Protocol of the Session on February 28, 2014

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, Sie haben alle wohl geruht. Ich eröffne hiermit die 62. Sitzung des Landtags von Sachsen-Anhalt in der sechsten Wahlperiode und darf Sie alle ganz herzlich begrüßen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Wir setzen hiermit die 31. Sitzungsperiode fort. Wir beginnen die heutige Beratung mit dem Tagesordnungspunkt 19. Sie erinnern sich, dass wir den Tagesordnungspunkt 12 bereits gestern Abend abgearbeitet haben, sodass nach dem Tagesordnungspunkt 19 der Tagesordnungspunkt 13 folgt.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 19 auf:

Aktuelle Debatte

Aktuelle Auseinandersetzung um die Schulentwicklungsplanung

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2835

Die Redezeit beträgt sowohl für die Fraktionen als auch für die Landesregierung jeweils zehn Minuten. Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: DIE LINKE, CDU, GRÜNE und SPD. Zunächst hat die Antragstellerin, DIE LINKE, das Wort. Herr Höhn, ergreifen Sie es.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bild, das die Landespolitik derzeit beim Thema Schulentwicklungsplanung abgibt, ist inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist - das kommt hinzu - für die Betroffenen, die Planungsträger, die Schülerinnen und Schüler, die Eltern und für die Lehrkräfte, auch nicht mehr zumutbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Als wir dieses Thema das letzte Mal hier im Plenum beraten haben, hatte ich Ihnen vorgehalten, dass es bei der Vorbereitung und Umsetzung der neuen Vorgaben zur mittelfristigen Schulentwicklungsplanung an Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit, Dialog Interessenausgleich und Redlichkeit mangele. Ich bedauere ausdrücklich, dass Sie als Koalition mir mit Ihrem öffentlichen Agieren seitdem vollständig Recht gegeben haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Kurz noch einmal zum Ablauf der Dinge. Im Mai 2013 hat die Landesregierung die neue Verordnung zur mittelfristigen Schulentwicklungsplanung verabschiedet; seitdem ist sie in Kraft. Im Vorfeld gab es eine Verständigung im Fachausschuss, allerdings keine Abstimmung in der Sache.

Hauptdiskussionspunkt in der neuen Verordnung und das, was gegenüber dem alten Zustand geändert worden ist, sind zum einen die Anhebung der Mindestschülerzahlen für die Grundschulen und zum anderen die De-facto-Verdoppelung der Mindestschülerzahlen für die Förderschulen. Ansonsten gaukelt die Verordnung im Wesentlichen eine Fortschreibung der bisherigen Parameter vor.

Bereits damals hatten wir kritisiert, dass es an einer auskömmlichen personellen Untersetzung für das gesamte Schulnetz fehle. Bereits damals haben wir eingefordert, den direkten Dialog mit den Planungsträgern zu suchen. Beides ist damals und bis heute nicht geschehen.

Im Sommer - genauer gesagt: im Juli - und im Dezember 2013 wurden seitens meiner Fraktion Anträge in den Landtag eingebracht, die diese Forderungen erneuerten, verbunden mit dem Vorschlag eines Moratoriums - also eines Aussetzens der Umsetzung der neuen Verordnung -, bis die notwendigen Gespräche mit den Planungsträgern und die eingeforderte inhaltliche und personelle Überarbeitung geleistet worden sind. In beiden Fällen sind wir mit unserem Anliegen an der Koalitionsmehrheit hier im Haus gescheitert.

Stattdessen wurden sowohl von der Landesregierung als auch von der Koalition die beschlossenen neuen Parameter verteidigt, mitunter - wie das des Öfteren so ist - mit abenteuerlichen Begründungen; am beliebtesten ist der Mythos von der demografischen Entwicklung.

Ich habe dieser Tage in einer unserer beiden großen Zeitungen wieder gelesen, dass der Sprecher des Kultusministeriums erklärt hat, dass es eine notwendige und moderate Anpassung an die Bevölkerungsentwicklung sei. Sehr geehrter Herr Kultusminister, vielleicht können Sie Ihrem Sprecher einmal sagen, dass er aufhören soll, einen solchen Unsinn zu verbreiten.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Es besteht in dem Planungszeitraum, über den wir reden, keine Anpassungsnotwendigkeit aufgrund der Bevölkerungsentwicklung.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Bis heute sind Landesregierung, Kultusminister und die beiden Koalitionsfraktionen CDU und SPD offiziell einmütig der Meinung, die neue Verordnung sei notwendig und richtig.

Im Dezember 2013 hatte ich hier formuliert, ich sei es leid, dass die Koalitionsparteien und Abgeord

neten dieses Hauses hier jeden lauten Widerspruch vermissen ließen, ihn vor Ort aber mitorganisierten, als hätten sie mit all dem hier nichts zu tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bedauerlicherweise - das wiederhole ich - erleben wir genau dieses Schauspiel jetzt gerade. Ich will ein Beispiel zitieren. Die „Volksstimme“ titelt: „Dorfschulen treiben Keil in die Koalition.“ - Dann lese ich hier: „Immer mehr CDU-Politiker distanzieren sich von den Schulschließungsplänen des Kultusministers Stephan Dorgerloh (SPD).“ - Ich gestatte mir den Hinweis: Es sind auch Ihre Pläne, nicht nur die privaten des Ministers.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann heißt es weiter: „’Die Mindestzahlen sind für viele Grundschulen der sichere Tod‘, sagt Ulrich Thomas, Chef des Kreisverbandes und Landtagsabgeordneter. Er werde jetzt das Gespräch mit Dorgerloh suchen, kündigt er an.“ - Guten Morgen, Herr Thomas, guten Morgen!

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Wo waren denn die CDU-Abgeordneten im Mai letzten Jahres, als die Verordnung beschlossen worden ist? Wo waren denn die CDU-Abgeordneten im Juli letzten Jahres, als wir hier geredet haben? Wo waren sie denn im Dezember letzten Jahres, als wir hier geredet haben? - Sie waren hier und Sie haben die Kritik abgelehnt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Was Sie hier treiben, ist unverantwortlich. Man muss sich schon fragen, wofür wir eigentlich hier zusammenkommen und über solche wichtigen Dinge diskutieren und Entscheidungen herbeiführen. Möglicherweise macht es Ihnen ja Freude, mich hier jede zweite Sitzung über dieses Thema referieren zu hören.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Das mag sein. Vielleicht wird die Freude noch größer, wenn wir ab und zu das Thema wechseln könnten. Dann hätten wir wenigstens etwas Abwechslung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Im Ernst: Kommen Sie als Koalitionsfraktionen Ihrer Verantwortung nach! Entweder Sie unterstützen die Beschlüsse der Landesregierung wie bisher auch. Dann ist und bleibt es aber inakzeptabel, wenn Sie in Ihre Landkreise fahren und dort den

Dicken Max machen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich weiß sehr wohl, dass demnächst Kommunalwahlen anstehen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition.

(Herr Güssau, CDU: Aha!)

Dann haben Sie aber auch den Mut, vor die Bürgerinnen und Bürger zu treten und die Dinge, die Sie hier beschließen, zu verteidigen und zu erklären.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Oder aber Sie unterstützen die Beschlüsse der Landesregierung nicht mehr. Dann führen Sie hier im Haus aber endlich die notwendigen Beschlüsse herbei, meine Damen und Herren. Mehrmals hatten Sie dazu Gelegenheit, keine davon haben Sie bisher genutzt.

Was das Land braucht, ist Klarheit. Ein Teil der Kreistage hat bereits Beschlüsse zur Schulentwicklungsplanung herbeigeführt. In anderen sind die Vorlagen abgelehnt - oder zum Teil abgelehnt - worden. Im Sommer dieses Jahres sollen die neuen Planungen greifen.

Aus meiner Sicht geht nur noch eines: aussetzen, zusammensetzen und neu umsetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Setzen Sie sofort die Umsetzung der Verordnung aus. Nutzen Sie die Zeit. Setzen Sie sich mit den Planungsträgern und den Initiativen zusammen und legen Sie schnellstmöglich eine korrigierte Verordnung vor.

(Zustimmung von Herrn Krause, Salzwedel, DIE LINKE)

Was nicht hilft oder möglicherweise nur in der einen oder anderen Diskussion hilft, ist, dass wir einmal über Möglichkeiten und Hintertürchen reden. Ich habe gehört, dass die Zahl 80 im Jahr 2017 vielleicht nicht kommt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darüber können wir gern reden. Ich bin sofort dafür, diese Stufe herauszunehmen. Aber dann machen Sie es doch auch und reden Sie nicht nur darüber. Das ist Augenwischerei, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)