter würde ich gern von Ihnen wissen wollen: Welche Gewerkschaften, meinen Sie, lassen sich von dem Kollegen Erben in dieser Art und Weise instrumentalisieren? Oder meinten Sie nicht den Kollegen Erben? Oder meinten Sie nicht die Gewerkschaften?
Kollege Erben, ich habe ein tiefes menschliches Verständnis dafür, dass Sie dem Kollegen Stahlknecht vorwerfen, dass er sich aus der Verantwortung für das Personalentwicklungskonzept stiehlt. Dem hat er zugestimmt.
Ich habe ein noch tieferes menschliches Verständnis dafür, als dass alle CDU-Minister tatsächlich permanent überall erzählen, dass es nur einen Minister gab, der in den letzten fünf Jahren das Gute in diesem Land verhindert hat, dass es Herr Bullerjahn war und sie ihm alle wehrlos ausgeliefert waren.
Ich habe dafür tiefes menschliches Verständnis. Aber, Kollege Erben, jetzt müssen wir der Ehrlichkeit halber einen zweiten Fakt anfügen. In dieser Koalitionsvereinbarung 2011 stand noch etwas anderes, und dies haben Sie, so glaube ich, als Parteitagsdelegierter mit beschlossen, nämlich dass der gesamte Einstellungskorridor für den gesam
ten Landesdienst auf sage und schreibe 400 pro Jahr abgesenkt werden soll.
Auch Ihnen muss dabei klar gewesen sein, dass Sie ein Papier verabschieden, in dem eine Forderung für die Polizei stand, die mit der anderen Forderung in überhaupt keine Übereinstimmung zu bringen war, und deswegen ein Papier beschlossen haben, das zwei völlig unterschiedliche Richtungen vorgegeben hat. Ich sage jetzt einmal, der Vorwurf an den Kollegen Stahlknecht ist völlig richtig, aber ein bisschen mehr Selbstkritik wäre an der Stelle angebracht.
Dafür habe ich wiederum auch menschliches Verständnis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es musste fast das Ende der Legislaturperiode erreicht sein, um eine Sondersitzung dieses Hohen Hauses zu beantragen, eine Sondersitzung, die nur einen einzigen Tagesordnungspunkt zum Gegenstand hat, die aber natürlich auch etwas mit dem Ende der Legislaturperiode zu tun hat.
Worum geht es? - Es geht um ein inhaltliches Thema. Dieses inhaltliche Thema heißt: Kosten der Kinderbetreuung und die Belastung der Eltern in diesem Zusammenhang. Dann gibt es heute ein ganz großes zweites Thema. Dieses zweite Thema lautet: Glaubwürdigkeit von Politik.
Kommen wir zum ersten Thema, der Belastung der Eltern im Kontext der Kinderbetreuung. Fakt ist, dass wir seit einigen Monaten Zeuge einer Entwicklung sind. Diese Entwicklung wird dadurch gekennzeichnet, dass wir es in großen Teilen des Landes mit deutlichen Steigerungen der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung zu tun haben. Dadurch werden Diskussionen und Proteste ausgelöst und es finden intensive Debatten in den zuständigen kommunalen Gremien dazu statt.
Wir sehen, dass die Ursachen dafür, dass Eltern durch kommunale Entscheidungen deutlich höher belastet werden, offensichtlich nicht nur und ausschließlich in einer einzelnen Kommune liegen, sondern dass es landesweit Strukturen und Probleme geben muss, die dazu führen, dass immer mehr Gemeinden nach und nach dazu gezwungen werden, die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung anzuheben. So weit dürfte in diesem Hohen Haus noch Einigkeit herrschen. Wir können viel und lange über die Ursachen für diese Entwicklung reden. Auch diesbezüglich dürfte bei vielen Einigkeit herrschen, bei einigen möglicherweise nicht.
Die erste Frage, die uns immer wieder gestellt wird, lautet: Waren die zusätzlichen Landesmittel mit der Novelle zum Kinderförderungsgesetz noch ausreichend für die entsprechende Erhöhung der Qualitätsstandards? - Das ist eine interessante Frage, über die wir zweieinhalb Jahre gestritten haben und möglicherweise auch noch weitere drei Jahre streiten werden, ohne dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode zu einem wirklich befriedigenden konsensualen Ergebnis kommen werden.
- Der Finanzminister schüttelt entsprechend seiner Funktion natürlich den Kopf; klar. Das ist aber auch keine Antwort auf diese Frage.
Wir haben andere Dinge, die möglicherweise dazu führen, dass die Kosten in diesem Bereich immer deutlicher steigen und zu einem immer größeren
Teil auf die Eltern umgelegt werden. Wir haben eine intensive Debatte darüber, ob die Pauschalen bzw. die entsprechenden Entgelte in der Kinderbetreuung durch die letzte Gesetzesnovelle nach oben getrieben worden sind. Dafür gibt es eine Reihe von Indizien. Aber auch darüber kann man streiten.
Wir haben einen dritten Grund. Dieser dritte Grund ist in deutlicher Klarheit von uns als Fraktion immer benannt worden. Dankenswerterweise hat dies in der Dezember-Sitzung auch die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion getan. In dem Augenblick, in dem die Landeszuschüsse an die kommunale Ebene - die nämlich Träger der Kinderbetreuung ist - ständig weiter abgesenkt werden, wird diese dazu gezwungen, ihre eigenen Finanzierungsanteile immer stärker zu reduzieren und die Kosten auf die Eltern umzulegen.
All diese Dinge sind Kostentreiber im Bereich der Elternbeiträge. Wir müssen in aller Deutlichkeit einschätzen, dass diese Kostensteigerung ein Ausmaß erreicht hat, das nicht mehr sozialverträglich ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Jetzt gibt es die verschiedensten Vorschläge dazu, wie man dieser Situation Herr werden kann. Beispielsweise soll das letzte Kindergartenjahr kostenfrei sein. Oder wir begrenzen die Elternbeiträge auf die Höhe des Kindergelds.
Wir haben bei diesen ganzen Debatten nur ein Problem zu berücksichtigen: Wir als Landespolitiker können überhaupt nicht versprechen, welche Begrenzung es in diesem Bereich gibt, weil wir nicht diejenigen sind, die die Höhe der Elternbeiträge festlegen. Es sind die Kommunen, die diese Elternbeiträge festlegen.
Wenn wir als Landespolitiker glaubwürdig sein wollen, dann können wir den Menschen nicht versprechen, dass das letzte Kindergartenjahr demnächst kostenfrei sein wird, und wir können ihnen auch nicht versprechen, dass der Elternbeitrag nicht höher als 190 € sein wird. Glaubwürdigkeit erlangen wir dadurch, dass wir die Kommunen in die Lage versetzen, diesen Anstieg zu begrenzen bzw. zu stoppen. Das ist die Wahrheit.
Wenn wir das anders machen wollen, dann brauchen wir die grundsätzliche Umstellung des gesamten Systems. Wer das immer noch nicht verstanden hat, der schaue sich bitte den Spruch den Landesverfassungsgerichts zu den Auswirkungen
der 50:50-Regelung im Bereich der Konnexität, die im Zuge der letzten Novelle in das Gesetz aufgenommen wurde, an. Dann wird endgültig klar, dass wir keinen direkten Durchgriff in das System machen können.
Es sei denn, wir stellen dieses System völlig auf den Kopf oder kreieren ein völlig anderes System. Das Einfachste wäre, sämtliche Kindertagesstätten in die Landesträgerschaft zu übernehmen. Das ist für uns kein Weg. Dann könnte man das natürlich machen. Aber vorher wird alles extrem schwierig.
Jetzt haben wir die unbefriedigende Situation, dass wir landespolitisch die Verantwortung haben, aber kaum die Möglichkeit, direkt und unmittelbar per Gesetz festzulegen, wie hoch die Elternbeiträge sind. Die einzige Möglichkeit ist, den kommunalen Strukturen Luft zum Atmen zu geben, um die Beiträge, die sie den Eltern jetzt abverlangen, durch Eigenmittel zu substituieren und damit zumindest den Anstieg der Elternbeiträge zu stoppen. Das ist die einzige Möglichkeit, die wir im bisherigen System haben.
Unser Vorschlag war und ist, den Kommunen wenigstens die Mittel aus dem Betreuungsgeld, die wir vom Bund bekommen, zur Verfügung zu stellen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, in einem ersten Schritt eine weitere Erhöhung der Elternbeiträge zu vermeiden. Das ist der Vorschlag, der auf dem Tisch liegt.
Jetzt sagen natürlich viele, das sei nicht genug Geld. - Nein, genug ist es nie. Aber in einem ersten Schritt können wir zumindest den Betrag von 9 Millionen €, der jetzt dafür zur Verfügung steht, den Kommunen für diesen Zweck überweisen. Wenn die Kommunen dieses Geld auf die Kindergarten- und Krippenkinder konzentrieren, dann könnten die Eltern immerhin jährlich um 100 € entlastet werden. Das ist nicht viel, aber es ist mehr als gar nichts. Und es wäre ein wichtiges Zeichen an die Eltern, dass wir sie nicht allein lassen.
Eigentlich ist es völlig unnötig, dass ich das hier alles noch sage. Denn eigentlich hat dieser Landtag zweimal einen Beschluss gefasst, der genau das beinhaltet.
Im Oktober hat der Landtag folgenden Beschluss gefasst:
„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die aus dem Bundeshaushalt für das Betreuungsgeld eingeplanten und in das Land Sachsen-Anhalt fließenden Mittel für
die Verbesserung im Bereich der Kindertagesstätten einzusetzen.“
Im Dezember:
„Die Landesregierung ist aufgefordert, die auf Sachsen-Anhalt entfallenden Mittel des Betreuungsgeldes des Bundes zur Entlastung der Eltern bei den Kostenbeiträgen einzusetzen.“
Es herrscht also Konsens in diesem Haus, dass es passieren soll? - Nein, den gibt es nicht. Wenn in diesem Punkt Konsens herrschen würde, dann wäre heute klar, dass unser Gesetzentwurf eine Mehrheit bekommt, und zwar sofort, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Da werden in der Öffentlichkeit Nebelkerzen gezündet. Es heißt, es sei überhaupt kein Gesetz mehr nötig; dieses Geld fließe ohnehin. Ich frage mich, Herr Schröder, haben Sie die Landeshaushaltsordnung überhaupt einmal in Ihrem Leben gelesen. Sie können dieses Geld nur an die Kommunen weitergeben, wenn Sie dazu ein Gesetz verabschieden. Hierbei hilft kein Beschluss des Finanzausschusses und auch keine Rücklage des Finanzministers. Nur mit diesem Gesetz fließt das Geld. Erst wenn dieses Gesetz verabschiedet sein wird, fließt dieses Geld. Und es muss jetzt fließen.
Wir haben im Interesse der CDU-Fraktion bei diesem Gesetzentwurf auf alle unsere Forderungen verzichtet. Die Kollegen der CDU-Fraktion haben gesagt, für das Jahr 2017 machen sie das nicht mit, für das Jahr 2018 auch nicht; dann wollen sie andere Vorstellungen realisieren.
Deshalb haben sich die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darauf verständigt, die Jahre 2017 und 2018 herauszustreichen und sich auf das Jahr 2016 zu konzentrieren. Das ist das, was hier Konsens gewesen ist. Was höre ich heute? - Nein, man will es nicht.
Dann erzählt man auch noch, dieses Geld würde ohnehin rückwirkend zum 1. Januar 2016 fließen. - Nein, dieses Geld kann nur fließen, wenn ein solches Gesetz verabschiedet wird.
Wir befinden uns am Ende der Legislaturperiode. Sie versprechen, nach der Wahl ein solches Gesetz zu verabschieden. Das versprechen Sie seit Oktober.
Herr Schröder, nennen Sie mir einen einzigen Grund, warum Sie heute nicht zustimmen, sondern erst in einem halben Jahr! Nennen Sie mir dafür einen einzigen Grund!
Ich sage mit aller Deutlichkeit: In einem halben Jahr wird ein solches Gesetzes nicht mehr die Wirkung haben, selbst dann nicht, wenn die CDU nachher überhaupt einen solchen Gesetzentwurf einbringt. Denn in einem halben Jahr wird eine Reihe von Gemeinden in Sachsen-Anhalt wieder eine Satzung verabschiedet haben. Und in dieser Satzung steht ein Elternbeitrag. Dieser Elternbeitrag wird sich auf die Differenz zwischen dem Eigenanteil der Kommunen und den übrigen Gesamtkosten belaufen.
Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass auch nur ein Stadtrat in diesem Land sagt, weil die Landespolitiker uns ja seit Ewigkeiten versprochen haben, dass es eine solche Regelung geben wird, die sie aber eigenartigerweise nicht beschließen, vertrauen wir mal darauf, dass sie das vielleicht zum Ende des Jahres beschließen und deswegen werden wir heute unsere Beiträge nicht erhöhen. - Das ist völliger Blödsinn! Das wird nicht passieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deswegen geht es, glaube ich, um noch mehr als um die Kinderbetreuung, nämlich um die Frage der Glaubwürdigkeit.
Ich sage mit aller Deutlichkeit, wir haben seit Monaten versucht, in dieser Frage einen Kompromiss zu erzielen, einen Kompromiss, der den Eltern klar und deutlich zeigt, erstens wir haben das Problem erkannt, zweitens wir versprechen nicht nur und drittens wir handeln zumindest in dem uns möglichen Rahmen sofort.
Heute befinden wir uns in der Situation, dass die Oppositionsparteien diesen Gesetzentwurf einbringen. Diejenigen, die die Texte, die ich vorhin vorgelesen habe, selbst mit eingebracht haben, lassen ihre eigenen Forderungen im Regen stehen, weil es offensichtlich Wahlkampfgetöse gewesen ist und keine reale Verpflichtung gegenüber den Eltern. Das ist die Frage der Glaubwürdigkeit. Sie wird heute von uns und von Ihnen beantwortet. - Danke.
Wissen Sie, Herr Bischoff, über die Ursachen des Defizits und darüber, warum das so gekommen ist und welche Erfolge wir sonst noch haben, können wir lange reden. Bei vielen Dingen werden wir übrigens gleicher Meinung sein. Allein darum ging es jedoch nicht.
Ich finde es unredlich, dass uns jetzt vorgeworfen wird, wir würden hier versuchen, innerhalb von vier Tagen etwas zu regeln,
das die Koalition als Aufforderung an die Landesregierung bereits im Oktober 2015 beschlossen hat.
Ich lese es einmal vor:
„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die aus dem Bundeshaushalt für das Betreuungsgeld eingeplanten und in das Land Sachsen-Anhalt fließenden Mittel für die Verbesserung im Bereich der Kindertagesstätten einzusetzen.“
Noch konkreter heißt es in dem Beschluss vom Dezember 2015: … für die Beitragssenkung einzusetzen.
Das ist Beschluss des gesamten Hauses. Nichts, nichts ist passiert. Im Dezember hätte gar nichts mehr passieren können - das muss man einmal klar sagen -,
weil die Landesregierung ein Anhörungsverfahren hätte durchführen müssen. Darüber haben wir beide geredet. Aufgrund dessen war völlig ausgeschlossen, dass die Landesregierung noch in dieser Legislaturperiode etwas macht.
Ich wundere mich aber heute nach dieser Position, dass Sie damals nicht aufgestanden sind und vehement gegen die Anträge der Koalition gesprochen haben. Denn all das, was Sie heute gesagt haben, bedeutet in der Konsequenz, dass man in dieser Legislaturperiode nichts mehr machen könnte. Gemeint war die jetzige Landesregierung. Darin steht nicht: Die nächste Landesregierung soll sich darum kümmern.
Ich frage mich: Warum haben Sie eigentlich gegen diese beiden Anträge der Koalition, die ich gerade vorgelesen habe, nicht vehement argumentiert? Denn Sie haben sich jetzt davon abgesetzt und haben damit die Ablehnung unseres Gesetzentwurfs begründet.
Herr Jantos, Sie haben mich positiv überrascht. Wenn sich die CDU-Fraktion bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf wirklich der Stimme enthält, dann reicht das. Na gut, heute geht es um die Überweisung des Gesetzentwurfes, nicht um die Abstimmung über den Gesetzentwurf. Ich befürchte, Sie haben sich versprochen.
Ich habe eine Frage. Herr Jantos, Sie haben gesagt: Wir wissen doch überhaupt nicht, ob das Geld bei den Eltern ankommt. Aber wir sollen doch sicher sein, dass sie es im Jahr 2016 auf jeden Fall bekommen. Beantworten Sie mir bitte einmal die folgenden Fragen: Welche Pläne hat die CDUFraktion für die nächste Legislaturperiode dazu, bis zu welchem Zeitpunkt ein solches Gesetz verabschiedet werden soll? - Da Sie die Zielstellung Dezember bereits formuliert haben - Sie haben es selbst gesagt -, müssen Sie sich doch schon Gedanken dazu gemacht haben,
wie Sie die Gemeinden dazu zwingen können, dieses Geld direkt zur Entlastung der Elternbeiträge einzusetzen. Das würde mich interessieren.
Bitte.
Nein.
Herr Schröder muss mich einmal über die Zeitleiste aufklären; denn diese ist jetzt doch ein bisschen durcheinandergeraten. Der Kollege Jantos hat das erzählt, was Sie auch im Dezember 2015 erzählt haben, dass nämlich noch im Jahr 2016 die Mittel aus dem Betreuungsgeld zur Dämpfung des Kostenanstiegs bei den Elternbeiträgen eingesetzt werden sollen.
Jetzt sagen Sie, ein solcher Beschluss, wie Sie ihn im Dezember 2015 eingebracht haben, wäre gar nicht nötig gewesen, weil wir ohnehin eine Evaluierung des Gesetzes und der damit verbundenen Finanzierung im KiFöG geregelt haben. Danach soll das Ministerium bis zum 31. Dezember 2016 einen Evaluierungsbericht vorlegen.
Das haben Sie doch gerade vorgelesen.
Okay, dann stellen Sie es richtig. - Niemand zwingt uns nach dieser Vorschrift, das Gesetz im Jahr 2016 erneut entsprechend zu novellieren. Niemand zwingt uns nach diesem Passus - das kann auch nicht sein, weil es das Betreuungsgeld damals noch gar nicht gab -, das Betreuungsgeld für diesen Zweck einzusetzen. Die Formulierung, die Sie vorgelesen haben, ersetzt unseren Gesetzentwurf überhaupt nicht und hat keinerlei bindende Wirkung für die Mittelverwendung in diesem Sinne.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eben einen sehr emotionalen Debattenbeitrag darüber gehört, wie völlig falsch und sinnlos folgender Satz ist:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, die auf Sachsen-Anhalt entfallenden Mittel des Betreuungsgeldes des Bundes zur Entlastung der Eltern bei den Kostenbeiträgen einzusetzen.“
Dass diese Forderung völlig sinnlos und falsch ist, dass sie falsche Erwartungen weckt, dass sie ein Schnellschuss ist und auf keinen Fall umsetzbar ist, hat Petra Grimm-Benne gerade begründet und dafür tosenden Beifall von der Koalition bekommen.
Das Problem besteht nur darin, dass das der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen vom Dezember 2015 ist, liebe Kolleginnen und Kollegen!