Protocol of the Session on February 24, 2012

Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 20. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der sechsten Wahlperiode und begrüße Sie herzlich.

(Unruhe)

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Auf dem Wege der elektronischen Post bat Ministerin Frau Professor Dr. Kolb am gestrigen Tage, sie aufgrund einer Erkrankung für den heutigen Tag zu entschuldigen.

Wir setzen nunmehr die 11. Sitzungsperiode fort. Wir beginnen die heutige Beratung mit dem Tagesordnungspunkt 22.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Aktuelle Debatte

Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten konsequent entgegentreten!

Aktuelle Debatte Fraktion CDU - Drs. 6/828

In der Aktuellen Debatte beträgt die Redezeit zehn Minuten je Fraktion. Der Ältestenrat hat sich auf die folgende Reihenfolge verständigt: CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Zunächst hat die den Antrag stellende Fraktion der CDU das Wort. Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Abgeordneten Herrn Kolze das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Polizistinnen und Polizisten leisten für unser Land tagtäglich einen verantwortungsvollen und wichtigen Dienst.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ihre Arbeit wurde in den vergangenen Wochen immer wieder durch Gewalt und Brutalität eingeschränkt. Die jüngsten Ereignisse, wie die feigen und hinterhältigen Angriffe auf einen Beamten in Magdeburg mit einer Betonplatte, der Brandanschlag auf eine Polizeidienststelle in DessauRoßlau und die Sachbeschädigung von Streifenwagen, sind nur einige Beispiele. Dabei wird sogar der Tod von Polizisten billigend in Kauf genommen.

Polizeibeamtinnen und -beamte sind bundesweit zunehmend mit Aggressivität und zum Teil mit erheblicher körperlicher Gewalt konfrontiert. Die Zahl

der Übergriffe auf Polizistinnen und Polizisten ist in den vergangenen fünf Jahren gestiegen. Seit 2005 nahm die Zahl der schweren Gewaltübergriffe, infolge deren Beamte mindestens sieben Tage krankgeschrieben waren, um rund 60 % zu.

Andere Parteien sehen das mitnichten so. Es wurde bereits mehrmals vorgebracht, dass sich die Fallzahlen insgesamt auf einem relativ niedrigen Niveau bewegten. Zudem stütze sich die Studie allein auf Erinnerungen der Beamten. Insgesamt seien schließlich die Fallzahlen von Widerstand gegen die Staatsgewalt in Sachsen-Anhalt laut polizeilicher Kriminalstatistik im Jahresvergleich gesunken.

Wir möchten in diesem Hohen Haus keine Debatte über die Aussagefähigkeit statistischer Erhebungen führen. Wir wollen vielmehr konkrete Handlungsstrategien anstoßen. Unserer Auffassung nach gebietet die aktuelle Entwicklung ein entschiedenes Vorgehen aller demokratischen Kräfte. Wenn massive Verletzungen in Kauf genommen werden müssen, um den Dienstpflichten nachzukommen, so ist unser Rechtsstaat in Gefahr.

Angriffe auf Polizeibeamtinnen und -beamte als sichtbare Repräsentanten des Staates sind Angriffe auf die Gesellschaft insgesamt, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Es ist schon eine klare Tendenz dahin gehend erkennbar, dass extremistische Gewalttäter, insbesondere aus der autonomen Szene, am Rande von friedlichen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass Ausschreitungen regelrecht suchen.

Früher standen unsere Beamtinnen und Beamten meist zwischen den Fronten. Inzwischen sehen Autonome auch Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte als legitimes Mittel zur Erreichung ihrer Ziele an. Erfahrungen zeigen, dass sich auch erlebnisorientierte Gewalttäter, die extrem gut vernetzt sind und eine große Mobilität aufweisen, an den Ausschreitungen beteiligen. Die Hemmschwelle bei Gewaltdelikten ist dabei erheblich gesunken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Politikwissenschaftler Professor Dr. Jesse von TU Chemnitz hat jüngst in einem Interview mit der „Mitteldeutschen Zeitung“ geäußert, dass jeder Rechtsextremist ein Antidemokrat ist, weil Rechtsextremisten selbsterklärte Gegner des Rechtsstaates sind. Ich gehe davon aus, dass dies auf breite Zustimmung in diesem Hohen Hause stößt.

(Beifall bei der CDU)

Es sollte aber auch Einigkeit dahin gehend bestehen, dass - so Jesse weiter - nicht jeder Gegner der Rechtsextremisten ein Demokrat ist. Man darf ganz sicher nicht den Fehler machen, Arten von Extremismus gegeneinander aufzuwiegen. Extre

misten sind in jedem Falle Brüder im Geiste und Feinde der freiheitlich demokratischen Grundordnung.

(Zustimmung bei der CDU)

Angesichtes der Tatsache, dass vor allem von extremistischen Tätern ein erhebliches Gewaltpotenzial gegen Amtsträger ausgeht, muss zunächst moderne Präventionsarbeit die klare Ächtung politisch motivierter Gewalt zum Thema machen. Ich bin der Ansicht, dass ein lediglich reflexartiges Verurteilen von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung oder von Gewalt gegen Polizisten nicht mehr ausreicht.

Was wir definitiv nicht brauchen, das sind verharmlosende Einstellungen gegenüber Extremismus oder gar das Aufrufen zu zivilem Ungehorsam. Wer sich die Statements des Abgeordneten Striegel zur Rathausbesetzung in Dessau durchliest, der wird feststellen, dass zwar die von den Demonstranten geforderte Aufklärung des Vorfalles bei der Gedenkdemonstration geteilt wird, dass jedoch die eingesetzten Mittel, nämlich Hausfriedensbruch, Nötigung und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz durch die Besetzung der Stadtverwaltung, in keiner Weise verurteilt wurden. Wir brauchen mehr Respekt vor staatlichen Organen und Einrichtungen und keine Profilierung von zivilem Ungehorsam.

(Beifall bei der CDU)

Der nächste wichtige Punkt im Maßnahmenkatalog ist der Schutz der Polizei bei allen Einsatzlagen. Ob es nun Einsätze bei häuslicher Gewalt, bei Hooligan-Ausschreitungen während Fußballspielen oder im Rahmen von Demonstrationen extremistischer und gewaltbereiter Kräfte seien - sowohl durch einsatztaktische Überlegungen als auch durch eine gute persönliche Ausstattung und durch gute Fortbildung muss die Sicherheit unserer Beamtinnen und Beamten gewährleistet sein. Ausstattung, Fortbildung und auch die einzelfallbezogene Nachsorge bei Gewaltdelikten liegen bei unserem Minister in guten Händen.

Zu einem Bericht der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 4. Februar dieses Jahres nur so viel: Ich habe nie die kopflose Stürmung des Antifa-Hauses in Magdeburg um jeden Preis gefordert. Ich habe lediglich angeregt, bestimmte polizeiliche Deeskalationstaktiken zu überdenken.

Deeskalation zu betreiben heißt, angepasst und abgestuft vorzugehen. Das Ziel ist die Verhinderung einer sich aufschaukelnden Gefährdungssituation. Bestimmte Konfliktsituationen können aber nur unter Anwendung polizeilicher Zwangsmittel gelöst werden. Anderenfalls ist unsere Polizei handlungsunfähig. Das Risiko, dass Beamte erheblich verletzt werden, muss hierbei selbstverständlich minimiert werden.

In diesem Zusammenhang finde ich es schon ein wenig paradox, dass bei dem Einsatz vor dem Antifa-Haus in der Alexander-Puschkin-Straße mit unabhängigen Anwälten über mehrere Stunden hinweg mit Kriminellen Verhandlungen über die Durchführung polizeilicher Maßnahmen und Ermittlungen geführt werden mussten.

(Zustimmung bei der CDU)

Hierfür gibt es geschulte Kontaktbeamte, die für die Kommunikation verantwortlich sind. Wir brauchen dafür, meine Damen und Herren, nicht die Anwaltschaft.

Die Frage, ob der aktuelle Sanktionsrahmen für Gewaltdelikte gegenüber Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten verändert werden muss, wurde lange beraten. Wegen des deutlichen Anstiegs der Widerstandshandlungen gegen Polizeibeamte sowie wegen der wachsenden Zahl an Übergriffen auf Feuerwehrleute und Rettungskräfte bundesweit wurden bereits mehrere Initiativen zur Novellierung der einschlägigen Straftatbestände vorangetrieben, um den strafrechtlichen Schutz dieses Personenkreises zu verbessern.

Durchgesetzt wurde letztlich auf Initiative der Bundesregierung die Erhöhung des Strafmaßes bei Widerstand gegen die Vollstreckungsbeamten von zwei auf drei Jahre. Auch wird der Straftatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte um andere gefährliche Werkzeuge, die schwere Verletzungen hervorrufen können, wie zum Beispiel Baseballschläger, ergänzt.

Des Weiteren werden Feuerwehrleute und Rettungskräfte Vollzugsbeamten gleichgestellt, um sie so vor gewalttätiger Behinderung und tätlichen Angriffen zu schützen. Durchgesetzt wurde auch, dass nicht nur Fahrzeuge der Polizei und der Bundeswehr zu schützen sind, sondern auch solche der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und von Rettungsdiensten. DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN stimmten dagegen, die SPD enthielt sich der Stimme.

Damit wurde letztlich ein besserer Schutz der Polizistinnen und Polizisten vor tätlichen Angriffen erreicht. Hierdurch wird dem Fürsorgegedanken Rechnung getragen und auch mittelbar die Autorität des Staates besser geschützt. Damit wird ein wichtiges Signal zur gesellschaftlichen Ächtung von Widerstandshandlungen gesetzt. Manchmal, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedarf es bei allem gebotenen Respekt vor der richterlichen Unabhängigkeit auch durchaus eines beherzten Durchgreifens der Justiz.

Die CDU-Fraktion lehnt auch weiterhin die von der LINKEN und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geforderte individuelle Zwangskennzeichnung von Polizeibeamten durch Namens- oder Nummern

schild ebenso ab wie die Deutsche Polizeigewerkschaft.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie setzen sich mit Ihren Anträgen erkennbar über die Interessen unserer Polizistinnen und Polizisten hinweg.

(Herr Höhn, DIE LINKE: Quatsch!)

- Ich sehe, meine Redezeit ist zu Ende. - Dann bedanke ich mich.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

- Über Ihren Applaus freue ich mich besonders. Danke schön.

Herr Kollege Kolze, es gibt eine Frage. Möchten Sie sie beantworten?

Herr Kolze(CDU):

Ja.