Protocol of the Session on June 20, 2014

Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Mitglieder des Hohen Hauses! Sehr geehrte Gäste! Herzlich willkommen zur letzten Plenarsitzung des Landtags in der Johanniskirche zu Magdeburg. Hiermit eröffne ich die 69. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der sechsten Wahlperiode.

Ich begrüße Sie alle herzlich und stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Wir beginnen, wie Ihnen allen aufgefallen ist, mit etwas Verspätung. Der Anlass dafür ist sehr erfreulich. Es hat wieder einmal jemand geschafft, ein Jahrzehnt glücklich zu vollenden. Denn er lacht noch

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

und freut sich, dass er heute bei bester Gesundheit und guter Laune bei uns sein kann. Wir freuen uns, bei ihm sein zu können. Unser Kollege, der Landtagsvizepräsident Herr Gerhard Miesterfeldt, wird nämlich heute sein 60. Lebensjahr vollenden.

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Gerhard Miesterfeldt! Ich wünsche Ihnen im Namen des Hohen Hauses alles erdenklich Gute und Gottes reichen Segen auf dem Weg zum nunmehr wartenden 70. Geburtstag. Alles Gute!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich darf diesen guten Wünschen, verbunden mit dem Dank für die wirklich sehr gute Zusammenarbeit, einen weiteren Dank anschließen.

Wir sind heute zum letzten Mal in diesem historisch so bedeutsamen Gebäude, aus welchem heraus bekanntlich vor vielen Jahren die Reformation in Magdeburg eingeleitet wurde. Wir haben uns hier eingemietet und haben auch dafür bezahlt - hoffentlich alle Rechnungen pünktlich. Aber es traten, wie Sie alle wissen und vermuten und wie es bei einem solchen Vorhaben immer vorkommt, aus irgendwelchen Gründen auch Dinge ein, die man nicht hat planen können.

Für Meteorologen hatten wir zu Beginn gute Studienmöglichkeiten, als durch unterschiedliche

Temperaturen in den Luftschichten hier Wetter auftraten, als es außen sehr kalt und innen sehr warm war. Wir hatten das Problem der Akustik zu lösen, das durch die Techniker hervorragend gelöst wurde, sodass die Akustik hier im Haus nicht, wie befürchtet, schlecht, sondern besser war als im alten Plenarsaal.

Es gab viele Dinge, die für Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Mitarbeiter unserer Fraktionen, aber auch die Mitarbeiter der Verwaltung, die Stenografen und alle anderen mit dem Umzug und

der Nutzung dieses Saales verbunden waren. Die Probleme, die auftraten, wurden sehr schnell, sehr engagiert und sehr beherzt gelöst.

Ich möchte mich im Namen des Hohen Hauses bei allen, die daran mitgewirkt haben, dass das Ganze gut funktioniert hat, für ihr Engagement, auch für ihre Geduld und dafür, dass das alles so wunderbar geklappt hat, herzlich bedanken.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Beratung

Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt

Große Anfrage Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2888

Antwort Landesregierung - Drs. 6/3117

Entschließungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3205

Insbesondere zu diesem Tagesordnungspunkt begrüßen wir Gäste im Haus. Wir haben Asylsuchende aus den Gemeinschaftsunterkünften in Harbke, Marke, Krumpa und Magdeburg, Grusonstraße bei uns im Haus. Sie und alle Gäste, die heute hier sind, wollen mitverfolgen, wie der Landtag die Dinge öffentlich verhandelt, die von besonderer Bedeutung sind. Herzlich willkommen bei uns in der Plenarsitzung!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die Große Anfrage ist eine Aussprache in der Debattenstruktur D, also eine 45-Minuten-Debatte, vereinbart worden. Als Erster spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Herbst.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein besonderer Tag. Heute am 20. Juni 2014 ist Weltflüchtlingstag.

Was gäbe es für einen besseren Tag, um die Belange von Asylsuchenden auf der ganzen Welt und ganz speziell bei uns in Sachsen-Anhalt genauer zu betrachten, wie wir es heute mit den Antworten der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zur Unterbringung tun wollen? - Eigentlich gibt es keinen besseren Tag als diesen.

Ich möchte hervorheben, was der Hohe UN-Flüchtlingskommissar zum heutigen Weltflüchtlingstag sagt:

„Der Weltflüchtlingstag ist den Flüchtlingen, Asylsuchenden, Binnenvertriebenen, Staatenlosen und RückkehrerInnen auf der ganzen

Welt gewidmet, um ihre Hoffnungen und Sehnsüchte nach einem besseren Leben zu würdigen.“

Diesen Satz sollten wir uns für den heutigen Tag, aber auch für die Zukunft merken; denn er zeigt uns, dass die Frage, Flüchtling zu sein, keine Frage von Status oder Titel ist; vielmehr schließt er in seine Worte extra die Flüchtlinge, die Asylsuchenden und die anderen mit ein.

Um sie alle geht es heute, weil sie das gleiche Schicksal teilen und weil Titel und Status nur versuchen, sie künstlich zu trennen, meine Damen und Herren.

Das Motto des heutigen Tages ist: Jeder Flüchtling hat eine Geschichte. - Um diese Geschichte geht es. Diese Geschichten, diese Schicksale sollten wir in den Fokus nehmen. Ich meine, das ist gerade auch mit Hinblick auf die Debatte, die wir gestern geführt haben, eine wichtige Mahnung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

51 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Das ist die größte Zahl von Flüchtlingen seit Ende des Zweiten Weltkrieges und ein Negativrekord, der uns allen zu denken geben sollte, meine Damen und Herren.

Kommen wir nun zu den Antworten der Landesregierung auf unsere Große Anfrage, die wir zum zweiten Mal gestellt haben und die wieder dafür gesorgt hat, dass viel Zahlenmaterial bereitgestellt wurde, viele Daten und Fakten, die uns ein genaueres Bild davon geben, wie es mit der Unterbringung eben dieser Personengruppe bei uns in Sachsen-Anhalt aussieht.

Ich möchte mit einem Dank an diejenigen beginnen, die an der Erstellung und dem Zusammentragen dieses Datenmaterials beteiligt waren; denn das ist ein umfangreiches Zahlenwerk mit sehr vielen Anlagen und Detailfragen. Herzlichen Dank dafür!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Diese Daten sind notwendig, da sie Licht in eine Schattenwelt werfen, die zu wenig Beachtung findet, eine Welt mit vielen Grauzonen. Wenn wir diese Grauzonen mit solchen Zahlen näher beleuchten, dann sehen wir im Ergebnis heute: Es gibt ein wenig Licht, auch im Vergleich zur letzten Anfrage, aber es gibt immer noch sehr viel Schatten.

Die Zahlen der Asylantragsteller steigen an. Die richtige Schlussfolgerung daraus kann und muss sein, dass auch unsere Bemühungen ansteigen, die Situation für Asylsuchende zu verbessern.

Wir können nicht einfach sagen: Heute gibt es viel mehr Antragsteller und deswegen können wir nicht anders. - Nein, wir müssen immer noch besser

werden und die Unterbringungssituation, aber gerade auch die Betreuung - darauf möchte ich einen Schwerpunkt legen - von Asylsuchenden in unserem Land verbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beim Blick auf die Belegung unserer Sammelunterkünfte im Land sehen wir, dass der Belegungsstand in fast allen Einrichtungen gestiegen ist. Viele Einrichtungen sind heute nahezu ausgelastet.

Klar, das liegt natürlich daran, dass es heute mehr Asylantragsteller gibt. Aber es muss ein Auftrag sein, nicht nur die Häuser voll auszulasten, sondern vor allen Dingen mehr Menschen dezentral in Wohnungen unterzubringen.

Beim Blick auf die Lage dieser Sammelunterkünfte sehen wir unverändert, dass die Lage geografisch noch immer sehr schlecht ist. Sie liegen mit wenigen Ausnahmen nicht in den Innenstädten, sondern sie liegen oft vor den Toren der Stadt oder gar auf dem Land. An dieser isolierten Lage, die wir hier schon oft angeprangert haben, hat sich nicht viel verändert. Daran muss sich aber viel ändern, weil das gleichsam auch die Menschen nicht nur geografisch, sondern auch vom Gefühl her und ganz real in Bezug auf den Kontakt mit der Bevölkerung isoliert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beim Blick auf die Unterschiede zwischen Unterbringung in Unterkünften und der dezentralen Unterbringung sehen wir, dass sich die Lage ein bisschen verbessert hat, aber auch nur ein bisschen.

Waren es im Jahr 2012 noch rund 52 %, die in Sammelunterkünften unterbracht waren, so sind es heute, zwei Jahre später, 42 % in Gemeinschaftsunterkünften. Das heißt: Hier hat sich etwas getan.

Wenn sich jedoch die Zahl der Anträge von Asylsuchenden verdoppelt, dann müssen wir auch die Anstrengungen verdoppeln, um die Menschen vernünftig in Wohnungen unterzubringen.

Real heißt das, dass sich die Zahl der Sammelunterkünfte aufgrund der steigenden Zahl der Antragstellerinnen und Antragsteller erhöht hat. So waren es im Jahr 2012 noch 16 Sammelunterkünfte. Heute haben wir schon 22 Sammelunterkünfte bei uns im Land. Ich sage, mindestens 22. Denn wir sehen auch, dass einige Landkreise Mimikry betreiben.

So werden Unterbringungsformen, wie zum Beispiel in Vockerode im Landkreis Wittenberg, bei denen es sich eigentlich um klassische Sammelunterkünfte handelt, mit wenigen Ausnahmen als dezentrale Unterbringung und Wohnung deklariert. Diese fallen dann aus dieser Zählung heraus.