Protocol of the Session on March 22, 2012

Guten Morgen, meine sehr geehrte Damen und Herren!

(Unruhe)

- Die Freude, sich im Plenarsaal wiederzusehen, scheint ungebremst zu sein, sodass Sie selbst die Glocken der Welt übertönen.

(Glocke des Präsidenten)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 22. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der sechsten Wahlperiode und heiße auch Herrn Kollegen Felke und Herrn Kollegen Brachmann herzlich willkommen.

Zunächst habe ich die angenehme Ehre und Pflicht, Glückwünsche im Namen des Hohen Hauses zu übermitteln. Heute hat das Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt Herr Ulrich Thomas Geburtstag.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich gratuliere Ihnen im Namen des Hohen Hauses ganz herzlich und wünsche Ihnen alles Gute, Glück und Gottes Segen auf Ihren Wegen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit, weil wir jetzt über die Anwesenheit und über die Tagesordnung zu sprechen und zu entscheiden haben. Das regelt den Verlauf des heutigen und morgigen Plenartages.

Mit Schreiben des Staatsministers vom 14. März 2012 bat die Landesregierung, für die 13. Sitzungsperiode folgende Mitglieder zu entschuldigen: Herr Minister Stahlknecht bittet, heute ab 15 Uhr seine Abwesenheit wegen der Teilnahme an der Sondersitzung der Innenministerkonferenz zu entschuldigen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Ich bitte noch einmal um Konzentration am frühen Morgen.

Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff bittet am 23. März 2012 seine Abwesenheit wegen der Teilnahme an der gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat zur Vereidigung des Bundespräsidenten zu entschuldigen. - Weitere Entschuldigungen liegen uns nicht vor.

Wir kommen somit zur Tagesordnung. Die Tagesordnung für die 13. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Die Fraktionen haben einen Antrag auf eine Entschließung zum Informationszugangsgesetz in der Drs. 6/938 vorgelegt. Wie bereits im Ältestenrat vereinbart, soll dieser Antrag

unter Tagesordnungspunkt 11 als Buchstabe b aufgenommen werden. Eine gesonderte Einbringung ist nicht vorgesehen.

Unter Tagesordnungspunkt 22 liegen drei Themen für die Aktuelle Debatte vor. Die Fraktion der SPD hat fristgemäß einen Antrag auf eine Aktuelle Debatte eingereicht. Der Antrag zum Thema „Der Chancenspiegel der Bertelsmann-Stiftung - Schlussfolgerungen für Sachsen-Anhalt“ liegt in der Drs. 6/939 vor. Die Fraktion DIE LINKE hat in der Drs. 6/940 fristgemäß eine Aktuelle Debatte zum Thema „Politische Konsequenzen aus dem Insolvenzantrag der Schlecker-Handelskette ziehen“ beantragt. Ebenso hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fristgemäß einen Antrag auf Aktuelle Debatte eingereicht. Der Antrag zum Thema „Justizstrukturreform transparent gestalten“ liegt in der Drs. 6/941 vor.

Die Themen der Aktuellen Debatte sind als Tagesordnungspunkt 22 a, b und c in die Tagesordnung aufgenommen worden. Nach der Vereinbarung im Ältestenrat soll heute als erster Tagesordnungspunkt Tagesordnungspunkt 22 a, also die Debatte zum Thema „Der Chancenspiegel der Bertelsmann-Stiftung“ behandelt werden. Das Thema „Justizstrukturreform transparent gestalten“ wird morgen als erster Tagesordnungspunkt und das Thema „Politische Konsequenzen aus dem Insolvenzantrag der Schlecker-Handelkette ziehen“ an zweiter Stelle beraten werden.

Die Fraktion DIE LINKE hat in Drs. 6/943 fristgerecht ein Entscheidungsverlangen gemäß § 40 Abs. 3 Satz 5 unserer Geschäftsordnung zur Unterrichtung zum „Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung“ in der Drs. 6/942 an mich übermittelt. Damit ist die Grundlage für die Stellungnahme entfallen, sodass nunmehr der Landtag aufgerufen ist, in der Sache über den Inhalt der Stellungnahme in der Drs. 6/942 zu beschließen. Diese Tatsache habe ich in der Drs. 6/945 zum Ausdruck gebracht.

Die Fraktionen haben sich bereits verständigt, das Thema auf die Tagesordnung zu nehmen. Es soll unter Tagesordnungspunkt 23 in der morgigen Sitzung im Rahmen einer Dreiminutendebatte beraten werden.

Mir ist signalisiert worden, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Entschließungsantrag zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes in der Drs. 6/901 zurückziehen möchte.

Mir wurde mitgeteilt, dass Tagesordnungspunkt 23 am Freitag als letzter Tagesordnungspunkt beraten werden soll. Bin ich richtig informiert? Oder sehe ich Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir so verfahren.

Gibt es sonst noch Anmerkungen zur Tagesordnung? - Bitte schön.

Herr Präsident, die parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf verständigt, dass wir die Fragestunde gleich nach der Mittagspause durchführen. Sie haben schon erwähnt, dass der Innenminister aufgrund der Sonder-Innenministerkonferenz ab 15 Uhr abwesend ist. Das ist auch angezeigt worden. Aufgrund der Veränderung des Zeitplanes würde seine Abwesenheit zumindest nicht zuträglich sein, um die Fragen persönlich beantworten zu können, was die Fragesteller offensichtlich wünschen. Insofern würden wir das vorziehen wollen.

Es herrscht Einvernehmen, dass die Fragestunde als erster Punkt unmittelbar nach der Mittagspause durchgeführt werden soll. Widerspruch sehe ich nicht. Dann verfahren wir so wie besprochen.

Zum zeitlichen Ablauf der 13. Sitzungsperiode. Ich möchte noch einmal dafür werben und daran erinnern: Am heutigen Abend findet eine parlamentarische Begegnung der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina statt. Die morgige 23. Sitzung des Landtages beginnt wie üblich um 9 Uhr.

Bevor wir nun die Geschäfte mit der Behandlung der Themen für die heutige Plenartagung aufnehmen, darf ich Gäste im Hause begrüßen. Begrüßen Sie mit mir ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen Haldensleben als Gäste der Landeszentrale für politische Bildung. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir begrüßen außerdem Seniorinnen und Senioren der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft Halle. Herzlich willkommen im Hause!

(Beifall im ganzen Hause)

Ebenso begrüßen wir Seniorinnen und Senioren aus Groß Rosenburg. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Aktuelle Debatte

Für die Aktuelle Debatte - ich habe es schon erwähnt - liegen drei Themen vor. Ich rufe das erste Thema auf:

Der „Chancenspiegel“ der Bertelsmann-Stiftung - Schlussfolgerungen für Sachsen-Anhalt

Aktuelle Debatte Fraktion SPD - Drs. 6/939

Die Redereihenfolge lautet: SPD, DIE LINKE, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Als Erste hat die Einbringerin das Wort. Für die Fraktion der SPD spricht Frau Abgeordnete Reinecke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Als am 12. März 2012 die Kunde über die Ergebnisse des Ländervergleichs im „Chancenspiegel“ die Runde machte, war die Aufmerksamkeit bundesweit gegeben. Mich hat das Thema ganztägig begleitet, ausgehend von einem Werkstattgespräch im Landtag. Wir hatten ein bildungspolitisches Thema behandelt. An dem Tag, am 12. März, wurde hier im Haus bildungspolitisch gearbeitet, nebenbei auch gefeiert, wie ich weiß.

Am Abend, als ich das „heute journal“ angesehen hatte, gab es auch noch einen Beitrag zu diesem Thema mit der Überschrift „Schulen weit weg von Chancengleichheit“. In diesem Beitrag wurde suggeriert, dass kein einziges Bundesland Spitze ist, dass alle Länder Probleme haben, aber auch alle Länder Stärken zu diesem Thema einbringen.

In der Bevölkerung gibt es die ausgeprägte Erwartungshaltung, dass das Bildungssystem für sozialen Aufstieg und für gute Leistungen gleichermaßen sorgt. Die SPD-Fraktion will die Veröffentlichung des ersten „Chancenspiegels“ der Bertelsmann-Stiftung zum Anlass nehmen, darüber zu debattieren, was in Sachsen-Anhalt zu tun ist, um ein besseres und zugleich gerechteres Bildungssystem herzustellen, und das trotz weiter wachsender Ausdifferenzierung der Schülerschaft.

Uns geht es darum, Transparenz zu dieser Studie herzustellen. Von den vier Indikatoren belegen wir ein Feld sehr positiv, in den drei weiteren Feldern bewegen wir uns im unteren Bereich.

Heterogenität ist der gesellschaftliche Normalfall in der heutigen Welt. Auch in Deutschland, auch in Sachsen-Anhalt kennen wir die veränderte Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Unser Land hat eine reiche Bildungstradition, schafft es aber heute immer noch nicht, jedem Kind unabhängig von seiner Herkunft eine faire Chance einzuräumen, sein Potenzial zu entfalten.

Internationale Vergleichsstudien zeigen, dass in Deutschland der Bildungserfolg in hohem Maße von der sozio-ökonomischen oder von dem kulturellen Hintergrund der Elternhäuser abhängt. Kinder aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien sowie aus Zuwandererfamilien haben signifikant schlechtere Bildungschancen.

Das sind hinlänglich bekannte und unstrittige Tatsachen. Deshalb setzt sich unsere Fraktion ganz bewusst für die Stärkung des staatlichen Bildungssystems ein, um allen Kindern unabhängig von ih

rer Herkunft gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und ihnen Zukunftsperspektiven zu eröffnen.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD, und von Herrn Felke, SPD)

Bildung ist der Schlüssel zur Stärkung des Zusammenhaltes in einer zunehmend heterogenen Gesellschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein modernes Bildungssystem nimmt jedes Kind und jeden Jugendlichen in seiner Einzigartigkeit an und fördert alle bestmöglich. Es muss damit den Anspruch erfüllen, gleichzeitig das Leistungsnivau zu heben und Benachteiligungen auszugleichen. Leistung und Gerechtigkeit sind im Bildungssystem kein Widerspruch. Das zeigen uns auch die Länder, die im Pisa-Vergleich vorn liegen - gemeint ist dabei zum Beispiel Kanada -, in denen fairere Bildungschancen weitgehend verwirklicht sind.

Wir brauchen also faire Schulen und starke Schüler. In Sachsen-Anhalt ist dazu ein tiefgreifender Paradigmenwechsel sowohl in der gesamten Gesellschaft als auch in den Schulen und bei den Lehrern erforderlich. Es geht darum, die Einzigartigkeit und die Unterschiedlichkeit der Kinder und Jugendlichen anzunehmen, wertzuschätzen und angemessen zu berücksichtigen.

Der Umbau zu einer modernen Schule sollte von innen nach außen geschehen. Ich empfehle an dieser Stelle den Dokumentarfilm mit dem Titel „Treibhaus der Zukunft“. Der eine oder andere kennt diesen Film vielleicht.